HOME

<< Zurück
|
Vorwärts >>

[Zum Zeugen gewandt:]

Im Sommer 1934 wurde offensichtlich, daß das Konkordat von Parteiseite sabotiert wurde und daß Hitlers Versicherungen nicht innegehalten wurden. Wie erklären Sie sich dieses Verhalten Hitlers?

VON PAPEN: Ich glaube, daß zu jener Zeit Hitler selbst durchaus willig war, den religiösen Frieden zu halten, daß aber die radikalen Elemente seiner Partei es nicht wünschten und daß es vor allen Dingen der Einfluß von Goebbels und von Bormann ist, die Hitler immer erneut zu Verstößen auf dem kirchenpolitischen Gebiet drängen. Gegen diese Verstöße habe ich oft und wiederholt bei Hitler Einspruch erhoben, und ich halbe sie in meiner Marburger Rede öffentlich gebrandmarkt. Ich habe dort erklärt:

»Wie können wir unsere historische Mission in Europa erfüllen, wenn wir uns selbst streichen aus der Reihe der christlichen Völker!«

DR. KUBUSCHOK: Ich verweise und bitte um amtliche Kenntnisnahme von Dokument 85, Seite 186...

VORSITZENDER: Die Übersetzung kam nicht durch.

DR. KUBUSCHOK: Ich verweise und bitte um amtliche Kenntnisnahme des Dokuments 85, Seite 186, einer eidesstattlichen Versicherung Dr. Glasebocks, früher Führer der »Kampffront konservativer Katholiken Deutschlands«.

[Zum Zeugen gewandt:]

Herr Zeuge! Am 14. März 1937 hat Papst Pius XI. in der Enzyklika »mit brennender Sorge« feierlich Einspruch gegen die Verletzungen und Auslegungen des Konkordats erhoben. Die Anklage sagt, wenn es Ihnen ernst gewesen wäre mit den Versicherungen, die in dem Konkordat abgegeben wurden, hätten Sie jetzt an diesem Zeitpunkt Ihre amtliche Stelle aufgeben, müssen. Was sagen Sie dazu?

VON PAPEN: Was würde ich durch eine solche Aktion gebessert haben? Außer in den österreichischen Angelegenheiten hatte ich überhaupt keinen politischen Einfluß mehr auf Hitler, und meinen österreichischen Posten zu verlassen, verbot mir die Überzeugung, daß es gerade in der kritischen Zeit von 1937 dringend notwendig war, dort zu bleiben. Wir werden das ja später in der Entwicklung sehen.

Im übrigen darf ich sagen, wenn die Anklage voraussetzt, ich hätte auf Grund dieser sicherlich sehr berechtigten Enzyklika des Papstes meinen Dienst quittieren sollen, was hat die kirchliche Seite getan? Sie hat den Nuntius nicht abberufen aus Berlin, und der Bischof Berning, der die katholischen Interessen im Staatsrat vertritt, scheidet auch nicht aus dem Staatsrat aus. Das war alles gewiß sehr richtig, denn wir alle hofften doch damals noch auf einen inneren Umschwung.

DR. KUBUSCHOK: Ich verweise auf Dokument 48, Seite 133. Das Dokument ist bereits als Beweisstück US-356 vorgelegt worden, in meinem Dokumentenbuch Seite 133 enthalten. Es ist die Ansprache des Papstes Pius XII. vom 2. Juni 1945. Ich zitiere die Stelle:

»... Trotzdem muß anerkannt werden, daß das Konkordat in den darauffolgenden Jahren einige Vorteile brachte oder zumindest schlimmeres Unheil verhinder te. Tatsächlich trotz all der Verstöße, der es ausgesetzt war, gab es den Katholiken eine rechtliche Basis der Verteidigung sowie ein Bollwerk, hinter dem sie sich im wachsenden Kampfe der religiösen Verfolgung in ihren Gegenmaßnahmen schützen konnten – solange dies möglich war.«

Eine praktische Auswirkung des Konkordats ergibt sich auch aus Dokument 49, Seite 134 meines Dokumentenbuches. Es ist bereits als Beweisstück US-685 vorgelegt. Es ist ein Schreiben des Stellvertreters des Führers an den Kultusminister und betrifft die Auflösung der theologischen Fakultäten der Universitäten. Ich zitiere den letzten Absatz dieses Schreibens:

»Dabei ist, wie Sie in Ihrem Schreiben ebenfalls aufgeführt haben, auf die Bestimmungen der Konkordate und Kirchenverträge Rücksicht zu nehmen. Bei denjenigen Fakultäten, die durch keine ausdrückliche Bestimmung in den Konkordaten und Kirchenverträgen erwähnt sind, wie z.B. München und einige andere, kann ohne weiteres eine Beseitigung in die Wege geleitet werden. Dasselbe gilt für die theologischen Fakultäten in der Ostmark, Wien und Graz...«