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[Zum Zeugen gewandt:]

Wie war die Lage der Niederländischen Bank bei Ihrer Ankunft im Jahre 1940?

SEYSS-INQUART: Die Niederländische Bank als Notenbank war, glaube ich, im wesentlichen auf der Basis einer Privatbank aufgebaut. Präsident war Herr Trip. Der Staat dürfte einen gewissen Einfluß gehabt haben, weil sie ja das Notenbankinstitut war.

M. DEBENEST: Geben Sie uns kürzere Erklärungen.

SEYSS-INQUART: Dann werden sie nicht die volle Wahrheit enthalten.

M. DEBENEST: Haben die Goldreserven den Banknotenumlauf gedeckt?

SEYSS-INQUART: Ich vermute, nach Maßgabe der Golddeckung oder des Vorhandenseins der Golddevisen. Und tatsächlich war die Devisendeckung höher als die Ausgabe der Noten. Die Holländische Bank hat mehr Gold und Golddevisen gehabt, als sie Noten ausgegeben hat.

M. DEBENEST: Und wie war die Lage zur Zeit des deutschen Zusammenbruchs?

SEYSS-INQUART: Da hat sie einige Milliarden, und zwar eine ziemlich hohe Summe an Milliarden, Papiergeldumlauf gehabt und vielleicht noch 23 Millionen Goldgulden.

M. DEBENEST: Aber vor allem Reichsmark?

SEYSS-INQUART: Nein, ich sage 23 Millionen Gulden in Gold. Die übrige Deckung dürften Anweisungen aus dem Reich gewesen sein.

M. DEBENEST: Haben Sie die Aufhebung der »Devisengrenze« veranlaßt? Wollen Sie bitte antworten.

SEYSS-INQUART: Jawohl.

M. DEBENEST: Waren Sie vollkommen von der Notwendigkeit der Aufhebung der »Devisengrenze« überzeugt?

SEYSS-INQUART: Der Vorschlag ist aus meinem Amt gekommen. Ich habe ihn übernommen, Herr Trip hat protestiert. Ich habe ihn nach Berlin gegeben. In Berlin hat der Herr Reichsmarschall dafür entschieden, Reichsminister Funk war dagegen; ich habe den von mir gemachten und von Herrn Reichsmarschall gebilligten Vorschlag durchgeführt.

M. DEBENEST: Aber persönlich waren Sie mit ihm einverstanden?

VORSITZENDER: Was meinen Sie eigentlich mit »Devisengrenze«, mit der Sie sich jetzt befassen? Wir wollen nur wissen, wovon Sie sprechen.

M. DEBENEST: Ich meine damit den freien Umlauf der deutschen Währung in Holland.

[Zum Zeugen gewandt:]

Hatte nicht Holland außerdem noch bedeutende Zahlungen, sogenannte »freiwillige Zahlungen«, zu leisten, unter anderem für den Kampf gegen den Bolschewismus?

SEYSS-INQUART: Ich glaube, ich habe den Fall ganz deutlich dargelegt. Das Reich verlangte in einem gewissen Zeitpunkt als mittelbare Besatzungskosten 50 Millionen Mark für die Vorbereitung der Verteidigung in Holland. In Holland haben wir das »Freiwilligen Beitrag« genannt aus rein optisch-politischen Gründen. In Wirklichkeit war das eine Forderung des Reiches, die so oder so hätte gezahlt werden müssen. Also ich belaste keinen Niederländer mit dieser angeblichen Freiwilligkeit dieses Beitrags.

M. DEBENEST: Und Sie waren mit diesen Maßnahmen einverstanden, nicht wahr?

SEYSS-INQUART: Jawohl.

M. DEBENEST: Welches waren die wirtschaftlichen und finanziellen Folgen dieser Maßnahmen?

SEYSS-INQUART: Die finanziellen Folgen waren ein außerordentlich erhöhter Banknotenumlauf, außerordentlich hohe Girokonten, die in irgendeiner Form sowohl im Reich wie in allen besetzten Gebieten gleichgeblieben sind. In Holland haben wir es so gemacht; in Frankreich war es anders. Das finanzielle Ergebnis ist mit Rücksicht auf den Zusammenbruch des Reiches gleich. Hätte Deutschland den Krieg nicht verloren, so hätte Holland heute einen Anspruch von über 41/2 Milliarden Gulden gegen ein souveränes Deutschland.

M. DEBENEST: Gut. Wollen Sie sich nun Dokument 997-PS ansehen, das Ihnen bereits gestern vorgelegen hat. Ich werde Ihnen vorlesen, was Sie von diesen Maßnahmen hielten. Es ist Seite 14 der französischen Übersetzung und Seite 12 des deutschen Originaltextes. Es ist der große Bericht Seyß-Inquart, RF-122, 997-PS.

Sie schreiben hier, ich verlese von Zeile 6 an:

»Diese Regelung geht weit über alle bezüglichen Regelungen hinaus, die bisher mit den Nachbarvolkswirtschaften einschließlich der des Protektorats getroffen wurden...«

Seite 12 des deutschen und 14 des französischen Textes:

»... und stellt eigentlich den ersten Schritt zu einer Währungsunion dar. Mit Rücksicht auf diese Bedeutung des Abkommens, die schon an die Unabhängigkeit des niederländischen Staates herankommt,...«

und dann sagten Sie:

»... ist es von besonderem Ausschlag, daß der in der westlerischen Bank- und Finanzwelt außerordentlich bekannte Bankpräsident Trip diesen Vertrag wieder freiwillig im obigen Sinne unterschrieben hat.«

Das war Ihre Meinung über diese Maßnahmen?

SEYSS-INQUART: Das ist richtig. Aber ich muß heute zugeben, daß meine damalige Meinung falsch war, denn sonst würde ich Herrn Bankpräsidenten Trip zu stark belasten. Was hier geschrieben ist, ist noch nicht der Zustand der späteren Aufhebung der Devisengrenze. Das war nur die Vereinbarung der unbeschränkten Annahme der Banknoten zwischen den beiden Notenbanken. Im übrigen darf ich auf das verweisen, was ich über die Qualitäten des Herrn Trip gesagt habe und glaube, daß mit dessen Zustimmung in meinen Augen auch die völkerrechtliche Zulässigkeit gegeben ist.

M. DEBENEST: Sie haben jedoch erklärt, daß es »schon an die Unabhängigkeit des Niederländischen Staates herankommt«?

SEYSS-INQUART: Das war ein übertriebener Optimismus in meiner Darstellung.

M. DEBENEST: Sehr gut. Der Gerichtshof wird Ihre Darstellung zu würdigen wissen. Andererseits zogen Sie die Aufhebung der Zollgrenzen in Erwägung? Ist das richtig?

SEYSS-INQUART: Ich habe die Frage nicht verstanden.

M. DEBENEST: Sie warten die Übersetzung nicht ab. Wie können Sie da verstehen? – Ich fragte Sie: Haben Sie nicht die Aufhebung der Zollgrenzen in Erwägung gezogen?

SEYSS-INQUART: Jawohl.

M. DEBENEST: Waren in den Niederlanden nicht verschiedene Dienststellen vorhanden, die sich mit der Plünderung von Kunstschätzen befaßt haben?

SEYSS-INQUART: Ich kann es nicht »Plünderung« nennen, aber jedenfalls mit der Bewirtschaftung, Versorgung und so weiter.

M. DEBENEST: Das ist Ihre Anschauung. Jedenfalls gab es mehrere Dienststellen?

SEYSS-INQUART: Jawohl.

M. DEBENEST: Sie haben die Dienststelle des Dr. Mühlmann besonders gut gekannt?

SEYSS-INQUART: Jawohl.

M. DEBENEST: Wer hat ihn in die Niederlande berufen?

SEYSS-INQUART: Ich habe Mühlmann nach den Niederlanden vorausgeschickt, damit er mir meine Dienststellen räumlich einrichte.

M. DEBENEST: Nur um Ihre Dienststellen einzurichten?

SEYSS-INQUART: In diesem Augenblick nur, um die Dienststellen einzurichten.

M. DEBENEST: Und später?

SEYSS-INQUART: Mühlmann ist dann weggefahren und kam nach einiger Zeit als eine Dienststelle des Vierjahresplans zurück zur Sicherung von Kunstschätzen. Es war so ähnlich wie in Polen.

M. DEBENEST: Was verstehen Sie unter »Sicherung von Kunstschätzen«?

SEYSS-INQUART: Praktisch – ich will da nicht viel herumreden – praktisch hatte er festzustellen, ob in den beschlagnahmten Vermögen Kunstwerte sind und hatte dann den Auftrag, diese Kunstwerte verschiedenen Reichsstellen anzukündigen.

M. DEBENEST: Nur anzukündigen?

SEYSS-INQUART: Ja, denn der Ankauf wurde dann von den verschiedenen Stellen selbst besorgt.

Ich nehme an, das heißt, ich weiß, daß er sich auch mit dem privaten Kunsthandel beschäftigt hat als Vermittler.

M. DEBENEST: Haben Sie auch auf diesem Wege Gemälde für sich selbst erworben?

SEYSS-INQUART: Jawohl, nicht für mich, sondern für die gestern dargestellten Zwecke.

M. DEBENEST: Nun, Sie haben auch gestern erklärt, daß Sie eine große Anzahl von Kunstschätzen in Sicherheit bringen ließen, hauptsächlich Gemälde. Für welchen Zweck brachten Sie diese in Sicherheit?

SEYSS-INQUART: Also, viele Kunstschätze habe ich höchstens insofern sichergestellt, als durch die Anordnung über die Beschlagnahme feindlichen und jüdischen Vermögens diese Sicherstellung und weitere Liquidation erfolgte. Für die von mir erwähnten Geschenkzwecke, zum Beispiel an das Kunsthistorische Museum in Wien, habe ich vielleicht drei oder vier Bilder angekauft.

M. DEBENEST: Nein, ich habe Sie gefragt, aus welchem Grunde Sie diese Kunstschätze in Sicherheit gebracht haben.

SEYSS-INQUART: Die Einziehung, die Beschlagnahme des jüdischen und des feindlichen Vermögens hatte primär den Zweck der Sequestrierung. Es war aber mit der Zeit klar, daß diese Kunstschätze vom Reich aus aufgekauft werden. Die drei oder vier Bilder, die ich gekauft habe, habe ich mit dem sofortigen Zweck gekauft, sie bestimmten Reichsinstitutionen, zum Beispiel dem Kunsthistorischen Museum in Wien, zu geben.

M. DEBENEST: Aber es gab ja in Holland nicht nur jüdisches Vermögen.

SEYSS-INQUART: Ich habe ja auch gesagt, feindliche Vermögen. Aber das waren nicht die feindlichen Vermögen im allgemeinen, sondern nur wenn eine besondere feindliche Haltung oder Stellungnahme gegen das Reich nachgewiesen war. Die wurden dann auch eingezogen.

M. DEBENEST: Nun, das haben Sie in einem Dokument geschrieben, das dem Gerichtshof bereits vorgelegt wurde und das Sie bestimmt kennen. Es handelt sich um das Schriftstück, das unter RF-1344 unterbreitet wurde. Sie kennen das Dokument. Es ist ein von Ihnen an Dr. Lammers gerichteter Brief. Dieser Brief befaßt sich mit dem für den Führer getätigten Ankauf von Bildern. Im Absatz 3 des französischen Textes dieses Dokuments schreiben Sie folgendes:

»Aus der mir vorgelegten Aufstellung entnehme ich, daß auf diese Weise eine verhältnismäßig große Zahl wertvoller Bilder sichergestellt wurde, die der Führer zu Preisen erwerben konnte, die nach den Feststellungen, die ich sonst in dem Lande machen konnte, als geradezu außerordentlich billig bezeichnet werden müssen.«

Dann fügen Sie hinzu, daß Rembrandts Selbstporträt dank Mühlmann wiedergefunden wurde. Demnach hatte diese Sicherstellung von Kunstwerken offensichtlich den Zweck, den Reichsbehörden die Überführung nach Deutschland zu ermöglichen. Das stimmt doch?

SEYSS-INQUART: Da besteht gar kein Zweifel. Bezüglich des Rembrandt-Bildes möchte ich nur erwähnen, daß es illegal nach Holland gekommen ist und daher beschlagnahmt wurde.

M. DEBENEST: Und wurde es auf legalem Wege nach Deutschland gebracht?

SEYSS-INQUART: Beim Rembrandt-Bild, glaube ich, ist gar kein Zweifel. Da ist eine deutsche Vorschrift verletzt worden.

M. DEBENEST: Außer den Bildern haben Sie doch auch zahlreiche Kunstgegenstände und Wertsachen erworben, zum Beispiel Diamanten, Edelsteine und so weiter?

SEYSS-INQUART: Davon ist mir nichts bekannt.

M. DEBENEST: Davon wissen Sie nichts, aber Sie wissen, daß Sie in Wien ein Haus besitzen in der Untergasse Nummer 3?

SEYSS-INQUART: Nein, das ist in der Iglauer Straße 15, aber das kann stimmen, ja, bitte.

M. DEBENEST: Haben Sie dort nicht gewisse Wert- und Kunstgegenstände aus den Niederlanden untergebracht?

SEYSS-INQUART: Mir vollkommen unbekannt.

M. DEBENEST: Gut, gehen wir weiter. Wer hat die Beschlagnahme des Vermögens des Königlichen Hauses angeordnet?

SEYSS-INQUART: Ich persönlich.

M. DEBENEST: Sie waren also der Anstifter, der es angeregt hat?

SEYSS-INQUART: Nicht nur der Anstifter, ich habe mich dazu entschlossen. Ich habe es durchgeführt.

M. DEBENEST: Also Sie waren nur der Ausführende?

SEYSS-INQUART: Auch der Ausführende.

M. DEBENEST: Ich frage Sie nicht, ob Sie auch der Ausführende waren, ich habe ganz klar gefragt, ob Sie allein der Ausführende waren?

SEYSS-INQUART: Nein, ich habe gestern genau dargestellt, aus welchen Gründen ich mich entschlossen habe, mit einer Beschlagnahme des königlichen Vermögens vorzugehen. Ich habe das auch dann durchgeführt.

M. DEBENEST: Sie behaupteten, daß es wegen der Rede der Königin war? Das haben Sie gestern doch gesagt, nicht wahr?

SEYSS-INQUART: Jawohl.

M. DEBENEST: Ich werde Ihnen jetzt das Dokument F-828, es trägt die Nummer RF-1533, vorlegen.

Dieses Dokument ist ein Brief von Reichsleiter Martin Bormann an den Reichsminister Dr. Lammers vom 3. Juli 1941.

Zu Beginn des Briefes erörtert Bormann die Rede der Königin, und im letzten Absatz, der uns allein interessiert, schreibt er:

»Der Führer hat nunmehr die schon früher vom Reichskommissar erbetene Genehmigung, das Vermögen des niederländischen Könighauses einziehen zu dürfen, gegeben.«

Glauben Sie immer noch, daß es in Verbindung mit der Rede der Königin war?

SEYSS-INQUART: Die Übertragung war momentan technisch unterbrochen.

M. DEBENEST: Gewiß, Sie haben aber das Dokument zur Hand.

SEYSS-INQUART: Ja, bitte, ich weiß, worum es sich handelt.

M. DEBENEST: Natürlich wissen Sie es.

SEYSS-INQUART: Es ist vollkommen meiner Erinnerung entschwunden, daß ich einen solchen Antrag schon früher gestellt haben soll. Ich kann mich wirklich nicht erinnern. Vielleicht habe ich erörtert, ob man das Vermögen einziehen soll oder nicht. Ich kann mich eigentlich erst erinnern an meinen Antrag im Augenblick, als diese Rede gehalten wurde. Das war ja nicht die erste Rede, die die Königin der Niederlande gehalten hat. Sie hat ja ähnlicherweise früher auch schon gesprochen.

M. DEBENEST: Ja, das ist eine Erklärung, und der Gerichtshof wird von ihr Kenntnis nehmen.

Nun, wurde denn die Plünderung der Niederlande und der Versuch, das Land zu nazifizieren und zu germanisieren, nicht von der Zivilverwaltung und der Regierung, deren Chef Sie waren, ausgeführt?

SEYSS-INQUART: Ja und nein. Es ist mir vollkommen klar, daß die Niederländer unser Verhalten wirtschaftlich als Plünderung empfanden. Formell und rechtlich scheint es mir nicht so zu sein. Germanisiert habe ich die Niederlande überhaupt nicht.

M. DEBENEST: Gut, wollen Sie sich bitte das Dokument 997-PS ansehen, Seite 22 des deutschen Textes, das ist Seite 26 des französischen. Ich beziehe mich auf den Teil Ihres Berichts, der die Überschrift trägt »Feststellungen«. Es ist Ihr Bericht. Sie haben ihn zur Hand. Ich werde Ihnen die Bemerkungen vorlesen, die Sie selbst über Ihre eigene Tätigkeit machen. Das war am 18. Juli 1940.

»2.) Die Verwaltung ist derzeit genügend und in Hin kunft zunehmend in der Leitung und Kontrolle der deutschen Behörden.

3.) Die Wirtschaft und der Verkehr sind in Gang gebracht und auf die Kriegsverhältnisse umgestellt, Planungen zu einem großzügigen Umbau auf die Kontinentalwirtschaft in Angriff genommen, die Bereitschaft hierzu nahezu allgemein, die Vorräte des Landes der Kriegswirtschaft des Reiches zugeführt, die finanziellen Kräfte hierfür« – es war 1940 – »weitgehend erschlossen und an die Steuerung des Reiches angeschlossen, alles auf Grund weitgehender Mitarbeit der Niederländer.«

Das ist doch genau das, was Sie schreiben? Das war doch Ihr Gedankengang?

SEYSS-INQUART: Jawohl, und ich glaube, für den Punkt 2 wird jede Besatzungsmacht volles Verständnis haben, und der Punkt 3 war eine konstruktive Idee eines neuen Europas.

M. DEBENEST: Die Beurteilung dieser Ansicht ist Sache des Gerichtshofs. Ich möchte noch kurz auf die Judenfrage zurückkommen. Sie sagten gestern, daß Sie gegen den Abtransport von 1000 Juden nach Buchenwald oder Mauthausen protestierten und daß es dann keine Transporte mehr gab. Aber warum protestierten Sie nicht gegen die Transporte nach Auschwitz? Dachten Sie, daß dieses Lager sehr viel anders sei als die beiden andern?

SEYSS-INQUART: Selbstverständlich. Mauthausen und Buchenwald waren Konzentrationslager, während Auschwitz mir als ein Sammellager bezeichnet wurde, in dem die Juden verbleiben sollten, bis eben der Krieg entschieden oder irgendeine andere Entscheidung getroffen ist.

M. DEBENEST: Bevor Sie nach Holland kamen, waren Sie doch der Adjutant des Generalgouverneurs in Polen?

SEYSS-INQUART: Adjutant nicht, aber der Stellvertreter.

M. DEBENEST: Noch besser. Demnach mußten Sie doch dort von diesem Lager gehört haben?

SEYSS-INQUART: Damals hat es Auschwitz noch gar nicht gegeben.

M. DEBENEST: Wußten Sie denn nicht, daß die Asche dieser 1000 Juden von Buchenwald oder Mauthausen gegen eine Bezahlung von 75 Gulden ihren Familien zugesandt wurde? Das geschah 1941, das hat Sie auch nicht davon abgehalten, später andere Maßnahmen gegen die Juden zu ergreifen, und zwar solche, die unbedingt zu ihrer Deportation führen mußten?

SEYSS-INQUART: Weil diese in meinen Augen vorerst Evakuierung genannte Maßnahme ganz etwas anderes ist als die Deportation oder die Abführung in ein Konzentrationslager.

M. DEBENEST: Aber nach allem kannten Sie doch das Schicksal dieser Juden, die in die Lager deportiert wurden.

SEYSS-INQUART: Das Schicksal, wie wir es heute kennen, das haben die meisten und die allermeisten nicht gekannt. Welche Bedenken ich hatte, habe ich ja gestern erklärt.

M. DEBENEST: Das ist Ansichtssache. Sie sprachen gestern von Repressalien gegen die Haager Zeitung. Sie haben gesagt...

VORSITZENDER: Haben Sie nicht schon gestern ein Kreuzverhör darüber angestellt?

M. DEBENEST: Es sind Fragen, die mir heute früh als Ergebnis verschiedener Erklärungen übermittelt wurden, die der Angeklagte gestern abgegeben hat. Darüber hinaus bin ich am Ende.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof ist der Meinung, daß Sie diese Sachen nicht noch einmal behandeln sollten.

M. DEBENEST: Dann bin ich fertig, da alle Fragen sich entweder auf die Geiseln oder... Ich möchte aber, wenn der Gerichtshof es erlaubt, noch eine Frage hinsichtlich der Überflutungen stellen. Alle anderen Fragen, die ich zu stellen beabsichtigte, betreffen die Geiseln, und ich werde diese, wenn der Gerichtshof es wünscht, nicht stellen.

Darf ich noch eine Frage bezüglich der Überflutungen stellen?

VORSITZENDER: Der Gerichtshof ist der Meinung, daß Sie gestern schon die Überflutungen behandelt haben. Ich weiß es nicht.

M. DEBENEST: Ja, dann bin ich fertig, Herr Vorsitzender.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof vertagt sich nun.