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[Pause von 10 Minuten.]

VORSITZENDER: Der Gerichtshof wird die Verteidiger morgen nachmittag 2.00 Uhr zur Frage der Zeiteinteilung für die Plädoyers hören.

DR. FLÄCHSNER: Herr Speer! Wollen Sie uns kurz zusammenfassend sagen, wie Sie mit Herrn Bichelonne, dem französischen Wirtschaftsminister, über Ihr Programm sich geeinigt haben? Aber wollen Sie das bitte zusammenfassen, ja?

SPEER: Sofort nach Übernahme der Produktion im September 1943 habe ich mit Bichelonne vereinbart, daß ein großes Verlagerungsprogramm von Deutschland nach Frankreich nach dem von mir bereits geschilderten System zur Durchführung kommt. Bichelonne erklärte in einer anschließenden Besprechung, daß er zwar nicht autorisiert sei, mit mir über den Arbeitseinsatz zu sprechen. Im Gegenteil habe ihm Minister Laval das ausdrücklich untersagt. Er müsse darauf aufmerksam machen, daß eine Fortsetzung der Arbeiterwerbung im bisherigen Umfang das zwischen uns besprochene Programm unmöglich machen würde. Ich war derselben Meinung. Wir kamen dann überein, die gesamte französische Produktion, von der Kohle angefangen bis zum Fertigprodukt, zu Sperrbetrieben zu erklären. Wir waren uns beide dabei vollständig im klaren, daß dies den Arbeitseinsatz nach Deutschland fast unmöglich machen werde, denn wie ich bereits gesagt habe, stand es jedem Franzosen frei, bei einem Aufruf nach Deutschland in einen dieser Sperrbetriebe zu gehen. Ich gab Bichelonne mein Wort, daß ich diese Linie auf weite Sicht einhalten werde, und dieses Wort habe ich ihm trotz aller Schwierigkeiten gehalten.

DR. FLÄCHSNER: Herr Präsident! Ich darf hierzu aus dem Dokument R-124, das ist Exhibit US-179, zitieren; es befindet sich auf Seite 37 des englischen Dokumentenbuches. Es handelt sich da um eine schon mehrfach berührte Rede Sauckels vor der Zentralen Planung. Ich zitiere daraus nur:

»... meine Dienststellen in Frankreich haben mir das nächste Mal, als ich hingekommen bin, erklärt:... Der Minister Bichelonne hat mit Minister Speer ein Abkommen getroffen, wonach nur noch französische Arbeiter für den Einsatz in Frankreich in Frage kommen und nach Deutschland keine mehr zu gehen brauchen. Das traf zusammen mit der ersten großen Verhandlung.«

Herr Speer! Welche Folge trat nun für den Arbeitseinsatz von Deutschland nach Frankreich ein?

SPEER: Das habe ich bereits angedeutet. Der Arbeitseinsatz war damit schlagartig vom 1. Oktober ab fast vollständig stillgelegt.

DR. FLÄCHSNER: Ich werde auf die Auswirkung dieses Speer-Bichelonne-Planes und die von Speer verfolgte Tendenz bei den verschiedenen Versuchen, das Prinzip durchzuführen, an Hand der Dokumente später noch ausführlich zurückkommen. Ich werde daher jetzt mit den Fragen über diesen Gegenstand nicht fortfahren und möchte mich lediglich darauf beschränken, aus dem amtlichen französischen Dokument RF-22, das ist Seite 20 des englischen Textes meines Dokumentenbuches, Seite 17 des deutschen und des französischen Textes, zu zitieren.

Es heißt dort in dem Bericht:

»Schließlich setzte eine wahre Feindseligkeit zwischen Sauckel und Speer, welcher mit der Organisation der Zwangsarbeit in den besetzten Gebieten beauftragt war, ein.«

Und einige Zeilen weiter:

»Die Überlegenheit des Erstgenannten auf den Zweiten, die sich im Laufe der... Besetzungsmonate immer deutlicher bemerkbar machte, erleichterte weitgehend den Widerstand gegen die Verschleppung...«

Aus dem vorhergehenden Text geht hervor, daß mit dem Erstgenannten, dem Angeklagten Speer, und dem Militärbefehlshaber...

VORSITZENDER: Aber das ist doch alles kumulativ. Sie haben das alles schon drei- bis viermal bewiesen.

DR. FLÄCHSNER: Gut. Ich werde das nicht weiter fortsetzen. Nun zur Richtigstellung, Herr Speer, im Dokument heißt es, Sie hätten was mit der Organisierung der Zwangsarbeit in Frankreich zu tun gehabt. Stimmt das?

SPEER: Nein, die Organisation der Arbeit in Frankreich unterstand mir nicht.

DR. FLÄCHSNER: Sie haben schon angedeutet, daß dieses Verlagerungsprogramm nicht nur auf Frankreich beschränkt war. Wollen Sie mir angeben, auf welche Länder es noch ausgedehnt wurde?

SPEER: Ich fasse gleich die letzte Frage mit zusammen: Das Programm wurde ausgedehnt auf Belgien, Holland, Italien, Tschechoslowakei. Dort wurde auch die gesamte Produktion zu Sperrbetrieben erklärt, und diese wurden mit dem gleichen Schutz für die Arbeitskräfte ausgestattet wie in Frankreich; auch nach der Sitzung bei Hitler vom 4. Januar 1944, in der das neue Programm für das Jahr 1944 für den Westen festgelegt wurde. Ich hielt an dieser Politik fest. Die Folge davon war, daß im ersten Halbjahr 1944 von Frankreich nach Deutschland 33000 Arbeitskräfte kamen gegenüber 500000 Arbeitskräften, die vorgesehen waren in dieser Besprechung, und von den anderen Ländern auch etwa nur zehn Prozent der vorgesehenen Arbeitskräfte nach Deutschland kamen.

DR. FLÄCHSNER: Wie war es mit den Zahlen der einzelnen Arbeitskräfte aus dem Protektorat?

SPEER: Überall gab es nur einen Bruchteil von dem Vorgesehenen.

DR. FLÄCHSNER: Es ist von der Anklagebehörde ein Dokument 1739-PS, Exhibit RF-10, vorgelegt worden. Es befindet sich auf Seite 23 des englischen Textes meines Dokumentenbuches, ein Bericht Sauckels vom Dezember 1942. Ferner ist ein Dokument 1290-PS, Seite 24 des englischen Textes, vorgelegt worden. Aus diesen Urkunden scheint mir hervorzugehen, daß nach eigenen Feststellungen Sauckels vom Beginn seiner Tätigkeit bis einschließlich März ein Überangebot an Arbeitskräften vorlag. Stimmt das?

SPEER: Das stimmt.

DR. FLÄCHSNER: Aus Dokument 016-PS, das ist Exhibit US-168 – es befindet sich auf Seite 25 des englischen Textes meines Dokumentenbuches –, geht weiter hervor, daß Sauckel den Einsatz der deutschen Frauen für die gesamte Rüstung nicht befürwortet hat, dagegen im Sommer 1942 mehrere hunderttausend ukrainische Mädchen für deutsche Haushalte zur Verfügung stellte.

Diese drei Dokumente zeigen zusammen, daß Speer in seinem Ministerium nicht für die Gesamtzahl wie überhaupt für die Zahl der nach Deutschland gekommenen Arbeitskräfte verantwortlich gemacht werden kann.

Ich möchte ferner ein Dokument überreichen als Speer-Exhibit Nummer 8. Im Dokumentenbuch, Herr Präsident, ist es bezeichnet mit 02 und befindet sich auf Seite 26 des englischen Textes. Es ist eine Sitzung der Zentralen Planung.

VORSITZENDER: Dr. Flächsner! Sie geben uns die Exhibit-Nummer keines dieser Dokumente an, Sie bieten sie also absolut nicht in der vorgeschriebenen Weise als Beweismittel an. Sie nehmen jetzt Bezug auf 02; das ist eine Numerierung, mit der wir überhaupt nichts zu tun haben.

DR. FLÄCHSNER: Dann darf ich diese Urkunden als Exhibit Nummer 8 überreichen.

VORSITZENDER: Und wie steht es mit dem vorigen? Oh, es liegt schon vor. Vielleicht wäre es ganz gut, wenn Sie uns nachher eine Liste geben würden, in der die richtigen Exhibit-Nummern für alle diese Dokumente, auf die Sie sich beziehen, angegeben sind.

DR. FLÄCHSNER: Jawohl, Herr Präsident. Das werde ich gerne tun.

Ich möchte zitieren. Es handelt sich um eine Bemerkung Speers:

»Dazu ist wieder nötig, daß wir neue deutsche Kräfte, auch ungelernte Kräfte, in die Betriebe bringen; denn ich kann nicht alles, was wir an Soldaten abgeben müssen, durch Ausländer ersetzen. Die deutsche Decke wird einfach zu gering. Wir haben heute schon... ›einen Sabotagefall‹... nach dem andern und wissen nicht, woher das kommt. Sabotagefälle können schon vorkommen. Die Maßnahmen, die ergriffen werden müssen, um mindestens eine Million Deutscher in die Rüstungsbetriebe zu überführen, sind außerordentlich hart und werden auch meiner Auffassung nach den gesamten Lebensstandard der oberen Schicht herabdrücken. Das bedeutet also, daß wir für die Dauer des Krieges, ganz grob gesagt, verproletarisieren, wenn der Krieg lange dauert. Dieser Sache muß man kühl und nüchtern ins Auge sehen. Es bleibt also nichts anderes übrig.«

Diese Auffassung Speers von einer scharfen Ausnützung der Reserven von Arbeitskräften innerhalb Deutschlands wurde bis zum Sommer 1944 nicht verwirklicht. Und dies war ein Streitpunkt zwischen Speer einerseits und Sauckel und den Gauleitern andererseits. Hiermit befassen sich die Aussagen der Zeugen in den Fragebögen. Ich darf zur Erleichterung des Gerichts verweisen – bei Schieber ist es die Antwort auf Frage 22, bei Rohland die Frage zu 1 und 4, bei Kehrl die Antwort Nummer 9, bei Schmelter die Frage 13 und 16. Ich kann leider nicht die Seitenzahl des englischen Buches angeben, Herr Präsident, denn ich habe das noch nicht gesehen.

VORSITZENDER: Von welchem Dokument sprechen Sie?

DR. FLÄCHSNER: Herr Präsident! Es sind die beantworteten Fragebögen im Ergänzungsband meines Dokumentenbuches, von dem ich hoffe, daß er jetzt dem Gericht vorliegt.

VORSITZENDER: Ja, stimmt.

DR. FLÄCHSNER: Im einzelnen möchte ich mir vorbehalten, die Dokumente am Schluß meiner Befragung in toto zu überreichen. Ich habe mir nur erlaubt, auf die Punkte hinzuweisen, in denen die Zeugen sich dazu geäußert haben.

VORSITZENDER: Gut.

DR. FLÄCHSNER: Über die verschiedenen Auffassungen von Sauckel und Speer unterrichtet weiterhin eine Besprechung Speers auf der Sitzung der Zentralen Planung vom 21. Dezember 1943.

Es befindet sich auf Seite 27 des englischen Textes meines Dokumentenbuches. Es wird bei mir Exhibit Nummer 9. Ich zitiere...

VORSITZENDER: Sie brauchen es nicht zu zitieren, Dr. Flächsner. Ich dachte, ich hätte Ihnen das schon deutlich genug erklärt, daß uns der Erfolg oder Mißerfolg dieser Pläne nicht interessiert.

DR. FLÄCHSNER: Herr Speer! Ein wichtiges Dokument der Anklage ist die Niederschrift der Sitzung bei Hitler am 4. Januar 1944, die unter Nummer 1292-PS als Exhibit US-225 eingereicht worden ist. Ich darf Bezug nehmen auf Seite 28 des englischen Textes meines Dokumentenbuches. Wie kam diese Sitzung zustande?

SPEER: Sie wurde auf Wunsch Hitlers einberufen.

DR. FLÄCHSNER: Aus welchem Grunde?

SPEER: Um die Streitigkeiten zwischen Sauckel und mir zu beenden.

DR. FLÄCHSNER: Was war die Entscheidung Hitlers?

SPEER: Die Entscheidung war ein unbrauchbarer Kompromiß wie oft bei Hitler. Die Sperrbetriebe sollten aufrechterhalten werden, und Sauckel ließ sich dazu den Auftrag geben, dreieinhalb Millionen Arbeiter aus den besetzten Gebieten zu holen. Hitler gab schärfste Weisung über OKW an die Militärbefehlshaber, den Forderungen Sauckels mit allen Mitteln nachzukommen.

DR. FLÄCHSNER: Waren Sie mit dieser Entscheidung einverstanden?

SPEER: Nein, keineswegs; denn mit ihrer Durchführung mußte das Verlagerungsprogramm von mir nach dem Westen zusammenbrechen.

DR. FLÄCHSNER: Was unternahmen Sie darauf?

SPEER: Ich unterrichtete im Gegensatz zu der Entscheidung Hitlers in dieser Sitzung den Militärbefehlshaber in meinem Sinne, so daß bei dem zu erwartenden Befehl des Oberkommandos der Wehrmacht an den Militärbefehlshaber dieser zwei Auslegungen der Sitzung auf seinem Tisch hatte. Da der Militärbefehlshaber mehr in meinem Sinne eingestellt war, war zu erwarten, daß er auch meiner Linie folgen wird.

DR. FLÄCHSNER: Ich darf hierzu ein Dokument überreichen, welches sich auf Seite 29 meines englischen Dokumentenbuches, Seite 26 des deutschen und französischen Textes, befindet. Es handelt sich um das Fernschreiben Speers an den General Studt in Paris. Es wird Exhibit Nummer 10. Aus dem Schreiben geht zweierlei hervor. Erstens, Speer schreibt:

»Hinsichtlich der besetzten Westgebiete wird Gauleiter Sauckel zunächst mit den zuständigen Stellen in Verhandlung treten, um die Art und Möglichkeit der Durchführung zu klären.«

VORSITZENDER: Zu welchem Zwecke verlesen Sie das jetzt, Dr. Flächsner?

DR. FLÄCHSNER: Herr Präsident! Die Anklagebehörde hat diese Urkunde Nummer 1292-PS vorgelegt, um zu beweisen...

VORSITZENDER: Der Angeklagte hat uns doch gerade gesagt, was in dem Dokument steht. Er hat uns die Angelegenheit im wesentlichen erklärt, und wir verstehen die Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und Sauckel vollkommen.

DR. FLÄCHSNER: Dieses Dokument zeigt nun die Reaktion des Angeklagten, was er getan hat, um diesen Beschluß Hitlers an sich zu konterkarieren gewissermaßen oder jedenfalls abzuschwächen. In diesem Schreiben sagte der Angeklagte an den General Studt...

VORSITZENDER: Dr. Flächsner! Der Gerichtshof hat Ihnen deutlich genug gezeigt, welchen Standpunkt er zu dieser Frage der verschiedenen Pläne und Meinungsverschiedenheiten zwischen Sauckel und Speer einnimmt. Warum gehen Sie nicht auf einen anderen Punkt Ihres Falles über, falls Sie noch einen haben?

DR. FLÄCHSNER: Herr Vorsitzender! Ich will auch nicht hier die Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden erörtern, sondern ich will dartun, was Speer unternommen hat, um seinen Standpunkt in der Praxis zur Durchführung zu bringen, und es bezieht sich gar nicht...

VORSITZENDER: Ja, aber das ist unerheblich. Wie ich gerade betont habe, hat der Angeklagte uns erklärt, was er unternommen hat. Es ist nicht nötig, uns das alles noch einmal vorzulesen.

DR. FLÄCHSNER: Jawohl. Ich darf dann weiter vorlegen ein Dokument, welches sich auf Seite 30 des englischen Textes meines Dokumentenbuches, Seite 27 des deutschen und französischen Textes, befindet (Speer-Exhibit Nummer 11). Es handelt sich um ein Schreiben Speers an Sauckel vom 6. Januar 1944, und in diesem Schreiben wird festgelegt, daß für die in Frankreich beschäftigten Betriebe der französischen Industrie sofort 400000 Arbeitskräfte und weitere 400000 Arbeitskräfte in den nächsten Monaten zu reservieren sind, diese also der Deportation entzogen werden.

Welche Folgen hatten diese beiden Schreiben, Herr Speer, auf den Befehl Hitlers, eine Million Arbeitskräfte allein aus Frankreich nach Deutschland zu bringen?

SPEER: Ich glaube, ich möchte am liebsten den ganzen Komplex zusammenfassen hier und kurz einige Worte darüber sagen. Es gab bei uns eine Technik, wie man Befehle Hitlers, die unbequem waren, umgehen konnte. Jodl hatte bereits ausgesagt, daß er auf seinem Gebiet eine derartige Technik auch entwickelt hatte. Und natürlich sind die Schreiben, die hier vorgelegt werden, nur für den Kenner klar, was sie bedeuten und wie ihre Auswirkung sein mußte.

Es geht weiter aus dem Dokument, das vorgelegt wird – hier aus der Rede Sauckels vom 1. März 1944 (Dokument R-124) – hervor, wie diese Auswirkung im Arbeitseinsatz in den besetzten Gebieten war. Das Ergebnis ist klar, und ich habe es bereits hier dargestellt. Ich glaube, wir können auf Seite 49 weitermachen.

DR. FLÄCHSNER: Herr Speer! Können Sie mir Aufschluß geben über die Folgen der Fliegerangriffe auf die besetzten Westgebiete?

SPEER: Ja. Ich möchte auch gleich einiges sagen, umfassend. Fassen wir das zusammen.

Der Beginn der Invasion wurde eingeleitet oder vorbereitet durch starke Fliegerangriffe auf das Verkehrssystem in den besetzten Westgebieten. Die Folge davon war, daß ab Mai/Juni 1944 die Produktion in Frankreich stillag und daß eine Million Arbeitskräfte ohne Arbeit war. Damit war für mich die Idee der Produktionsverlagerung zusammengebrochen. Und nach den normalen Erwartungen auch der französischen Dienststellen glaubte man nun, daß eine große Aktion nach Deutschland einsetzen wird.

Ich habe den Befehl gegeben, daß trotz dieser Stillegung der gesamten französischen Industrie die Sperrbetriebe weiter aufrechterhalten bleiben, und zwar, obwohl ich als Fachmann wußte, daß ihre Wiederinbetriebnahme bei den großen Schäden am Verkehrsnetz, auch bei vollständigem Aussetzen der Fliegerangriffe, nicht vor neun bis zwölf Monaten wieder möglich sei. Ich handelte hier also gegen meine Interessen.

Die Französische Anklage bestätigt das im Dokument RF-22; die Stellen sind im Dokumentenbuch verzeichnet.

Ich hatte zwischen 19. und 22. Juni bei Hitler eine Besprechung und ließ mir eine Entscheidung geben, nach der die Arbeitskräfte in den besetzten Westgebieten trotz der Transportschwierigkeiten auf jeden Fall an Ort und Stelle zu bleiben haben. Seyß-Inquart hat bereits ausgesagt, daß wir für Holland eine gleiche Entscheidung getroffen haben. Wir haben auf meine Weisung den Arbeitskräften in den Sperrbetrieben sogar den Lohn weitergezahlt.

DR. FLÄCHSNER: Ich reiche hierzu als Speer-Exhibit Nummer 12 einen Auszug aus der Führerbesprechung vom 19. bis 22. Juni 1944 ein und bitte, davon Kenntnis zu nehmen. Das Dokument befindet sich auf Seite 22 des englischen Textes meines Dokumentenbuches, und ich bitte, davon Kenntnis zu nehmen.

Herr Speer! Ihnen mußte doch klar sein, daß mit der von Ihnen getroffenen Entscheidung mindestens eine Million Arbeitslose für längere Zeit unproduktiv sein würden, und zwar in den gesamten Westgebieten. Womit konnten Sie diese Entscheidung rechtfertigen?

SPEER: Ich muß offen sagen, daß dies meine erste Entscheidung war, die ihre innere Begründung in der katastrophal verschlechterten Kriegslage hatte. Die Invasion war gelungen, die schweren Fliegerangriffe auf die Produktion brachten entscheidende Einbrüche. Damit war ein baldiges Kriegsende vorauszusehen und hierdurch für mich eine andere Situation eingetreten. Die Folgerungen aus dieser Situation werden an manchen anderen Beispielen im weiteren Verlaufe des Verfahrens von mir dargestellt werden. Hitler war selbstverständlich in dieser Zeit nicht dieser Meinung. Er glaubte im Gegenteil, daß alles getan werden müßte, um auch die letzten Kräfte einzusetzen.

DR. FLÄCHSNER: Wollen Sie kurz Ihre Stellungnahme zu der Verhandlung vom 11. Juli 1944 geben, auf die wir vorhin schon einmal angespielt haben. Es war das Dokument 3819-PS. Aber nur ganz kurz.

SPEER: Ich behielt in dieser Sitzung vom 11. Juli meinen Standpunkt bei. Ich verwies wieder auf die Reserven Deutschlands, wie aus dem Protokoll hervorgeht und gab die Entscheidung bekannt, daß die Transportschwierigkeiten keinen Einnuß auf die Produktion haben dürfen und daß die Sperrbetriebe in diesen Gebieten aufrechterhalten bleiben müssen. Es war mir und den anwesenden Militärbefehlshabern der besetzten Gebiete vollständig bekannt, daß damit die bekannten Folgen für die Sperrbetriebe weiter aufrechterhalten bleiben, das heißt Abstoßen des Arbeitseinsatzes aus den besetzten Westgebieten nach Deutschland.

DR. FLÄCHSNER: Die Französische Anklagebehörde hat ein Dokument als Nummer 814 (Dokument RF 1516) in der Sitzung vom 30. Mai, wenn ich mich recht erinnere, anläßlich des Kreuzverhörs des Mitangeklagten Sauckel, vorgelegt.

Nach diesem Befehl sollen im Westen durch Truppen Arbeitskräfte erfaßt werden. Wollen Sie sich dazu kurz äußern? Um Ihrem Gedächtnis nachzuhelfen: In diesem Telegramm wird sich auf die Sitzung vom 11. Juli bezogen.

SPEER: Das Protokoll der Sitzung zeigt, wie ich schon gesagt habe, daß ich gegen die Gewaltmaßnahmen eingestellt war. Den Befehl Keitels selbst habe ich nicht gesehen.

DR. FLÄCHSNER: Als Nummer 824 hat die Französische Anklagebehörde bei der gleichen Gelegenheit ein Schriftstück des Generals von Kluge vom 25. Juli 1944 vorgelegt, welches auf dieses vorerwähnte Schriftstück, Telegramm Keitels, Bezug nimmt. Wissen Sie etwas darüber, ob dieser Befehl jemals durchgeführt worden ist?

SPEER: Ich weiß, daß dieser Befehl nicht durchgeführt wurde. Es ist zum Verständnis der Lage notwendig, sich in die Atmosphäre hereinzudenken, die in diesen Tagen um den 20. Juli herum war. Damals wurden nicht mehr alle Befehle der Führung durchgeführt. Wie nach dem 20. Juli aus der Untersuchung hervorging, hat bereits damals Kluge als Oberbefehlshaber West Kapitulationsverhandlungen mit den Westgegnern geplant und wahrscheinlich die ersten Versuche unternommen. Das war auch der Grund seines Selbstmordes nach dem Scheitern des 20. Juli. Es ist ausgeschlossen...

VORSITZENDER: Sie haben uns die Nummer 1824 angegeben. Was soll das bedeuten?

DR. FLÄCHSNER: Herr Präsident! 824. 824 ist die Nummer, die dieses Dokument von der Französischen Anklagebehörde erhalten hat. Unter dieser Nummer hat sie es vorgelegt. Leider kann ich nicht die Exhibit- Nummer erfahren. Ich habe danach nachgefragt, aber sie noch nicht erhalten. – Ich höre gerade, es ist RF-1515 als Exhibit-Nummer

VORSITZENDER: Danke.

SPEER: Es ist ausgeschlossen, daß Feldmarschall Kluge in dieser militärischen Lage und mit seiner Grundeinstellung Befehle zu Razzien und Gewaltmaßnahmen gab. Die in diesem Dokument erwähnte Freigabe des Sauckel-Laval-Abkommens hat praktisch nichts zu bedeuten, da ja die Sperrbetriebe aufrechterhalten blieben und dadurch dieses Abkommen nicht wirksam werden konnte. Das war den Dienststellen in Frankreich gut bekannt. Der beste Beweis dafür aber, daß dieser Befehl nicht durchgeführt wurde, ist das Dokument RF-22 der Französischen Anklage, aus dem hervorgeht, daß im Juli 1944 nur 3000 Arbeitskräfte von Frankreich nach Deutschland gekommen sind, und es wäre bei militärischen Gewaltmaßnahmen ein leichtes gewesen, statt dieser 3000 Arbeitskräfte eine sehr viel größere Zahl von Frankreich nach Deutschland zu bringen.

DR. FLÄCHSNER: Haben Sie Ihren Einfluß geltend gemacht, um den Arbeitseinsatz aus den besetzten Gebieten nach Deutschland vollständig abzustoppen?

SPEER: Nein, ich muß hier offen sagen, daß ich zwar meinen Einfluß geltend gemacht habe, um die Arbeiterwerbungen einzuschränken oder um Razzien und Gewaltmaßnahmen zu verhindern, aber nicht, um den Arbeitseinsatz vollständig abzustoppen.

DR. FLÄCHSNER: Ich gehe nun zu einem anderen Thema über:

Von der Anklage ist berührt worden und erörtert worden die Organisation Todt. Können Sie dem Gericht die Aufgabe der Organisation Todt kurz schildern?

SPEER: Ich werde hier auch einiges zusammenfassen.

Die Organisation Todt hatte ausschließlich technische Aufgaben, das heißt, technische Bauten durchzuführen. Das war im Osten in der Hauptsache Bahnbau, Straßenbau; im Westen der Bau von Betonbunkern, wie sie als sogenannter »Atlantik-Wall« bekannt geworden sind. Hierzu beschäftigte die Organisation Todt in einem unverhältnismäßig hohen Umfange ausländische Arbeitskräfte, und zwar im Westen etwa auf einen deutschen Arbeiter 20 ausländische Arbeitskräfte, in Rußland etwa auf eine deutsche Arbeitskraft vier russische Arbeitskräfte. Das war nur durchzuführen, wenn die Organisation Todt sich im Westen weitgehend einheimischer Baufirmen mit ihren Arbeitsstätten bediente. Diese brachten das technische Führungspersonal mit. Diese Firmen haben die Arbeitskräfte selbst angeworben, und es ist klar, daß diesen Firmen keine Möglichkeiten der Zwangswerbung zur Verfügung standen. Es ist daher ein sehr großer Teil der in der Organisation Todt beschäftigten Arbeitskräfte freiwillig; es ist klar, daß immer ein gewisser Prozentsatz durch Dienstverpflichtung in der Organisation Todt beschäftigt war.

Die Organisation Todt wurde hier als ein Teil der Wehrmacht bezeichnet. Es ist der Form nach hier nur festzustellen, daß darunter natürlich nicht die ausländischen Arbeitskräfte zählten, sondern nur die deutschen Arbeitskräfte, die selbstverständlich in den besetzten Gebieten in irgendeiner Form in die Wehrmacht eingegliedert sein mußten. Die Anklage hatte hiervon eine andere Auffassung.

Außer der Organisation Todt gab es noch Transporteinheiten meines Ministeriums, die in den besetzten Gebieten arbeiteten. Aus einem bestimmten Grunde lege ich Wert darauf festzustellen, daß diese grundsätzlich freiwillig angeworben waren. Die Anklage hat behauptet, daß die Organisation Todt die umfassende Organisation für alle militärischen Bauten in den besetzten Gebieten war. Das ist nicht der Fall. Sie hatte etwa ein Viertel bis ein Fünftel des Bauvolumens durchzuführen.

Im Mai 1944 wurde die Organisation Todt auf das Reich übernommen. Sie hat dort die Verantwortung für einzelne große Bauvorhaben übernommen und im übrigen die Steuerung des sogenannten Apparates des Generalbevollmächtigten für die Bauwirtschaft im Vierjahresplan. Dieser Generalbevollmächtigte für die Bauwirtschaft verteilte die Kontingente, die von der Zentralen Planung kamen und hatte sonstige Steuerungsaufgaben, hatte aber keine Verantwortung für die Baudurchführung und Bauaufsicht. Da gab es im Reich die verschiedenen staatlichen Behörden, und hier handelte insbesondere in eigener Verantwortung die SS-Bauverwaltung mit den von ihr durchgeführten Bauten.

DR. FLÄCHSNER: Die Anklagebehörde hat nun behauptet, daß diese Beschäftigung von Häftlingen aus Konzentrationslagern in der Rüstungsindustrie von Ihnen verursacht waren und hat das Dokument R-124, Exhibit US-179, vorgelegt, Herr Präsident. Es befindet sich das Dokument auf Seite 47 des englischen Textes meines Dokumentenbuches. Es handelt sich um eine Besprechung mit Hitler im September 1942.

Wie kam es zu dieser Besprechung, Herr Speer?

SPEER: Als ich im Februar 1942 die Heeresrüstung übernahm, wurden erhebliche Steigerungen auf allen Gebieten verlangt, und dazu waren zahlreiche Fabrikneubauten notwendig. Himmler bot hierzu seine Konzentrationslager an, sowohl bei Hitler als auch bei mir. Sein Plan war, in den Konzentrationslagern einen Teil dieser notwendigen Neubauten mit Maschineneinrichtungen zu errichten und sie dort unter der Leitung der SS arbeiten zu lassen. Gegen diesen Plan waren der Chef der Heeresrüstung, Generaloberst Fromm, und auch ich eingestellt. Abgesehen von allgemeinen Gründen, war es einmal, um unkontrollierte Waffenherstellung der SS zu verhindern und zweitens, weil zu erwarten war, daß die technische Lenkung in diesen Betrieben mir entzogen wird. Daher habe ich bei der Durchplanung des großen Erweiterungsprogramms der Rüstung im Frühjahr 1942 diese SS-Forderung nicht berücksichtigt. Himmler ging zu Hitler, und das Besprechungsprotokoll, das hier vorliegt, ist die Abwehr gegen die Wünsche, die Hitler im Verfolg der Anregungen Himmlers bei mir geltend machte.

DR. FLÄCHSNER: Ich darf hier, Herr Präsident, auf Seite 44 des deutschen Textes und Seite 47 des englischen Textes verweisen. Das ist Punkt 36 des Führerprotokolls. Es heißt dort...

VORSITZENDER: Seite 47 des englischen Textes?

DR. FLÄCHSNER: Ja. Es heißt dort, ich zitiere:

»... daß – über eine geringe Menge von Arbeitern hinaus – es nicht möglich sein wird, in den Konzentrationslagern eine Rüstungsfertigung aufzuziehen,...«

VORSITZENDER: Dr. Flächsner! Der Zeuge hat uns doch die Sache schon dem Sinne nach erklärt, nicht wahr?

DR. FLÄCHSNER: Herr Speer! Sie machten also hieraus, nach diesem Dokument, den Vorschlag, Fabriken ganz und gar mit Häftlingen aus den Konzentrationslagern als Arbeiter zu besetzen. Haben Sie das durchgeführt?

SPEER: Nein, das wurde in dieser Form nicht durchgeführt; denn es stellte sich bald heraus, daß Himmler den Ehrgeiz hatte, auf diese Betriebe Einfluß zu nehmen, und es wäre ihm auch wahrscheinlich auf irgendeinem Wege gelungen, diese Betriebe sich zu unterstellen. Daher bestand grundsätzlich nur ein Teil der Belegschaft des Betriebes aus Konzentrationslagerhäftlingen, um diesen Bestrebungen Himmlers entgegenzuwirken. Dadurch kam es zu den Arbeitslagern bei den Rüstungsbetrieben. Auch die Beteiligung von fünf bis acht Prozent an Waffen, die hier vorgesehen war, ist niemals an Himmler ausgegeben worden. Durch eine Vereinbarung mit dem General des Heeresstabes beim OKW, General Buhle, wurde das verhindert. Der Zeuge wird das noch aussagen.

DR. FLÄCHSNER: Ich darf dann weiter verweisen auf das auf Seite 48 des englischen Textes meines Dokumentenbuches wiedergegebene Dokument 1584-PS, das ist Exhibit US-221. Es handelt sich um ein Schreiben Himmlers an Göring vom 9. März 1944. Es heißt dort, daß Himmler betont, wenn seine Verantwortlichkeit, also seine, der SS Verantwortlichkeit, vergrößert würde, ein höheres Tempo des Gesamtbetriebes und bestimmt größere Ergebnisse zu erwarten seien. Aus dem Begleitschreiben Pohls an Himmler ergibt sich, daß das Bestreben, Überwachung und Kontrolle des Einsatzes der KZ-Häftlinge oder sogar Einsatz der SS als verantwortliche Betriebsführer in Vorschlag gebracht werden würde. Der bloße Einsatz der Häftlinge in anderen Betrieben würde nach seinen Erfahrungen und Kenntnissen nicht genügen. Die SS wollte also die Überwachung und die Kontrolle des Einsatzes in den Betrieben haben.

Dieses Dokument beweist aber auch noch etwas anderes. Nämlich es bestätigt die Aussage des Angeklagten Speer, daß die Häftlinge aus den KZ-Lagern ebenfalls Prämien erhalten haben, wenn sie sich besonders bewährt hatten. Weiterhin beweist das Dokument auf der letzten Seite, daß im Durchschnitt die Arbeitszeit aller Häftlinge monatlich 240 Stunden, das würde einer Arbeitsleistung von 60 Stunden in der Woche entsprechen, betragen hat.

Ich beziehe mich weiterhin auf das bereits gestern erwähnte Dokument Nummer 44. Das ist bereits als Exhibit 6 von mir eingereicht und befindet sich in dem zweiten Dokumentenbuch – es ist das erste Dokumentenbuch, Herr Präsident, in dem Nachtragband.

Es geht aus diesem Dokument klar hervor, wie sehr die Ausdehnung der SS-Wirtschaftsbetriebe eine Angelegenheit des Ehrgeizes von Himmler und Pohl war. Aus dem Dokument geht ferner hervor, ich zitiere:

»... die monatlich von KZ'lern für unsere Rüstungsindustrie geleisteten Arbeitsstunden erreichen noch nicht die Zahl von 8 Mio Stunden, so daß sicher nicht mehr als etwa 32000 Männer und Frauen aus KZ-Lagern in unseren Rüstungsbetrieben beschäftigt sind. Diese Zahl geht laufend zurück.«

Herr Präsident! Dieser Satz befindet sich auf Seite 90 unten. Sie werden es dort finden im englischen Text. Aus diesem Schreiben geht ferner hervor, daß der Verfasser fast die gleiche Stundenzahl als Arbeitszeit errechnet wie Pohl in seinem Schreiben, nämlich 250 Stunden im Monat, was ungefähr 63 Stunden in der Woche entspricht.

Herr Speer! Durch dieses Schreiben haben Sie nun Kenntnis davon erhalten, daß Arbeitskräfte, insbesondere Ausländer, nicht mehr an ihre alten Arbeitsplätze zurückkehrten, wenn sie sich wegen Verfehlungen mit der Polizei in Berührung gebracht hatten, sondern in die Konzentrationslager verbracht wurden. Was haben Sie darauf veranlaßt?

SPEER: Ich darf auch hier wieder einige Fragen zusammenfassen. Ich habe das Schreiben etwa am 15. Mai in Berlin erhalten, nach Rückkehr von meiner Krankheit. Der Inhalt hat mich sehr erregt, denn schließlich handelt es sich hier um nichts anderes als um Menschenraub.

Ich ließ mir eine Schätzung geben, wie viele Kräfte etwa im Monat auf diese Weise aus der Wirtschaft genommen werden. Es wurde mir unverbindlich gesagt, 30000 bis 40000 im Monat. Dadurch entstand meine Erklärung in der Sitzung der Zentralen Planung vom 22. Mai 1944, in der ich verlangte, daß diese Arbeiter, wenn auch als Häftlinge, wie ich mich ausgedrückt habe, auf jeden Fall sofort wieder in ihre alten Betriebe zurück müßten. Diese Bemerkung ist an sich unlogisch, denn natürlich war die Zahl der Strafverstöße in jedem einzelnen Betrieb gering, so daß also eine derartige Maßnahme nicht durchführbar war. Aber ich wollte auf jeden Fall damit zum Ausdruck bringen, daß die Arbeiter wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkommen. Diese Erklärung der Zentralen Planung wurde von der Anklage vorgelegt.

Ich habe nun sofort nach der Sitzung dieser Zentralen Planung mich zu Hitler begeben, hatte dort eine Besprechung am 5. Juni 1944. Das Führerprotokoll dieser Besprechung liegt vor. Ich habe erklärt, daß etwas Derartiges für mich nicht tragbar ist. Ich habe dabei reine Vernunftsgründe ins Feld geführt, da andere Gründe nicht wirksam gewesen wären. Hitler hat mir erklärt, daß – wie aus dem Protokoll hervorgeht – diese Arbeitskräfte sofort wieder ihrem alten Beruf zugeführt werden müßten und daß er nach einer Besprechung zwischen Himmler und mir auch noch einmal Himmler seine Entscheidung mitteilen will.

DR. FLÄCHSNER: Ich überreiche als Exhibit Nummer 13 einen Auszug der Führerbesprechung vom 3. auf 5. Juni 1944. Es befindet sich dieses Dokument im Dokumentenband auf Seite 92.

SPEER: Ich fuhr sofort nach dem Ergebnis dieser Besprechung zu Himmler und gab ihm die Entscheidung Hitlers bekannt. Er erklärte mir, daß niemals eine derartige Zahl von der Polizei inhaftiert worden wäre. Er sagte mir aber zu, sofort einen Erlaß herauszugeben, daß, dem Verlangen Hitlers entsprechend, die Arbeitskräfte nicht mehr von der SS festgehalten werden dürften. Ich unterrichtete Hitler von diesem Ergebnis und bat ihn auch, nochmals Himmler darauf anzusprechen.

Ich hatte damals keinen Grund, dieser Zusage Himmlers zu mißtrauen; es ist schließlich zwischen Reichsministern nicht üblich, sich so zu mißtrauen. Ich habe allerdings auch keine weiteren Klagen mehr von meinen Mitarbeitern über diese Angelegenheit gehört. Ich muß betonen, daß ich für die Regelung dieser ganzen Angelegenheit nicht zuständig war, aber ich fand diese Mitteilung so unerhört, daß ich sofort eingriff. Wenn ich gewußt hätte, daß Himmler bereits eineinhalb Jahre vorher eine ähnliche Aktion unternommen hat und in diesem Schreiben, in einem Schreiben, das hier vorgelegt wurde...

DR. FLÄCHSNER: Es handelt sich, Herr Präsident, um die Urkunde 1063-PS und ist Exhibit US-219. Ich habe es wiedergegeben auf Seite 51 des englischen Textes meines Dokumentenbuches, auf das sich der Angeklagte jetzt bezieht.