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[Dokument wird dem Zeugen ausgehändigt.]

VORSITZENDER: Danke.

SPEER: Auf welcher Seite etwa?

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Es ist auf Seite 129 des russischen Textes, und es ist die Antwort auf Frage 13, letzter Absatz.

SPEER: Ja, hier steht im deutschen Text:

»Wiederholt wies er darauf hin,...« – also Speer – »... daß der Einsatz ausländischer Arbeiter größere Schwierigkeiten in der Produktion und die Bereitstellung zusätzlicher Nahrungsmittel durch das Reich bedingen würde.«

(Dokument Speer 38.)

Das habe ich ja erläutert, aus welchen Gründen das der Fall war. Es steht, glaube ich, auch in derselben Aussage später, wenn Sie nicht davon überzeugt sind, diese Begründung von mir auch drin.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Ihr Stellvertreter Schieber hat auf die Frage, ob Speer gewußt habe, daß die von Sauckel angeforderten Arbeiter aus den besetzten Gebieten hereingebracht wurden, geantwortet:

»Ja. Das war der große Streitpunkt. Wir haben immer gesagt, daß Sauckel nur Partisanen schaffen würde, wenn er Arbeitskräfte, die nicht freiwillig nach Deutschland kommen, gezwungenermaßen hierher verbringe.«

(Dokument Speer 37.)

In diesem Zusammenhang behaupte ich nun, daß Sie nicht nur gewußt haben, daß die Leute, die in Ihren Betrieben arbeiteten, Zwangsarbeiter waren, sondern, daß Sie auch die Methoden, die Sauckel anwandte, kannten. Geben Sie das zu?

SPEER: Ich wußte, daß die Arbeitskräfte gegen ihren Willen zum Teil nach Deutschland kamen; das habe ich ja auch bereits ausgeführt. Ich habe auch bereits ausgeführt, daß ich die Auswirkungen dieser zwangsmäßigen Werbung für falsch, für verhängnisvoll hielt für die Produktion in den besetzten Gebieten. Das ist eine Wiederholung meiner Aussage.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Es lohnt sich nicht, diese Aussage zu wiederholen. Sagen Sie: Haben Sie nicht darauf bestanden, daß Sauckel Ihnen Arbeiter zur Verfügung stellte, die er durch Zwangsmaßnahmen aus den besetzten Gebieten herbeischaffen sollte, und zwar über die Zahl hinaus, die Sie schon vorher bei ihm angefordert hatten? Ich werde Sie an Ihren Brief an Sauckel erinnern, um das Kreuzverhör abzukürzen. Am 6. Januar 1944 haben Sie an Sauckel geschrieben:

»Lieber Parteigenosse Sauckel!... Ich bitte Sie, Ihrer Zusage beim Führer gemäß, diese Arbeitskräfte zuzuweisen, damit die termingemäße Durchführung der mir vom Führer erteilten Aufträge ermöglicht wird. Außerdem ist für die vom Führer durch Befehl Nr. 51 gegebenen Termine am Atlantikwall ein sofortiger Arbeitsbedarf für die OT von 70000 Kräften vorhanden, der seit über 6 Monaten angemeldet und noch nicht abgedeckt wurde,...«

(Dokument Speer Nummer 11.)

Geben Sie das zu? Haben Sie einen solchen Brief an Sauckel geschrieben?

SPEER: Ja. Ich gebe sogar zu, daß ich diesen Brief in mein Dokumentenbuch hereingenommen habe, und zwar aus folgendem Grunde: Am 4. Januar 1944 fand die Besprechung bei Hitler statt, in der Hitler befohlen hatte, daß aus Frankreich eine Million Arbeitskräfte nach Deutschland kamen. Am selben Tage habe ich dem General Studt, meinem Beauftragten in Frankreich, mitgeteilt, daß der Bedarf für die Sperrbetriebe vorweg, das heißt also vor dem Bedarf nach Deutschland abzudecken ist. Mit dem Schreiben, das Sie hier in der Hand haben, habe ich Sauckel dann zwei Tage später mitgeteilt, daß mein Bedarf in Frankreich 800000 Arbeitskräfte für französische Betriebe sind und daß außerdem am Atlantikwall auch noch Arbeitskräfte fehlen, und daß diese daher zunächst zu stellen sind, bevor die eine Million Arbeitskräfte nach Deutschland kommt.

Ich hatte ja gestern bereits ausgeführt, daß durch diese beiden Schreiben die Aktion, die vorher von Hitler befohlen war, zum Stillstand kam und daß es der Zweck war, daß der Militärbefehlshaber, der dieses Schreiben auch bekam, sich darüber im klaren war, daß zunächst die Arbeitskräfte in Frankreich verwendet werden sollen. Das war für den Militärbefehlshaber sehr wertvoll.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Angeklagter Speer! Wußten Sie, daß in den Kriegsfabriken, die Ihnen unterstanden, auch ehemalige Häftlinge zwangsweise als Arbeiter eingesetzt wurden, die bereits ihre Haftzeit abgesessen hatten? War Ihnen das bekannt?

SPEER: Es war mir während meiner Dienstzeit nicht bekannt; aber ich habe das hier aus einem Dokument entnommen.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Es war Ihnen nicht bekannt?

SPEER: Ja. Ich weiß, was Sie meinen; es steht in dem Brief von Schieber vom 4. Mai 1944, der in meinem Dokumentenbuch ist. Aber diese Einzelheiten können mir unmöglich alle im Gedächtnis bleiben.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Können Ihnen nicht im Gedächtnis bleiben? Aber Schieber hat Ihnen am 7. Mai 1944 in einem besonderen Brief, der an Sie persönlich adressiert war, darüber berichtet, und Sie konnten doch unmöglich im Jahre 1944 davon keine Kenntnis haben. Die Tatsache, daß dieser Brief in Ihrem Dokumentenbuch eingeschlossen ist, ändert nichts an der Lage.

SPEER: Ich habe... Auf Grund dieses Schreibens habe ich dann auch an Himmler geschrieben, gerade wegen der Arbeitskräfte, die ihre Gefängnisstrafe abgesessen hatten. Dieses Schreiben kann ich jederzeit vorlegen. Ich habe es unterlassen, damit das Dokumentenbuch nicht zu stark wird. Aus diesem Schreiben geht hervor, daß ich Himmler darum gebeten habe, daß diese Arbeitskräfte, nachdem sie ihre Strafe abgebüßt haben, in Freiheit bleiben, während Himmler dafür eingetreten war, daß diese Arbeitskräfte überhaupt weiter in Haft bleiben.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Erinnern Sie sich an den Brief vom OKW vom 8. Juli 1943 über die Frage des Arbeitseinsatzes für den Bergbau? Erinnern Sie sich an solch einen Brief und an seinen Inhalt?

SPEER: Nein.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Ich werde Sie daran erinnern. Dieses Dokument ist dem Gerichtshof vorgelegt worden. Es ist Beweisstück US-455 und ist hier öfter zitiert worden. Ich nehme daher an, daß es nicht nötig ist, den ganzen Brief vorzulesen, sondern nur die wichtigsten Stellen.

In diesem Brief wird auf einen Befehl des Führers, 300000 russische Kriegsgefangene in den Kohlenbergbau einzusetzen, Bezug genommen. Erinnern Sie sich an eine solche Tatsache?

SPEER: Ich hätte ihn gern gesehen.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Man wird Ihnen das Dokument vorlegen.

In Punkt 2.) dieses Dokuments heißt es:

»Alle im Osten seit 5. 7. 43 anfallenden Kriegsgefangenen sind den Lagern des OKW zuzuführen und von dort unmittelbar oder im Ringtausch über andere Bedarfsträger dem GBA zum Einsatz im Kohlenbergbau zur Verfügung zu stellen....«

In Punkt 4.) des Dokuments wird gesagt:

»Die in den Bandenkämpfen des Operationsgebietes, der Heeresgebiete, der Ostkommissariate, des Generalgouvernements und des Balkans gemachten männlichen Gefangenen im Alter von 16-55 Jahren gelten künftig als Kriegsgefangene.

Das gleiche gilt für diese Männer in neu eroberten Gebieten des Ostens. Sie sind den Kriegsgefangenenlagern zuzuführen und von dort zum Arbeitseinsatz ins Reich zu bringen.«

Dieser Brief ist doch auch an Sie gerichtet, und daher war Ihnen bekannt, auf welche unmenschliche Weise Sie sich Arbeiter für den Kohlenbergbau beschafften. Das geben Sie doch zu?

SPEER: Nein, das gebe ich nicht zu.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Gut.

SPEER: Nein, ich finde das... Ich weiß nicht, ob Sie damit meinen, daß die Gefangenen, die im Kampf gegen die Partisanen im Operationsgebiet gefangengenommen wurden, daß diese in den Bergbau sollten. Ich nahm damals an, daß die im Kampf gegen die Partisanen gefangengenommenen Soldaten... daß diese im Kampf gefangengenommen wurden, und ein Partisane, der im Kampf gefangengenommen wird, ist selbstverständlich dann Kriegsgefangener.

Ich habe aber hier gehört, daß die Behauptung aufgestellt wurde, daß gerade die Gefangenen aus den Partisanengebieten nicht als Kriegsgefangene behandelt wurden; mir scheint dies hier der Gegenbeweis zu sein. Es zeigt, daß die Gefangenen aus den Partisanengebieten als Kriegsgefangene behandelt wurden.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Ihre Kommentare zu diesem Dokument interessieren mich gar nicht. Ich habe Sie gefragt, auf welche Weise Sie Kriegsgefangene für den Bergbau bekamen, worauf Sie antworteten, daß Sie das nicht zugeben, und ich habe keine weiteren Fragen zu diesem Dokument zu stellen. Gehen wir jetzt zum nächsten Dokument über.

Am 4. Januar 1944 haben Sie an einer Besprechung bei Hitler teilgenommen, bei der die Frage der Ausnützung der Arbeitskräfte für das Jahr 1944 besprochen wurde. Sie haben damals erklärt, daß Sie weitere 1300000 Arbeiter benötigen würden. Bei dieser Besprechung wurde der Beschluß gefaßt, daß Sauckel im Jahre 1944 nicht weniger als 4000000 Arbeiter aus den besetzten Gebieten beschaffen sollte und daß Himmler ihm bei der Beschaffung dieser Arbeiter helfen sollte. In der Niederschrift über diese Besprechung, von Lammers unterschrieben, steht, daß alle Teilnehmer dieser Sitzung zu einem einstimmigen Beschluß gekommen seien. Geben Sie zu, daß Sie als Teilnehmer an dieser Besprechung und als Reichsminister für die zwangsmäßigen Deportationen von einigen Millionen Arbeitern nach Deutschland verantwortlich sind?

SPEER: Das Programm ist ja in keiner Weise durchgeführt worden. Gerade dieses Programm ist nicht durchgeführt worden.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Angeklagter Speer! Wir werden sehr viel Zeit verlieren, wenn Sie meine Fragen nicht beantworten.

VORSITZENDER: Aber, General Raginsky, schon seit dem Anfang seiner Beweisaufnahme hat dieser Angeklagte, wenn ich es richtig verstehe, zugegeben, daß er wußte, daß Kriegsgefangene und andere Arbeitskräfte gezwungenermaßen und gegen ihren Willen nach Deutschland gebracht worden sind. Das hat er ja nicht abgestritten.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Ja, Herr Vorsitzender, er hat auf meine Frage, ob er zugibt, daß er für diese am 4. Januar beschlossene Operation verantwortlich ist, nicht geantwortet, und ich wiederhole daher nochmals meine Frage.