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[Der Zeuge verläßt den Zeugenstand.]

DR. STAHMER: Herr Präsident! Bevor ich den dritten Zeugen, den Generalleutnant Oberhäuser, aufrufe, bitte ich, folgendes bemerken zu dürfen. Die Anklage hatte ja bisher lediglich behauptet, daß es das Regiment 537 gewesen sei, das diese Erschießungen vorgenommen habe, und zwar unter der Leitung von Oberst Ahrens. Oberst Ahrens ist ja auch noch heute von der Anklagebehörde als Täter beschuldigt worden. Es ist dann offenbar diese Behauptung aufgegeben worden, und man hat dann behauptet, wenn es nicht Ahrens gewesen ist, so ist es jedenfalls sein Vorgänger gewesen, und zwar der Oberst Bedenck, und wenn es nicht der Oberst Bedenck getan hat, dann hat es – anscheinend soll das die dritte Version sein – der SD gemacht. Die Verteidigung hatte sich ausschließlich darauf eingestellt und hat die Behauptung widerlegt, daß es Oberst Ahrens gewesen sei, der diese Untat vollführt habe.

Bei der veränderten Sachlage und der Einstellung der Anklagebehörde muß von mir zusätzlich ein vierter Zeuge benannt werden, das ist Oberleutnant Hodt, der ja heute als Täter benannt wurde und der von Anfang an bei dem Regimentsstab gewesen ist und schon im Juli als erster von dem Vorkommando, wie wir gehört haben, in das Dnjepr-Schlößchen eingezogen ist. Die Anschrift dieses Oberleutnants Hodt habe ich zufällig erst gestern erfahren, er ist in Glücksburg bei Flensburg, und ich bitte, diesen Oberleutnant Hodt noch als Zeugen dafür zu benennen und als Zeugen zuzulassen, daß auch in der Zeit vom Juli bis September solche Erschießungen nicht vorgekommen sind.

VORSITZENDER: Dr. Stahmer! Der Gerichtshof wird Ihren Antrag bezüglich dieses zusätzlichen Zeugen in der Pause um 3.30 Uhr in Betracht ziehen.

DR. STAHMER: Ich rufe dann als Zeugen den Generalleutnant Oberhäuser.

[Der Zeuge betritt den Zeugenstand.]

VORSITZENDER: Geben Sie bitte Ihren vollen Namen an!

ZEUGE EUGEN OBERHÄUSER: Eugen Oberhäuser.

VORSITZENDER: Sprechen Sie mir folgenden Eid nach: »Ich schwöre bei Gott, dem Allmächtigen und Allwissenden, daß ich die reine Wahrheit sagen, nichts verschweigen und nichts hinzufügen werde.«

[Der Zeuge spricht die Eidesformel nach.]

VORSITZENDER: Sie können sich setzen.

DR. STAHMER: Herr General! Welche Stellung hatten Sie während des Krieges?

OBERHÄUSER: Ich war Nachrichtenführer bei der Heeresgruppe, zuerst im Polenfeldzug Nord, dann im Westfeldzug B und dann im Feldzug Rußland Mitte.

DR. STAHMER: Wann kamen Sie mit Ihrem Stab in die Nähe von Katyn?

OBERHÄUSER: Etwa im September 1941.

DR. STAHMER: Wo lag Ihr Stab?

OBERHÄUSER: Mein Stab lag in der Nähe, unmittelbaren Nähe des Oberbefehlshabers der Heeresgruppe, und zwar etwa zwölf Kilometer westlich Smolensk, in Höhe des Bahnhofes Krasni Bor.

DR. STAHMER: Gehörte das Regiment 537 zu Ihrem Befehlsbereich?

OBERHÄUSER: Das Regiment 537 war mir unmittelbar unterstellt.

DR. STAHMER: Welche Aufgaben hatte dieses Regiment?

OBERHÄUSER: Dieses Regiment hatte die Aufgabe, die Drahtverbindungen und die Funkverbindungen für das Oberkommando der Heeresgruppe zu den Armeen und sonstigen unmittelbar unterstellten Truppenteilen herzustellen.

DR. STAHMER: War der Stab dieses Regiments in Ihrer Nähe untergebracht?

OBERHÄUSER: Der Stab dieses Regiments war etwa drei Kilometer westlich von mir untergebracht; es können auch vier Kilometer gewesen sein.

DR. STAHMER: Können Sie näher bezeichnen, wo das Stabsquartier 537 lag?

OBERHÄUSER: Das Stabsquartier 537 lag in einem sehr netten russischen Holzhaus. Angeblich haben früher dort Kommissare gewohnt, am Steilufer des Dnjepr. Es war etwas abseits der Straße, vielleicht 400 bis 500 Meter, und zwar von mir vier Kilometer westlich der Hauptstraße Smolensk-Witebsk.

DR. STAHMER: Wer war Kommandeur des Regiments nach der Einnahme von Smolensk?

OBERHÄUSER: Nach der Einnahme von Smolensk war Oberst Bedenck Kommandeur des Regiments.

DR. STAHMER: Und wie lange?

OBERHÄUSER: Bis etwa November 1941.

DR. STAHMER: Wer war sein Nachfolger?

OBERHÄUSER: Sein Nachfolger war Oberst Ahrens.

DR. STAHMER: Wie lange?

OBERHÄUSER: Etwa bis September, es kann auch August gewesen sein, 1943.

DR. STAHMER: Sind Sie ebenfalls so lange in der Nähe von Katyn gewesen?

OBERHÄUSER: Ich war bis zur Räumung, bis das Oberkommando der Heeresgruppe sein Hauptquartier weiter westlich verlegt hatte, auch dort.

DR. STAHMER: Wie waren Ihre Beziehungen zu den Kommandeuren dieses Regiments?

OBERHÄUSER: Meine Beziehungen zu den Kommandeuren des Regiments waren außerordentlich herzliche, sowohl dienstlich als auch außerdienstlich. Das kommt davon, weil ich der erste Kommandeur dieses Regiments war, das Regiment selbst aufgestellt habe und sehr an dem Regiment gehangen habe.

DR. STAHMER: Sind Sie persönlich häufiger in das Dnjepr-Schlößchen gekommen?

OBERHÄUSER: Ich bin häufig in das Dnjepr- Schlößchen gekommen, ich kann wohl sagen in normalen Zeiten ein- bis zweimal die Woche.

DR. STAHMER: Kamen die Kommandeure in der Zwischenzeit zu Ihnen?

OBERHÄUSER: Die Kommandeure kamen wohl öfter zu mir als ich zu ihnen.

DR. STAHMER: Haben Sie etwas darüber gewußt, daß in der Nähe von Smolensk, westlich etwa 25 bis 45 Kilometer entfernt, drei Russenlager mit polnischen Kriegsgefangenen sich befunden haben?...

OBERHÄUSER: Davon war mir nichts bekannt.

DR. STAHMER:... die den Deutschen in die Hände gefallen sind?

OBERHÄUSER: Ist mir nie etwas bekanntgeworden.

DR. STAHMER: Ist ein Befehl ergangen – dieser Befehl soll von Berlin gekommen sein –, kriegsgefangene polnische Offiziere zu erschießen?

OBERHÄUSER: Ein solcher Befehl ist nie ergangen.

DR. STAHMER: Haben Sie selbst einen solchen Befehl erteilt etwa?

OBERHÄUSER: Ich habe nie einen solchen Befehl erteilt.

DR. STAHMER: Sind Sie darüber unterrichtet, ob Oberst Bedenck oder Oberst Ahrens solche Erschießungen veranlaßt haben?

OBERHÄUSER: Ich bin nicht unterrichtet, aber ich halte es für vollkommen ausgeschlossen.

DR. STAHMER: Weshalb?

OBERHÄUSER: Weil ein solcher einschneidender Befehl erstens unbedingt über mich gelaufen wäre, der ich als unmittelbarer Vorgesetzter des Regiments eingesetzt war, und zweitens weil, wenn so ein Befehl aus einem mir unerklärlichen Grund und auch auf einem mir undurchsichtigen Weg an das Regiment gekommen wäre, bestimmt die Kommandeure sofort mich angerufen hätten oder zu mir gekommen wären und gesagt hätten: Herr General, hier wird etwas von uns verlangt, das verstehen wir nicht!

DR. STAHMER: Kennen Sie den Oberleutnant Hodt?

OBERHÄUSER: Oberleutnant Hodt kenne ich.

DR. STAHMER: Welche Stellung hatte er im Regiment 537?

OBERHÄUSER: Hodt hatte im Regiment verschiedene Stellungen. Er war meist vorausgeschickt, weil er ein besonders qualifizierter und vor allem technisch qualifizierter Offizier war, um die Vorbereitungen zu treffen bei Verlegungen des Hauptquartiers. Er war also verwendet als Vorkommando der sogenannten Betriebskompanie, um diese Gefechtsstände neu einzurichten; dann war er beim Regiment Fernsprech- Sachbearbeiter mit allen Belangen des fernsprech- und fernschreibmäßigen Aufbaues und Betriebes beim Oberkommando der Heeresgruppe. Er war auch wohl dazwischen bei meinem Stabe kommandiert zur Aushilfe, wenn irgendeiner meiner Herren auf Urlaub war.

DR. STAHMER: Hat er auch das Vorkommando befehligt bei dem Vormarsch auf Katyn?

OBERHÄUSER: Das kann ich nicht sagen; ich kann nur sagen, daß ich persönlich von meinem Stab, Nachrichtenführer, hörte, daß man einen Offizier vorgeschickt hatte, der, nachdem feststand, wie das Hauptquartier aufgebaut werden soll, in meinem Namen, weil ich ja zu dieser Zeit noch im alten Quartier war, die Sachen so vorbereitete, wie ich das vom Standpunkt des Nachrichtenführers aus wollte. Wen das Regiment namentlich damals vorgeschickt hat, ist mir nicht mehr erinnerlich, es ist aber durchaus möglich, daß es Oberleutnant Hodt war.

DR. STAHMER: Waren Sie in der Zeit nach der Einnahme von Smolensk, die meines Wissens etwa um den 20. Juli 1941 erfolgt sein soll, und bis zur Übersiedlung Ihres Stabes nach Katyn, also am 20. September, in Katyn oder in der Umgebung gewesen?

OBERHÄUSER: Ich war in der Umgebung; ich war da, wo das Heeresgruppen-Hauptquartier sich etablieren wollte, also im Wald westlich Smolensk, zu dessen Bereich ja auch Katyn gehört.

DR. STAHMER: Sind Sie wiederholt in dieser Zeit dort gewesen?

OBERHÄUSER: Es dürfte drei- bis viermal gewesen sein.

DR. STAHMER: Haben Sie bei dieser Gelegenheit mit Hodt gesprochen?

OBERHÄUSER: Also, wenn er der Offizier des Korpskommandos war, was ich nicht mehr genau sagen kann, habe ich ihn bestimmt gesprochen. Ich habe jedenfalls meinen Offizier, den ich vorgeschickt habe, gesprochen und den von meinem Regiment auch.

DR. STAHMER: Haben Sie etwas davon gehört, ob in dieser Zeit Erschießungen vorgekommen sind?

OBERHÄUSER: Ich habe nichts gehört und habe nie etwas gehört, außer im Jahre 1943, als die Gräber geöffnet waren.

DR. STAHMER: Standen Ihnen beziehungsweise dem Regiment 537 die erforderlichen technischen Mittel, Pistolen, Munition und so weiter zur Verfügung, die es ermöglicht hätten, Erschießungen in solchem Umfange durchzuführen?

OBERHÄUSER: Das Regiment war etatmäßig mit Waffen und Munition naturgemäß, nachdem es ein Nachrichtenregiment im rückwärtigen Bereich war, weniger gut ausgerüstet als die eigentliche kämpfende Truppe. Ein solcher Auftrag wäre für das Regiment etwas so ungewöhnliches gewesen, denn erstens hatte ein Nachrichtenregiment ganz andere Aufgaben, und zweitens wäre es auch gar nicht in der Lage gewesen, technisch so eine Massenexekution vorzunehmen.

DR. STAHMER: Kennen Sie die Örtlichkeit, an denen die Gräber später entdeckt wurden?

OBERHÄUSER: Ich kenne die Örtlichkeit, weil ich oft daran vorbeigefahren bin.

DR. STAHMER: Können Sie sie etwas näher beschreiben?

OBERHÄUSER: Von der Hauptstraße Smolensk- Witebsk führte ein Waldweg durch hügeliges Gelände. Es waren da Sandflächen, die aber bewachsen waren mit Unterholz, Heidekraut, und auf einem schmalen Waldweg fuhr man von der Hauptstraße hinter an das Dnjepr-Schlößchen.

DR. STAHMER: Waren die Stellen, wo die Gräber später entdeckt wurden, damals schon bewachsen, als Sie kamen?

OBERHÄUSER: Sie waren bewachsen, so, wie die übrige Umgebung auch; sie hat sich durch nichts von der anderen Umgebung unterschieden.

DR. STAHMER: Halten Sie es nach Ihrer Kenntnis der Örtlichkeit für möglich, daß an dieser Stelle 11000 Polen bestattet worden sind, die in der Zeit vom Juni bis September 1941 erschossen worden sein sollen?

OBERHÄUSER: Ich halte es für ausgeschlossen, und zwar aus dem Grunde, daß, wenn der Kommandeur das damals gewußt hätte, hätte er sich doch niemals diese Stelle neben 11000 Toten als Hauptquartier ausgesucht.

DR. STAHMER: Wissen Sie, wie es zu der Entdeckung der Gräber gekommen ist?

OBERHÄUSER: Ich hatte damit offiziell nichts zu tun; ich hörte nur, daß hier durch Einwohner oder durch irgend jemanden bekannt wurde, daß vor Jahren hier größere Exekutionen vorgenommen worden sind.

DR. STAHMER: Durch wen haben Sie das erfahren?

OBERHÄUSER: Wahrscheinlich durch den Kommandeur selbst, der dadurch, daß er örtlich an diesem Gelände ja unmittelbar war, mehr als ich darüber gehört hatte. Ich kann mich daran nicht mehr so genau erinnern.

DR. STAHMER: Eine amtliche Meldung vor der Entdeckung der Gräber haben Sie also nicht bekommen?

OBERHÄUSER: Habe ich nie bekommen.

DR. STAHMER: Haben Sie nach der Offenlegung der Grabstätten mit den deutschen oder auswärtigen Mitgliedern der Kommission gesprochen?

OBERHÄUSER: Ich habe nie eines der Kommissionsmitglieder gesprochen.

DR. STAHMER: Ich habe keine weiteren Fragen, Herr Präsident.

VORSITZENDER: Oberst Smirnow?

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Zeuge! Sie kamen in die Gegend von Katyn im September 1943?

OBERHÄUSER: 1941, nicht 1943.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Verzeihung; ich meine ja September 1941. Ist das richtig?

OBERHÄUSER: Jawohl, im September 1941.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Sie behaupten, nichts von den Lagern der polnischen Kriegsgefangenen gewußt zu haben, die sich samt den Kriegsgefangenen in den Händen der deutschen Truppen befanden?

OBERHÄUSER: Ich habe nie etwas gehört davon, daß polnische Kriegsgefangene sich in Händen der deutschen Truppen befinden sollen.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich verstehe, daß dies nicht mit Ihren dienstlichen Aufgaben zusammenhing, die Ihnen in Ihrer Eigenschaft als Kommandeur des Nachrichtenregiments oblagen. Aber vielleicht sind Sie doch Zeuge solcher Gelegenheiten gewesen, wo verschiedene deutsche Truppen die Wälder in der Nähe der Chaussee Smolensk-Witebsk durchkämmten, um dort die polnischen Kriegsgefangenen, die aus den Lagern entflohen waren, wieder einzufangen?

OBERHÄUSER: Ich habe nie etwas gehört, daß hier Trupps unterwegs sein sollen, um gewissermaßen entflohene polnische Kriegsgefangene wieder einzufangen. Das höre ich hier zum ersten Male.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich bitte Sie, mir folgendes zu beantworten: Haben Sie vielleicht deutsche militärische Einheiten gesehen, welche die polnischen Kriegsgefangenen, die in den Wäldern eingefangen wurden, begleiteten?

OBERHÄUSER: Habe ich nicht gesehen.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Bitte antworten Sie mir auf die folgende Frage: Sie standen mit dem Oberst Ahrens in guten Beziehungen, nicht wahr?

OBERHÄUSER: Ich habe gute Beziehungen zu allen Kommandeuren des Regiments gehabt.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Außerdem waren Sie ja sein direkter Vorgesetzter, nicht wahr?

OBERHÄUSER: Jawohl.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Oberst Ahrens hat die Massengräber schon Ende 1941 oder Anfang 1942 aufgedeckt. Hat er Ihnen je etwas über seine Entdeckung erzählt?

OBERHÄUSER: Das kann ich nicht glauben, daß Oberst Ahrens im Jahre 1941 diese Grabstätten entdeckt haben soll; das kann ich mir nicht vorstellen. Vor allem kann ich mir nicht vorstellen, daß er mir nichts darüber gesagt hätte.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Auf alle Fälle bleiben Sie fest bei Ihrer Behauptung, daß Ihnen Oberst Ahrens weder im Jahre 1942 noch 1943 einen Bericht über diese Angelegenheit erstattete?

OBERHÄUSER: Der Oberst Ahrens hat mir nie etwas davon gesagt, und er hätte mir davon etwas gesagt, wenn er etwas davon gewußt hätte.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Mich interessiert folgende Antwort, die Sie auf eine Frage der Verteidigung gegeben haben. Sie haben bemerkt, daß das Nachrichtenregiment nicht genügend Waffen hatte, um Erschießungen durchzuführen. Was verstehen Sie darunter? Wieviel und was für Waffen besaß das Regiment?

OBERHÄUSER: Das Nachrichtenregiment war in der Hauptsache ausgestattet mit Pistolen und Karabinern, hatte keine Maschinenwaffen.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Pistolen? Von welchem Kaliber?

OBERHÄUSER: Das waren diese Parabellumpistolen, das Kaliber ist, glaube ich, 7,65. Ich kann das nicht genau sagen.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Parabellumpistolen, 7,65, oder waren es Mauserpistolen, oder irgendwelche andere Waffen?

OBERHÄUSER: Das war unterschiedlich. Die Unteroffiziere hatten meines Wissens diese kleineren Mauserpistolen, und es waren an sich nur die Unteroffiziere mit Pistolen ausgestattet. Die Männer waren zum größten Teil mit Karabinern ausgestattet.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich möchte, daß Sie sich etwas näher mit den Pistolen befassen. Sie sagen also, daß es Pistolen vom Kaliber 7,65 waren?

OBERHÄUSER: Ich kann im Augenblick jetzt über die Kaliber nicht genaue Auskunft geben. Ich weiß nur, daß die Parabellumpistole 7,65 hatte oder irgendein solches Kaliber, ich glaube, die Mauserpistole hat ein etwas kleineres Kaliber.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Und Walterpistolen?

OBERHÄUSER: Walter waren auch dabei, ich glaube, sie hatten das gleiche Kaliber wie die Mauser. Es ist eine kleinere schwarze Pistole und besser als die etwas beschwerliche Parabellumpistole, die schwerer ist.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ja, das stimmt. Ich möchte Sie bitten, mir mitzuteilen, ob die Unteroffiziere dieses Regiments diese kleinen Pistolen besaßen?

OBERHÄUSER: In der Regel hatten die Unteroffiziere Pistolen, keine Karabiner.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Das ist mir klar. Vielleicht werden Sie mir noch ungefähr sagen können, wie viele Pistolen das Nachrichtenregiment besaß?

OBERHÄUSER: Das kann ich natürlich jetzt hier nicht sagen. Also, nehmen wir an, jeder Unteroffizier hatte eine Pistole, also...

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Und wie viele Unteroffiziere gab es? Wie viele Pistolen werden es im ganzen gewesen sein, wenn man davon ausgeht, daß jeder Unteroffizier eine Pistole besaß?

OBERHÄUSER: Insgesamt im Regiment, wenn man davon ausgeht, jeder Unteroffizier eine Pistole, dann waren es pro Kompanie 15 × 10 = 150. Aber diese Zahl jetzt hier nachträglich festzulegen, ist unmöglich; ich kann nur einen Anhalt geben.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Warum sind Sie der Ansicht, daß 150 Pistolen für eine Massenerschießung, die sich auf eine längere Zeitspanne erstreckt, nicht genügen sollten? Was für einen Grund haben Sie, um es so kategorisch zu behaupten?

OBERHÄUSER: Weil ein Nachrichtenregiment einer Heeresgruppe, so wie es die Heeresgruppe Mitte war, die über ein großes Gebiet verstreut ist, niemals beisammen ist. Das Regiment ist verteilt von Kolodow bis nach Witebsk und hat da überall kleine Trupps gehabt, und bei der Zentralstelle des Regiments sind verhältnismäßig wenig Leute beisammen; also sind niemals 150 Pistolen auf einem Haufen beisammen.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Die Haupteinheit des Nachrichtenregiments war im Wald von Katyn verteilt?

OBERHÄUSER: Ich habe die Frage nicht verstanden.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Die Haupteinheiten Ihres Regiments waren doch im Wald von Katyn verteilt, nicht wahr?

OBERHÄUSER: Im wesentlichen war die 1. Kompanie zwischen dem Regimentsstabsquartier und dem eigentlichen Oberkommando der Heeresgruppe untergebracht. Das war die Kompanie, die den Vermittlungsbetrieb der Fernsprech- und Fernschreibevermittlung der Heeresgruppe zu betreiben hatte; das war also die Kompanie, die am nächsten gelegen war.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Noch eine Frage. Die Offiziere des Regiments waren offenbar mit Pistolen und nicht mit Karabinern bewaffnet?

OBERHÄUSER: Die Offiziere hatten nur Pistolen, und zwar in der Regel diese kleinen. Es mag sein, daß der eine oder andere eine Parabellumpistole hatte.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Das heißt, entweder eine Walter oder eine Mauser, nicht wahr?

OBERHÄUSER: Ja.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Sie haben häufig das Landhaus besucht, in dem der Stab des Regiments 537 untergebracht war?

OBERHÄUSER: Jawohl. Ich war mindestens einmal, manchmal auch zweimal wöchentlich dort.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Hat es Sie jemals interessiert, warum Soldaten anderer militärischer Einheiten das Landhaus in Kosij Gory besuchten? Warum man für sie Betten hinzufügte, sie mit zusätzlichen Getränken und Verpflegung in der Küche versorgte?

OBERHÄUSER: Ich kann mir nicht vorstellen, daß da irgendwelche nennenswerten fremden Truppen oder Angehörige von fremden Truppen dort gewesen sein sollen. Ich weiß darüber nichts.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich spreche nicht von großen Mengen solcher Truppen, ich spreche von 20, manchmal auch 25 Leuten.

OBERHÄUSER: Wenn der Regimentskommandeur seine Kompaniechefs und Abteilungskommandeure zu einer Offiziersversammlung zusammenberief, dann waren selbstverständlich einige Dutzend solcher verschiedener Offiziere da, die man sonst hier nicht immer sieht.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Nein, ich spreche nicht von Offizieren, die dieser Einheit angehörten. Ich möchte Ihnen eine etwas andere Frage stellen, nämlich: Hatten die Soldaten, die dem Regiment 537 angehörten, ihre Regimentsnummer auf ihren Achselstücken?

OBERHÄUSER: Soviel ich mich erinnere, war die Zahl darauf, aber es war am Anfang mal im Kriege so, daß diese mit Schieber versehen war, um sie zu tarnen. Ich kann mich nicht erinnern, ob zu der Zeit diese Schieber drüber waren oder nicht. Jedenfalls ist am Eingang des Regiments an der Straße eine Flagge gestanden, schwarz-gelb-schwarz, wo die Zahl 537 draufgestanden war.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich spreche davon, ob es Soldaten gab, die bei ihrer Ankunft im Landhaus Kosij Gory die Nummer 537 nicht auf ihren Achselstücken trugen? Haben Sie sich jemals dafür interessiert, was diese Soldaten dort im September und Oktober 1941 zu suchen hatten? Hat Ihnen der Kommandeur der Einheit in diesem Zusammenhang irgendeinen Bericht erstattet?

OBERHÄUSER: Darf ich fragen, in welchem Jahr das gewesen sein soll? Im Jahre 1941?

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Jawohl, im Jahre 1941, das ist die Zeit, um die es sich handelt.

OBERHÄUSER: Ich glaube nicht, daß um diese Zeit beim Quartierstab großer Verkehr mit fremden Leuten war, denn da war alles erst im Aufbau, und ich kann mir nicht vorstellen, daß da fremde Truppenteile oder auch in kleinerem Maße 20 bis 25 Leute dagewesen sein sollten. Ich bin persönlich auch nur, wie gesagt, ein- bis zweimal wöchentlich dort gewesen und auch erst im September und Oktober.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Wann im September 1941 begannen Sie Ihre Besuche im Landhaus? Sie sagten im September, aber wann im September?

OBERHÄUSER: Das kann ich nicht sagen, die Heeresgruppe, das Oberkommando, ist Ende September verhältnismäßig kurz vor Beginn der Wjasmaschlacht, die am 2. Oktober war, von Borossilow in diese Gegend übergesiedelt.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Praktisch ist es also so, daß Sie das Landhaus ungefähr Ende September oder Anfang Oktober 1941 zum erstenmal besucht haben konnten?

OBERHÄUSER: Von da an war auch das Schlößchen wohl erst endgültig belegt, denn das Regiment ist auch nicht sehr viel früher als wir vom Oberkommando der Heeresgruppe dorthin gezogen, also nicht sehr viel früher.

VORSITZENDER: Oberst Smirnow! Ist es notwendig, auf alle diese Einzelheiten einzugehen? Haben Sie irgendwelche besonderen Gründe, daß Sie so weit in die Einzelheiten gehen?

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Herr Vorsitzender! Ich stelle diese Frage aus folgenden Gründen: Etwas später werden wir die Zeugen der Sowjetanklage über dasselbe Thema verhören, insbesondere den Leiter der gerichtsmedizinischen Sachverständigen. Deshalb möchte ich den Gerichtshof bitten, mir die Frage über den Zeitpunkt, zu welchem der Zeuge das Landhaus besuchte, zu gestatten. Das ist meine letzte Frage in diesem Zusammenhang.

VORSITZENDER: Ja, gut, aber gehen Sie nicht zu sehr auf Einzelheiten ein, wenn Sie es nicht unbedingt für notwendig erachten.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: [zum Zeugen gewandt] Folglich waren Sie Anfang September nicht in dem Landhaus im Wald von Katyn und konnten zu dieser Zeit auch nicht dort gewesen sein?

OBERHÄUSER: Daran kann ich mich nicht genau mehr erinnern. Der Kommandeur des Regiments hat dieses Schlößchen für sein Stabsquartier erkundet. Wann er es nun genau bezogen hat, ich hatte andere Aufgaben, das kann ich unmöglich wissen.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich frage Sie persönlich: Sie konnten in der ersten Hälfte des September und insbesondere vor dem 20. September in diesem Landhaus nicht gewesen sein?

OBERHÄUSER: Ich glaube nicht.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich habe keine weiteren Fragen an diesen Zeugen, Herr Vorsitzender.

VORSITZENDER: Wollen Sie den Zeugen im Rückverhör vernehmen, Dr. Stahmer?

DR. STAHMER: Ich muß leider noch einmal auf die Zeitpunkte zurückgehen, Herr Präsident, weil sie nicht ganz klar herausgekommen sind bei dieser letzten Befragung.