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[Der Dolmetscher übersetzte irrtümlich 205-PS.]

DR. BERGOLD: 5. Mai 1943, Rundschreiben 70/43.

VORSITZENDER: Ich denke, ich habe es jetzt.

DR. BERGOLD: 5. Mai 1943.

VORSITZENDER: Nein. Ich wollte wissen, was ist das Datum von 062-PS. Es scheint der 13. März 1940 zu sein, stimmt das?

DR. BERGOLD: 062-PS? Ja, das ist vom 13. März 1940... das ich vorher verlesen hatte.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof versteht nicht, warum Sie das Dokument verlesen haben angesichts des Punktes 4, der folgendermaßen lautet:

»Ebenso sollen feindliche Fallschirmjäger sofort festgenommen oder unschädlich gemacht werden.«

DR. BERGOLD: Ich werde in meinem Plädoyer zurückkommen, Hohes Gericht, ich will das später schildern. Ich kann aber auch jetzt argumentieren, wenn das Gericht es wünscht; aber ich glaube, es wünscht es nicht.

VORSITZENDER: Nein, nein. Ich dachte, Sie hätten vielleicht noch einen anderen Abschnitt in dem Dokument, den Sie erwähnen wollen.

DR. BERGOLD: Nein. Ich habe auf den Eingang verwiesen, auf die Veranlassung zu diesem Dokument, nämlich eine Verlautbarung des Angeklagten Heß, die dem Dokument Bormanns vorausläuft.

Ich komme also jetzt zu Dokument 205-PS, vom 5. Mai 1943, Rundschreiben Nummer 70/43. Ich verlese den folgenden Satz:

»Ich bitte, an Hand des beiliegenden Abdrucks die Partei- und Volksgenossen in geeigneter Weise über die Notwendigkeit einer strengen, aber gerechten Behandlung der ausländischen Arbeitskräfte aufzuklären.«

Dieses Rundschreiben selbst ist ja vom Angeklagten Sauckel ausgegeben worden. Ich komme zu Dokument 025-PS vom 4. September 1942 und lese...

VORSITZENDER: Zu welcher Nummer gehen Sie jetzt über?

DR. BERGOLD: 025-PS vom 4. September 1942.

Ich verlese aus dem zweiten Absatz den letzten Satz.

»Infolgedessen soll – dies ist auch die Haltung des Herrn Reichsmarschalls und des Reichsleiters Bormann – die Lösung der Hausarbeitsfrage auf einem anderen als dem vorerwähnten Wege vorgenommen werden.«

Ich verlese aus dem dritten Absatz, vom zweiten Satz ab:

»Im Zusammenhang hiermit« – nämlich mit der Hereinnahme von Ostarbeiterinnen – »soll, was auch Reichsleiter Bormann billigt, die illegale Hereinholung von Hausgehilfinnen in das Reich durch Angehörige der Wehrmacht oder sonstiger Dienststellen nachträglich genehmigt und auch unabhängig von der offiziellen Werbeaktion weiterhin nicht verwehrt werden. Der entscheidende Gesichtspunkt für die Anwerbung der ukrainischen Hausgehilfinnen ist der, daß nach dem ausdrücklichen Willen des Führers nur solche Mädchen angeworben werden, gegen deren dauernden Verbleib im Deutschen Reich nach Maßgabe ihrer Haltung und ihres Erscheinungsbildes keine Bedenken bestehen.«

Und ich verlese von Punkt 1, so ziemlich der letzte Absatz auf Seite 3 Ihres Dokumentenbuches:

»Praktisch soll die Anwerbung, die im Falle der Hausgehilfen sich besonders stark auf die Freiwilligkeit stützen muß, unter Einschaltung der Dienststellen des Reichsführers-SS... erfolgen.«

Ich bin damit mit meinen Zitaten zu dem Dokumentenbuch der Anklagebehörde fertig und möchte mich nur noch, für meine späteren Ausführungen, beziehen auf das russische Dokument USSR-172 und auf das Dönitz-Dokument 91.

Damit wäre meine Beweisführung bereits zu Ende.

MR. DODD: Herr Vorsitzender! Darf ich vorschlagen, daß, auch wenn dieser Zeuge Kempka gefunden werden kann, der Verteidigungsanwalt ein Affidavit oder einen Fragebogen an alle Personen übermitteln kann, die von dem angeblichen Tod des Angeklagten Bormann Kenntnis haben. Wir würden sicherlich dagegen keinen Einspruch erheben.

DR. BERGOLD: Ich habe auch nichts dagegen einzuwenden.

VORSITZENDER: Dr. Bergold! Haben Sie eine Ahnung, was uns dieser Zeuge Kempka über den Tod Bormanns sagen kann?

DR. BERGOLD: Er soll nach dem Affidavit, das ich hier verlesen habe, anwesend gewesen sein, wie Bormann bei der Explosion eines Panzers gefallen ist. Er müßte also dann Augenzeuge gewesen sein, ebenso wie der Zeuge Rattenhuber, von dem ja die Wissenschaft des Zeugen Krueger herstammt. Wenn die beiden Zeugen Kempka und Rattenhuber gefunden werden, kann ich mich mit Affidavits und Fragebogen begnügen.

MR. DODD: Herr Vorsitzender! Ich habe diese Aussage Kempkas, die in Form eines Affidavits gegeben wurde und auf die wir aufmerksam gemacht wurden, schon vor einiger Zeit gesehen. Nach meiner Erinnerung jedoch hat er nicht positiv angeben können, daß er ihn sterben sah. Ich schlage aber noch einmal vor, daß wir weitere Anstrengungen machen sollten, um ein Affidavit oder einen Fragebogen von ihm zu erhalten oder ihn sorgfältig über die Umstände des Todes zu befragen.

VORSITZENDER: Es wurden einmal von der Anklagebehörde dem Gerichtshof gegenüber Angaben gemacht, daß Bormann von der Kanzlei in einem Panzer entkommen wäre, sodann wäre der Panzer auf einer Brücke angehalten oder zerstört worden und daß zwei der Personen im Panzer Bormann zum letzten Male verwundet gesehen hätten oder etwas Ähnliches.

MR. DODD: Ja, ich glaube, das ist die beste Information.

VORSITZENDER: Herr Dodd! Wenn die Anklagevertretung irgendwelches Material, sei es in Form von Affidavits oder ähnlichem hat, so würde der Gerichtshof es gerne vorgelegt haben.

MR. DODD: Jawohl. Ich bin sicher, daß wir kein Affidavit besitzen. Soweit ich mich erinnere, hat irgend jemand im Herbst vorigen Jahres einen Bericht Kempkas über die letzten Tage in Berlin hierüber gesandt. Ich werde ihn heraussuchen und Ihnen vorlegen.

VORSITZENDER: Wenn Sie auf die Sache eingehen können, so kann man sie vielleicht durch Ihre Nachforschung klarstellen.

MR. DODD: Gut.

VORSITZENDER: Dann könnte man Fragebogen oder Affidavits bekommen.

MR. DODD: Ja.

VORSITZENDER: Das schließt dann Ihre Beweisaufnahme im Falle Bormann ab?

DR. BERGOLD: Das ist alles, was ich habe.

VORSITZENDER: Gut. Danke.

Oberst Pokrowsky! Wollen Sie etwas sagen?

Verzeihen Sie, Dr. Bergold, haben Sie als Beweismittel alle Beweisstücke vorgelegt, die Sie anbieten wollten, und haben Sie ihnen auch Nummern gegeben?

DR. BERGOLD: Jawohl, in meinem Dokumentenbuch.

VORSITZENDER: Beabsichtigen Sie, Ihr Dokumentenbuch als Beweismittel vorzulegen?

DR. BERGOLD: Ja.

VORSITZENDER: Auf jedem Dokument ist doch eine Beweisstücknummer?

DR. BERGOLD: Auf jedem Dokument, jawohl.

VORSITZENDER: Gut.

Oberst Pokrowsky! Der Gerichtshof möchte gerne wissen, ob Sie mit Dr. Stahmer, dem Verteidiger des Angeklagten Göring, über Affidavits, Beweismittel oder Zeugen über den Fall Katyn zu einer Einigung gekommen sind?

OBERST J. W. POKROWSKY, STELLVERTRETENDER HAUPTANKLÄGER FÜR DIE SOWJETUNION: Herr Vorsitzender! Wir haben drei Konferenzen mit dem Verteidigungsanwalt gehabt. Nach der zweiten Zusammenkunft habe ich dem Gerichtshof mitgeteilt, daß sich die Sowjetische Anklagebehörde im Interesse der Zeitersparnis mit der Verlesung eines Teiles des vorgelegten Beweismaterials begnügen wird. Vor 15 Minuten habe ich mit den Verteidigungsanwälten Dr. Exner und Dr. Stahmer eine Zusammenkunft gehabt. Sie sagten mir, daß sie den Standpunkt des Gerichtshofs dahingehend verstünden, daß der alte Beschluß, zwei Zeugen vorzuladen, noch in Kraft wäre; die Diskussion gehe nur über zusätzliche Dokumente.

Ich glaube, daß wir bei solcher Auslegung der Entscheidung des Gerichtshofs mit der Verteidigung zu keiner Einigung kommen können. So wie ich es verstehe, wird bei dieser Sachlage die Entscheidung dem Gerichtshof überlassen werden müssen.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof beschließt, daß, falls keine Vereinbarung erzielt werden kann, die Aussage nicht nur durch Affidavits gegeben werden soll und daß die drei Zeugen der beiden Seiten erstmals am Montag vormittag um 10.00 Uhr gerufen werden sollen, wenn Sie nicht vorher eine Einigung darüber erzielen können, daß die Aussage in Form von Affidavits gegeben wird.

DR. SIEMERS: Herr Präsident! Darf ich dazu etwas sagen?

Verschiedene, an dem Fall Katyn interessierte Anwälte haben heute morgen eine Besprechung gehabt, Dr. Stahmer und Professor Exner. Wir wollten das Gericht bitten, es in der Form zu machen, daß seitens der Verteidigung zwei Zeugen hier vor Gericht persönlich gehört werden, und zwar die beiden Zeugen Oberst Ahrens und Oberleutnant von Eichborn, hingegen der dritte Zeuge nicht vernommen, sondern statt dessen ein Affidavit vorgelegt wird und außerdem noch zwei weitere Affidavits. Wir glauben, damit den Weg dem Gericht vorschlagen zu können, der ausreichend ist und gleichzeitig am meisten Zeit erspart, indem zwei Zeugen gehört werden und drei Affidavits.

VORSITZENDER: Dr. Siemers! Der Gerichtshof hat nichts dagegen, daß zwei Zeugen vorgeladen werden und ein Affidavit abgegeben wird. Aber nach dem Gerichtsbeschluß sollte die Beweisführung auf drei Zeugen auf beiden Seiten beschränkt sein, und daher ist der Gerichtshof nicht willens, weitere Affidavits zu bewilligen. Die Beweisführung muß auf die Aussage von je drei Personen auf jeder Seite beschränkt bleiben. Die Zeugen können ihre Aussage entweder mündlich oder durch Affidavits abgeben.

DR. SIEMERS: Herr Präsident! Soviel mir gesagt worden ist, soll der damalige Beschluß so gelautet haben, daß drei Zeugen genehmigt werden, ohne daß von Affidavits die Rede war, und daher hatten Dr. Stahmer und Professor Exner angenommen, daß außer den Zeugen, soweit einige Einzelpunkte zu beweisen sind, diese durch Affidavits bewiesen werden können, und ich glaube, wenn zwei Zeugen und drei Affidavits gebracht werden, daß das zeitlich schneller geht, als wenn drei Zeugen gebracht werden.

VORSITZENDER: Ich bedauere, daß Dr. Stahmer und Dr. Exner den Gerichtsbeschluß falsch aufgefaßt haben. Der Gerichtshof beabsichtigte und beabsichtigt noch immer, das Beweismaterial auf die Aussage von je drei Zeugen für beide Seiten zu beschränken. Es macht keinen Unterschied, ob sie ihre Aussagen mündlich oder in Form von Affidavits machen.

Wir haben es der Sowjetischen Anklagebehörde und den Verteidigungsanwälten überlassen, sich darüber zu einigen, daß die Aussagen durch Affidavits gemacht werden sollten, um Zeit zu sparen. Aber damit war nicht die Absicht verbunden, die Anzahl der Zeugen, die Aussagen machen sollten, zu erhöhen.

DR. SIEMERS: Herr Präsident! Ich wäre dann dankbar, wenn Dr. Stahmer und Professor Exner eventuell gehört werden könnten; da ich selbst in der letzten Zeit nicht in Nürnberg gewesen bin, habe ich die Einzelheiten nicht mitverhandelt, und es ist für mich schwierig, jetzt Dr. Stahmer... Ich sehe eben, daß Dr. Stahmer... Vielleicht kann Herr Dr. Stahmer selbst noch darüber sprechen.

DR. STAHMER: Ich habe soeben gehört den Bericht von Herrn Dr. Siemers, jedenfalls zum Teil, und ich hatte bei der letzten Besprechung, Herr Präsident, ja schon darauf hingewiesen, daß Herr Professor Exner und ich den Beschluß so aufgefaßt hatten, daß wir neben den drei Zeugen auch noch Affidavits bringen dürften. Es waren ja fünf Zeugen uns ursprünglich bewilligt mit der Maßgabe, daß allerdings nur drei hier an der Gerichtsstelle aussagen dürften. Wir hatten daher angenommen, daß jedenfalls diejenigen Zeugen, von den fünf, die uns bewilligt waren, daß wir dann jedenfalls bezüglich dieser überschießenden Zahl Affidavits vorlegen dürften. Es waren im ursprünglichen Beschluß fünf Zeugen bewilligt und dann kam später der Beschluß durch das Gericht...

VORSITZENDER: Hören Sie! Davon ist dem Gerichtshof nichts bekannt. Wenn Sie dies behaupten, so müssen Sie schriftlich beweisen, daß die Entscheidung so lautete. Der Gerichtshof erinnert sich nicht daran, daß fünf Zeugen erlaubt wurden.

DR. STAHMER: Ja, ja, ja, ich werde die Beschlüsse dem Gericht dann noch schriftlich unterbreiten, wenn sie ergangen sind. Ich weiß es aus dem Kopfe nicht mehr, aber es waren ursprünglich fünf Zeugen, und dann habe ich nachher noch einen Zeugen genannt, der wurde auch bewilligt, und dann hinterher ist dann erst der Beschluß gekommen, drei Zeugen nur an Gerichtsstelle vorzuführen.

VORSITZENDER: Dr. Stahmer! Als die Entscheidung erging, die Zeugen von fünf auf drei zu beschränken, war meiner Erinnerung nach in dieser Entscheidung nichts über Affidavits enthalten.

DR. STAHMER: Nein! Über Affidavits ist damals nichts gesprochen worden.

VORSITZENDER: Ich sage Ihnen nun folgendes: Als der Gerichtshof diesen einschränkenden Beschluß bekanntgab, beabsichtigte er, das Beweismaterial auf je drei Zeugen für beide Seiten zu beschränken, weil die Angelegenheit nur eine nebensächliche Tatsachenbehauptung ist und weil der Gerichtshof der Ansicht ist, daß in diesem Stadium des Prozesses eine derartige Tatsachenbehauptung nicht durch eine große Anzahl von Zeugen untersucht werden sollte. Drei Zeugen auf beiden Seiten genügen vollkommen.

Aus diesen Gründen wünscht und beabsichtigt der Gerichtshof nur die Aussagen von drei Zeugen zu hören, und zwar entweder mündlich oder durch Affidavits.

Der Gerichtshof vertagt sich nunmehr.