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[Der Zeuge verläßt den Zeugenstand.]

DR. BERGOLD: Hohes Gericht! Zur Zeit ist hier noch anwesend der Zeuge Walkenhorst. Es scheint mir ein Mißverständnis zwischen dem Hohen Gericht und mir vorzuliegen.

Ich habe am Samstag erklärt, daß ich außer dem Zeugen Kempka keine weiteren Zeugen mehr hören will. Ich verzichte ausdrücklich auf den Zeugen Walkenhorst.

VORSITZENDER: Was war er... warum haben Sie ihn gerufen? Was sollte er vor allem beweisen?

DR. BERGOLD: Ich hatte ihn ursprünglich als Ersatzmann...

VORSITZENDER: Wir haben Ihren Antrag bekommen.

DR. BERGOLD: Aber nach meiner Rücksprache mit dem Zeugen Klopfer, auf den ich verzichtet habe, verzichte ich auch auf den Zeugen Walkenhorst, weil er mir nicht kompetent genug erscheint, das zu bekunden, was ich gerne bekundet gehabt hätte.

Von meiner ganzen Beweisaufnahme ist dann alles erledigt, bis auf die beiden Urkunden, die das Hohe Gericht mir bereits genehmigt hat, nämlich den Stop- Erlaß betreffend die Einstellung der Maßnahmen gegen die Kirche und die Verordnung Bormanns aus dem Jahre 1944, mit der er den Mitgliedern seiner Kanzlei verboten hatte, Angehörige des SD zu sein. Die beiden Urkunden habe ich noch nicht bekommen. Wenn ich sie bekommen haben werde, werde ich sie vorlegen.

VORSITZENDER: Sehr gut.

Dr. Servatius, Sie hatten Fragen oder eine eidesstattliche Erklärung, die Sie von dem Zeugen Walkenhorst bekommen wollten, nicht wahr?

DR. SERVATIUS: Ich habe ein Affidavit dieses Zeugen Walkenhorst, das sich kurz mit der Frage des Telephongesprächs befaßt, das Sauckel wegen der Räumung des Lagers Buchenwald damals geführt hat. Es ist ihm vorgeworfen worden, er hätte bei dem Heranrücken der amerikanischen Armee die Räumung des Lagers veranlaßt. Nun ist dieser Zeuge Walkenhorst zufälligerweise gefunden worden, und es stellt sich heraus, daß es eigenartigerweise der Mann war, mit dem Sauckel gesprochen hat, und er hat mir hier in einem Affidavit bestätigt, daß Sauckel verlangt hat, daß das Lager ordnungsmäßig übergeben würde. Das ist alles, was ich den Zeugen fragen möchte. Ich kann es hier in einem Affidavit übergeben.

VORSITZENDER: Will die Anklagevertretung den Mann rufen lassen, oder genügt das Affidavit?

DR. SERVATIUS: Es genügt mir, das Affidavit zu übergeben.

OBERST PHILLIMORE: Euer Lordschaft! Die Anklagevertretung hält das Affidavit für genügend.

VORSITZENDER: Sehr gut.

DR. SERVATIUS: Ich überreiche dann das Affidavit, ich werde die Exhibit-Nummer zugleich mit der Liste angeben.

VORSITZENDER: Dann gibt es da noch eine andere Angelegenheit, auf die ich die Verteidigung aufmerksam zu machen wünsche.

Der Gerichtshof ist unterrichtet worden über die Länge der Plädoyers von einigen der Verteidiger, der Plädoyers, die die Übersetzungsabteilung zum Übersetzen erhalten hat. In den Fällen der Angeklagten Keitel und Jodl scheinen die Plädoyers, die der Übersetzungsabteilung übergeben wurden, bedeutend länger zu sein, als der Gerichtshof vorgesehen hat. Und es scheint unmöglich, sie an nur einem Tag vorzubringen.

Würde der Verteidiger des Angeklagten Keitel dem Gerichtshof erklären, warum das so ist und welche Schritte er unternommen hat, um sein Plädoyer abzukürzen?

DR. NELTE: Herr Präsident! Ich habe dem Gericht heute ein Schreiben zugeleitet, das, wie ich glaube, noch nicht im Besitz des Gerichts ist. Ich habe darin gebeten, im Falle des Angeklagten Keitel zu bewilligen, daß die Zeitdauer, die mit einem Verhandlungstag für große Fälle beschränkt war, in diesem Falle etwas erweitert werden möge. Als ich auf Wunsch des Gerichts die Dauer meines Plädoyers angab, hatte ich mein Manuskript fertig. Dieses Manuskript würde etwa sieben Stunden Dauer umfaßt haben. Das Manuskript habe ich so der Übersetzungsabteilung überreicht, weil es nicht mehr möglich war, es zu ändern. Ich habe den ersten Teil am vergangenen Mittwoch, und dann den zweiten Teil am Samstag morgen überreicht.

Wenn das Tribunal nach seinem Beschluß einen Verhandlungstag, das heißt fünfeinhalb Stunden effektive Rededauer als Maximum bezeichnet und in keinem Fall davon abgehen will, auch nicht in dem Falle des Angeklagten Keitel, der ja besonders schwer liegt, dann werde ich gezwungen sein, aus dem Manuskript gewisse Teile auszuscheiden und sie lediglich schriftlich vorzulegen. Ob das möglich ist, mag auch das Tribunal entscheiden.

VORSITZENDER: Dr. Nelte! Der Gerichtshof nimmt Kenntnis von Ihrer Antwort auf die Frage, wie lange Ihr Plädoyer dauern würde, ich glaube sieben Stunden. Stimmt das?

DR. NELTE: Ja.

VORSITZENDER: Sieben Stunden. Gut, dem Gerichtshof wurde gesagt, daß das von Ihnen zum Zwecke der Übersetzung vorgelegte Plädoyer ungefähr 13 Stunden in Anspruch nehmen würde. Das ist beinahe das Doppelte der von Ihnen selbst festgelegten Zeit und genau das Doppelte des Plädoyers, das für den Angeklagten Ribbentrop vorgelegt wurde, dessen Fall beinahe, wenn nicht ebenso umfangreich ist. Es scheint dem Gerichtshof völlig unbegründet, ein Plädoyer vorzulegen, das wahrscheinlich zweimal soviel Zeit in Anspruch nimmt, als Sie selbst angaben. Das von Ihnen vorgelegte Plädoyer ist mehr als zweimal so lang, als das für den Angeklagten Göring.

DR. NELTE: Ich kann natürlich nicht wissen, welche Gesichtspunkte den Verteidiger des Reichsmarschalls Göring oder des Außenministers von Ribbentrop lenken und leiten. Ich kann mich nur von meiner Pflicht und meiner Auffassung leiten lassen. Ich versichere, daß ich diese Rede...

VORSITZENDER: Das ist vielleicht relativ, das stimmt schon. Aber Sie sagten doch selbst sieben Stunden, und jetzt legen Sie eine Rede vor, die wahrscheinlich 13 Stunden in Anspruch nehmen wird.

DR. NELTE: Ich glaube, Herr Präsident, ich werde diese Rede in sieben Stunden halten, wenn ich sieben Stunden Redezeit habe.

VORSITZENDER: Gut. Der Gerichtshof hat diese Angelegenheit eingehend erwogen, wie Sie wissen, und es ist entschieden worden, daß alle Plädoyers nur je einen Tag in Anspruch nehmen dürfen, und mit Rücksicht auf die Anzahl der Angeklagten wird schon das eine beträchtliche Zeit in Anspruch nehmen.

DR. NELTE: Herr Präsident! Ich sehe Ihrer Entscheidung entgegen. Wenn ich beschränkt bin auf einen Verhandlungstag, werde ich die entsprechenden Teile aus meinem Manuskript verlesen. Ich müßte dann allerdings die Bitte aussprechen, daß der übrige Teil von dem Gericht so zur Kenntnis genommen wird, weil das, was ich in diesem Manuskript niedergelegt habe, das Minimum dessen erscheint, was zu diesem umfassenden Fall vorzutragen sein wird.

VORSITZENDER: Dr. Nelte! Wir werden diesen Ihren Antrag um Genehmigung, die anderen Teile Ihres Plädoyers vorlegen zu dürfen, in Erwägung ziehen und der Verteidigung unsere Entscheidung wissen lassen.

Dr. Siemers! Dem Gerichtshof ist jetzt ein vollständiger Bericht über die großen Bemühungen des Generalsekretärs vorgelegt worden, den Zeugen Schulze, Otto Schulze, für Sie ausfindig zu machen, seitdem Sie im Februar dieses Jahres Ihren ersten diesbezüglichen Antrag gestellt hatten, und der Gerichtshof möchte wissen, welche Schritte Sie inzwischen unternommen haben, um ihn zu finden.

DR. SIEMERS: Ich glaube, Herr Präsident, daß der Zeuge nicht gefunden zu werden brauchte, weil an sich bekannt war, daß er in Hamburg-Blankenese wohnt und meines Erachtens auch noch in Hamburg- Blankenese lebt, und diese Adresse habe ich mehrfach dem Generalsekretariat mitgeteilt.

VORSITZENDER: Gut. Sie wußten, was das Generalsekretariat in dieser Sache unternommen hat. Sie wußten, daß man ihn unter dieser Adresse nicht finden konnte. Sie wußten auch, daß die Fragebogen nach Washington geschickt wurden, da dem Generalsekretariat gesagt wurde, daß er dorthin gebracht worden sei, und wir hörten, Sie selbst seien in Hamburg gewesen.

DR. SIEMERS: Daß der Fragebogen nach Washington gesandt ist, weiß ich seit Freitag, nach meiner Rückkehr aus Hamburg. Ich persönlich habe nicht damit gerechnet, daß ein solches Versehen oder ein solches Mißverständnis entstehen würde; wie es entstanden ist, weiß ich leider auch nicht. Ich bin auch weit entfernt davon, irgendwie einen Vorwurf zu machen. Ich habe nur darum gebeten, daß, wenn das Dokument eingeht, daß das Gericht einverstanden ist, daß es dann später noch entgegengenommen wird. Ich kann es nur heute noch nicht vorlegen. Ich habe dem Generalsekretariat sofort erneut die Adresse mitgeteilt. Mehr als diese Adresse in Hamburg weiß ich auch nicht. Meines Erachtens ist Admiral Schulze nicht in Gefangenschaft. Es kann sein, daß da während meiner Abwesenheit irgendwie ein Mißverständnis entstanden ist. Ich selbst habe dies aber erst am Freitag gehört.

VORSITZENDER: Gut, aber ich kann nicht verstehen, warum Sie nicht während all dieser Monate, während welcher Sie hier waren und volle Gelegenheit hatten, den Generalsekretär aufzusuchen, und mit Rücksicht auf all diese Hilfe, die Ihnen und allen anderen Verteidigern vom Generalsekretariat zuteil wurde, warum Sie nicht dem Generalsekretär mehr behilflich waren, diesen Zeugen ausfindig zu machen.

Das ist alles. Wir werden uns vertagen.