[Das Dokument wird englisch vom Dolmetscher verlesen.]
DOLMETSCHER:
»Abschrift RO Beweisstück Nummer 56.
Ausgefüllter Fragebogen des Ministerialrates, Dr. Beil, für Rosenberg.
Nachdem der Zeuge vereidigt worden ist, sagt er wie folgt aus:
Frage: Waren Sie der ständige Sachbearbeiter im Ostministerium, der mit Fragen der Arbeits- und Sozialpolitik beauftragt war?
Antwort: Ja, ich war einer der zehn ständigen Sachbearbeiter. Ursprünglich begannen wir mit zweiundfünfzig Sachbearbeitern, aber als die Ostfront zurückverlegt wurde, wurde der Stab schließlich auf zehn vermindert. Ich war mit der Arbeits- und Sozialpolitik auf verwaltungsmäßigem Gebiet betraut. An der Spitze der Abteilung stand Landesbauernführer Peukert.
Frage: War das Ostministerium für eine freiwillige Werbung von Arbeitern im Osten?
Antwort: Ja, nur für freiwillige Werbung. Meine Anweisungen waren, daß die Werbungen nur auf dieser Grundlage durchgeführt werden sollen.
Frage: Sind Ihnen die Ergebnisse bekannt?
Antwort: Ja, aber die Ergebnisse waren nicht so groß, wie angenommen wurde, nur zwischen dreihundert- bis vierhunderttausend Freiwillige kamen von der Ukraine, Litauen und Estland.
Frage: Fanden Verhandlungen über eine Verminderung der Quoten, wie sie von der GBA befohlen wurden, statt?
Antwort: Ja, die Verhandlungen über eine Verminderung der Quoten fanden statt, aber brachen zusammen, weil Sauckel verlangte, daß ungefähr eine Million Arbeiter ins Innere gebracht werden sollten.
Frage: Wer war für die Betreuung und Kontrolle der Ostarbeiter im Reich verantwortlich?
Antwort: Die Deutsche Arbeitsfront und der Reichsnährstand waren für die Betreuung der Ostarbeiter verantwortlich, und zwar die erstere für Arbeiter in der Munitions- und Schwerindustrie und die letztere für landwirtschaftliche Arbeiter.
Frage: Was war die Einstellung der Abteilung ASO...«
DR. THOMA: ASO, – darf ich unterbrechen – das ist die Arbeits- und Sozialpolitische Hauptabteilung des Ostministeriums.
DOLMETSCHER:
»Frage: Wie war die Einstellung der Abteilung ASO, hinsichtlich der Behandlung der Ostarbeiter im Reich?
Antwort: Die Ansicht meiner Abteilung ASO war, daß freiwillige Werbung von Arbeitern auf einer Grundlage der freien Bewegungsmöglichkeit und damit eine Herausnahme aus den mit Stacheldraht eingeschlossenen Fabriken die beste Behandlungsart wäre. Wir waren auch für die Entfernung der Armbinden, die ursprünglich am Arm und später an der linken Brustseite getragen wurden und die das Wort ›Osten‹ enthielten, um sie von den Westarbeitern zu unterscheiden, die niemals Binden trugen. Später wurden die Worte geändert in ›Großrußland‹, ›Weißrußland‹ und ›Ukraine‹. Die Leute von den baltischen Staaten trugen niemals Armbinden. Gewisse Russen, sowie kleine Gruppen von Kosaken, Tataren und eine oder zwei andere Gruppen wurden nicht gezwungen, diese Armbinden zu tragen, da sie antibolschewistisch und pro-deutsch waren. Eine gewisse Anzahl von diesen wurde schließlich in das deutsche Heer übernommen. Etwa siebentausend Jugendliche aus Ruthenien wurden von der ASO ausgehoben, und diese wurden bei den Junkers-Werken beschäftigt.
Frage: Ist Ihnen die Zentralstelle für die Ostvölker beim Ostministerium bekannt? Wie war dieselbe organisiert?
Antwort: Ja, es wurde als ein Konsulat für den Osten betrachtet. Die Mitglieder des Stabes waren teils Deutsche und teils örtliche Angestellte aus dem Osten, die für eine derartige Beschäftigung als geeignet erachtet wurden. Einige dieser ausländischen Angestellten wurden den Landesämtern zur Verfügung gestellt, um die Interessen ihrer Landsleute, die in diesen Ländern arbeiteten, wahrzunehmen. Bei der Zentralstelle wurden Ämter für jeden der Oststaaten eingerichtet. Jedes Amt wurde von einem Deutschen kontrolliert. Einige dieser Deutschen stammten ursprünglich aus diesen Ländern. Es gab auch eine Wohlfahrtsabteilung, die von Personen aus diesen Oststaaten geleitet wurde. Diese hatte für die Wohlfahrt und so weiter ihrer einzelnen Landsleute zu sorgen. Es gab auch eine religiöse Abteilung, die von einem Geistlichen aus diesen Ländern geleitet wurde. Aber diese Abteilung war nicht sehr erfolgreich, da nicht genügend Priester vorhanden waren.
Frage: Wurde den Beschwerden mit Hilfe der DAF nachgegangen?
Antwort: Für die Interessen der ausländischen Arbeiter wurde immer gesorgt. Abordnungen wurden zu den verschiedenen Orten gesandt, wo Ostarbeiter zusammengefaßt waren, um festzustellen, welche Fortschritte sie machten und wie sie behandelt wurden. Diese Abordnungen beschäftigten sich mit Beschwerden, die ihnen während ihrer Besuche übermittelt wurden, aber die Zentralstelle hatte auch schriftliche Beschwerden zu erledigen, die sie durch die Post erhalten hatte.
Frage: Ist Ihnen eine schriftliche Broschüre an die Behörden im Lande bekannt, die eine gerechte Behandlung befahl? Einzelheiten? Kennen Sie die Geschichte der Familien, die von der Heeresgruppe Mitte evakuiert wurden, und auch die Geschichte der zehn bis vierzehn Jahre alten Jugendlichen?
Antwort: Ja, ein Rundschreiben wurde ausgegeben, das sich mit dieser Frage befaßte. Es enthielt Einzelheiten über die gerechte Behandlung der Ostarbeiter. Dieses Rundschreiben wurde auf Verlangen des Ostministeriums durch Sauckel ausgegeben. Ein zweites Rundschreiben wurde von Rosenberg ausgegeben, das sich nur mit der gerechten Behandlung von Ostarbeitern beschäftigte. Ich habe keine Kenntnis von dieser Geschichte, da die Heeresgruppe Mitte allein sich damit befaßte.
Frage: Kennt der Zeuge die Broschüre, die vom Ostministerium an die Unternehmer ausgegeben wurde und die sich mit den Völkern Osteuropas und dem Verhalten diesen gegenüber befaßte?«
VORSITZENDER: Dr. Thoma! Dieses Affidavit scheint gar nicht kurz zu sein. Weiterhin erscheint mir alles kumulativ. Jedes Wort haben wir bereits gehört und nicht nur einmal, sondern immer und immer wieder.
DR. THOMA: Es kommen noch zwei kurze Sätze.
DOLMETSCHER:
»Antwort: Zwei Broschüren wurden ausgegeben, eine von Sauckel und die andere von der DAF in Verbindung mit Sauckel und dem Ostministerium.
Frage: Hat der Zeuge ein Exemplar zur Hand?
Antwort: Ich habe kein Exemplar dieser Broschüre.
Unterzeichnet: Beil.«
VORSITZENDER: Dr. Thoma! Der Gerichtshof verläßt sich auf den Verteidigungsanwalt, wie Sie wissen, und wenn Sie uns sagen, daß dies ein wichtiges Affidavit sei, so verlassen wir uns auf das, was Sie uns sagen. Nach Ansicht des Gerichtshofs war die Verlesung dieses Affidavits eine absolute Verschwendung der Zeit des Gerichtshofs.
DR. THOMA: Hoher Gerichtshof! Ich habe noch eine Bitte. Ich habe gebeten, einen Fragebogen zu bewilligen für den Reichshauptstellenleiter Dr. Oeppert bei der Dienststelle des Beauftragten des Führers für die Überwachung der gesamten geistigen und weltanschaulichen Beziehungen der NSDAP, Dienststelle Rosenberg. Diese eidesstattliche Versicherung ist mir noch nicht bewilligt worden, ich habe sie aber bereits in Händen.
VORSITZENDER: Hat die Anklagebehörde dieselbe bereits gesehen?
DR. THOMA: Nein, ich glaube nicht. Ich habe einen Antrag eingereicht beim Herrn Generalsekretär. Ob dieser Antrag bereits an die Anklagebehörde weitergeleitet worden ist, weiß ich nicht.
VORSITZENDER: Den einzigen Antrag, den wir vor uns haben, soweit ich feststellen kann, ist der auf einen Fragebogen an Dr. Köppen, anstatt an Dr. Stellbrecht. Sprechen Sie jetzt von diesem?
DR. THOMA: Nein. Dieses wurde mir bewilligt, an Stelle des Dr. Stellbrecht den Dr. Köppen zu vernehmen. Der Fragebogen ist bereits weggeschickt worden. Aber hier handelt es sich um einen neuen Antrag, Dr. Oeppert, und der ist noch nicht entschieden.
VORSITZENDER: Vielleicht übergeben Sie den Fragebogen an die Anklagebehörde und stellen fest, ob dieselbe Einwendungen dagegen zu machen hat. Wir können dann die Sache morgen nochmals behandeln.
DR. THOMA: Ich danke, Herr Präsident.
DR. KUBUSCHOK: Im Falle von Papen sind sechs Fragebogen noch nicht erledigt. Drei davon sind in den letzten Tagen zurückgekommen und befinden sich in der Übersetzung. Ich bitte, mir zu genehmigen, daß ich nach Eintreffen des letzten Fragebogens sämtliche sechs Fragebogen gemeinsam dem Gericht vorlege.
Ich habe dann weiterhin ohne mein Bemühen vor drei Tagen eine eidesstattliche Versicherung eines Auslandsjournalisten, Rademacher von Unna, aus Mailand übersandt erhalten. Die eidesstattliche Versicherung befindet sich augenblicklich in der Übersetzung. Dem Herrn Vertreter der Englischen Anklage habe ich die Versicherung vorgelegt. Er erhebt keine Einwendung. Ich bitte, mir zu genehmigen, daß ich auch diese eidesstattliche Versicherung zusammen mit den Restdokumenten später vorlege.
VORSITZENDER: Sie können sie gewiß vorlegen, wir werden sodann über ihre Zulässigkeit entscheiden.
DR. KUBUSCHOK: Jawohl, danke.
DR. ALFRED SEIDL, VERTEIDIGER DER ANGEKLAGTEN HESS UND FRANK: Herr Präsident! Ich bitte um Genehmigung, die Antworten auf die Fragebogen der Zeugen vorlegen zu dürfen, die bis jetzt noch nicht vorgelegt wurden. Als Beweisstück Frank-Exhibit Nummer 19 lege ich die Antworten zu dem Fragebogen vor, den der Zeuge Dr. Ernst Böpple beantwortet hat. Böpple war in der Regierung des Generalgouvernements Staatssekretär. Er hat insgesamt 41 Fragen beantwortet.
Als Beweisstück Frank Nummer 20 lege ich die Antworten auf den Fragebogen vor, die der Zeuge Max Meidinger gegeben hat. Meidinger war Chef der Kanzlei des Generalgouvernements. Er hat 43 Fragen beantwortet.
Sowohl dieser Fragebogen als auch der erste Fragebogen des Zeugen Böpple sind, soweit ich feststellen konnte, noch nicht übersetzt, obwohl ich bereits vor etwa zehn Tagen die Fragebogen zur Übersetzung gegeben habe. Es findet sich aber eine englische Übersetzung, die anläßlich der Vernehmung erstellt wurde, bei dem Fragebogen.
Als Beweisstück Frank Nummer 21 lege ich die Antworten des Zeugen Gaßner vor. Er hat 49 Fragen beantwortet. Gaßner war Pressechef in der Regierung des Generalgouvernements. Frank Nummer 22 wird der Fragebogen des Zeugen Dr. Stepp, zuletzt Oberlandesgerichtspräsident. Er beschäftigte sich im wesentlichen mit den Anstrengungen, die der Angeklagte Frank im Jahre 1933/1934 in seiner Eigenschaft als bayerischer Justizminister gemacht hat, um die Auflösung des Konzentrationslagers Dachau zu erreichen.
Ich möchte dann noch die Gelegenheit benützen, Herr Präsident, um einen Übersetzungsfehler zur Sprache zu bringen, der sich nicht auf die Dokumente des Angeklagten Frank bezieht, sondern auf ein Dokument, das für den Angeklagten Heß vorgelegt wurde. Es wurde zwar nicht bei der Anklageerhebung in Bezug auf die persönliche Verantwortlichkeit des Rudolf Heß verwendet, befindet sich aber im Dokumentenbuch. Es betrifft die Urkunde US-696, 062-PS, und zwar handelt es sich um eine Anordnung vom 13. März 1940, die gleiche Anordnung, die am letzten Samstag beim Fall des Angeklagten Bormann zur Sprache gekommen ist und wo der Herr Präsident von sich aus die Ziffer 4 dieser Anweisung, die als Anlage zu dieser Anordnung vom 13. März vorgelegt wurde, verlesen hat. Es handelt sich um einen ganz groben Übersetzungsfehler, um einen Übersetzungsfehler, der den Sinn der Anordnung völlig entstellt und der, wie ich sagen muß, sich sehr gefährlich auswirken könnte. Es wurde in dieser Ziffer 4 das Wort »unschädlich gemacht« übersetzt mit dem Ausdruck »liquidated«.
VORSITZENDER: Wenn ein Übersetzungsfehler vorgekommen ist, wenden Sie sich bitte an den Herrn Generalsekretär, und er wird die Sache der Übersetzungsabteilung zuleiten.
DR. SEIDL: Ja, so einfach scheint die Sache nicht zu sein. Der Übersetzer hat offenbar selbst das Gefühl gehabt, daß seine Übersetzung vielleicht nicht ganz richtig den Sinn wiedergibt. Er hat nämlich in Klammer hinzugesetzt: »unschädlich gemacht«. Nach meiner Ansicht muß dieser Satz übersetzt werden: »Likewise, enemy parachutists are immediately to be arrested or made harmless.« Der Sinn war offenbar der, daß die Fallschirmjäger...
VORSITZENDER: Dr. Seidl! Ich möchte sagen, daß uns das Dokument nicht vorliegt und daß wir nicht alle deutsch verstehen. Es wäre daher besser, die Sache der Übersetzungsabteilung zu übergeben. Es nützt nichts, die Sache an uns zu überweisen.
DR. SEIDL: Ich werde dann einen schriftlichen Antrag beim Generalsekretär stellen.
VORSITZENDER: Jawohl. Hat die Anklagebehörde einen Einspruch gegen die Fragebogen zu erheben, mit denen sich Dr. Seidl soeben beschäftigt hat? Hat die Anklagebehörde Gelegenheit gehabt, Gegenfragebogen vorzulegen, falls sie das gewünscht hat?
OBERST PHILLIMORE: Euer Lordschaft! Mir wird gesagt, daß dies der Fall ist, mit der möglichen Ausnahme des letzten Dokuments. Vielleicht kann ich dieses heute abend durchsehen.
VORSITZENDER: Gut.
OBERST PHILLIMORE: Ich werde die Angelegenheit überprüfen und dem Gerichtshof dann Mitteilung darüber machen.
Euer Lordschaft! Die Anklagebehörde will einige Dokumente vorlegen. Ich habe acht Dokumente, und ich glaube, mein Kollege, Herr Dodd, hat drei. Ich könnte es sehr schnell erledigen, aber es wäre vielleicht bequemer, sie morgen vormittag vorzulegen.
VORSITZENDER: Wir werden auf diese Dokumente morgen vormittag zurückkommen. Weitere Dokumente werden auch noch für andere Angeklagte vorgelegt werden. Wir wollen dann auch die Zeugen Kempka und Walkenhorst vernehmen. Ich glaube, sie sind von Dr. Bergold gerufen worden.
Der Gerichtshof wünscht, daß Dr. Bergold morgen vormittag anwesend ist, um diese Zeugen zu verhören.
Der Gerichtshof vertagt sich nunmehr.