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[Zum Zeugen gewandt:]

Sie haben erklärt, daß diese Zustände Ihrer Ansicht nach zum Teil daher kamen, daß Bombenangriffe stattfanden und die Unterkünfte der Gefangenen und Arbeiter zerstört waren.

SPEER: Das stimmt, aber das sagt noch nicht, daß derartige Zustände, wenn sie überhaupt zutreffen sollten, verallgemeinert werden können.

JUSTICE JACKSON: Verzeihung, mein Apparat war falsch eingestellt, und ich habe die Antwort dadurch nicht gehört. Bitte wiederholen Sie Ihre Antwort.

SPEER: Das stimmt, aber ich möchte darauf aufmerksam machen, daß Zustände, wie sie hier in diesem Affidavit geschildert werden, nicht verallgemeinert werden können, und abgesehen davon glaube ich auch nicht, daß das stimmt, was hier drin steht. Aber ich kann mich ja hierzu nicht äußern, da ja Sie mir nicht zumuten können, daß ich mich in den Lagern der Firma Krupp auskenne.

JUSTICE JACKSON: Zuerst einmal möchte ich wissen, ob Sie es für richtig hielten, Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene so dicht bei militärischen Objekten unterzubringen, wie es mit diesen Kriegsgefangenen geschah?

SPEER: Ich möchte hier nicht Ihnen verschiedenes sagen, was jedem Deutschen auf dem Herzen liegt. Es wurden keine militärischen Ziele angegriffen, infolgedessen waren die Lager auch nicht in der Nähe von militärischen Zielen.

JUSTICE JACKSON: Betrachten Sie die Kruppwerke nicht als ein richtiges Ziel?

SPEER: Die Lager waren nicht in den Kruppwerken, die Lager waren in der Nähe der Stadt Essen. In der Nähe der Werke selbst, da haben wir grundsätzlich keine Lager gemacht, weil wir dachten, daß diese bombardiert werden und wir nicht haben wollten, daß diese Lager zerstört werden.

JUSTICE JACKSON: Haben Sie bemerkt, daß auf einer der Photographien, die als Beweis vorliegen, die Fabrikanlage... das Lager direkt an die Werke stößt?

SPEER: Ich möchte es gerne nochmal sehen, dann...

[Dem Zeugen wird die Photographie gezeigt.]

Auf dieser Photographie ist zu erkennen, daß im Hintergrund ein größeres Werk vorhanden ist, aber das ändert nichts an meiner Aussage, daß wir fast ausschließlich die Lager außerhalb der Städte untergebracht haben. Ich weiß nicht, wieso das hier nun der Fall ist, und ich kann auch nicht sagen, ob das ein Lager war oder eine Umkleidebaracke, oder sonst etwas, was in der Nähe des Lagers notwendig war. Ich glaube ja immer noch, daß diese Schränke Kleiderspinde waren und daß das hier eine der vielen Baracken ist, die notwendig sind, um die Arbeitskräfte vor Beginn der Arbeit und nach Beendigung der Arbeit die notwendigen... sich umkleiden lassen zu können. Daß es Kleiderschränke sind und keine Spezialschränke, kann Ihnen jeder Fachmann in Deutschland sagen, weil das ein normalisiert hergestellter Gegenstand ist; dafür spricht auch, daß Luftöffnungen oben sind, denn jeder Kleiderschrank hat zur Entlüftung oben und unten Luftöffnungen.

JUSTICE JACKSON: Als Produktionsminister hatten Sie doch wohl das größte Interesse daran, den Prozentsatz der Krankheitsfälle unter den Arbeitern zu verringern, nicht wahr?

SPEER: Ich hatte ein Interesse daran, daß die Arbeitsleistung hoch ist, das ist klar; und dazu gehört an sich das auch im Spezialfalle.

JUSTICE JACKSON: Nun, im Spezialfalle... Ein Teil der Herstellung hängt doch in jedem Fall von dem Prozentsatz der Krankheitsfälle Ihrer Arbeitskräfte ab, nicht wahr? Und ist es nicht Tatsache, daß für jeden, der sich mit Produktion befaßt, die beiden größten Schwierigkeiten in Bezug auf Arbeitskraft und Produktion Krankheitsfälle und schneller Umsatz sind und daß diese Faktoren die Produktion verringern?

SPEER: Diese beiden Momente waren für uns störend. Sie waren aber an sich nicht so ausgedehnt, wie es aus Ihren Worten zu sein scheint. Die Krankheitsfälle waren ein ganz geringer Prozentsatz und meiner Ansicht nach etwa normal. Allerdings wurde durch die Propaganda, durch die Luftpropaganda, durch Flugblätter, die abgeworfen wurden, die Arbeiterschaft dazu aufgefordert, Krankheiten vorzutäuschen, und es wurden in diesen Flugblättern genaue Anweisungen an die Arbeiterschaft ausgegeben, wie man eine Krankheit vortäuschen kann, und dagegen haben wir, vielmehr die zuständigen Stellen, Maßnahmen ergriffen, und ich hielt diese Maßnahmen für richtig.

JUSTICE JACKSON: Was für Maßnahmen waren das?

SPEER: Ich kann das im einzelnen nicht sagen, weil ich ja diese Strafverordnungen nicht selbst gemacht habe und auch nicht zu bestimmen hatte. Soviel ich weiß, wurde das in Zusammenarbeit zwischen dem Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz und den Polizeistellen oder den staatlichen Stellen gemacht. Aber die Zuständigkeit lag dabei bei den Stellen, die für Strafverfolgungen zuständig waren.

JUSTICE JACKSON: Wenn Sie aber nicht wußten, welche Maßnahmen es waren, wie können Sie uns dann sagen, daß Sie sie gebilligt haben? Wir kommen immer wieder auf diesen toten Punkt: niemand wußte, was vor sich ging. Sie wußten doch wenigstens, daß es sehr schwere Strafen waren, nicht wahr?

SPEER: Ich will, wenn ich sage »ich bin damit einverstanden«, will ich zum Ausdruck bringen, daß ich mich von meiner Verantwortung hier nicht drücken will. Aber Sie müssen verstehen, daß ein Produktionsminister gerade bei den Luftangriffen eine ungeheure Aufgabe vor sich hat und daß ich mich um andere Dinge, die außerhalb meines Bereiches lagen, nur dann kümmerte, wenn irgendein ganz besonderer Umstand, ein ganz schwerer Umstand mich dazu zwang. Sonst war ich froh, wenn ich meine... wenn ich mit meiner eigenen Arbeit fertig wurde, und schließlich war mein Aufgabenbereich ja nicht klein. Ich glaube, wenn Sie in England in der Zeit der Flieger... der deutschen Fliegerangriffe auf England den englischen Produktionsminister fragen würden, ob er Sorgen, die der Arbeitsminister hatte, geteilt hat und ob er sich darum kümmerte, wird Ihnen der englische Produktionsminister mit Recht sagen: Ich hatte etwas anderes zu tun in dieser Zeit, ich hatte meine Produktion hochzuhalten, und ich mußte sehen, daß der Arbeitsminister auf seinem Sektor die Sache in Ordnung hält. Und es wird niemand dem englischen Produktionsminister einen direkten Vorwurf daraus machen, daß er sich nicht darum gekümmert hat.

JUSTICE JACKSON: Nun, die Produktion war Ihr Arbeitsgebiet. Wollen Sie mir etwa erzählen, daß Sie niemals Meldungen oder Berichte darüber erhielten, in welchem Zustand sich Ihre in der Produktion beschäftigten Arbeitskräfte befanden, Berichte, aus welchen Sie ersehen konnten, ob bei dem Prozentsatz der Krankheitsfälle vielleicht etwas nicht stimmte oder die allgemeinen Zustände der Arbeiter nicht so waren, wie sie sein sollten?

SPEER: Das, was ich hörte, ist in der Zentralen Planung enthalten. Oder vielmehr, da können Sie ein Spiegelbild bekommen von dem, was ich gehört habe. Wenn auch viele andere Sitzungen stattfanden, so... ich kann das im einzelnen nicht mehr sagen, was ich gewußt habe, denn das sind Dinge gewesen, die außerhalb meines Aufgabenbereiches lagen. Es ist aber selbstverständlich, daß, wenn man in einem Staatsgebilde ist, daß man dann von den Dingen, die um einen herumliegen, auch etwas hört, und daß man Mißstände, die auf anderen Gebieten sind, erfährt. Aber es ist so, daß man diese... daß man diesen Mißständen nicht verpflichtet ist nachzugehen und daß man dann später nicht genau weiß, was im einzelnen war; Sie können mir das nicht zumuten. Wenn Sie irgendeine Stelle haben, ich werde Ihnen gern darauf Auskunft geben.

JUSTICE JACKSON: Gut. Nehmen wir an, Ihre Aufmerksamkeit wäre auf diese Mißstände gelenkt worden und sie hätten tatsächlich existiert, an wen hätten Sie sich in diesem Falle gewandt, um diese Mißstände beheben zu lassen. Wer von der Regierung wäre dafür zuständig gewesen?

SPEER: Ein Minister würde normalerweise so handeln: Er würde dieses Schreiben zur Zuständigkeit an die andere Behörde schicken, die dafür verantwortlich ist. Ich muß sagen, muß für meine Person sagen, daß, wenn ich derartige Mißstände gehört habe, habe ich versucht, diese abzustellen, und habe mich dann unmittelbar mit dem zuständigen Mann in Verbindung gesetzt. Das war entweder die Arbeitsfront, zu der ich einen Verbindungsmann hatte, oder es wurde über meine Arbeitseinsatzdienststelle an Sauckel gegeben, und bei mir war es üblich, daß, wenn ich nicht mehr eine Rückmeldung bekam, daß ich die Sache für erledigt ansah, denn ich konnte hinter diesen Sachen nicht noch einmal her sein und dann noch nachfragen, ob es erledigt worden ist oder nicht.

JUSTICE JACKSON: Mit Krupp hätten Sie die Angelegenheit nicht besprochen? Glauben Sie, daß er für diese Dinge nicht verantwortlich war?

SPEER: Es ist bei Krupp, bei Besuchen bei Krupp bestimmt darüber gesprochen worden über die Zustände, die allgemein nach den Fliegerangriffen für die Arbeiter waren, denn das war eine große Sorge für uns, gerade für die Firma Krupp, darüber war ich mir genau im klaren. Aber es wurde bei Krupp kein Unterschied... Es ist mir nicht erinnerlich, daß mir gesagt wurde, daß die ausländischen Arbeiter oder die Kriegsgefangenen in einer besonders schlechten Lage sind. Sie waren vorübergehend alle in einer sehr primitiven Lage. Die deutschen Arbeiter haben in Kellern gewohnt in dieser Zeit und hatten... in einem kleinen Kellerraum waren oft sechs bis acht Leute untergebracht.

JUSTICE JACKSON: Sie haben vor einiger Zeit erklärt, daß Sie als Regierungsmitglied eine gewisse Verantwortung für diese Zustände trugen. Ich möchte, daß Sie uns sagen, welche Verantwortung Sie meinten, als Sie sagten, Sie übernähmen eine Verantwortung als Regierungsmitglied.

SPEER: Sie meinen die Erklärung, die ich gestern abgab, daß ich...

JUSTICE JACKSON: Ihre Gesamtverantwortung. Was verstehen Sie unter »Gesamtverantwortung« zusammen mit noch anderen?

SPEER: Ja, es gibt meiner Ansicht nach im Staatsleben zwei Verantwortungen; die eine Verantwortung ist für den eigenen Sektor, dafür ist man selbstverständlich voll verantwortlich. Darüber hinaus bin ich persönlich der Meinung, daß es für ganz entscheidende Dinge eine Gesamtverantwortung gibt und geben muß, soweit man einer der Führenden ist, denn wer soll denn sonst die Verantwortung für den Ablauf der Geschehnisse tragen, wenn nicht die nächsten Mitarbeiter um ein Staatsoberhaupt herum? Aber diese Gesamtverantwortung kann nur für grundsätzliche Dinge sein. Sie kann nicht sein für die Abstellung von Einzelheiten, die sich in den Ressorts anderer Ministerien oder anderer verantwortlicher Stellen abspielen, denn sonst kommt ja die gesamte Disziplin im Staatsleben vollständig durcheinander, dann weiß ja kein Mensch mehr, wer etwas im einzelnen auf seiner... Die Einzelverantwortung auf dem eigentlichen Arbeitsgebiet muß sauber und klar trotzdem erhalten bleiben für die Einzelperson.

JUSTICE JACKSON: Wenn ich Sie recht verstehe, wollen Sie damit sagen, daß Sie als damaliges Regierungsmitglied und als einer der Führer eine Verantwortung für die großen Linien der Politik dieser Regierung auf sich nehmen, aber nicht für die einzelnen Geschehnisse, die bei Durchführung der Maßnahmen vorkamen. Ist das eine richtige Beschreibung Ihrer Einstellung?

SPEER: Ja. Ja.

JUSTICE JACKSON: Ich glaube, damit ist das Kreuzverhör beendet.

VORSITZENDER: Will noch jemand von der Anklagebehörde ein Kreuzverhör vornehmen?

STAATSJUSTIZRAT II. KLASSE M. Y. RAGINSKY, HILFSANKLÄGER FÜR DIE SOWJETUNION: Angeklagter Speer! Als Sie Ihren Lebenslauf dem Gerichtshof vorlegten und auf die Fragen des Herrn Justice Jackson antworteten, haben Sie meiner Ansicht nach eine Reihe wichtiger Umstände aus Ihrem Leben ausgelassen. In diesem Zusammenhang werde ich einige Fragen an Sie richten.

SPEER: Ich habe solche Punkte ausgelassen, die ich nicht bestritten haben wollte – die sowieso hier in den Dokumenten sind – denn ich hätte sehr viel zu tun, wenn ich die Punkte alle im einzelnen erwähnt hätte.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Ich werde Sie an diese Punkte erinnern, um den Gerichtshof nicht zu lange in Anspruch zu nehmen. Habe ich Sie richtig verstanden, daß Sie außer Ihrer Ministerstellung auch manchmal nach dem Tode von Professor Todt persönlicher Architekt Hitlers waren? Haben Sie dieses Amt bekleidet?

SPEER: Ja.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Sie waren Generalinspekteur für das deutsche Straßenwesen?

SPEER: Erst nach dem Tode von Dr. Todt.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Sie waren Generalinspekteur für Wasser und Energie?

SPEER: Ja.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Und Generalbevollmächtigter für die Bauwirtschaft in der Zentralen Planung des Vierjahresplans?

SPEER: Generalbevollmächtigter für die Bauwirtschaft, ja.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Leiter der Organisation Todt?

SPEER: Ja.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Und Leiter des Amtes für Technik in der Nationalsozialistischen Partei? Leiter des Bundes deutscher Techniker in der Nationalsozialistischen Partei?

SPEER: Ja.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Außer diesen Posten haben Sie keine anderen leitenden Ämter bekleidet?

SPEER: Oh, ich habe zehn oder zwölf Posten gehabt. Ich kann sie aber nicht alle hier aufzählen.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Sie waren doch einer der Leiter der Reichskulturkammer?

SPEER: Nein. Nein, das stimmt nicht. Ich kann es nicht genau sagen. Ich war dort Senator oder so etwas.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Sie waren im Rat der Kunstakademie? Sie waren Mitglied des Präsidialrates in der Akademie für Bildende Künste?

SPEER: Auch, jawohl, ja.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Wir wollen dann, um Zeit zu sparen, die anderen Posten nicht weiter aufzählen. Sie erinnern sich Ihrer Aussage beim Verhör durch Oberst Rosenblith am 14. November 1945?

SPEER: Nicht mehr im einzelnen.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Ich werde Sie an eine Frage und Ihre Antwort darauf erinnern und bitte Sie, mir zu sagen, ob Ihre Antwort richtig mitgeschrieben war. Auf die Frage: »Geben Sie zu, daß Hitler in seinem Buch ›Mein Kampf‹ seine Angriffspläne bezüglich der Ost- und Westmächte und besonders bezüglich der Sowjetunion sehr klar umrissen hat?« haben Sie geantwortet: »Ja, ich gebe das zu.« Erinnern Sie sich daran?

SPEER: Ja, das kann wohl sein.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Und Sie bestätigen das jetzt auch noch?

SPEER: Nein.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Sie bestätigen es nicht?

SPEER: Ich muß sagen, daß ich mich damals geschämt habe zu sagen, daß ich das Buch »Mein Kampf« nicht vollständig durchgelesen habe. Mir kam das etwas lächerlich vor.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Sehr gut; wir wollen für diese Sache keine Zeit mehr verwenden. Sie schämten sich damals, es zuzugeben, oder schämen Sie sich jetzt? Wir werden diese Frage lassen.

SPEER: Ja, ich habe damals geschwindelt.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Sie haben damals geschwindelt. – Vielleicht schwindeln Sie jetzt?

SPEER: Nein.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Das ist nicht wichtig. – Sie waren Mitarbeiter im Stabe von Heß?

SPEER: Ja.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Sie haben mit Ley zusammengearbeitet?

SPEER: In der Arbeitsfront, ja.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Ja, in der Deutschen Arbeitsfront. Sie hatten einen hohen Rang in der Nazi-Partei, wie Sie heute aussagten?

SPEER: Nein. Dieser Rang war nicht hoch. Er entsprach in keiner Weise der Stellung, die ich im Staate eingenommen habe.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Hören Sie sich bitte erst meine Frage an, und dann beantworten Sie sie. Ich wiederhole: Sie waren Mitarbeiter im Stabe von Heß. Sie haben in der Arbeitsfront mit Ley zusammengearbeitet. Sie waren einer der Führer der Ingenieure der Nazi-Partei; Sie hatten einen leitenden Posten in der Nazi-Partei. Wir wollen nicht darüber streiten, ob es ein hoher Rang war oder ein niedriger. Gestern sagten Sie im Gerichtshof, daß Sie einer von Hitlers Freunden gewesen seien. Versuchen Sie uns nun zu überzeugen, daß Sie von den Plänen und Absichten Hitlers erst aus dem Buch »Mein Kampf« erfahren hätten?

SPEER: Dazu kann ich einige Ausführungen machen. Ich habe mit Hitler in engem Kontakt gestanden und habe seine persönlichen Ansichten gehört, und diese persönlichen Ansichten ließen nicht darauf schließen, daß er irgendwelche Pläne der Art hatte, wie sie hier in Dokumenten erschienen sind. Ich war besonders beruhigt im Jahre 1939, als der Nichtangriffspakt mit Rußland abgeschlossen wurde; und schließlich müssen ja Ihre Diplomaten auch das Buch »Mein Kampf« gelesen haben, und sie haben ja auch trotzdem den Nichtangriffspakt abgeschlossen. Und sie waren bestimmt intelligenter wie ich, ich meine in politischen Dingen.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Wir werden jetzt nicht untersuchen, wer das Buch gelesen hat und wer nicht. Das hat nichts mit dieser Sache zu tun und interessiert auch den Gerichtshof nicht. Sie sagen also, daß Sie über Hitlers Pläne nichts wußten?

SPEER: Ja.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Sagen Sie mal, welche Aufgaben hatten Sie denn als Leiter des Hauptamtes für Technik in der Reichsleitung der Nazi-Partei?

SPEER: In der Partei?

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Sie müssen es am besten selbst wissen, Sie waren doch Leiter des Hauptamtes für Technik in der Nazi-Partei.

SPEER: Ich habe diese Aufgabe oder dieses Amt erst 1942 übernommen. Und im Jahre 1942 im Kriege gab es keine Aufgabe für dieses Hauptamt für Technik in der NSDAP. Ich habe die Mitarbeiter, die in diesem Amt waren, in mein Ministerium eingegliedert und habe sie dort in staatlicher Funktion arbeiten lassen. Darüber gibt nähere Auskunft die Aussage eines Zeugen, die hier vorliegt im Dokumentenbuch, des Zeugen Saur.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Worum handelt es sich in diesem Dokument von Saur?

SPEER: In diesem Buch ist auch der Erlaß von mir enthalten von Ende 1942, in dem ich die Überleitung dieser Aufgaben auf den Staatsapparat vollzogen habe.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Sie haben auf meine Frage überhaupt nicht geantwortet. Um es klarzustellen, werde ich Ihnen verlesen, was Saur zu dieser Frage gesagt hat, und dann sagen Sie mir, ob er diesen Punkt richtig dargestellt hat. Auf die Frage nach den Aufgaben des Hauptamtes für Technik in der NSDAP hat er geantwortet:

»Die Aufgabe des Hauptamtes für Technik war die einheitliche Ausrichtung der Organisationen der Technik zur Betreuung der deutschen Ingenieure in wissenschaftlicher, beruflicher und politischer Hinsicht.«

Sagen Sie, dies war also eine politische Organisation?

SPEER: Nein, das war mehr eine technische Organisation.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Eine technische Organisation, die sich mit politischen Fragen befaßt hat. In diesem Dokumentenbuch, das Ihr Verteidiger vorgelegt und zum Teil hier verlesen hat, sind Andeutungen über die Aufgaben des Hauptamtes für Technik. Aus diesem Dokument ist klar ersichtlich, daß diese Organisation ihren Mitgliedern die nationalsozialistische Ideologie beibringen sollte und daß diese Organisation auch eine politische und nicht nur eine technische war.

SPEER: Das... wo steht das? Kann ich das Dokument haben?

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Natürlich. Das Dokument steht zu unserer Verfügung, und ich werde es Ihnen geben, falls Sie es brauchen. Es wird Ihnen gleich der Aufbau der Kreisleitung gezeigt.

SPEER: Es wurde übersetzt: Das ist aus meinem Dokumentenbuch. Aber das ist nicht aus meinem Dokumentenbuch, das ist aus dem Organisationsbuch der NSDAP, und...

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Das ist der Aufbau der NSDAP. Es ist das Dokument 1893-PS, das von Ihrem Verteidiger vorgelegt wurde.

SPEER: Ja, in meinem Dokumentenbuch steht aber gerade darin, daß das Hauptamt für Technik in der NSDAP keine politische Aufgabe hat. Das habe ich als Auszug aus diesem Organisations-Handbuch der NSDAP entnommen. Ich hätte es ja nicht in mein Dokumentenbuch aufgenommen, wenn ich nicht den präzisen Eindruck gehabt hätte, daß gerade aus diesem Auszug hervorgeht, daß, im Gegensatz zu allen anderen Ämtern, das Hauptamt für Technik eine unpolitische Aufgabe in der Partei hatte.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: War der Nationalsozialistische Bund der deutschen Technik auch keine politische Organisation?

SPEER: In keiner Weise.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: In keiner Weise? Sagen Sie mir aber bitte, brauchten die Leiter des Bundes nicht Mitglieder der NSDAP zu sein?

SPEER: Die brauchten keine Mitglieder zu sein, soviel ich weiß. Ich habe nicht darauf geachtet, ob sie Mitglieder waren oder nicht.

VORSITZENDER: Wollen wir uns jetzt vertagen?