HOME

<< Zurück
|
Vorwärts >>

[Zum Gerichtshof gewandt:]

Es ist Dokument 3430-PS, das unter Nummer US- 708 bereits eingereicht worden ist. Es ist ein Auszug aus einer Rede Seyß-Inquarts, die er in den Niederlanden gehalten hat. Die Stelle befindet sich auf Seite 124 und Seite 125 des deutschen Textes.

Dieser Text muß auch im Trialbrief Seyß-Inquarts zu finden sein. Ich weiß nicht genau wo, es muß jedoch Seite 57 oder Seite 58 sein.

[Zum Zeugen gewandt:]

Im Verlaufe dieser Rede, die Seyß-Inquart am 29. Januar 1943 gehalten hat, hat er folgendes gesagt:

»Ich werde meine Anordnungen geben. Sie müssen von allen strikte durchgeführt werden. In der heutigen Situation würde die Weigerung, eine solche Anordnung durchzuführen, nicht anders gewertet werden können, denn als Sabotage. Es ist ebenso klar, daß wir mehr denn je jeden Widerstand, der sich gegen diesen Existenzkampf richtet, unterdrücken müssen.«

Und weiterhin sagt er:

»In einem Augenblick, in dem unsere Männer, Väter und Söhne mit eiserner Entschlossenheit ihrem Schicksal im Osten entgegensehen und unerschütterlich und unerschüttert den höchsten Einsatz leisten, ist es unerträglich, Konspirationen zu dulden, die es sich zum Ziel setzen, den Rücken dieser Ostfront unsicher zu machen. Wer dies wagt, muß vernichtet werden.«

Wenn Seyß-Inquart keine Autorität über die Polizei gehabt hätte, hätte er dann solche Reden halten und sagen können, daß er die Befehle erteilen würde?

WIMMER: Ich habe nicht gesagt, daß Seyß-Inquart gegenüber der Polizei keine Autorität besessen habe. Ich habe nur gesagt, daß die Befehle vom Höheren SS- und Polizeiführer erteilt worden sind. Das Verhältnis mit der Polizei, zur Polizei war folgendes:

Der Reichskommissar konnte sich selbstverständlich an die Polizei wenden, wenn er sie in irgendeinem Falle benötigte. Sein Wunsch war aber eben ein Wunsch und kein bindender Befehl. Die Polizei hat in solchen Fällen, wenn es sich um wichtigere handelte, zumindest vorher Fühlung genommen mit dem Reichsführer-SS beziehungsweise mit der Dienststelle des Reichsführers-SS, und nur wenn dort zugestimmt wurde, konnte ein Wunsch des Reichskommissars durch die Polizei durchgeführt werden.

M. DEBENEST: Die Frage ist weit einfacher: Konnte er- ja oder nein – Befehle in solchen Fällen, wie sie von ihm in seiner Rede angeführt wurden, erteilen? Er selbst sagt es.

WIMMER: Er konnte die Forderung stellen, aber keinen Befehl geben.

M. DEBENEST: Ich stelle fest, daß Sie mit dem Inhalt der Reden von Seyß-Inquart nicht übereinstimmen.

Ich komme jetzt auf ein anderes Dokument zu sprechen, und Sie werden mir sagen, wie Sie es sich erklären, daß Seyß-Inquart Ihrer Ansicht nach nur Forderungen stellen, wie Sie es sagen, und keine Befehle erteilen konnte.

Es ist Dokument F-860, das ich dem Gerichtshof gestern vorgelegt habe. Dieses Dokument ist ein Brief Seyß-Inquarts an Dr. Lammers.

In diesem Brief schreibt er, daß er die holländische Polizei reorganisieren wollte, um sie der Organisation der deutschen Polizei anzupassen. Er äußert in diesem Dokument die Ansicht, daß die Polizei der stärkste Ausdruck der inneren Verwaltung eines Landes sein müsse und die ihr deshalb nicht entzogen werden dürfte.

Das sagt Seyß-Inquart in dem Dokument. Wie können Sie nun Ihre Antwort mit dem in Einklang bringen, was Seyß-Inquart schreibt?

WIMMER: Was diese Reorganisation betrifft, diese Reorganisation ist nicht vom Reichskommissar angeregt worden, sondern sie ging von der Polizei selbst aus. Der Reichskommissar hat bei dieser Reorganisation, und ich selbst ebenfalls, versucht, möglichst dahin zu wirken, daß die niederländische Polizei wenigstens nicht völlig von der Verwaltung getrennt wird, was in Deutschland im wesentlichen schon der Fall war und was die deutsche Polizei in den Niederlanden ebenfalls anstrebte.

M. DEBENEST: Ihre Aussagen stehen in Widerspruch zu dem, was Seyß-Inquart selbst in diesem Dokument schreibt.

Wie erklären Sie das, was der Angeklagte Seyß-Inquart an einer anderen Stelle dieses Dokuments schreibt:

»Nur möchte ich nicht den Höheren SS- und Polizeiführer ausdrücklich als Gerichtsherrn bestellen, denn diese Bezeichnung bedeutet den Holländern gegenüber eine Autoritätseinschränkung des Reichskommissars, die deshalb von besonderer Bedeutung ist, weil ja der Reichskommissar im Führererlaß als der Wahrer der Reichsinteressen bestellt wurde. Ich habe aber alle praktischen Vollmachten, die ein Gerichtsherr braucht, in der Verordnung selbst dem Höheren SS- und Polizeiführer übertragen.«

WIMMER: Ich bitte, mir die ersten beiden Sätze noch einmal zu lesen.

VORSITZENDER: Herr Debenest! Das Dokument liegt uns doch vor, nicht wahr?

M. DEBENEST: Ja, Herr Vorsitzender.

VORSITZENDER: Ich glaube, daß es sich kaum lohnt, mit dem Zeugen weiter darüber zu argumentieren.

M. DEBENEST: Ich bestehe nicht darauf, Herr Vorsitzender.