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[Der Zeuge Ahrens betritt den Zeugenstand.]

VORSITZENDER: Geben Sie Ihren vollen Namen an.

ZEUGE FRIEDRICH AHRENS: Friedrich Ahrens.

VORSITZENDER: Sprechen Sie mir die Eidesformel nach: »Ich schwöre bei Gott, dem Allmächtigen und Allwissenden, daß ich die reine Wahrheit sagen, nichts verschweigen und nichts hinzufügen werde.«

[Der Zeuge spricht die Eidesformel nach.]

VORSITZENDER: Sie können sich setzen.

DR. STAHMER: Herr Zeuge! Haben Sie als aktiver Offizier der Deutschen Wehrmacht am zweiten Weltkrieg teilgenommen?

AHRENS: Ich habe selbstverständlich als aktiver Offizier am zweiten Weltkrieg teilgenommen.

DR. STAHMER: In welchem Range zuletzt?

AHRENS: Zuletzt als Oberst.

DR. STAHMER: Waren Sie auf dem östlichen Kriegsschauplatz eingesetzt?

AHRENS: Jawohl.

DR. STAHMER: In welcher Eigenschaft?

AHRENS: Ich war Kommandeur eines Heeresgruppen-Nachrichtenregiments.

DR. STAHMER: Welche Aufgaben hatte Ihr Regiment?

AHRENS: Das Heeresgruppen-Nachrichtenregiment hatte die Aufgabe, die Nachrichtenverbindungen der Heeresgruppe zu den Nachbar- und unterstellten Verbänden herzustellen und zu halten und die für angehende Operationen notwendigen Verbindungen vorzubereiten.

DR. STAHMER: Hatte Ihr Regiment noch irgendwelche Sonderaufgaben?

AHRENS: Nein, mit Ausnahme der Pflicht, sich zu verteidigen und alles vorzubereiten und zu tun, um einen Überfall zu verhindern und sich so zur Wehr zu setzen mit den entsprechenden Kräften, um eine Inbesitznahme dieses Regimentsgefechtsstandes zu verhindern. Das war besonders wichtig für ein Heeresgruppen-Nachrichtenregiment beziehungsweise seinen Gefechtsstand, weil wir sehr geheimes Material in unserem Stabe haben mußten.

DR. STAHMER: Ihr Regiment war das Nachrichtenregiment 537. Gab es nun auch ein Baubataillon 537 mit der gleichen Nummer?

AHRENS: Eine Einheit gleicher Nummer ist mir während meiner Zeit bei der Heeresgruppe Mitte nicht bekanntgeworden. Ich glaube auch nicht, daß es eine solche Einheit gegeben hat.

DR. STAHMER: Und wem unterstanden Sie?

AHRENS: Ich unterstand dem Stabe der Heeresgruppe Mitte direkt, und zwar hier, während der ganzen Dauer meiner Zugehörigkeit zur Heeresgruppe, der Person des Generals Oberhäuser. Verteidigungsmäßig unterstand das Regiment, und zwar der Regimentsstab mit seiner ersten Abteilung, die in unmittelbarer Nähe des Regimentsstabes lag, zeitweise dem Kommandanten von Smolensk. Alle Befehle, die ich von dieser letztgenannten Dienststelle bekam, gingen über General Oberhäuser, der ihnen zustimmte oder die Verwendung des Regiments ablehnte. Ich habe also ausschließlich Befehle von General Oberhäuser erhalten.

DR. STAHMER: Wo war Ihr Stab untergebracht?

AHRENS: Ich habe eine Skizze angefertigt über die Lage des Stabes westlich Smolensk.

DR. STAHMER: Ich lasse Ihnen diese Skizze überreichen. Erklären Sie, ob das Ihre Skizze ist?

AHRENS: Diese Skizze ist von mir aus dem Gedächtnis gezeichnet.

DR. STAHMER: Ich lasse Ihnen noch eine zweite Skizze überreichen. Ich bitte, auch die anzusehen und mir zu sagen, ob diese die Situation richtig wiedergibt?

AHRENS: Ich darf kurz diese Skizze erklären: Am rechten Rand, der große rote Fleck, ist die Stadt Smolensk. Westlich von Smolensk, beiderseits der Straße nach Witebsk, war der Stab der Heeresgruppe mit dem Korps der Luftwaffe untergebracht, und zwar südlich Krassny Bor. In meiner Skizze habe ich den genauen Unterbringungsraum der Heeresgruppe Mitte angegeben.

Der in meiner Skizze dunkel umrandete Teil war sehr eng von Truppen, die unmittelbar zur Heeresgruppe gehörten, belegt. Es war in diesem Raum kaum ein Haus frei. Von meinem Regiment lag der Regimentsstab in dem sogenannten Katyner Wäldchen, Das ist von dem Gesamtwald um Katyn der in der Skizze markierte weiße Fleck, ein ungefähr einen Quadratkilometer großer Wald. Am Südrand dieses Katyner Wäldchens lag das sogenannte Dnjepr- Schlößchen des Regimentsstabsquartiers. Zweieinhalb Kilometer ostwärts vom Regimentsstabsquartier die erste Kompanie des Regiments, die Betriebskompanie für den Fernsprech-Fernschreibebetrieb der Heeresgruppe, und ungefähr drei Kilometer westlich des Regimentsstabsquartiers die Funkkompanie. In einem Umkreis von ungefähr einem Kilometer waren vom Regimentsstabsquartier keine Gebäude.

Dieses Haus, ein zweistöckig gebautes großes Haus mit ungefähr 14 bis 15 Räumen, mehreren Badeeinrichtungen, einem Kino, einem Schießstand, Garagen, Sauna und so weiter, war für die Unterbringung des Regimentsstabes sehr geeignet; und das Regiment hat diesen Gefechtsstand dauernd behalten.

DR. STAHMER: Lagen in der Nähe auch höhere Stäbe?

AHRENS: Höhere Stäbe, wie die bereits erwähnte Heeresgruppe, ein Korpsstab der Luftwaffe und einige Abteilungsstäbe; dann der Eisenbahnbevollmächtigte der Heeresgruppe in Ghesdowo in einem Sonderzug.

DR. STAHMER: Es ist hier nun vorgetragen worden, daß manche Vorgänge, die sich in Ihrer Umgebung zugetragen haben, sehr geheimnisvoll und verdächtig gewesen seien. Ich bitte daher, die folgenden Frage in besonders sorgfältig zu beantworten.

Wie viele Deutsche waren im Stabe, und welche Dienststellungen bekleideten sie?

AHRENS: Ich hatte im Stäbe zunächst drei, dann zwei Offiziere und ungefähr 18 bis 20 Unteroffiziere und Mannschaften; so wenig, wie ich in meinem Regimentsstabe haben mußte. Es war beim Regimentsstab jeder Mann ausgefüllt.

DR. STAHMER: Hatten Sie russisches Personal in Ihrem Stabe?

AHRENS: Jawohl. Wir hatten vier Hilfswillige und einiges weibliches Personal aus der unmittelbaren Umgebung des Regimentsstabsquartiers. Die Hilfswilligen sind dauernd beim Regimentsstab geblieben, während das weibliche Personal ab und zu wechselte. Einige dieses weiblichen Personals waren auch aus Smolensk und wohnten in einem Sonderhaus beim Regimentsstab.

DR. STAHMER: Hat dieses russische Personal von Ihnen besondere Verhaltungsmaßregeln erhalten?

AHRENS: Ich habe allgemein Verhaltungsmaßregeln für das Regimentsstabsquartier gegeben, die sich nicht allein auf das russische Personal bezogen. Ich erwähnte schon, daß die Geheimhaltungspflicht dieses Regimentsstabes, der nicht nur die Lagekarten der Heeresgruppe, sondern auch seiner Nachbarverbände führte und in der auch die Absichten der Heeresgruppe klar erkennbar waren, – daß es meine Pflicht war, dieses Material besonders geheimzuhalten. Ich habe infolgedessen die Räume, in denen sich dieses Material befand, für den gewöhnlichen Verkehr sperren lassen. Zutritt hatten nur die von mir Genehmigten, im allgemeinen Offiziere, aber auch einige besonders vereidigte Unteroffiziere und Mannschaften.

DR. STAHMER: Auf welche Zimmer bezog sich dieses Betretungsverbot?

AHRENS: Das bezog sich in erster Linie auf das Zimmer des Fernsprech-Sachbearbeiters; es bezog sich auf mein Zimmer und teilweise, allerdings etwas gelockert, auf das Zimmer des Adjutanten. Alle übrigen Räume des Hauses und des Grundstückes waren frei.

VORSITZENDER: Dr. Stahmer! In welcher Hinsicht steht die Aussage über die Zustände in diesem Stabsquartier in erheblichem Zusammenhang mit der Frage?

DR. STAHMER: In dem russischen Dokument ist die Behauptung aufgestellt, daß es in diesem Stabsgebäude besonders geheimnisvoll zugegangen sei, daß dem russischen Personal von dem Oberst Ahrens dringendes Schweigeverbot auferlegt worden sei, daß die Zimmer verschlossen gewesen seien und daß es nur gestattet gewesen sei, mit Posten die Zimmer zu betreten. Ich habe mit Rücksicht darauf diese Fragen gestellt, um aufzuklären, daß diese Vorgange durchaus ihre natürliche Erklärung finden in den Aufgaben, die dem Regiment gestellt waren und der Geheimhaltung, die mit diesen Aufgaben notwendigerweise verbunden waren. Aus diesem Grunde habe ich diese Frage gestellt. Ich darf zur...

VORSITZENDER: Sehr gut.

DR. STAHMER: Ich bin gleich zu Ende mit diesen Fragen.