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[Zum Zeugen gewandt:]

Mr. Messersmith behauptete, daß die österreichische Nazi-Propaganda von deutschem Geld bezahlt gewesen sei. Haben Sie jemals Gelder für solche Zwecke gegeben oder vermittelt?

VON PAPEN: Von mir persönlich oder durch die Vermittlung der Deutschen Gesandtschaft ist niemals auch nur ein Pfennig an die Partei gezahlt worden. Es ist durchaus möglich und wahrscheinlich sogar, daß Gelder der deutschen Partei nach Österreich geflossen sind. Aber da ich ja bekanntermaßen das Vertrauen der Partei in beiden Ländern nicht genoß, so bin ich darüber niemals informiert worden.

Eine Ausnahme machte, wie ich ausdrücklich bemerken will, die mir bekannte Hergabe von Geldern für den hier schon erwähnten Unterstützungsfonds »Langot«.

DR. KUBUSCHOK: Die Anklage hat Ihnen eine antijüdische Einstellung vorgeworfen in Verbindung mit Ihrem Bericht an Hitler vom 12. Mai 1936, in dem Sie vorschlagen, den Freiheitsbund mit Bezug auf die Weiterführung seines Kampfes gegen das Judentum finanziell zu unterstützen. Was war der Freiheitsbund?

VON PAPEN: Der Freiheitsbund war ein Sammelbecken, eine Vereinigung der früheren christlichen Gewerkschaften und der christlichen Arbeitervereine unter Führung des Präsidenten des Gewerkschaftsbundes. 1934 hatte Dollfuß seine Führung übernommen. Es wäre überaus lächerlich, dem Freiheitsbund, der also in der Mehrzahl aus katholischen Arbeitern bestand, eine antisemitische Einstellung im Sinne des Nationalsozialismus nachzusagen.

Wofür der Freiheitsbund kämpfte, das war die Säuberung der Verwaltung von Wien von ungeeigneten jüdischen Elementen. Die Frage dieser Überfremdung war ganz ähnlich den Verhältnissen, wie sie damals in Deutschland bestanden und über die ich gestern ausführlich gesprochen habe. Im übrigen zeigt dies der von der Anklage vorgelegte Bericht. Ich erfahre, daß die Tschechen wünschen, enge Beziehungen zum Freiheitsbund herzustellen und daß sie den Freiheitsbund zu diesem Zweck mit großen Geldmitteln unterstützen wollen.

Daraufhin schlage ich Hitler vor, diese mögliche Beeinflussung des Freiheitsbundes durch tschechische Politik auszuschalten, indem wir ihn selbst unterstützen. Aber natürlich konnten wir doch dem Freiheitsbund nicht sagen: »Wir geben Euch jetzt Hilfe, damit ihr nicht zu den Tschechen geht.« Und deswegen schlug ich Hitler vor, er soll dieses Geld geben mit Bezug auf die Weiterführung des Kampfes des Freiheitsbundes gegen das Judentum, das war also eine Tarnung. Wenn ich gewünscht hätte, das Geld zu geben für eine Bekämpfung des Judentums, dann hätte ich ja nicht geschrieben »mit Bezug auf«, sondern »für die Weiterführung seines Kampfes«.

DR. KUBUSCHOK: Ich verweise auf Dokument Nummer 32, Seite 112 des Dokumentenbuches. Es ist dies ein Auszug aus dem österreichischen Jahrbuch von 1933/1934, eine amtliche Veröffentlichung.

Ich verweise auf den Beginn des zweiten Abschnitts, in dem ausgeführt ist, daß der Freiheitsbund aus den christlichen Gewerkschaften und den christlichen Arbeitervereinen entstanden ist.

Ich verweise weiterhin auf die fünftletzte Zeile und zitiere:

»Zu Beginn des Jahres 1934 übernahm der verewigte Bundeskanzler Dr. Dollfuß die oberste Führung des Freiheitsbundes.«

Ich verweise weiterhin auf Dokument Nummer 72, Seite 166. Ein Bericht Papens an Hitler, in dem er eine Anweisung des Prager Geheimdienstes zitiert. Interessant ist hierbei der Hinweis darauf, daß der Freiheitsbund zu einer Verständigung mit der Sozialdemokratie hinarbeitete.

Das nächste Dokument Nummer 70 war bereits als GB-243 überreicht worden. Ich weise auf den ersten Abschnitt hin, der die Bemühungen des tschechischen Diplomaten wiedergibt.

Dokument Nummer 70, Seite 164. Es ist das Dokument, das von der Anklage erwähnt worden war, unter GB-243 bereits teilweise eingereicht war. Wichtig ist der erste Abschnitt, der die Tätigkeit der tschechischen Diplomatie, die der Angeklagte eben erwähnt hat, behandelt. Weiterhin läßt sich zur Frage des Freiheitsbundes ein Bericht Papens aus, der in Dokument Nummer 73, Seite 176, enthalten ist. Auf diesen verweise ich.

Interessant ist weiterhin ein Bericht Papens in Dokument Nummer 69, Seite 163, der die Bemühungen zeigt, den Freiheitsbund in die damalige politische Konstellation einzubauen.