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[Zum Zeugen gewandt:]

Sie waren damals Reichskommissar für die Rückgliederung des Saargebietes. Welche Politik haben Sie in der Saarfrage verfolgt?

VON PAPEN: In der Saarfrage habe ich stets im Sinne einer freundschaftlichen Verständigung mit Frankreich gearbeitet, und zwar in dem Sinne, das Saarproblem zu regeln ohne eine Abstimmung. Der Verzicht auf diese Abstimmung war nicht etwa egoistisch gedacht, denn diese Abstimmung war für Deutschland zu jedem Zeitpunkt gesichert. Mein Angebot war vielmehr ein gern gebrachtes Opfer für die Verständigung, und gleichzeitig habe ich damals einen Vorschlag gemacht, daß für die Rückgabe der Saargruben Frankreich eine Entschädigung von 900 Millionen Franken bekommen solle. Im übrigen darf ich nachholen, daß auch nach dem Austritt aus dem Völkerbund mein Beauftragter für die Saarfragen, der Freiherr von Lersner, stets mit den Völkerbundsorganen über die Saar und im Sinne eines freundschaftlichen Ausgleiches der Saar verhandelt hat. Im Sommer 1934 hat mein Beauftragter darüber mit dem französischen Außenminister Barthou verhandelt.

DR. KUBUSCHOK: Ich verweise auf Dokument 59, Seite 145. Das Dokument enthält eine Veröffentlichung des Zeugen über seine Stellungnahme zur Saarfrage. Freiherr von Lersner hat in seinem Fragebogen, Dokument 93, Seite 212, in Frage 3 zu dieser Saarfrage Stellung genommen.

[Zum Zeugen gewandt:]

Gab es irgendwelche Anzeichen dafür, daß nach dem Austritt aus dem Völkerbund diese allgemein friedliche Außenpolitik nur eine zeitbedingte Zweckmäßigkeitspolitik wäre und daß für die weitere Zukunft eine aggressive Politik in Aussicht genommen wäre?

VON PAPEN: Keineswegs. Der Austritt aus dem Völkerbund war für uns lediglich ein Methodenwechsel. Und damals haben wir unmittelbar Verhandlungen mit den Großmächten gepflogen. Daß wir eine Politik des Friedens verfolgten, habe ich persönlich in vielen öffentlichen Kundgebungen betont. Und ich darf in diesem Zusammenhang auf Dokument 56 verweisen, das mein Anwalt vorlegen wird.

DR. KUBUSCHOK: Dokument 56, Seite 44, enthält eine Rede des Zeugen in Kottbus vom 21. Januar 1934. Ich bitte, hiervon Kenntnis zu nehmen.

[Zum Zeugen gewandt:]

Wurden Ihnen irgendwelche Aufrüstungsmaßnahmen bekannt, die eine aggressive Politik in der Zukunft hätten vermuten lassen?

VON PAPEN: Mir scheint, daß aus den bisherigen Verhandlungen vor diesem Hohen Gericht klargestellt worden ist, daß die eigentliche Aufrüstung erst viel später begonnen hat. Wenn Hitler tatsächlich im Jahre 1933 oder 1934 Aufrüstungsmaßnahmen getroffen hat, dann sind diese von ihm persönlich mit dem Wehrminister und dem Luftfahrtminister besprochen worden. Ich bin jedenfalls mit solchen Maßnahmen niemals befaßt worden. Im übrigen ist hier bereits festgestellt, daß dieser vielgenannte Reichsverteidigungsausschuß in den Jahren 1933 und 1934 lediglich ein Ausschuß von Referenten war unter der Führung eines Oberstleutnants.

DR. KUBUSCHOK: Sie hatten vorhin von diesen Sicherungen gesprochen, die bei Bildung der Hitler-Regierung dagegen eingebaut worden waren, um den Einfluß der Partei abzuschwächen. Wie hat sich die Stellung Hitlers und der Einfluß der NSDAP im Laufe des Jahres 1933 und anfangs 1934 entwickelt?

VON PAPEN: Es entwickelte sich allmählich zwischen Hitler und Hindenburg ein Vertrauensverhältnis. Das führte zum Wegfall des gemeinsamen Vortrags, der damals ausgemacht worden war. Ein sehr entschiedener Faktor in dieser Entwicklung ist die Einflußnahme Hitlers auf den Reichswehrminister Blomberg. Schon damals, 1933, versuchte Hitler, einen bestimmenden Einfluß auf die Armee zu gewinnen. Er wünschte die Entfernung des damaligen Generals von Hammerstein und wünschte seine Ersetzung durch den General von Reichenau, der als ein Freund der Partei galt. Ich habe damals den Reichspräsidenten bewogen, diesem Wunsche Hitlers nicht stattzugeben und habe ihm empfohlen, den General von Fritsch zu nehmen. Ein weiterer Grund dieser Entwicklung war die Eingliederung des Stahlhelms, das heißt einer Gruppe der konservativen Rechten, in die SA der NSDAP. Alsdann gab es neue Kabinettsmitglieder, die von der Partei besetzt wurden. Hugenberg, der Führer der konservativen Rechten, ist ausgeschieden, und die beiden wichtigen Ministerien, die er verwaltete, Wirtschaft und Landwirtschaft, wurden mit Nationalsozialisten besetzt. Von entscheidendem psychologischem Einfluß, das habe ich bereits gesagt, war das Wahlresultat des 5. März. Denn nun saßen auch in allen Länderregierungen die Nationalsozialisten als Mehrheit, und von dort aus erfolgte ein dauernder Druck auf Hitler. Hitler stützte sich jetzt auf die Parteidynamik, und in immer steigenderem Maße wird er vom kompromißbereiten Koalitionspartner zum kompromißlosen Autokraten.

DR. KUBUSCHOK: Ich verweise auf das Affidavit des früheren Ministers Hugenberg, Dokument Nummer 88, Seite 196 bis 198 im Dokumentenbuch. Ich verweise weiterhin auf Dokument 13, Seite 59 bis 61 des Dokumentenbuches, Affidavit Dr. Konrad Josten.