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[Zum Zeugen gewandt:]

Es ist Dr. Rainers Bericht, den der Gerichtshof schon kennt. Wollen Sie sich das Ende eines Absatzes ansehen, wo er sagt:

»Das Abkommen vom 11. Juli 1936 war bereits stark durch die Mitarbeit dieser beiden legalen Persönlichkeiten bestimmt«, nämlich des Angeklagten Seyß-Inquart und des Generaloberst Glaise-Horstenau, »von denen Glaise-Horstenau durch Papen dem Führer als Vertrauensmann bezeichnet worden war.«

Und im nächsten Absatz:

»Damals wünschte auch der Führer, die Führung der Partei zu sprechen...«

VORSITZENDER: Sir David!...

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ja bitte, Euer Lordschaft.

VORSITZENDER: Sagten Sie Seite 97 des Dokumentenbuches 12?

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ja, Euer Lordschaft, es ist der dritte Absatz, und es fängt an mit »Damals...«.

VORSITZENDER: Ja, ich habe es gefunden.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE:

»Damals wünschte auch der Führer die Führung der Partei zu sprechen, um ihnen seine Auffassung über das Verhalten der Nationalsozialisten in Österreich mitzuteilen.« (Dokument 812-PS.)

VORSITZENDER: Ich befürchte, daß es ein anderes »Damals...« ist, das ich vor mir habe. Könnten Sie uns nähere Angaben machen?

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Es ist in der Mitte, Euer Lordschaft.

VORSITZENDER: Bei uns ist es auf Seite 98.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Es tut mir leid, die Seitenzahl muß anders sein, Euer Lordschaft. Ich bitte Euer Lordschaft um Entschuldigung.

»Damals wünschte auch der Führer die Führung der Partei zu sprechen, um ihnen seine Auffassung über das Verhalten der Nationalsozialisten in Österreich mitzuteilen. Inzwischen war... Hinterleitner verhaftet worden und hatte als seinen Nachfolger Dr. Rainer zum geschäftsführenden Landesleiter bestellt.«

Beachten Sie, das ist der Mann, der diese Erklärung abgibt.

»Dr. Rainer und Globocznik waren am 16. Juli 1936 beim Führer auf dem Obersalzberg und erhielten eine ganz klare Darstellung der Lage und der Wünsche des Führers. Am 17. Juli 1936 waren sämtliche illegalen Gauleiter in Anif... bei Salzburg versammelt, erhielten durch Dr. Rainer den zusammenfassenden Bericht über die Erklärungen des Führers und die politischen Wei sungen für die Fortführung des Kampfes, ferner durch Globocznik und Hiedler die organisatorischen Anweisungen.«

Wußten Sie nicht... Hat denn Hitler seinem Außenminister, der gerade die Verhandlungen für den Abschluß dieses Abkommens geleitet hatte, nicht mitgeteilt, daß er die Absicht habe, den illegalen Gauleitern Anordnungen zu geben, wie der Kampf fortgeführt werden sollte? Hat er Ihnen das nicht mitgeteilt?

VON NEURATH: Nein, das hat er mir nicht mitgeteilt. Ich erinnere mich aber, ich glaube, es war derselbe Herr Rainer, der hier als Zeuge erschien, der erklärt hat, daß Hitler ihn hat kommen lassen und andere Gauleiter und ihnen gesagt hat, sie hätten in Zukunft die Abmachungen vom Jahre 1936 scharf einzuhalten. Hier in dem Schriftstück, das mir vorgelegt wurde, steht übrigens die Sache gar nicht drin, was Sie eben zitierten.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Nein, das wird nicht erwähnt. Aber die politischen Anweisungen über die Fortsetzung des Kampfes und die organisatorischen Instruktionen von Globocznik werden erwähnt; auf jeden Fall wußten Sie davon nichts?

VON NEURATH: Nein.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Nun, es ist ziemlich schwierig für Sie zu beurteilen, ob der Vertrag in ehrlicher Absicht abgefaßt worden war, wenn Sie nichts von den Instruktionen, die Hitler der illegalen Partei in Österreich gab, wußten, nicht wahr?

VON NEURATH: Ja, natürlich.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Gut. Wollen wir uns jetzt mit einem oder zwei anderen Punkten befassen. Ich möchte, daß Sie sich die Äußerungen des Herrn Messersmith vom Ende des Jahres 1935 ansehen. Erinnern Sie sich an diese Erklärung? Ich werde gleich die Bezugstelle angeben. Es heißt dort:

»Europa wird sich mit dem Märchen nicht zufriedengeben, daß Neurath, Papen und Mackensen ungefährliche Leute und ›Diplomaten der alten Schule‹ sind. Sie sind in Wirklichkeit die willfährigen Werkzeuge des Regimes, und gerade weil die Außenwelt sie für harmlos hält, sind sie fähig, mit mehr Wirkung zu arbeiten. Sie sind in der Lage, Zwietracht zu säen, gerade weil sie den Mythos verbreiten, sie hätten keine Sympathien für das Regime!«

Können Sie uns jetzt bis zu dem Datum, an dem Herr Messersmith diese Erklärung niederschrieb, also bis zum 10. Oktober 1935, eine einzige Anordnung Hitlers nennen, die Sie nicht durchgeführt hätten?

VON NEURATH: Ich habe das nicht verstanden, eine einzige Anordnung...

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Euer Lordschaft! Es tut mir leid, ich habe die Bezugstelle verlegt, es ist im Dokumentenbuch Nummer 12, auf Seite 107.