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[Zum Zeugen gewandt:]

Man wird Ihnen gleich dieses Dokument vorlegen. Zu Ihrer Bequemlichkeit sind die Absätze, die ich zitieren werde, mit Rotstift unterstrichen. Ich werde jetzt den Auszug Nummer 1 zitieren. Bitte folgen Sie dem Text. Ich lese:

»Es war allbekannt, und auch ich wußte davon, daß Fritzsche nicht nur der nächste Kampfgenosse von Goebbels, sondern auch sein Liebling war. Diese Liebe von Goebbels hat er dadurch gewonnen, daß er in seiner politischen Tätigkeit viel Goebbels nachahmte und in seinen Vorträgen einzelne Ausdrücke Goebbels' anführte. Goebbels seinerseits hat sich in seinen schriftlichen und mündlichen Erläuterungen auf die Rückschlüsse und Voraussagen von Fritzsche berufen, indem er ihnen die Bedeutung der Urteile der Regierung gab.«

Sagen Sie, Angeklagter Fritzsche, entspricht das den Tatsachen?

FRITZSCHE: Darf ich fragen, welches Zitat Sie verlesen, 1, 2 oder 3?

GENERAL RUDENKO: Ich habe Ihnen gesagt, das erste.

FRITZSCHE: Das erste lautet nach meinem Text:

»Es war allbekannt und auch ich wußte davon, daß Fritzsche nicht nur der nächste Kampfgenosse von Goebbels, sondern auch sein Liebling war.«

GENERAL RUDENKO: Das ist ganz richtig. Das ist genau das, was ich zitiert habe. Ich frage Sie, entspricht dies der Wirklichkeit?

FRITZSCHE: Ich würde es nicht so ausdrücken. Ich halte es für eine Geschmacksfrage. Diese Angabe...

GENERAL RUDENKO: Ich verstehe Sie.

FRITZSCHE: Einen Augenblick. Ich muß noch etwas hinzufügen. Der Ausdruck »nächster Kampfgenosse von Goebbels«, der ist objektiv falsch und »Liebling«, wie gesagt, ich glaube es nicht.

GENERAL RUDENKO: Ja, sehr gut. Gehen wir weiter.

Sie hatten das absolute Vertrauen von Goebbels und waren im Propagandaministerium mit weitesten Vollmachten ausgestattet. Das geben Sie doch zu?

FRITZSCHE: Unbedingt.

GENERAL RUDENKO: Sehr gut. Demnach spiegelten sich in Ihren Reden die Forderungen der Hitler- Regierung an die deutsche Propaganda in vollem Umfang wider, da Sie ja das Vertrauen und die weitestgehenden Vollmachten besaßen?

FRITZSCHE: Jawohl, ganz genau in dem Umfange, den ich gestern geschildert habe.

GENERAL RUDENKO: Ich will jetzt Auszüge aus Ihren Aussagen vom 12. September 1945 zitieren. Es ist ein Dokument, das ich dem Gerichtshof als USSR- 474 vorlege. Ich zitiere den Auszug Nummer 1.

FRITZSCHE: Darf ich um das Dokument bitten?

GENERAL RUDENKO: Selbstverständlich, man wird es Ihnen gleich geben. Bitte folgen Sie dem Auszug Nummer 1; er ist mit Rotstift unterstrichen. Ich lese:

»Im Laufe längerer Zeit war ich einer der Führer der deutschen Propaganda...«

Ich lasse etwas aus und gehe weiter:

»Es ist zu erwähnen, daß Goebbels mich als einen überzeugten Nationalsozialisten und begabten Schriftsteller schätzte, infolgedessen galt ich im Apparat der deutschen Propaganda für seinen Vertrauensmann.«

Ist das richtig?

FRITZSCHE: Herr Ankläger! Das ist nicht richtig. Ich weiß, daß ich dieses Protokoll unterschrieben habe; aber ich habe in dem Augenblick, als ich dieses Protokoll in Moskau unterschrieb, erklärt:

»Sie können mit diesem Protokoll anfangen, was Sie wollen, wenn Sie es veröffentlichen, dann wird es kein Mensch in Deutschland glauben und kein Kluger in anderen Ländern; denn dieses Protokoll enthält nicht meine Sprache.«

Ich erkläre, nicht eine einzige dieser Fragen, die hier in dem Protokoll stehen, ist mir in dieser Form vorgelegt. Ich erkläre weiter, nicht eine einzige dieser Antworten dieses Protokolls habe ich in dieser Form gegeben, und ich habe es unterschrieben aus Gründen, die ich auf Verlangen näher darlege.

GENERAL RUDENKO: Sie bestätigen also diese Aussagen nicht?

FRITZSCHE: Nein, nur die Unterschrift ist echt.

GENERAL RUDENKO: Nur die Unterschrift. Sehr gut.

Also, wir wollen uns merken, daß in dem Auszug, den ich verlesen habe und den Sie bestreiten, gesagt wird, daß Goebbels Sie als überzeugten Nationalsozialisten und begabten Schriftsteller schätzte und daß Sie infolgedessen im Apparat der deutschen Propaganda der Vertrauensmann von Goebbels waren. Das ist ungefähr der Sinn dieses Zitats, nicht wahr? Geben Sie das nicht zu? Einen Moment bitte, ich möchte Sie daran erinnern...

FRITZSCHE: Doch, Herr General, das gebe ich zu, diese Tatsachen gebe ich zu.

GENERAL RUDENKO: Das geben Sie also zu?

FRITZSCHE: Jawohl.

GENERAL RUDENKO: Aber worüber sprechen wir denn sonst? Das heißt also, daß Sie diese Aussage bestätigen?

FRITZSCHE: Ich spreche von dem Protokoll, das mir vorgelegt wurde, in seiner Gesamtheit.

GENERAL RUDENKO: Ich befrage Sie jetzt nur über das Zitat, das ich eben verlesen habe. Sie werden es doch nicht abstreiten, Sie geben es doch zu?

FRITZSCHE: Ich bestätige nicht das Zitat. Ich bestätige aber wiederum den Inhalt, den Sie eben zusammenfaßten, noch einmal.

GENERAL RUDENKO: Das ist sehr gut. Dieser Inhalt weicht vom Zitat ja gar nicht ab, sondern folgt aus ihm. Nun möchte ich Ihnen den Auszug ins Gedächtnis zurückrufen...

VORSITZENDER: Einen Augenblick. Was haben Sie gesagt, Angeklagter? Haben Sie gesagt, daß Sie dieses Dokument nicht unterschrieben haben oder daß Sie es doch taten?

FRITZSCHE: Herr Vorsitzender! Ich habe dieses Schriftstück unterschrieben, obwohl sein Inhalt nicht meine Aussagen wiedergab.

VORSITZENDER: Warum haben Sie es dann getan?

FRITZSCHE: Ich habe diese Unterschrift geleistet nach einer viele Monate dauernden überaus strengen Einzelhaft. Ich habe die Unterschrift geleistet, weil ich von einem Mitgefangenen, mit dem ich einmal zusammen war, erfahren hatte, daß einmal im Monat vor einem Gerichtshof nur auf der Grundlage von solchen Protokollen ohne Vernehmung Urteile gesprochen wurden und weil ich glaubte, auf diese Weise wenigstens zu einem Urteil und damit zu einem Ende dieser Haft zu kommen.

Ich möchte, um nicht mißverstanden zu werden, ausdrücklich betonen, daß keinerlei Gewalt angewendet wurde und daß ich sehr menschlich behandelt worden bin, auch wenn die Haft überaus streng war.

GENERAL RUDENKO: Gut. Sie haben doch wohl niemals angenommen, Angeklagter Fritzsche, daß man Sie nach alledem, was Sie getan haben, in einem Erholungsheim unterbringen würde. Offensichtlich mußten Sie in einem Gefängnis enden, und Gefängnis ist eben Gefängnis. Aber das nur nebenbei.

Ich möchte Sie nun folgendes fragen: Sie haben hier ausgesagt, daß Sie im Jahre 1945 diese Aussage als Folge einer strengen Haft unterschrieben haben. Schön. Sind Sie, nachdem Sie in Nürnberg angekommen waren, am 3. November 1945 hier durch General Alexandrow verhört worden?

FRITZSCHE: Jawohl.

GENERAL RUDENKO: Das ist also richtig – sehr gut. Ich möchte Sie an einige Ihrer Antworten erinnern. Es wurde Ihnen folgende Frage gestellt:

»Haben Sie am 12. September 1945 Aussagen gemacht? Erinnern Sie sich daran?«

Sie antworteten:

»Ich bin sehr oft verhört worden, und ich weiß nicht mehr, um welche Aussagen es sich jetzt handelt.«

General Alexandrow hat Ihnen Ihre Aussage vom 12. September vorgelegt, und Sie haben darauf geantwortet:

»Dieses Dokument ist mir bekannt.«

Dann sind Sie gefragt worden:

»Ich möchte Sie bitten, sich dieses Dokument anzusehen. Erinnern Sie sich an diese Aussagen?«

Und Sie antworteten darauf:

»Selbstverständlich.«

Und weiter:

»Bestätigen Sie dieses Dokument, mit dem Sie sich jetzt vertraut gemacht haben und das von Ihnen unterschrieben ist?«

Sie haben »selbstverständlich« geantwortet.

Erinnern Sie sich an diese Aussage hier in Nürnberg?

FRITZSCHE: In der von Ihnen zitierten Aussage fehlen alle die Stellen, an denen ich immer wieder erklärte, dieses Protokoll ist mir fertig zum Zwecke der Unterschrift vorgelegt worden. Ich habe 20 bis 30 Änderungswünsche geäußert. Ein paar sind erfüllt worden, und es fehlen die Stellen, an denen ich hier in Nürnberg sagte: Gewisse Tendenzen in den Antworten dieses Protokolls sind richtig, keine einzige aber stellt wirklich meine Antwort dar.

GENERAL RUDENKO: Sehr gut. Ich möchte Sie nun an einen Auszug Ihrer Erklärung vom 7. Januar 1946 erinnern.

Meine Herren Richter! Es ist das Dokument 3469-PS. Es ist nicht in meinem Dokumentenbuch enthalten, weil es von der Anklagebehörde vorgelegt worden ist. Ich zitiere aus diesem Dokument. Es ist ein sehr kurzer Abschnitt.