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[Zum Zeugen gewandt:]

Dadurch ist, ich frage Sie jetzt, der Krieg praktisch um zwei Monate vorher beendet worden?

SCHWEBEL: So kann man nicht sagen. Es war so: Für die holländische Bevölkerung wurde mit diesem Tage allerdings der Krieg praktisch beendet, denn diese Versorgung, wie sie da stattfinden konnte durch die Luft, über den Straßenweg, über die Kanäle, über die Flüsse, über die See nach Rotterdam war so großzügig, und es mußten ja, damit diese Transporte alle erfolgen konnten, an diesen Wegen überall Waffenruhen vereinbart werden, so daß tatsächlich eigentlich damit, wenn auch nicht formell, der allgemeine Waffenstillstand praktisch da war, so daß die Bevölkerung sofort damals in diesen Genuß kam.

DR. STEINBAUER: Herr Präsident! Ich habe keine weiteren Fragen an diesen Zeugen.

SCHWEBEL: Darf ich hierzu noch etwas sagen, Herr Präsident?

VORSITZENDER: Ich glaube nicht. Wenn der Verteidiger sein Verhör beendet hat, wünschen wir keine weiteren Ausführungen. Hat ein anderer Anwalt Fragen an den Zeugen zu stellen?

[Keine Antwort.]

Wünscht die Anklage ein Kreuzverhör?

M. DEBENEST: Herr Zeuge! Sie sprachen soeben von den Verhandlungen, die Sie mit den Delegierten der Londoner Regierung geführt hatten. Wissen Sie, daß diese Delegierten, bevor sie im April 1945 Verhandlungen mit dem Reichskommissar aufnahmen, die Bedingung gestellt haben, daß niemand mehr wegen eines Attentats auf deutsche Zivil- oder Militärpersonen ohne gerichtliches Urteil erschossen werden dürfe?

SCHWEBEL: Jawohl.

M. DEBENEST: Eine andere Frage. Haben diese Delegierten den Reichskommissar nicht gefragt, ob die SS sich den Bedingungen eines Vergleichs, der den Feindseligkeiten ein Ende bereiten würde, fügen würde?

SCHWEBEL: Das ist auch geschehen. Es ist danach nichts mehr gegen die Widerstandsorganisationen unternommen worden; von dieser Zeit an ist nichts mehr unternommen worden gegen die Widerstandsorganisationen.

M. DEBENEST: Sehr gut. Ist es richtig, daß der Reichskommissar geantwortet hat, daß er in seiner Eigenschaft als Obergruppenführer der SS in der Lage sei, die SS zu zwingen, die Bestimmungen dieses Abkommens einzuhalten und daß er dafür bürge?

SCHWEBEL: Ein Abkommen in dem eigentlichen Sinne... alle diese ganzen Besprechungen waren Gentlemen-Abkommen...

M. DEBENEST: Einen Augenblick, bitte! Ich frage, ob der Reichskommissar den. Delegierten der Londoner Regierung diese Antwort erteilt hat?

SCHWEBEL: Er hat gesagt, er sei auch Obergruppenführer der SS, und er könne dafür sorgen, daß die SS sich in diese Abmachung füge.

M. DEBENEST: Ich danke Ihnen. Nun die letzte Frage: Kannten Sie einen Beamten des Reichskommissariats mit Namen Kiehl?

SCHWEBEL: Kiehl, jawohl, den kannte ich.

M. DEBENEST: Hat er nicht im April 1945 Anweisungen zur Überflutung des Wieringer Meeres herausgegeben?

SCHWEBEL: Herr Kiehl hat meines Wissens keine Richtlinien gegeben, die konnte er auch gar nicht geben. Herr Kiehl war ein Wasserbausachverständiger, ein sehr guter. Er konnte... Befehle konnten aber nur bezüglich Überflutungen die höchsten militärischen Stellen geben. Das war also in diesem Fall der Generaloberst Blaskowitz.

DR. LATERNSER: Ich widerspreche dieser Befragung des Zeugen. Die Befragung dieses Zeugen wird ja erneut dazu vorgenommen, eine Belastung des Generalstabes und des OKW herbeizuführen. Ich habe bereits bei dem vorhin schon angebrachten Widerspruch vorgetragen, daß, wenn ich nicht Zeugen zur Entlastung befragen kann, das gleiche auch für die Anklage hinsichtlich belastender Fragen gelten muß. Ich bitte, die letzte Aussage zu streichen.

M. DEBENEST: Verzeihung.

VORSITZENDER: Was sagen Sie, Herr Debenest?

M. DEBENEST: Herr Vorsitzender! Ich wollte nur sagen, daß ich diese Frage auf Grund von Informationen stelle, die mir zugegangen sind. Es handelt sich nicht eigentlich um die Wehrmacht, sondern um Anweisungen, die von einem Beamten des Reichskommissariats erteilt wurden und infolgedessen vom Reichskommissariat stammen. Ich verstehe daher nicht, warum der Verteidiger unterbrochen hat. Es handelt sich nicht um die Wehrmacht, und ich habe keine Ahnung, ob der Zeuge mir sagen wird, daß es die Wehrmacht oder das Reichskommissariat war, während ich von einem Beamten des Reichskommissariats spreche.

VORSITZENDER: Jawohl, Sie dürfen die Frage stellen.

M. DEBENEST: Wollen Sie fortfahren?

SCHWEBEL: Herr Kiehl war Wasserbausachverständiger des Reichskommissariats; er war aber auch gleichzeitig Wasserbausachverständiger des Wehrmachtbefehlshabers. Er wurde von beiden Stellen gehört als reiner Sachverständiger; allerdings er war ein sehr guter Sachverständiger. Aber irgendeine Anweisungsbefugnis hatte er von keiner Seite..

M. DEBENEST: Halten Sie bitte keine Reden, antworten Sie mir direkt mit Ja oder Nein. Hat Kiehl den Befehl weitergegeben, das Wieringer Meer zu überfluten?

SCHWEBEL: Ja, ich muß doch sagen wie es ist!... Kiehl?... Nein, kann er nicht gegeben haben.

M. DEBENEST: Ich frage nicht, ob er den Befehl gab, ich frage lediglich, ob er ihn weitergegeben hat.

SCHWEBEL: Davon weiß ich gar nichts. Ich weiß nicht, wie weit überhaupt Herr Kiehl in diesen Befehl hineingezogen ist.

M. DEBENEST: Das genügt mir. Worin bestand damals der Sinn der Überflutung des Wieringer Meeres? Dachten nicht alle, daß der Krieg zu Ende sei?

SCHWEBEL: Nein, als das Wieringer Meer, als der Wieringer Meerpolder überflutet wurde, war der Krieg noch nicht fertig, waren auch diese Verhandlungen noch nicht gewesen. Also, als der Wieringer Meerpolder überflutet wurde, bestand, so habe ich es nachher von militärischer Seite gehört, bestand die Gefahr, daß eine Luftlandung auf dem Gelände des Wieringer Meeres erfolge und daß damit der Abschlußdeich, der den Zugang von Friesland und Nordholland bot, in die Hände des Feindes fiel. Das ist der Grund gewesen, warum man militärischerseits diese Überflutungen für nötig gehalten hat. So ist es mir gesagt worden.

M. DEBENEST: Aber wurde nicht damals der Krieg in Holland bereits für Deutschland als verloren betrachtet?

SCHWEBEL: Nein, denn zu dem Zeitpunkt hat man ihn nicht für verloren gehalten. Jedenfalls wir hatten... die Armee bei uns hatte zu dieser Zeit völlig ihren Verteidigungsauftrag, den sie eben ausführen mußte. Die Gefahr bestand, daß da eine solche Landung erfolgte.

M. DEBENEST: Ich bin fertig, Herr Vorsitzender.

DR. STEINBAUER: Ich hätte keine Frage mehr an Sie gehabt, Herr Reichsrichter, wenn nicht der französische Ankläger eine Frage angeschnitten hätte.

Was hat Ihnen der General Smith über die Überschwemmungen des Wieringer Meeres gesagt?

SCHWEBEL: Der Herr General Smith hat in dieser Verhandlung gesagt gegen Schluß, was bisher an Überflutungen vorgenommen worden ist, das könne er aus militärischer Notwendigkeit geschehen hinnehmen. Von nun an aber sollen dann keine mehr erfolgen.

DR. STEINBAUER: Sind noch welche vorgenommen worden?

SCHWEBEL: Nein, danach sind keine weiteren mehr vorgenommen worden.

DR. STEINBAUER: Danke, ich habe keine weitere Frage mehr an den Zeugen.

VORSITZENDER: Der Zeuge kann sich zurückziehen.