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[Pause von 10 Minuten.]

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Herr Vorsitzender! Gestatten Sie, daß ich mit dem Verhör fortsetze.

Da der Zeuge angegeben hat, daß er über den Zeitraum von September/Oktober 1941 nichts aussagen kann, werde ich das Verhör auf einige sehr kurze Fragen beschränken.

[Zum Zeugen gewandt:]

Zeuge! Ich möchte Sie bitten, die Lage des Schlößchens und des Nadelwaldes im Verhältnis zur Straße Smolensk-Witebsk festzulegen. Erstreckte sich dieser Landsitz sehr weit?

AHRENS: Meine Skizze ist hier 1:100000 ziemlich maßstabsgerecht nach meiner Erinnerung angefertigt. Ich schätze also, daß die Grabstelle 200 bis 300 Meter direkt westlich am Wege zu unserem Dnjepr- Schlößchen lag, also 200 bis 300 Meter südlich der Straße Smolensk-Witebsk, so daß weitere 600 Meter entfernt das Dnjepr-Schlößchen lag.

VORSITZENDER: Wollen Sie das bitte wiederholen?

AHRENS: Südlich der Straße Smolensk-Witebsk, ungefähr 15 Kilometer westlich von Smolensk maßstabsgerecht nach meiner Skizze 1:100000, soweit eine solche Skizze aus dem Gedächtnis maßstabsgerecht sein kann, lag 200 bis 300 Meter südlich die Stelle der Gräber und weitere 600 Meter südlich direkt an einer Nordschleife des Dnjepr unser Regimentsstabsquartier, das Dnjepr-Schlößchen.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Demnach befand sich Ihr Dnjepr-Schlößchen ungefähr 600 Meter von der Straße Smolensk-Witebsk?

AHRENS: Nein, das ist nicht richtig. Ich habe gesagt...

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Sagen Sie mehr oder weniger genau, wie groß war die Entfernung vom Schlößchen bis zur Straße?

AHRENS: Ich habe sie in meiner Aussage eben angegeben, nämlich 200 bis 300 Meter waren die Gräber entfernt und weitere 600 Meter das Haus, insgesamt also rund 900 bis 1000 Meter. Es können auch 800 gewesen sein; ich weiß es nicht sehr genau, aber es ist die ungefähre Entfernung, die auch aus der Skizze hervorgeht.

VORSITZENDER: Ich kann nicht folgen. Oberst Smirnow, Ihre Frage lautete: Wie weit war es von der Straße bis zum Landhaus, wie Sie es nannten, nicht wahr?

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Nein, Herr Vorsitzender, ich fragte, wie groß die Entfernung von dem Schlößchen zur Straße Smolensk-Witebsk war.

VORSITZENDER: Was verstehen Sie unter dem Wort »Schlößchen«?

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Der Stab jener Einheit, die der Zeuge 1941 befehligte, war in dem Schlößchen einquartiert, das nicht weit vom Ufer des Dnjepr lag, ungefähr 900 Meter von der Straße entfernt. Die Gräber waren näher an der Straße. Ich möchte gern wissen, wie weit der Stab von der Chaussee entfernt war und wie weit von dieser Chaussee die Gräber im Walde von Katyn waren.

VORSITZENDER: Sie wollen also wissen, wie weit das Haus, in dem der Stab einquartiert war, von der Landstraße entfernt war? Ist das richtig?

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Sehr richtig, Herr Vorsitzender, eben das wollte ich wissen.

AHRENS: Es waren zwei Fragen gestellt. Erstens, wie weit waren die Grabstellen von der Straße entfernt, und zweitens, wie weit war das Haus von der Straße entfernt. Ich gebe die Antwort nochmals, das Haus war 800 bis 1000 Meter südlich der Straße Smolensk-Witebsk.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Einen Augenblick. Ich fragte Sie anfangs nur nach dem Hause, von den Grabstellen sprachen Sie von selbst. Jetzt will ich Sie über die Gräber fragen. Wie weit waren diese Massengräber von der Straße Smolensk-Witebsk entfernt?

AHRENS: 200 bis 300 Meter, es können auch 350 gewesen sein.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Folglich waren die Grabstätten ungefähr 200 bis 300 Meter von der Chaussee entfernt, die zwei wichtige Mittelpunkte verband?

AHRENS: Jawohl. Die befanden sich 200 bis 300 Meter entfernt südlich dieser, ich glaube wohl, zu meiner Zeit meistbefahrenen Straße, die ich in Rußland kennengelernt habe.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Das frage ich Sie gerade. Nun, sagen Sie mir bitte: war der Wald von Katyn ein richtiger Wald oder eine Art Park, eine Heide?

AHRENS: Ich habe bisher nur von dem Katyner Wäldchen gesprochen. Dieses Katyner Wäldchen ist das von mir skizzierte ca. ein qkm große umzäunte Waldgelände. Dieses Waldgelände war ein Mischwald älteren und jüngeren Baumbestandes. Es waren darin recht viele Birken. Der Wald war aber schon gelichtet. Ich nehme an, er war 30 bis 40 Prozent gelichtet. Man sah dies an den frischgeschlagenen Baumstümpfen.

Eine Parkanlage war es unter keinen Umständen, jedenfalls ließ darauf nichts schließen. Es hatten in diesem Wald Kämpfe stattgefunden, denn es waren noch Schützengräben und Schützenlöcher zu sehen.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Jawohl. Jedenfalls kann man den sogenannten Katyner Wald im wahrsten Sinne des Wortes nicht einen Wald nennen? Es war also nur ein kleiner Hain in unmittelbarer Nähe der Straße Smolensk-Witebsk, stimmt das?

AHRENS: Nein, das ist nicht richtig. Es ist ein Wald. Der ganze Katyner Wald ist ein Wald, der nahe bei unserem »Wäldchen« beginnt und sich weit hinstreckt. Von diesem gesamten Katyner Wald, und zwar Mischwald, war ein Teil eingezäunt, und diesen Teil von ein qkm Größe bezeichneten wir als Katyner Wäldchen, es gehörte aber organisch zu dem gesamten Waldbestand südlich der Straße.

Der Wald begann mit unserem Wäldchen und setzte sich nach Westen fort.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich habe kein Interesse an der allgemeinen Charakteristik des Waldes. Bitte beantworten Sie meine kurze Frage. Befanden sich die Massengräber in diesem Wäldchen?

AHRENS: Die Massengrabstätte befand sich unmittelbar westlich unseres Zufahrtsweges an einer gelichteten Waldstelle, die mit einem jungen Baumbestand bewachsen war.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: War diese Waldlichtung, dieser junge Baumbestand in diesem kleinen Hain, in der Nähe der Straße Smolensk-Witebsk? Ist das richtig?

AHRENS: 200 bis 300 Meter südlich der Straße Smolensk-Witebsk, unmittelbar westlich unseres Zufahrtsweges von dieser Straße zum Dnjepr-Schlößchen. Ich habe diese Stelle in meiner Skizze mit einem dickeren weißen Punkt bezeichnet.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Noch eine Frage. Wissen Sie, ob die Straße von Smolensk nach Witebsk schon vorhanden war, bevor die Deutschen dieses Gebiet von Smolensk besetzten, oder wurde sie erst nach der Besetzung gebaut?

AHRENS: Als ich Ende November 1941 nach Rußland kam, lag alles unter Schnee. Ich habe aber später den Eindruck gehabt, daß dies eine ältere Straße gewesen ist, während die Rollbahn Minsk-Moskau neuer war. Das war mein Eindruck.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich verstehe. Sagen Sie mir bitte jetzt, unter welchen Umständen, vielmehr wann haben Sie zum erstenmal das Kreuz in dem Wäldchen entdeckt?

AHRENS: Genau kann ich diesen Zeitpunkt nicht angeben. Es ist mir davon von meinen Soldaten erzählt worden, und ich habe gelegentlich meines Vorbeifahrens – ungefähr Anfang Januar 1942, es kann auch Ende Dezember 1941 gewesen sein – dieses aus dem Schnee herausragende Kreuzchen gesehen.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Sie haben dieses Kreuz also schon im Jahre 1941 oder spätestens anfangs 1942 gesehen, nicht wahr?

AHRENS: Das habe ich eben ausgesagt.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Jawohl. Ich möchte Sie nun bitten, genau den Zeitpunkt festzulegen, wann ein Wolf Sie zu dieser Stelle führte. Wann war das? War es im Sommer oder im Winter und in welchem Jahre?

AHRENS: Das war anfangs des Jahres 1943.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: 1943. Um dieses Kreuz herum sahen Sie damals Knochen, nicht wahr?

AHRENS: Nein, die sah ich zunächst nicht. Um festzustellen, ob ich mich mit dem Wolf geirrt hatte – es schien mir ziemlich ausgeschlossen, daß so nahe an Smolensk ein Wolf sich aufhalten sollte –, habe ich mit einem Jäger die Spuren mir angesehen und fand Scharrstellen. Es war aber hart gefrorener Boden, es lag Schnee, und ich habe da weiter nichts gesehen. Erst später, als es getaut hatte, fanden meine Leute einzelne Knochen. Das ist aber Monate später gewesen, und da habe ich einem Arzt bei Gelegenheit diese Knochen gezeigt, und er sagte, das seien Menschenknochen. Ich habe darauf gesagt: »Dann handelt es sich hier wahrscheinlich um ein Grab aus den Kämpfen, die hier stattgefunden haben, und dieses Grab muß der Kriegsgräberfürsorgeoffizier mit betreuen wie alle anderen Gräber von Gefallenen, die wir betreuten.« Deshalb habe ich mit diesem Herrn gesprochen, aber erst bei der Schneeschmelze.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Was mir gerade einfällt: Haben Sie die Katyn-Gräber persönlich gesehen?

AHRENS: Offen oder vorher?

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Offen.

AHRENS: Als sie offen waren, mußte ich ja dauernd an diesen Gräbern vorbeifahren, denn sie waren ja westlich ungefähr 30 Meter von dem Zufahrtsweg entfernt. Ich konnte also gar nicht daran vorbei, ohne Kenntnis davon zu nehmen.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Mich interessiert eines. Vielleicht können Sie sich daran erinnern. Wie hoch war die Erdschicht in diesen Gräbern, die die Leichen bedeckte?

AHRENS: Das weiß ich nicht. Ich habe schon gesagt, daß ich durch diesen wochenlangen Gestank, den wir da auszuhalten hatten, derartig angeekelt war, daß ich, wenn ich da vorbeifuhr, die Fenster meines Wagens schloß und machte, daß ich da durchkam.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: So. Aber dennoch, wenn Sie auch nur flüchtig auf die Gräber hinblickten, müßten Sie doch bemerkt haben, ob die Erdschicht, die die Leichen bedeckte, dicht oder nur sehr dünn war, ob sie einige Dutzend Zentimeter oder Meter hoch war. Vielleicht hat Professor Butz Ihnen irgendwelche Mitteilungen in diesem Zusammenhang gemacht?

AHRENS: Ich habe als Kommandeur eines Nachrichtenregiments in einem Raume zu tun gehabt, der ungefähr halb so groß war wie Großdeutschland und bin sehr viel unterwegs gewesen. Meine Arbeit vollzog sich ja nicht am Regimentsgefechtsstand. Infolgedessen war ich im allgemeinen von Montag oder Dienstag bis Sonnabend bei der Truppe. Ich habe deshalb, wenn ich da durchfuhr, zwar mal einen Blick daraufgeworfen, aber mehr interessiert habe ich mich für Einzelheiten nicht, und ich habe auch mit Professor Butz über derartige Einzelheiten nicht gesprochen. Aus diesem Grunde erinnere ich mich dieser Sache nicht mehr genau.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Auf Grund der Beweisstücke, die die Sowjet-Anklagebehörde dem Gerichtshof vorgelegt hat, steht fest, daß die Leichen in einer Tiefe von eineinhalb bis zwei Metern eingescharrt waren. Mich interessiert jetzt: Ich möchte wissen, wo Sie einen Wolf finden können, der die Erde von eineinhalb bis zwei Meter Tiefe aufscharren konnte?

AHRENS: Den Wolf habe ich nicht gefunden, sondern den habe ich gesehen.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Sagen Sie mir bitte: Warum haben Sie, nachdem Sie das Kreuz schon im Jahre 1941 entdeckten und damals auch von den Massengräbern erfuhren, warum haben Sie erst im März 1943 diese Massengräber öffnen lassen?

AHRENS: Das war nicht meine Sache, sondern Sache der Heeresgruppe. Ich sagte schon, daß die Erzählungen sich im Laufe des Jahres 1942 verdichteten. Ich hörte schon öfter davon und sprach daraufhin den Oberst von Gersdorff, Ic der Heeresgruppe Mitte an, der mir andeutete, daß er darüber Bescheid wisse, und damit war meine Pflicht erledigt. Ich hatte gemeldet, was ich gesehen und gehört hatte. Im übrigen ging mich ja die ganze Sache gar nichts an, und ich habe mich darum auch nicht gekümmert. Ich hatte genug andere Sorgen im Kopfe.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich habe noch eine letzte Frage: Sagen Sie mir bitte, was ist das für ein Ehepaar gewesen, mit dem Sie sich unterhalten haben? Vielleicht können Sie sich an dieses Ehepaar, das Ihnen von den Erschießungen im Katyner Wald erzählt hatte, dem Namen nach erinnern?

AHRENS: Dieses Ehepaar wohnte von der Einmündung unseres Zufahrtsweges zur Witebsker Straße ungefähr 800 bis 1000 Meter nördlich in einem Häuschen. An den Namen kann ich mich nicht mehr erinnern.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Also, an den Namen des Ehepaares erinnern Sie sich nicht?

AHRENS: Nein, erinnere ich mich nicht.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Sie haben also von den Katyner Ereignissen von diesem Ehepaar gehört, an dessen Namen Sie sich nicht erinnern? Haben Sie von anderen Ortsbewohnern darüber nichts gehört?

AHRENS: Ich bitte, die Frage nochmals zu wiederholen.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Folglich haben Sie über die Ereignisse im Katyner Wald nur von diesem Ehepaar gehört, an dessen Namen Sie sich nicht erinnern können? Von anderen Ortsbewohnern haben Sie nichts über die Ereignisse in Katyn erfahren?

AHRENS: Ich persönlich habe diese Angaben nur von diesem Ehepaar gehört, während meine Soldaten mir die Erzählungen von anderen Einwohnern übermittelten.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ist Ihnen bekannt, daß zur Zeit, als der Fall Katyn – oder, besser gesagt, die Provokation von Katyn – untersucht wurde, von der deutschen Polizei Bekanntmachungen auf den Straßen von Smolensk ausgehängt würden, in denen eine Belohnung in Aussicht gestellt wurde für den, der Angaben über Katyn machen, konnte? Diese Bekanntmachung war von Leutnant Voß unterschrieben.

AHRENS: Diese Bekanntmachung habe ich persönlich nicht gesehen. Der Leutnant Voß ist mir dem Namen nach bekannt.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Nun die allerletzte Frage: Kennen Sie den Bericht der Außerordentlichen staatlichen Kommission über den Fall Katyn?

AHRENS: Ist mit diesem Bericht das russische Weißbuch gemeint?

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Nein, ich denke an den Bericht der Außerordentlichen staatlichen Kommission der Sowjetunion über Katyn; den sowjetischen Bericht.

AHRENS: Den habe ich gelesen, jawohl.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Aber Sie sind darüber unterrichtet, daß die Außerordentliche staatliche Kommission Sie zu denen zählt, die für die in Katyn begangenen Verbrechen verantwortlich sind?

AHRENS: Es steht da: »Ein Oberstleutnant Arnes«.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich habe keine weiteren Fragen an den Zeugen, Herr Vorsitzender.

VORSITZENDER: Dr. Stahmer! Wollen Sie wiederverhören?

DR. STAHMER: Herr Zeuge! Sie sagten vorhin, Ihnen sei nicht bekannt, wann der Oberleutnant Hodt zu Ihrem Stabe gekommen sei. Wissen Sie, wann er zu dem Regiment gekommen ist?

AHRENS: Ich weiß, daß er während des Russenfeldzuges, und zwar von Beginn an, zum Regiment gehörte.

DR. STAHMER: Er war also von Anfang an dem Regiment zugehörig?

AHRENS: Er hat seit Beginn des Russenfeldzuges zu diesem Regiment gehört.

DR. STAHMER: Noch eine Frage zu Ihrer Unterhaltung mit dem Professor Butz. Hat Ihnen Professor Butz etwas darüber erzählt, mit welchem Zeitpunkte die von ihm vorgefundenen Briefschaften endeten?

AHRENS: Er hat mir vom Frühjahr 1940 gesprochen. Er hat mir auch dieses Tagebuch gezeigt, und ich habe da reingesehen und habe auch die Daten gesehen, aber ich erinnere mich nicht mehr im einzelnen, welches Datum oder welche Daten das waren. Sie endeten aber auch im Frühjahr 1940.

DR. STAHMER: Irgendwelche Dokumente aus späterer Zeit sind also nicht vorgefunden?

AHRENS: Der Professor Dr. Butz hat mir gesagt, daß Dokumente oder Anzeichen, die auf ein späteres Datum schließen lassen, nicht gefunden seien und seiner Überzeugung Ausdruck gegeben, daß die Erschießungen im Frühjahr 1940 stattgefunden haben müßten.

DR. STAHMER: Herr Präsident! Ich habe keine weiteren Fragen an diesen Zeugen.

GENERALMAJOR NIKITCHENKO: Zeuge! Können Sie sich nicht genau erinnern, wann Professor Butz mit Ihnen über den Zeitpunkt sprach, zu dem die Leichen in den Massengräbern begraben worden sind?

AHRENS: Darf ich nochmals um Wiederholung der Frage bitten?

GENERALMAJOR NIKITCHENKO: Wann hat Professor Butz Ihnen von den Massengräbern Mitteilung gemacht und behauptet, daß die Beerdigung dieser Leichen im Frühjahr 1940 stattgefunden haben muß?

AHRENS: Den Zeitpunkt weiß ich nicht genau. Aber er war im Frühjahr 1943, bevor die Ausgrabungen begonnen haben – Verzeihung, da hat er mir mitgeteilt, daß er die Ausgrabung vorzunehmen habe – und während der Ausgrabungen war er ab und zu bei mir – es kann also Mai gewesen sein oder Ende April. Mitte Mai, da hat er mir Einzelheiten über die Ausgrabungen erzählt und unter anderem das, was ich hier ausgesagt habe. Ich weiß nun aber nicht mehr genau, an welchen Tagen Professor Butz mich besucht hat.

GENERALMAJOR NIKITCHENKO: Wie ich mich entsinne, haben Sie gesagt, Professor Butz sei nach Katyn gekommen. Wann ist er denn dort angekommen?

AHRENS: Im Frühjahr 1940 kam der Professor Butz zu mir und teilte mir mit, daß er auf Anweisung der Armeegruppe in meinem Wäldchen Ausgrabungen vorzunehmen habe.

Die Ausgrabungen begannen dann, und im Verlaufe von...

GENERALMAJOR NIKITCHENKO: Im Jahre 1940? Oder ist die Übersetzung nicht richtig?... im Jahre 1940?

AHRENS: 1943. Im Frühjahr 1943.

Im Verlaufe einiger Wochen nach Beginn dieser Ausgrabungen kam Professor Butz, wenn ich da war, mal zu mir und berichtete mir, das heißt er unterhielt sich mit mir darüber, und da hat er mir das berichtet, was ich hier ausgesagt habe. Das kann Mitte Mai 1943 gewesen sein.

GENERALMAJOR NIKITCHENKO: Ihre Aussage, die Sie auf die Fragen des Verteidigers machten, habe ich dahin verstanden, daß Professor Butz behauptete, und zwar bevor die Kommission eingetroffen war, um die Ausgrabungen vorzunehmen, daß die Erschießungen im Frühjahr 1940 stattgefunden hätten. Ist das richtig?

AHRENS: Ich darf nochmals wiederholen, daß Professor Butz mir...

GENERALMAJOR NIKITCHENKO: Es ist nicht nötig, das zu wiederholen, was Sie bereits gesagt haben. Ich frage Sie nur: Ist das richtig, oder hat man vielleicht nicht richtig übersetzt, oder haben Sie zu Anfang nicht richtig ausgesagt?

AHRENS: Ich habe das, was eben gefragt wurde, nicht verstanden, deshalb wollte ich nochmals diese Erklärung abgeben. Also, ich weiß nicht, was mit der letzten Frage gemeint ist. Ich darf dann bitten, die Frage nochmals zu wiederholen.

GENERALMAJOR NIKITCHENKO: Ursprünglich haben Sie bei dem Verhör durch den Verteidiger, wenn ich Sie richtig verstanden habe, gesagt, daß Professor Butz Ihnen sagte, die Erschießungen hätten im Frühjahr 1940 stattgefunden, das heißt also, noch bevor die Kommission eingetroffen war, die die Ausgrabungen vornehmen sollte.

AHRENS: Nein, das ist nicht richtig verstanden. Ich habe ausgesagt, daß Professor Butz zu mir gekommen ist und mir mitgeteilt hat, daß er Ausgrabungen vorzunehmen habe weil es sich ja hier um mein Wäldchen handelte. Die Ausgrabungen fanden dann statt, und ungefähr sechs bis acht Wochen später kam Professor Butz – das heißt er ist noch öfter zu mir gekommen –, aber ungefähr sechs bis acht Wochen später kam er zu mir und sagte mir, daß er überzeugt sei, jetzt auf Grund von Funden die Zeit der Erschießung festgestellt zu haben. Diese Erklärung, die er mir gegeben hat, bezieht sich auf ungefähr Mitte Mai.

GENERALMAJOR NIKITCHENKO: Sie persönlich waren nicht dabei, als das Tagebuch und andere Dokumente gefunden wurden, die Professor Butz Ihnen zeigte?

AHRENS: Nein.

GENERALMAJOR NIKITCHENKO: Sie wissen also nicht, woher er dieses Tagebuch und diese Dokumente hatte?

AHRENS: Das weiß ich nicht, nein.

VORSITZENDER: Wann haben Sie zuerst einer vorgesetzten Behörde gemeldet, daß Sie Verdacht hatten, es befinde sich dort eine Grabstätte?

AHRENS: Ich habe einen Verdacht zunächst nicht geschöpft – ich sagte schon, daß dort die Kämpfe stattgefunden hatten –, da ich zunächst auf das, was mir erzählt wurde, gar keinen Wert legte und der Sache auch keinen Glauben schenkte. Ich nahm an, daß es sich um Gefallene handelte – um Heldengräber, wie in der Umgegend mehrere waren.

VORSITZENDER: Sie beantworten meine Frage nicht. Ich habe Sie gefragt: Wann haben Sie zuerst einer vorgesetzten Behörde berichtet, daß sich dort so ein Grab befände?

AHRENS: Ich habe im Verlauf des Sommers 1942 mit dem Oberst von Gersdorff über diese Erzählung gesprochen – daß sie mir zu Ohren gekommen sei. Gersdorff sagte mir, er habe das auch gehört, und damit war mein Gespräch mit Gersdorff erledigt.

Er hielt das auch nicht für richtig; er glaubte jedenfalls auch nicht fest daran. Das weiß ich nicht.

Und ich habe dann im Frühjahr 1943, als die Schneeschmelze gewesen war – da fanden... da wurden mir diese Knochen gebracht, die da gefunden wurden –, da habe ich dem Kriegsgräberfürsorgeoffizier telephonisch gesagt, daß sich hier anscheinend Gefallenengräber befinden.

Das war, bevor Professor Butz bei mir war.

VORSITZENDER: Haben Sie irgendwelche schriftliche Berichte gemacht?

AHRENS: Nein, habe ich nicht gemacht.

VORSITZENDER: Niemals?

AHRENS: Nein, ich hatte ja mit der Sache an sich gar nichts zu tun.

VORSITZENDER: Der Zeuge kann sich entfernen.