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[Zum Zeugen gewandt:]

Also Sie haben etwas Konkretes über die Erschießung polnischer Kriegsgefangener durch Menschagin erfahren?

BAZILEVSKY: Ja, als ich damals das Büro betrat, hörte ich das Gespräch mit Hirschfeld. Ich habe diesem Gespräch nicht von Anfang an zugehört, aber es war absolut klar, daß es sich um die stattgefundenen Ereignisse handelte.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Hat sich Menschagin, als er Ihnen über die Erschießung der polnischen Kriegsgefangenen erzählte, auf von Schwetz bezogen?

BAZILEVSKY: Ja. Ich hatte den Eindruck, daß das Gespräch sich auf von Schwetz bezog. Aber offenbar – und das ist meine feste Überzeugung – sprach er in der Kommandantur auch mit privaten Personen darüber.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Zu welcher Zeit fand dieses Gespräch mit Menschagin statt? Wann hat er Ihnen gesagt, daß die polnischen Kriegsgefangenen in der Nähe von Smolensk bereits vernichtet worden seien?

BAZILEVSKY: Das war Ende September.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich habe keine weiteren Fragen an den Zeugen, Herr Vorsitzender.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof vertagt sich.

[Pause von 10 Minuten.]

GERICHTSMARSCHALL: Hoher Gerichtshof! Der Angeklagte Heß ist abwesend.

VORSITZENDER: DR. Stahmer.

DR. STAHMER: Herr Zeuge! Sie haben Ihre Aussagen vor der Pause vorgelesen, wenn ich recht beobachtet habe. Ist das richtig?

BAZILEVSKY: Ich habe nichts vorgelesen. Ich habe nur einen Plan dieses Gerichtsraumes in der Hand.

DR. STAHMER: Es sah so aus, als ob Sie die Antworten vorgelesen haben. Wie erklären Sie denn, daß der Dolmetscher schon Ihre Antwort in Händen hatte?

BAZILEVSKY: Ich weiß nicht, wieso die Dolmetscher meine Antworten im voraus in Händen haben konnten. Meine Aussagen vor der Untersuchungskommission, das heißt die beim Vorverhör abgegebenen, sind jedoch bekannt.

DR. STAHMER: Kennen Sie das Dnjepr-Schlößchen?

Sie haben mich nicht verstanden: Kennen Sie das Dnjepr-Schlößchen?

BAZILEVSKY: Ich weiß nicht, von welchem Schlößchen der Herr Verteidiger spricht. Auf dem Dnjepr gibt es viele Schlößchen.

DR. STAHMER: Das Haus, das an dem Katyner Wald lag, auf dem Steilufer.

BAZILEVSKY: Mir ist es immer noch nicht ganz klar, von welchem Hause hier die Rede ist. Die Ufer des Dnjepr sind lang, und mir ist daher Ihre Frage ganz unverständlich.

DR. STAHMER: Wissen Sie, wo die Gräber von Katyn sich befunden haben, in denen die 11000 polnischen Offiziere bestattet waren?

BAZILEVSKY: Ich bin dort nicht gewesen. Die Gräber von Katyn habe ich persönlich nicht gesehen.

DR. STAHMER: Sind Sie nie im Katyner Wald gewesen?

BAZILEVSKY: Im Wald von Katyn bin ich wiederholt gewesen. Das habe ich bereits ausgesagt.

DR. STAHMER: Wissen Sie denn, wo dieses Massengrab sich befunden hat?

BAZILEVSKY: Wie könnte ich wissen, wo diese Massengräber waren, da ich nach der Besetzung natürlich nicht mehr dorthin konnte.

DR. STAHMER: Woher wissen Sie denn, daß das Wäldchen nicht umzäunt war?

BAZILEVSKY: Bis zur Besetzung des Smolensker Gebietes durch die deutschen Truppen war diese ganze Gegend, wie ich bereits ausgesagt habe, niemals umzäunt gewesen. Aus Gerüchten habe ich erfahren, daß nach Beginn der Besetzung der Zutritt zu diesem Wald von der örtlichen deutschen Kommandantur verboten war.

DR. STAHMER: Sie haben also keine Kenntnis davon, daß sich am Katyner Wald ein Erholungsheim oder Sanatorium der GPU befunden hat?

BAZILEVSKY: Das weiß ich sehr wohl. Das war allen Einwohnern von Smolensk bekannt.

DR. STAHMER: Dann wissen Sie also genau, welches Haus ich mit meiner Frage meinte?

BAZILEVSKY: Ich persönlich bin niemals in diesem Hause gewesen. In dieses Haus hatten nur die Familien der Angestellten des Innenministeriums Eintritt. Andere Personen hatten auch gar keine Veranlassung und keine Möglichkeit, dieses Haus zu besuchen.

DR. STAHMER: Also, das Haus war abgesperrt?

BAZILEVSKY: Nein, das Haus war für Fremde nicht geschlossen, aber warum sollten Leute, die dort nichts zu suchen und dort keine Erholungsstätte hatten, warum sollten sie auch dorthin gehen. Der Garten war selbstverständlich zugänglich.

DR. STAHMER: Standen nicht Posten dort?

BAZILEVSKY: Ich habe niemals welche gesehen.

DR. STAHMER: Lebt der russische Zeuge, der Ihnen über die Angelegenheit der polnischen Offiziere berichtet hat, lebt dieser russische Zeuge noch?

BAZILEVSKY: Herr Verteidiger! Sie meinen wahrscheinlich den Bürgermeister Menschagin? Verstehe ich Sie richtig?

DR. STAHMER: Ich konnte vorhin bei Ihrem Verlesen nicht so schnell folgen. Wie hieß der Bürgermeister, Menschagin? Lebt der noch?

BAZILEVSKY: Menschagin ist zusammen mit den sich zurückziehenden deutschen Truppen weggegangen, und ich bin natürlich geblieben, so daß Menschagins Schicksal mir unbekannt ist.

VORSITZENDER: Dr. Stahmer! Sie dürfen dem Zeugen nicht sagen: »Beim Verlesen Ihrer Aussage«, weil er gerade bestritten hat, daß er sie vorgelesen habe. Es ist auch kein Beweis dafür vorhanden, daß er sie abgelesen hat.

DR. STAHMER: Hat der russische Zeuge Ihnen erzählt, daß die polnischen Offiziere aus dem Lager Kosielsk gekommen sind?

BAZILEVSKY: Sie meinen Kosielsk?

DR. STAHMER: Ja.

BAZILEVSKY: Das hat mir der Zeuge nicht erzählt.

DR. STAHMER: Kennen Sie diesen Ort?

BAZILEVSKY: Kosielsk, den Ort kenne ich. Im Jahre 1940, im August, und zwar gegen Ende August, habe ich dort mit meiner Frau den Urlaub verbracht.

DR. STAHMER: Ist Ihnen etwas darüber bekannt, ob sich dort polnische Offiziere in einem russischen Kriegsgefangenenlager befunden haben?

BAZILEVSKY: Ja, das ist mir bekannt.

DR. STAHMER: Bis wann sind diese Gefangenen dort gewesen?

BAZILEVSKY: Das weiß ich mit Bestimmtheit nicht. Aber Ende August 1940 waren sie dort. Das kann ich mit absoluter Sicherheit behaupten.

DR. STAHMER: Ist Ihnen bekannt, ob dieses Lager mit seinen Insassen in deutsche Hand gefallen ist?

BAZILEVSKY: Mir persönlich, das heißt aus eigener Erfahrung, ist es nicht bekannt. Auf Grund von Gerüchten aber scheint es so gewesen zu sein. Das ist aber nicht meine persönliche Zeugenaussage. Ich persönlich habe es nicht gesehen, sondern nur darüber gehört.

DR. STAHMER: Haben Sie gehört, wo diese Gefangenen verblieben sind?

BAZILEVSKY: Natürlich habe ich gehört, daß sie dort geblieben sind und daß sie nicht evakuiert werden konnten.

DR. STAHMER: Haben Sie gehört, was aus ihnen geworden ist?

BAZILEVSKY: Ich habe schon in meinen Antworten an den Herrn Staatsanwalt ausgesagt, daß sie erschossen worden sind, und zwar auf Befehl des deutschen Kommandos.

DR. STAHMER: Wo hat diese Erschießung stattgefunden?

BAZILEVSKY: Herr Verteidiger! Sie haben wohl meine Aussagen nicht gehört. Ich habe bereits gesagt, daß laut Menschagin die Erschießungen in der Nähe von Smolensk erfolgt sind. An welchem Ort, das hat er mir nicht gesagt.

DR. STAHMER: Um wieviel Gefangene hat es sich gehandelt?

BAZILEVSKY: Meinen Sie auf Grund des Gespräches mit Menschagin? Mir ist die Frage nicht klar. Meinen Sie laut Menschagin?

DR. STAHMER: Welche Zahl hat Menschagin Ihnen angegeben?

BAZILEVSKY: Menschagin hat mir keine Zahl genannt. Ich wiederhole, dieses Gespräch fand in den letzten Tagen September 1941 statt.

DR. STAHMER: Können Sie einen Augenzeugen namhaft machen, der bei dieser Erschießung zugegen war oder diese Erschießung mit angesehen hat?

BAZILEVSKY: Ich glaube, daß diese Erschießung unter solchen Verhältnissen stattgefunden haben, daß russische Zeugen schwerlich zugegen sein konnten.

VORSITZENDER: Zeuge! Sie sollten diese Frage direkt beantworten. Man hat Sie gefragt: »Können Sie einen Augenzeugen namhaft machen, der dabei zugegen war?« Das können Sie doch mit Ja oder Nein beantworten und dann, wenn es nötig ist, Erklärungen hinzufügen.

BAZILEVSKY: Ich werde Ihrer Weisung folgen, Herr Vorsitzender.

VORSITZENDER: Können Sie die Namen irgendwelcher Personen angeben, die diese Hinrichtungen mit angesehen haben?

BAZILEVSKY: Nein, einen Augenzeugen kann ich nicht nennen.

DR. STAHMER: Durch welche deutsche Einheit soll die Erschießung stattgefunden haben?

BAZILEVSKY: Genau kann ich das nicht beantworten. Es ist logisch anzunehmen, daß es das Baubataillon gewesen ist, welches dort stationiert war. Aber genau konnte mir die Aufstellung der deutschen Truppenteile unmöglich bekannt sein.

DR. STAHMER: Hat es sich um Polen gehandelt, die aus dem Lager Kosielsk waren?

BAZILEVSKY: Im allgemeinen wurde damals in den Besprechungen nichts darüber erwähnt, aber es ist mir auch nichts bekannt, daß es sonst noch andere polnische Kriegsgefangene gegeben haben soll, die nicht vorher in Kosielsk gewesen waren.

DR. STAHMER: Haben Sie selbst polnische Offiziere gesehen?

BAZILEVSKY: Ich persönlich habe keine gesehen, aber meine Studenten haben mir erzählt, daß sie sie im Jahre 1941 gesehen haben.

DR. STAHMER: Wo haben die sie gesehen?

BAZILEVSKY: Beim Straßenbau, wo sie Ausbesserungsarbeiten ausführten, und zwar Anfang des Sommers 1941.

DR. STAHMER: In welcher Gegend?

BAZILEVSKY: Im Gebiet der Straße Moskau- Minsk, etwas westlich von Smolensk.

DR. STAHMER: Können Sie darüber Angaben machen, ob der russischen Heeresführung gemeldet worden ist, daß die polnischen Gefangenen im Lager zu Kosielsk in die Hände der Deutschen gefallen sind?

BAZILEVSKY: Nein, darüber ist mir nichts bekannt.

DR. STAHMER: Wie heißt der deutsche Beamte oder Angestellte, mit dem Sie auf der Kommandantur gesprochen haben?

BAZILEVSKY: Nicht auf der Kommandantur, sondern im Büro von Menschagin. Hirschfeld hieß er.

DR. STAHMER: Welche Stellung bekleidete er?

BAZILEVSKY: Er war Sonderführer der 7. Abteilung der deutschen Kommandantur der Stadt Smolensk.

DR. STAHMER: Ich habe keine weiteren Fragen.

Nur noch eine oder zwei Fragen, Herr Vorsitzender.