[Zum Zeugen gewandt:]
Wie erklären Sie weiterhin, daß Schöngarth – Sie haben gestern das Dokument gesehen, das Ihnen der Verteidiger vorgelegt hat, den Fragebogen Schöngarths –, wie erklären Sie sich, daß Schöngarth einen Tag nach dem Attentat auf Rauter sich zu Seyß-Inquart begeben hat und daß Seyß-Inquart ihm den Befehl erteilt hat – wie er im Dokument selbst erklärt – schärfste Vergeltungsmaßnahmen zu ergreifen dadurch, daß er 200 Gefangene erschießen läßt, um die Bevölkerung einzuschüchtern?
WIMMER: Ich habe gestern zu dieser Frage, ich glaube, erschöpfend Stellung genommen und alles mitgeteilt, was ich darüber weiß.
M. DEBENEST: Geben Sie bitte die Erklärung, die ich von Ihnen verlange.
WIMMER: Ich habe gestern erklärt, daß der Brigadeführer Schöngarth zu mir gekommen ist und mir, wenn ich es kurz sagen soll, die Angelegenheit so dargestellt hat, daß vom Reichsführer-SS eine Zahl von über 500 Erschießungen verlangt worden ist, daß es aber Schöngarth auf Hinweis und Rat und Bitte des Reichskommissars gelungen sei, die Zahl auf 200 herabzusetzen. Das sagte ich gestern.
M. DEBENEST: Sie behaupten, daß er, bevor er die Befehle von dem Reichskommissar bekam, er bereits Befehle von anderer Stelle erhalten hatte?
WIMMER: Nicht vom Reichskommissar, vom Reichsführer-SS.
M. DEBENEST: Ja, vom Reichsführer?
WIMMER: Ich kann nur sagen, daß mir der Brigadeführer Schöngarth die Sache so berichtet hat. Ich war nicht dabei, wie er mit dem Reichsführer-SS telephoniert hat.
M. DEBENEST: Gut. Haben Sie nicht selbst einer Versammlung beigewohnt, in deren Verlauf Geiseln ausgewählt wurden?
WIMMER: Einer Versammlung?
M. DEBENEST: Einer Versammlung, einer Besprechung, wenn Sie wollen.
WIMMER: Ja.
M. DEBENEST: Bei welcher Gelegenheit war das?
WIMMER: Ich entsinne mich, daß im Falle Rotterdam der Reichskommissar eine Besprechung mit den Generalkommissaren abgehalten hat und über die Angelegenheit Mitteilung gemacht hat.
M. DEBENEST: Haben Sie der Besprechung mit General Christiansen beigewohnt?
WIMMER: Das kann ich nicht mit Sicherheit sagen, ich glaube, ja.
M. DEBENEST: Wissen Sie, was Seyß-Inquart im Verlauf dieser Besprechung gesagt hat? Kennen Sie seine Stellungnahme?
WIMMER: Er hat die Einstellung, daß die Absicht der Wehrmacht, 50 oder, wie ich gestern gehört habe, 25 Erschießungen durchzuführen, daß dies überspannt sei und undurchführbar, und ich habe auch darüber gestern bereits berichtet, daß der Reichskommissar nach wiederholten Vorstellungen die Wehrmacht bewegen konnte, daß sie zum Schluß nur an der... daß sie zum Schluß der Erschießung von fünf Geiseln zustimmte.
VORSITZENDER: M. Debenest! Das wurde alles schon mit Seyß-Inquart besprochen, nicht wahr?
M. DEBENEST: Ja.
VORSITZENDER: Und mit diesem Zeugen?
M. DEBENEST: Ja, Herr Vorsitzender, ich wollte nur feststellen, ob der Zeuge mit dem Dokument, das ich dem Gerichtshof vorgelegt habe, einverstanden war. Das ist alles.
Ich bin mit meinen Fragen fertig, Euer Lordschaft!
VORSITZENDER: Wollen Sie ein Rückverhör anstellen, Dr. Steinbauer?
DR. STEINBAUER: Herr Präsident! Ich habe keine Fragen an den Zeugen zu stellen.
VORSITZENDER: Der Zeuge kann sich zurückziehen.