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[Zu Herrn Debenest gewandt:]

Nun, sehen Sie zu, daß Sie eine ordnungsgemäß beglaubigte Abschrift dieses Dokuments vorlegen können.

M. DEBENEST: Selbstverständlich, Herr Vorsitzender.

SEYSS-INQUART: Darf ich zu dem Dokument Stellung nehmen?

M. DEBENEST: Wollen Sie bitte warten, bis ich Ihnen selbst den Teil verlese, den ich Ihnen vorlegen will.

Es ist auf Seite 4 des französischen Textes, der vierte Absatz vor dem Schluß der ersten Erklärung, also der zweite Absatz auf der Seite.

»Seyß-Inquart sagte, glaube ich, damals schon, daß 5 Geiseln erschossen werden sollten. Ich kannte keinen dieser Geiseln; ich habe nicht fünf ausgesucht, und ich habe mit der Durchführung nichts zu tun gehabt. Es war eine rein politische Angelegenheit, wobei ich als Wehrmachtbefehlshaber einfach nach vorne geschoben wurde.«

Jetzt können Sie eine Erklärung dazu geben, wenn Sie wollen.

SEYSS-INQUART: Diese Darstellung des Herrn Generals Christiansen, die er als Beklagter, nicht als Zeuge gibt, deckt vollinhaltlich meine Darstellung. Am Eingang des Berichts sagt General Christiansen, Feldmarschall Rundstedt und das OKW hat ihm über seinen Chef den Befehl gegeben, die Geiseln haftbar zu machen. Er sagt weiter, er habe durch seine juristische Abteilung eine Proklamation herausgegeben, daß die Geiseln mit ihrem Leben haften, wenn weitere Sabotagen vorkommen. Er sagt weiter, daß solche Sabotagen vorgekommen sind, und er habe sich an das Oberkommando West gewandt oder das OKW und die Antwort bekommen, daß die Geiseln in Anspruch zu nehmen sind. Er sagt dann, daß er mich von diesem Befehl unterrichtete, nämlich, daß die alte Geiselanordnung bleibt. Ich habe darauf gesagt, daß fünf hingerichtet werden sollen, das habe ich immer behauptet; denn ich sagte auch, daß 25 erschossen werden sollten, und ich habe um das Leben der anderen 20 gehandelt.

Der Bericht ist also im wesentlichen richtig und deckt vollkommen meine Darstellung.

M. DEBENEST: Aber in diesem Dokument ist ja nicht die Rede von 25 Geiseln, es wird nur davon gesprochen, daß Sie es waren, der die fünf Geiseln auswählte.

Nehmen Sie die Erklärung vom 5. März auf der nächsten Seite. Der General Christiansen erklärt:

»Es ist mir eingefallen, daß auch noch Oberstleutnant Kluter an dieser Konferenz teilgenommen hat. Es waren also sieben Herren da. Ich habe also dorthin den Befehl überbracht, daß Geiseln in Anspruch genommen werden sollten, und Seyß-Inquart sagte dann sofort, daß fünf Menschen ergriffen werden sollten. Sie fragen, ob das nun nur so mir nichts dir nichts ginge. Offenbar hatte Seyß-Inquart die Befugnis dazu.«

Also das sind wiederum Sie, der diese Geisern bezeichnet und ausgewählt hat.

SEYSS-INQUART: Die Wiederholung dieser Worte ändert gar nichts an der Tatsache, daß 25 Geiseln verlangt wurden, wie morgen Ihnen die Zeugen bestätigen werden, und daß ich interveniert habe, daß nur fünf verlangt werden, daß das Ganze aber eine Aktion der Wehrmacht und des Höheren SS- und Polizeiführers war; denn die Proklamationen sind im Namen beider gewesen. Ich habe mir als Reichskommissar das Recht genommen, die Geiselzahl möglichst herabzudrücken. Die endgültige Ziffer ist aber zwischen Wehrmachtbefehlshaber und dem Höheren SS- und Polizeiführer festgelegt worden.

VORSITZENDER: Herr Debenest! Haben Sie den letzten Absatz in der eidesstattlichen Erklärung vorgelesen, Seite 4 unten?

M. DEBENEST: Ganz richtig, Herr Vorsitzender, ich habe es nicht verlesen, ich verlese es jetzt:

»Ich bitte Sie, auch noch aufzunehmen, daß bei dieser Konferenz bei Seyß-Inquart dieser sich das Recht, die Geiseln auszuwählen, ausdrücklich vorbehalten hat.«

SEYSS-INQUART: Ich kann dazu gar nichts sagen, als was ich Ihnen gesagt habe. Die Auswahl der Geiseln erfolgte wahrscheinlich durch den Höheren SS- und Polizeiführer nach den Richtlinien, die er von dem Wehrmachtbefehlshaber, besser gesagt, von seinen vorgesetzten Stellen bekommen hat. Ich selbst habe vorbehalten oder gebeten, die Liste zu sehen, weil ich mich als Reichskommissar auch dafür interessiert habe, was für Männer ausgewählt werden. Und ich habe meinen Einfluß in der Weise geltend gemacht, wie bereits erwähnt, daß die Väter mit vielen Kindern herausgenommen werden. Im übrigen will ich der subjektiven Darstellung des Generals Christiansen nicht weiter Polemik entgegenhalten.

Wir haben recht und gut miteinander gearbeitet. Das Gericht wird entscheiden, ob ich falsch aussage, oder ob er sich irrt.

M. DEBENEST: Genau das habe ich auch gedacht.

Sie behaupten also, daß es der einzige Fall ist, wo Sie bei der Festnahme und Hinrichtung von Geiseln intervenierten?

SEYSS-INQUART: Ich glaube ja.

M. DEBENEST: Waren Sie über die Hinrichtung der Geisern als Folge des Attentats auf Rauter unterrichtet?

SEYSS-INQUART: Den Umfang meiner Information habe ich gestern dargelegt. Ich habe die Ziffer, die in Frage kommt, nicht gewußt. Es war mir bekannt, daß Erschießungen vorgenommen werden, und zwar jener Männer, die auf Grund ihres Verhaltens und nach der Weisung des Führers durch die Sicherheitspolizei zu erschießen waren. Die Ziffer selbst habe ich nachher erfahren.

M. DEBENEST: Infolgedessen haben Sie bei der Erschießung der Geiseln überhaupt nicht interveniert?

SEYSS-INQUART: Das kann ich nicht sagen, nein, denn ich habe mit dem Stellvertreter des Höheren SS- und Polizeiführers natürlich ernstlich erwogen, was man bei einem solchen Fall machen muß, denn es war ja ein sehr ernster Fall; und daß er diese Vollstreckungen vornimmt, da habe ich ja gestern gesagt, daß ich einverstanden war. Ich habe gesagt, ich konnte ihm nicht widersprechen, in diesem Augenblick die Vollzüge auch tatsächlich durchführen zu lassen.

M. DEBENEST: Wer war dieser Polizeichef?

SEYSS-INQUART: Dr. Schöngarth.

M. DEBENEST: Was denken Sie von Dr. Schöngarth?

SEYSS-INQUART: Ich glaube, daß Dr. Schöngarth kein Mann war, der besonders hart war und der so mit großem Eifer bei dieser Sache war. Ihm war der Fall sicher sehr unangenehm.

M. DEBENEST: Aber war er ein Mann, zu dem man Vertrauen haben konnte?

SEYSS-INQUART: Ich habe während der Amtsführung zu ihm Vertrauen gehabt.

M. DEBENEST: Gut. In diesem Falle werde ich Ihnen jetzt ein Dokument zeigen lassen. Es ist Dokument F-879, das ich als RF-1528 vorlege.