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[Zum Zeugen gewandt:]

Die Tschechische Anklage macht Ihnen weiter die Auflösung der Organisationen »YMCA« und »YWCA« und die Beschlagnahme ihres Eigentums zugunsten deutscher Organisationen zum Vorwurf.

VON NEURATH: Ich muß gestehen, daß ich von dieser Beschlagnahme keinerlei Erinnerung habe. Sollte die Auflösung und Beschlagnahme schon vor meinem Weggang erfolgt sein, so kann es sich höchstens um eine Polizeimaßnahme gehandelt haben.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Die Tschechische Anklage spricht dann weiter von der Vernichtung des tschechischen Wirtschaftslebens und von der systematischen Ausplünderung der tschechischen Rohstoffvorräte und macht auch Ihnen daraus einen Vorwurf. Wie verhält es sich damit?

VON NEURATH: Mit der Errichtung des Protektorats kam auch die tschechische Wirtschaft automatisch beinahe in die gesamtdeutsche Wirtschaft. Der Export, für den die tschechische Industrie in sehr erheblichem Maße gearbeitet hatte, fiel für die Folge des Krieges weg, das heißt, er verwandelte sich nun in einen Export nach dem Reich. Die tschechische Schwerindustrie, besonders die Skoda-Werke und die Waffenindustrie, wurde als direkte Kriegsindustrie durch den Bevollmächtigten des Vierjahresplans zur Verstärkung der deutschen Rüstung eingesetzt.

Ich habe mich, besonders anfangs, bemüht, einen Ausverkauf des Protektorats, der zu Lasten der Bevölkerung gegangen wäre, zu vermeiden. Ein wirksames Mittel dazu war die Beibehaltung der Zollgrenze zum Reich. Nach heftigen Kämpfen mit den Berliner Wirtschaftsressorts gelang es mir, die bereits in dem Erlaß vom 16. März 1939 aufgehobene Zollgrenze bis zum Oktober 1940, also noch eineinhalb Jahre nach der Protektoratserrichtung, aufrechtzuerhalten. Es wird, glaube ich, auch der Vorwurf erhoben, daß ich für die Wegnahme von Rohstoffen und dergleichen verantwortlich sei. Dazu kann ich nur sagen, daß für solche Maßnahmen die Behörde des Beauftragten für den Vierjahresplan allein maßgebend war.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Ich darf in diesem Zusammenhang auf den bereits vorgelegten Erlaß vom 16. März 1939, Nummer 144 meines Dokumentenbuches Nummer V, und in diesem auf Artikel 10, 9 und 10, hinweisen... 9, Artikel 9.

[Zum Zeugen gewandt:]

Es wird Ihnen nun weiter zur Last gelegt und Ihnen ein Vorwurf daraus gemacht, daß im Währungsverhältnis von Tschechenkrone zur Mark ein Satz von zehn zu eins bestimmt worden ist, weil dadurch ein Auskauf der Tschechoslowakei begünstigt worden sein soll.

Sind Sie für die Einführung dieses Wechselkurses verantwortlich?

VON NEURATH: Nein. In dem Erlaß über die Errichtung des Protektorats vom 16. März 1939, an dem ich in keiner Weise beteiligt war, ist bereits bestimmt, daß der Wechselkurs von der Reichsregierung bestimmt werden sollte. Soviel ich weiß, war der gleiche Kurs schon vor der Angliederung des Sudetenlandes an das Reich und erst recht nachher an der Börse und im Verkehr üblich. Es mußte ja ein offizieller Kurs festgesetzt werden, und das ist durch diesen Erlaß, der von den Berliner Behörden erging, geschehen.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Ich darf hierzu auch auf den eben zitierten Erlaß vom 16. März, Nummer 144 meines Dokumentenbuches V, und zwar auf Artikel 10 hinweisen, worin gesagt ist:

»Das Verhältnis beider Währungen«, der tschechoslowakischen und der deutschen, »zueinander, bestimmt die Reichsregierung.«