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[Zum Zeugen gewandt:]

Geben Sie zu, daß Sie an der wirtschaftlichen Plünderung der besetzten Gebiete teilnahmen?

SPEER: An der wirtschaftlichen Ausnutzung der besetzten Gebiete, sicher. Der Begriff »Plünderung« scheint mir nicht ganz klar umschrieben zu sein. Ich weiß nicht, was man unter »Ausplünderung eines besetzten Gebietes« versteht.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Um das Defizit an strategischen Rohstoffen zu decken, haben Sie doch Buntmetalle aus Belgien, Frankreich und aus anderen besetzten Gebieten ausgeführt?

SPEER: Selbstverständlich. Ich habe sie nicht selbst ausgeführt, aber ich war sicher in irgendeiner Form daran beteiligt. Ich war nicht der... nicht verantwortlich dafür, aber sicher habe ich sehr betrieben, daß wir möglichst viel Metalle bekommen von dort.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Ihre Antwort genügt mir, und der Gerichtshof wird selbst daraus seine Schlüsse ziehen können.

Erinnern Sie sich an den Erlaß Hitlers vom 2. September über die Konzentration der Kriegswirtschaft. Dieses Dokument wird Beweisstück USSR-482. Ich habe nicht die Absicht, den ganzen Erlaß zu zitieren. Das würde zu lange dauern. Ich möchte bloß ein paar Stellen verlesen. Der Erlaß fängt mit folgendem Satz an:

»Mit Rücksicht auf die durch die Erfordernisse des Krieges gebotene straffere Zusammenfassung und den einheitlichen Einsatz aller wirtschaftlichen Kräfte, bestimme ich für die Dauer des Krieges:...

§ 2:

Die Zuständigkeiten des Reichswirtschaftsministers auf dem Gebiet der Rohstoffe und der Produktion in Industrie und Handwerk gehen auf den Reichsminister für Bewaffnung und Munition über. Der Reichsminister für Bewaffnung und Munition führt im Hinblick auf seinen erweiterten Aufgabenkreis die Bezeichnung ›Reichsminister für Rüstung und Kriegsproduktion‹.«

Haben Sie den Befehl angesehen?

SPEER: Ja, ich kenne ihn, ja.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Ich möchte Sie bitten, mir ganz kurz und zusammenfassend im Zusammenhang mit diesem Befehl zu sagen, wie die Funktionen zwischen Ihnen und Funk aufgeteilt waren?

SPEER: Das geht ja hier aus dem Text hervor. Ich hatte die gesamte Produktion von dem Rohstoff angefangen bis zum Endprodukt; und Funk hatte die gesamten allgemeinen wirtschaftlichen Fragen, das sind in der Hauptsache Fragen des Geldverkehrs und Fragen des Aktienrechtes und des Handels, des Außenhandels und derartige Fragen mehr.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Ich verstehe.

SPEER: Aber das ist keine erschöpfende Auskunft, die ich gegeben habe, das ist nur ungefähr.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Ihre Antwort genügt mir. Haben Sie im Zusammenhang mit diesem Befehl Vollmachten bekommen für die Regelung des Warenumsatzes und Warenverkehrs?

SPEER: Das weiß ich nicht, was Sie damit meinen.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Nun gut. Um keine Zeit zu verlieren, wird man Ihnen gleich ein Dokument zeigen, das von Ihnen und Funk am 6. September 1943 unterschrieben wurde. Ich lege das Dokument dem Gerichtshof als Beweisstück Nummer USSR-483 vor. Ich zitiere Ziffer 1 aus § 1:

»Soweit in Rechtsvorschriften die Zuständigkeit des Reichswirtschaftsministers für die Regelung des Warenverkehrs begründet ist, werden diese Befugnisse für die Dauer des Krieges von dem Reichsminister für Rüstung und Kriegsproduktion ausgeübt.«

Hiernach war Ihre Rolle in den Kriegsaufgaben Deutschlands, Ihre Rolle während des Krieges, als Leiter der deutschen Kriegswirtschaft während des Krieges, eine viel weitere als Sie es hier vor dem Gerichtshof darstellten, nicht wahr?

SPEER: Nein, ich habe nicht versucht, etwas anderes darzustellen; denn ich sagte ja, daß der Rüstungsminister im Kriege überhaupt die wichtigste Stelle ist, die es im Reiche gibt und daß alles nur für den Rüstungsminister zu arbeiten hatte. Ich glaube, eine umfassendere Darstellung meines Aufgabengebietes konnte ich nicht geben. Diese Sache mit dem Warenverkehr ist von ganz untergeordneter Bedeutung. Ich kann Ihnen noch nicht mal nach bestem Wissen sagen, was man hier unter dem »Warenverkehr« versteht. Das ist nun ein Fachausdruck, der mir nicht so geläufig ist.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Ja, aber dieses Dokument ist doch von Ihnen unterschrieben worden, und Sie sagen, Sie wüßten nicht, was damit gemeint sei? Sie haben doch dieses Dokument zusammen mit Funk unterschrieben?

SPEER: Natürlich.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Bitte, sagen Sie mir, wie war die Verbindung zwischen Ihnen, zwischen Ihrem Ministerium und der Deutschen Arbeitsfront? Bestand da eine Verbindung?

SPEER: Es bestand ein Verbindungsmann zwischen der Deutschen Arbeitsfront und mir, genau wie zu allen anderen wichtigen Ämtern im Reiche auch.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Wollen Sie mir den Namen dieses Beamten nicht nennen?

SPEER: Das ist der Zeuge von mir: Hupfauer, der später Chef des Zentralamtes bei mir wurde.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Sie haben erklärt, daß in die Kriegswirtschaft solche wichtigen Zweigindustrien wie Textilien, Verarbeitung von Aluminium, Holz und so weiter nicht mit eingerechnet wurden. Habe ich Sie richtig verstanden? Haben Sie das gesagt?

SPEER: Nein, das ist ein Irrtum. Das muß falsch übersetzt worden sein.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Und wie soll ich Sie richtig verstehen?

SPEER: Ich glaube, daß hier zwei Übersetzungsfehler vorliegen. Einmal halbe ich bei meiner Aussage nicht von der »Kriegswirtschaft« gesprochen, sondern von dem Begriff »Rüstung« und habe gesagt, daß in diesem Begriff Rüstung auch Textilbetriebe und Holz und Leder verarbeitende Betriebe enthalten waren. Rüstung und Kriegswirtschaft sind aber zwei ganz verschiedene Begriffe.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Und Sie schließen vollständig die Textilbetriebe aus dem Begriff »Rüstung« aus?

SPEER: Ich habe gesagt, daß verschiedene Textilbetriebe... daß Textilbetriebe in der Rüstung eingegliedert waren, obwohl sie tatsächlich keine Rüstungsgegenstände im engeren Sinne herstellten.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Und hat die Textilindustrie keine Fallschirme und Ausrüstungsgegenstände für die Luftwaffe hergestellt?

SPEER: Ja, aber Sie müssen dann das Genfer Kriegsgefangenenabkommen studieren, da steht darin, daß das nicht verboten ist herzustellen – mit Kriegsgefangenen herzustellen. Ich habe den Text da, ich kann ihn Ihnen vorlesen.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Ja, und so wollen Sie, daß wir Ihnen ernstlich glauben, daß man Pulver ohne Zellulose herstellen kann; schränken Sie deswegen die Begriffe »Kriegsindustrie« und »Kriegsproduktion« so ein?

SPEER: Nein, dann haben Sie es vollständig falsch verstanden. Ich wollte den Begriff der Rüstungswirtschaft so weit wie nur irgend möglich machen, um nachweisen zu können, daß dieser Begriff »Rüstungswirtschaft«, der moderne Begriff »Rüstungswirtschaft«, etwas ganz anderes ist als wie die Industrie, die Rüstungsgegenstände im Sinne der Genfer Konvention herstellt.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Schön. Sie haben über Ihre Einwände gegen die Verwendung von ausländischen Arbeitern gesprochen. Über die Motive dieses Einwandes hat Schmelter ausgesagt. Er war der Leiter des Amtes für Arbeitseinsatz in Ihrem Ministerium. Ihr Verteidiger hat es unterbreitet. Ich möchte bloß einen Satz vorlesen; bitte bestätigen Sie, ob das, was Schmelter sagt, stimmt: »Soweit er – Speer – wiederholt darauf hingewiesen hat, daß die Ausnutzung ausländischer Arbeiter große Schwierigkeiten für das Reich schaffen wird, bezüglich der Ernährungsfrage dieser Arbeiter...« Waren dies die Motive für Ihre Verordnungen?

SPEER: Die Übersetzung muß hier inkorrekt sein. Ich weiß genau, wie der Text heißt und wie der Sinn der Aussage ist. Er ist vollständig richtig, der Sinn. Es handelte sich um folgendes Problem:

Wenn wir neue Arbeitskräfte nach Deutschland brachten, dann mußten ja für diese Arbeitskraft zunächst einmal die Grundkalorien, die notwendig sind, um einen Menschen zu ernähren, bereitgestellt werden. Diese Grundkalorien hatten aber die Arbeitskräfte, die deutschen, die noch in Deutschland da waren, sowieso zu erhalten. Infolgedessen wurde für die Ernährung eingespart, wenn ich die deutschen Arbeitskräfte in Deutschland beschäftigte; die zusätzlichen Kalorien, die notwendig sind für Schwerarbeit und Langarbeit, hätten etwas erhöht werden können. Das war der Sinn dieser Ausführungen von Schmelter.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Angeklagter Speer! Sie vermeiden es, eine direkte Antwort auf meine Frage zu geben.

SPEER: Doch, gerne...

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Sie bringen Einzelheiten, die mich nicht interessieren. Ich fragte Sie: ob ich die Stelle, die ich Ihnen aus der Aussage von Schmelter verlesen habe, richtig verstanden habe oder nicht?

SPEER: Nein, die sind falsch übersetzt, ich möchte dann das Original in deutsch haben.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Das Original befindet sich in Ihrem deutschen Dokumentenbuch. Ich gehe jetzt zur nächsten Frage über.

SPEER: Ja, aber es ist notwendig, daß Sie mir das dann jetzt zeigen. Ich brauche ja nicht bei einem Kreuzverhör durch den russischen Anklagevertreter mein Dokumentenbuch mit auf den Zeugenstand nehmen.

VORSITZENDER: Sie müssen ihm das Dokument geben, wenn Sie es haben.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Herr Vorsitzender! Es befindet sich im Dokumentenbuch der Verteidigung. Das Original dieses Buches liegt dem Gerichtshof vor. Ich habe bloß die russische Übersetzung des Affidavits von Schmelter, und sie ist gestern dem Gerichtshof übergeben worden.

VORSITZENDER: Haben Sie es, Dr. Flächsner?

DR. FLÄCHSNER: Ja.