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[Zum Zeugen gewandt:]

Einer der Verteidiger hat Sie an die Photographien erinnert, die uns hier von Greueltaten in den besetzten Gebieten gezeigt worden sind, und Sie sagten, diese Bilder sind echt.

Was meinen Sie damit?

JODL: Ich wollte damit sagen, daß es sich nicht um eine Photomontage handelt, in der nach meinen Erfahrungen die russischen Propagandisten Meister waren, sondern daß es sich um Aufnahmen tatsächlicher Geschehnisse handelte. Aber ich wollte sagen, daß die Bilder keinen Beweis lieferten, ob es sich überhaupt um Greueltaten handelte, wer sie begangen hat. Dadurch, daß sie bei Deutschen gefunden worden sind, ist sogar anzunehmen, daß es sich um Aufnahmen handelt, die von der Gegenseite begangen worden sind, also durch Tito-Kräfte, vielleicht auch durch Ustaschen; denn seine eigenen Greueltaten nimmt man im allgemeinen nicht auf, wenn überhaupt welche begangen worden sind.

PROF. DR. EXNER: Ja! Der englische Herr Ankläger hat ein neues Dokument vorgelegt. 754-PS, über Zerstörungen beim Rückzug in Norwegen. Warum haben Sie in diesem doch rein militärischen Führerbefehl geschrieben:

»... Der Führer hat den Vorschlägen des Reichskommissars für die besetzten norwegischen Gebiete zugestimmt und befohlen...«, und so weiter.

Warum haben Sie besonders hineingeschrieben: »Auf Vorschlag«, und so weiter?

JODL: Ich hatte in meiner Befehlsgebung eine Art geheimen Code für die Oberbefehlshaber. Wenn ein Befehl in Übereinstimmung zwischen dem OKW und dem Führer entstanden war, dann begann ich ihn mit den Worten: »Der Führer hat befohlen...«

Wenn ein Befehl speziell vom Führer ausging, dann begann ich ihn mit einer Präambel. Diese Präambel erhielt die Begründung durch den Führer, eine Argumentation und erst nach der Präambel schrieb ich dann: »Der Führer hat daher befohlen.«

Und wenn ein Befehl auf Vorschlag einer nichtmilitärischen Stelle vom Führer erzwungen wurde, dann setzte ich grundsätzlich dazu: »Der Führer hat nach Vorschlag dieser oder jener zivilen Stelle entschieden.« Dann wußten die Oberbefehlshaber schon, um was es sich handelte.

PROF. DR. EXNER: Haben Sie diesen Befehl 754-PS ohne jeden Einspruch und Widerstand entworfen?

JODL: Dieser Befehl ist ganz ähnlich zustande gekommen wie der Kommandobefehl. Einer der zivilen Adjutanten des Führers hat mich unterrichtet, Terboven wünsche den Führer zu sprechen. Er hätte einen Konflikt mit der Wehrmacht in Norwegen wegen der Räumung Nordnorwegens von der Zivilbevölkerung. Bevor er, der zivile Adjutant, die telephonische Verbindung mit Terboven herstellte, wolle er mich unterrichten. Daraufhin ließ ich sofort durch meinen Stab beim Oberbefehlshaber in Norwegen-Finnland anfragen. Ich erfuhr, daß der Wehrmachtbefehlshaber in Norwegen diese Vorschläge Terbovens ablehne und nicht in diesem Ausmaße für möglich hielt. Inzwischen hatte Terboven mit dem Führer gesprochen. Ich brachte dem Führer dann Vorstellungen, daß in diesem Umfange erstens der Befehl, diese Absicht Terbovens, gar nicht ausführbar sei und zweitens in diesem großen Maße auch nicht nötig sei. Man solle es dem Generaloberst Rendulic überlassen, was er aus militärischen Gründen zerstören wolle und müsse oder nicht. Aber durch Terboven aufgeputscht hat der Führer dann mit diesen Argumenten, die ich dann niederschreiben mußte, den Befehl erzwungen. Ausgeführt ist er in diesem Umfange nicht; das geht auch aus dem Bericht der Norwegischen Regierung hervor und aus persönlichen Aussprachen zwischen mir und meinem Bruder.

PROF. DR. EXNER: Etwas anderes. Bei Entwürfen und Vorschlägen, die dem Führer vorzulegen waren, haben Sie oft Bedenken geltend gemacht und Argumentierungen vorgebracht. Da fällt nun auf, daß Sie meist nicht völkerrechtliche oder moralische Bedenken anführen, wenn auch Völkerrechtswidriges oder ähnliches auf dem Spiele stand, sondern meist Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte und opportunistische Erwägungen. Können Sie uns kurz sagen, warum Sie sich so verhalten haben?

JODL: Ich habe das bei meiner Begründung über die Formulierung des Vorschlags, nicht aus der Genfer Konvention auszutreten, schon gesagt.

PROF. DR. EXNER: Nämlich?

JODL: Man mußte diese Form wählen, um überhaupt beim Führer etwas zu erreichen.

PROF. DR. EXNER: Ja, das genügt mir.

Nun, Sie sagten gestern...

MR. ROBERTS: Herr Vorsitzender! Ich erhebe hiergegen lediglich im Interesse der Zeitersparnis Einspruch. Es handelt sich hier um genau dasselbe Thema, über das der Angeklagte schon gestern ausgesagt hat; es ist meines Erachtens eine bloße Wiederholung.

PROF. DR. EXNER: Es war heute von diesem Gespräch in Reichenhall die Rede. Bitte, erzählen Sie uns kurz, wieso es dazu gekommen ist, daß Sie in Reichenhall solche Angaben gemacht haben oder in Reichenhall solche Anordnungen getroffen haben, wie Sie das heute angaben?

JODL: Über das Gespräch mit dem Führer habe ich schon berichtet.

PROF. DR. EXNER: Ja. Es handelte sich nur um Vorkehrungen...

VORSITZENDER: Dr. Exner! Der Angeklagte hat uns eben gesagt, daß er darüber schon ausgesagt hat.

PROF. DR. EXNER: Ja, über das Gespräch, welches vorangegangen ist; aber über das Gespräch in Reichenhall haben Sie weiter nichts angegeben.

JODL: Nein, über das Gespräch in Reichenhall habe ich mich noch nicht geäußert.

PROF. DR. EXNER: Also, nur kurz bitte.

JODL: Dieses Gespräch in Reichenhall – die Orientierung der drei Offiziere meines Stabes – hat Warlimont etwas anders wiedergegeben, als ich es ausgesagt habe. Er vermischt hier Früheres und Späteres, und das ist auch nicht verwunderlich, denn er lag ja nach dem 20. Juli. bis zu seiner Gefangennahme mit einer schweren Gehirnerschütterung und völliger Gedächtnistrübung krank zu Hause und war bis zu seiner Gefangennahme nicht mehr dienstfähig. Daß meine Schilderung richtig ist, geht aus den Niederschriften im Kriegstagebuch der Seekriegsleitung einwandfrei hervor, wo es hieß, daß diese Divisionen nur nach dem Osten verschoben würden, um einem Zugriff Rußlands auf die rumänischen Ölfelder entgegenzutreten.

PROF. DR. EXNER: Ich möchte einen Punkt richtigstellen, der mir scheint, irrtümlich vom Herrn russischen Ankläger vorgebracht wurde. Er sagte, daß Göring und Keitel den Krieg gegen Rußland nicht als einen Präventivkrieg erkannt haben. Im Protokoll der Sitzung vom 15. März, nachmittag (Band IX, Seite 385) steht, daß auch Göring den Krieg für einen Präventivkrieg gehalten hat und daß er mit dem Führer nur insofern verschiedener Ansicht war, als er einen anderen Zeitpunkt für diesen Präventivkrieg gewählt hätte. Keitel war im wesentlichen gleicher Ansicht.

Ferner hat der Herr russische Ankläger uns ein Dokument vorgelegt, 638-PS. Ich weiß nicht, welche Zahl er als Exhibit angegeben hat. Ich verstehe nicht recht, inwiefern dies mit Jodl zusammenhängt und bin auf die Idee gekommen, daß das vielleicht mit der Unterschrift zusammenhängt. Es hat nämlich hier unterschrieben ein »Joel«, der aber jemand vollkommen anderer ist als Jodl. Ich wollte nur auf diesen Punkt aufmerksam machen. Vielleicht ist einfach ein Irrtum im Namen hier unterlaufen.

Die Anklage hat ferner von einer Bemerkung des Angeklagten über das Verkehrtaufhängen von Partisanen und so weiter gesprochen...

VORSITZENDER: Dr. Exner! Sie haben jetzt einfach eine Erklärung zu diesem Dokument abgegeben, wozu Sie kein Recht haben. Wenn Sie etwas durch Beweismittel beweisen wollen, dann müssen Sie den Zeugen befragen. Sie haben gesagt, daß Jodl mit dem Dokument nichts zu tun hat und die Unterschrift darauf nicht die Jodls, sondern die eines anderen ist. Warum haben Sie nicht den Zeugen darüber gefragt?

Ich höre eben, daß schon bewiesen worden ist, daß es kein Dokument Jodls ist.

PROF. DR. EXNER: Die Übertragung war am Vormittag schlecht; ich erinnere mich nicht, daß ich es gehört habe.

Ich weiß nicht, ist es jetzt in diesem Zusammenhang zulässig, daß ich aus einem Fragebogen etwas vorlese? Es ist nur eine Frage und eine Antwort im Zusammenhang mit dieser Bemerkung von dem Aufhängen von Gefangenen und so weiter. Ist das zulässig vorzutragen?

VORSITZENDER: Jawohl, wenn es eine Frage betrifft, die durch das Kreuzverhör aufgeworfen wurde.

PROF. DR. EXNER: Ja. Der Herr russische Ankläger hat die Frage aufgeworfen, ob der Angeklagte hinsichtlich der Behandlung von Gefangenen – im Zusammenhang mit der Bandenvorschrift – die Bemerkung gemacht hat, daß man ja solche Bandenangehörige im Kampf auch vierteilen darf.

Da heißt es:

»Frage: Ist es richtig...«

Ja, ich muß angeben, das ist mein Dokument Jodl- 60, Beweisstück Jodl-7, Seite 189 des dritten Bandes meines Dokumentenbuches; ein Fragebogen von General Buhle, aufgenommen in Amerika drüben.

Dann heißt es:

»Frage: Nach einem Stenogramm haben Sie auch an dem Lagevortrag am Abend des 1. Dezember 1942 teilgenommen, an dem es zu einer langen Auseinandersetzung des Führers mit Jodl kam wegen Bekämpfung der Partisanen im Osten. Ist das richtig?

Antwort: Ich habe an dieser Besprechung teilgenommen, das Datum weiß ich nicht mehr genau.«

VORSITZENDER: Welche Seite sagten Sie, Dr. Exner?

MR. ROBERTS: Herr Vorsitzender! Es ist die dritte Seite im dritten Buch oder das dritte Dokument im dritten Buch.

PROF. DR. EXNER: Es ist Seite 189.

Ich habe jetzt die Frage 4 vorgelesen. Jetzt lese ich die Frage 5 vor:

»Frage: Ist es richtig oder nicht, daß dabei Jodl vom Führer die Rückgabe der bei ihm entworfenen Vorschrift über Bandenbekämpfung verlangte?

Antwort: Es ist richtig.

6. Frage: Ist es richtig oder nicht, daß in diesem Entwurf das Niederbrennen von Dörfern ausdrücklich verboten war?

7. Frage: Ist es richtig oder nicht, daß der Führer dieses Verbot beseitigt wissen wollte?

Antwort: Da ich den Entwurf der Vorschrift nie in Händen hatte, weiß ich nicht sicher, ob das Niederbrennen von Dörfern ausdrücklich verboten war. Es ist aber anzunehmen, denn ich entsinne mich, daß der Führer sich gegen einzelne Anordnungen der Vorschrift auflehnte und das Niederbrennen der Dörfer verlangte.

8. Frage: Ist es richtig oder nicht, daß der Führer auch deshalb Bedenken gegen den Entwurf hatte, weil er wünschte, daß den Soldaten, die sich unmittelbar im Kampf mit den Partisanen befänden, keine Beschränkungen auferlegt würden? Nach dem Protokoll hat hieraus Jodl die Bemerkung gemacht:

Davon ist hier gar keine Rede. Sie können im Kampf machen, was sie wollen, sie aufhängen, verkehrt aufhängen oder vierteilen, darüber steht nichts drin. Die einzige Einschränkung betrifft die Repressalien nach dem Kampf in jenen Gebieten, in denen Banden gearbeitet haben...‹

Antwort: Es ist richtig, daß der Führer grundsätzliche Bedenken wegen dieser Beschränkungen hatte. Die Bemerkung Jodls ist dem Inhalt nach richtig. Des genauen Wortlauts kann ich mich nicht entsinnen.

9. Frage: Ist es richtig oder nicht, daß auf diese Bemerkung hin die Anwesenden (Führer, Keitel, Kranke und Sie selbst) einschließlich des Führers lachten und der Führer seinen Standpunkt aufgab?

Antwort: Es ist wahrscheinlich, daß wir auf die Bemerkung Jodls alle gelacht haben. Ob der Führer danach seinen Standpunkt tatsächlich aufgegeben hat, weiß ich nicht sicher. Es erscheint mir aber möglich.

10. Frage: Wie wurden also die Ausdrücke ›hängen, verkehrt aufhängen, vierteilen‹ aufgefaßt?

Antwort: Die Ausdrücke ›hängen, verkehrt aufhängen, vierteilen‹ konnten im Zusammenhang nur als ironische Bemerkung aufgefaßt und so verstanden werden, daß nach der Vorschrift den Soldaten im Kampf keine weiteren Beschränkungen auferlegt werden sollen.

11. Frage: Können Sie etwas sagen über die grundsätzliche Einstellung Jodls zur Verpflichtung der Wehrmacht, sich im Kriege an die Bestimmungen des Völkerrechts zu halten?

Antwort: Die grundsätzliche Einstellung Jodls kenne ich nicht. Ich weiß nur von meinem und Jodls unmittelbarem Vorgesetzten Keitel, daß dieser stets bemüht war, sich an die Bestimmungen des Völkerrechts zu halten...

12. Frage: Haben Sie je erlebt, daß Jodl den Führer zu einem Befehl anregte, der dem Völkerrecht widersprach?

Antwort: Nein.«

VORSITZENDER: Von dem, was Sie zuletzt erwähnt haben, ist nichts im Kreuzverhör behandelt worden.

PROF. DR. EXNER: [zum Zeugen gewandt] Haben Sie mit Kriegsgefangenen etwas zu tun gehabt?

JODL: Ich hatte mit Kriegsgefangenen gar nichts zu tun. Das war das Allgemeine Wehrmachtsamt, das damit zu tun hatte.

PROF. DR. EXNER: Und jetzt eine letzte Frage:

Die Anklage behauptet – und in dem gestrigen Verhör der Anklage ist das wiedergekommen –, es bestehe oder habe eine Verschwörung der politischen und militärischen Führer bestanden, um Angriffskriege zu führen, und Sie seien ein Mitglied dieser Verschwörung gewesen.

Können Sie abschließend dazu noch etwas sagen?

JODL: Es gab keine Verschwörung...

VORSITZENDER: Dr. Exner! Der Gerichtshof ist der Ansicht, daß diese Frage wirklich nicht im Kreuzverhör aufgeworfen wurde. Außerdem hat er darüber schon ausgesagt. Er hat schon einmal erklärt, daß er an der Verschwörung nicht teilgenommen hat. Es hat keinen Sinn, diese Aussage zu wiederholen.

PROF. DR. EXNER: Es ist gestern wieder ein enger Konnex mit der Partei und den Parteileuten behauptet worden, und es hängt ja mit der Verschwörung zusammen; daher hätte ich die Frage für zulässig gehalten.

VORSITZENDER: Er hat schon gesagt, daß er an der Verschwörung nicht teilgenommen hat.

PROF. DR. EXNER: Dann habe ich keine weiteren Fragen.

DR. LATERNSER: Herr Präsident! Ich wollte mich nur dem Widerspruch, den Herr Dr. Nelte gegen die schriftliche Aussage des Generalleutnants von Österreich eingelegt hat, anschließen. Ich nehme auf seine Begründung Bezug. Das ist alles.

MR. BIDDLE: Angeklagter Jodl! Sie haben – ich glaube vorgestern – über die Zahl der SS-Divisionen gegen Ende des Krieges gesprochen. Erinnern Sie sich daran?

JODL: Ja.

MR. BIDDLE: Ich glaube, Sie haben gesagt, daß es gegen Ende des Krieges 35 waren. Stimmt das, ungefähr 35?

JODL: Wenn ich mich recht erinnere, sagte ich zwischen 35 und 38.

MR. BIDDLE: Richtig. Ich möchte jetzt über einen Punkt Klarheit haben. Sie sprachen nur von Divisionen der Waffen-SS, nicht wahr? Nur von Waffen-SS?

JODL: Ja, nur Waffen-SS. Es waren allerdings...

MR. BIDDLE: Waren diese vollkommen in das Heer eingegliedert und unterstanden sie dem Heer?

JODL: Für den taktischen Einsatz waren sie den Befehlshabern der Wehrmacht unterstellt, aber nicht disziplinär. Ihr Disziplinarvorgesetzter war und blieb Himmler auch im Einsatz.

MR. BIDDLE: Waren sie nur in Disziplinarangelegenheiten Himmler unterstellt?

JODL: Er wurde auch als ihr praktischer Oberbefehlshaber betrachtet, was sich dadurch äußerte, daß über den Stand der Divisionen, über ihre Ausrüstung, ihre Verluste sehr häufig oder fast ausschließlich Himmler persönlich dem Führer berichtete.

MR. BIDDLE: Wann wurden sie in die Wehrmacht eingeschaltet? Wann? In welchem Jahr?

JODL: Sie wurden in die Wehrmacht eingeschaltet mit Kriegsbeginn, im Augenblick des Polenkrieges.

MR. BIDDLE: Nun noch eine Frage über Rußland. Ich will nur sehen, ob ich Ihre Ansicht ganz richtig verstanden habe.

Sie fürchteten einen Einfall Rußlands in Deutschland? Richtig?

JODL: Ich rechnete zu einem bestimmten Zeitpunkt entweder mit einer politischen Erpressung auf Grund des großen Aufmarsches oder mit einem Angriff.

MR. BIDDLE: Angeklagter! Bitte, ich habe Sie gefragt, ob Sie einen Angriff Rußlands befürchteten. Das war doch einmal der Fall? Nicht wahr?

JODL: Ja, ich befürchtete ihn.

MR. BIDDLE: Gut! Wann war das?

JODL: Das hat begonnen durch...

MR. BIDDLE: Wann befürchteten Sie einen Angriff? Wann haben Sie zum erstenmal diese Befürchtung gehegt?

JODL: Diese Befürchtung habe ich zum erstenmal im Sommer 1940 auf Grund der ersten Besprechungen mit dem Führer auf dem Berghof am 29. Juli gehegt.

MR. BIDDLE: Von diesem Moment an bestand also vom militärischen Standpunkt aus für Sie die Notwendigkeit, zuerst anzugreifen, nicht wahr?

JODL: Nachdem man die politische Klärung durchgeführt hatte, erst dann; bisher war es nur eine Vermutung.

MR. BIDDLE: Wie konnten Sie es sich leisten, auf eine politische Klärung der Lage zu warten, wenn Sie einen sofortigen Angriff befürchteten?

JODL: Aus diesem Grunde haben wir auch zunächst die Defensivmaßnahmen verstärkt bis Frühjahr 1941; bis dahin sind nur Defensivmaßnahmen ergriffen worden. Erst im Februar 1941 begann der Aufmarsch für den Angriff.

MR. BIDDLE: Nun noch eine Frage; folgendes ist mir nicht ganz klar: Haben Sie während dieses Angriffs den Rat gegeben, daß Deutschland angreifen sollte oder daß Deutschland nicht angreifen sollte? Was war Ihr Rat? Sie haben diese Gefahr kommen sehen, was haben Sie daraufhin unternommen?

JODL: Ich habe auch zu diesem Problem wie zu den meisten anderen dem Führer eine schriftliche Unterlage eingereicht, indem ich auf die ungeheure militärische Auswirkung eines solchen Entschlusses hingewiesen habe, von dem man zwar weiß, wie dieser Feldzug angeht, von dem aber kein Mensch sich eine Vorstellung machen könne, wie er enden würde...

MR. BIDDLE: Das haben wir alles schon gehört. Darauf wollte ich nicht eingehen. Ich wollte nur eines wissen: Sie befürchteten, daß Rußland angreifen würde? Wenn das wahr war, warum haben Sie nicht geraten, sofort anzugreifen? Sie fürchteten, Rußland würde angreifen, und trotzdem sagen Sie, daß Sie geraten haben, nicht in Rußland einzumarschieren. Das verstehe ich nicht.

JODL: Das ist nicht der Fall. Ich habe nicht geraten, nicht einzumarschieren, sondern ich habe nur gesagt, wenn es kein anderes Mittel gibt und wenn es wirklich kein politisches Mittel gibt, diese Gefahr abzuwenden, dann sehe auch ich nur die Möglichkeit des Präventivangriffes.

MR. BIDDLE: Danke sehr, das ist alles.

VORSITZENDER: Der Angeklagte kann auf die Anklagebank zurückgehen.