[Der Zeuge verläßt den Zeugenstand.]
DR. STEINBAUER: Herr Präsident! Ich habe damit das Zeugenverhör abgeschlossen und möchte auf die Urkunden verweisen, die ich in meinen Dokumentenbüchern dem Gericht vorgelegt habe. Ich wurde auch verständigt, daß das Dokumentenbuch Nummer 3 dem Gericht übermittelt wurde und möchte zum Abschluß noch eine Urkunde vorlegen unter Nummer 91 zur Frage des Hirtenbriefes der katholischen Bischöfe anläßlich der Abstimmung in Österreich. In dieser Erklärung wird auch auf die Stellung des Gauleiters Bürckel verwiesen, aus der hervorgeht, daß die Verfolgung der Kirche nicht Seyß-Inquart angelastet werden kann, sondern die Verantwortung auf Bürckel zurückfällt. Um Zeit zu ersparen, möchte ich bitten, die Urkunde ohne Verlesung zur Kenntnis zu nehmen, und ich schließe damit mein Beweisverfahren in Sachen Seyß-Inquart.
VORSITZENDER: Herr Dr. Steinbauer! Sind alle Dokumente, die Sie anbieten wollen, in Ihren Dokumentenbüchern enthalten? Haben Sie sie als Beweisstücke angeboten?
DR. STEINBAUER: Ich habe die Frage nicht verstanden.
VORSITZENDER: Haben Sie alle Dokumente, die Sie als Beweisstücke anbieten wollen, vorgelegt und sie mit Beweisstücknummern versehen?
DR. STEINBAUER: Ja, es fehlen nur, Herr Präsident, noch einige Affidavits, die das Hohe Gericht zugelassen hat, und zwar Völkers, Bolle und Rauter. Ich hoffe, daß die noch in nächster Zeit einlangen werden.
VORSITZENDER: Herr Dr. Steinbauer! Sie müssen jedes dieser Dokumente als Beweisstück anbieten. Sie müssen das sagen. Allein die Tatsache, daß die Urkunden in den Büchern enthalten sind, macht sie noch nicht zu Beweisstücken. Sie müssen sie also als Beweisstück anbieten, wenn Sie sie vorlegen wollen und Sie numerieren. Sie können sie alle zusammen anbieten, indem Sie sagen...
DR. STEINBAUER: Ja, Herr Vorsitzender.
VORSITZENDER: Wollen Sie alle Dokumente anbieten von Nummer 1 bis... ich weiß die letzte Nummer nicht, es scheint 105 zu sein.
DR. STEINBAUER: Ja, ich biete alle Nummern in meinen drei Dokumentenbüchern von 1 bis 107...
VORSITZENDER: Herr Dr. Steinbauer! Sind die Nummern in den Büchern die Beweisstücknummern, die Sie den Dokumenten geben wollen?
DR. STEINBAUER: Ja, sie sind fortlaufend numeriert und sind entsprechend auch in meinem Dokumentenbuch.
VORSITZENDER: Sie wollen also die Dokumente von Nummer 1 bis zur letzten Nummer als Beweismaterial anbieten? Ist das richtig?
DR. STEINBAUER: Ja.
VORSITZENDER: Sie haben einige während Ihres Zeugenverhörs angeboten.
DR. STEINBAUER: Einzelne, die habe ich nach den Nummern meines Dokumentenbuches angeführt.
VORSITZENDER: Sie wollen also jetzt den Rest anbieten?
DR. STEINBAUER: Den Rest auch noch.
VORSITZENDER: Unter den Nummern, die Sie im Dokumentenbuch haben?
DR. STEINBAUER: Ja.
VORSITZENDER: Und Sie bieten alle Originale unter diesen Nummern an?
DR. STEINBAUER: Anbieten, soweit sie in meinem Besitze sind und ich nach dem Beschluß des Gerichts die Erklärung abgeben kann, daß ich eidlich erkläre, daß die Auszüge mit den Büchern übereinstimmen.
VORSITZENDER: Sie haben gemäß den Bestimmungen des Gerichtshofs bescheinigt, daß es sich um genaue Abschriften der Originale handelt?
DR. STEINBAUER: Jawohl.
VORSITZENDER: Gut.
DR. HEINZ FRITZ, VERTEIDIGER DES ANGEKLAGTEN FRITZSCHE: Herr Präsident! Ich bitte das Hohe Gericht, zu genehmigen, daß der Angeklagte Fritzsche am Montag und Dienstag nächster Woche der Sitzung fernbleibt. Er benötigt diese Zeit, um die Vorbereitung seiner Verteidigung zu beenden.
VORSITZENDER: Gewiß.
DR. FLÄCHSNER: Herr Präsident! Ich wollte dieselbe Bitte für meinen Mandanten an das Gericht richten, weil er ja unmittelbar an den jetzt zur Verhandlung kommenden Fall Papen zur Verhandlung kommen wird. Ich bitte daher, ihn am Montag oder Dienstag zu dispensieren.
VORSITZENDER: Jawohl.
DR. LATERNSER: Herr Präsident! Ich werde nur kurze Zeit das Gericht in Anspruch nehmen; ich muß aber einen für mich besonders wichtigen Antrag, der das Verfahren betrifft, stellen und ihn kurz begründen.
Ich beantrage, das Gericht möge
Erstens: den am 8. 6. 1946 verkündeten Beschluß aufheben.
Zweitens: Eventuell ihn dahin...
VORSITZENDER: Dr. Laternser! Wenn Ihr Antrag wichtig ist, so müßte er schriftlich erfolgen. Wenn er noch nicht schriftlich vorliegt, so müßten Sie ihn anfertigen. Sie wissen genau, daß das eine Regel des Gerichtshofs ist.
DR. LATERNSER: Ja, Herr Präsident, ich lege Wert darauf, daß der Antrag im Protokoll erscheint. Darf ich fortsetzen?
VORSITZENDER: Aber, Dr. Laternser, er wird im Protokoll erscheinen, wenn Sie den Antrag schriftlich stellen. Sie sind seit vielen Monaten hier und kennen die Regeln des Gerichtshofs ganz genau, auch daß Anträge schriftlich gestellt werden müssen.
DR. LATERNSER: Jawohl. Da es sich um einen Antrag handelt, der das Verfahren betrifft und der sich gründet auf einen mündlich verkündeten Beschluß, glaubte ich, dazu berechtigt zu sein, den Antrag auf diese Weise zu stellen.
VORSITZENDER: Nein, der Gerichtshof ist anderer Ansicht und wünscht von Ihnen einen schriftlichen Antrag entsprechend der Anordnung des Gerichtshofs.
Der Gerichtshof wird nun mit dem Fall des Angeklagten Papen fortfahren, der, glaube ich, jetzt an der Reihe ist.
DR. KUBUSCHOK: Ich beginne die Beweisverhandlung im Falle des Angeklagten von Papen damit, daß ich den Angeklagten von Papen als Zeuge rufe.