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Bormann.

Der Name des Angeklagten Martin Bormann ist aufs engste mit der Schaffung des Hitler-Regimes verbunden. Er war einer von denen, die die schlimmsten auf die Vernichtung von Hunderttausenden unschuldiger Menschen abzielenden Verbrechen begangen haben.

Zusammen mit dem Angeklagten Rosenberg führte Bormann in grausamer Logik eine Propaganda für die Rassentheorie und Verfolgung der Juden. Viele Weisungen über die Diskriminierung der Juden in Hitler- Deutschland wurden von ihm herausgegeben. Sie spielten in der Folge eine schicksalhafte Rolle und zogen die Ausrottung von Millionen von Juden nach sich. Mit dieser Tätigkeit gelang es ihm, das Vertrauen des Führers zu gewinnen, und er war – »ermächtigt, die Partei gegenüber dem Staat zu vertreten...« – (Verordnungen und Erlasse der Parteikanzlei, Band II, Seite 228), und er hat sie auch vertreten.

So nahm er in seiner Eigenschaft als Leiter der Parteikanzlei unmittelbar an der Vernichtung der Juden, Zigeuner, Russen, Ukrainer, Polen und Tschechoslowaken teil.

Unter seiner Führung verwandelte sich die NSDAP in eine Polizeiorganisation, wobei sie auf das allerengste mit der deutschen Geheimpolizei und der SS zusammenarbeitete.

Bormann wußte nicht nur von allen Angriffsplänen der Hitler-Regierung, sondern arbeitete an ihrer Durchführung aktiv mit.

Der ganze Parteiapparat der NSDAP wurde von ihm zur Durchführung dieser Angriffspläne der Hitler-Regierung eingesetzt, wobei er die Gauleiter zu Reichsverteidigungskommissaren in den Gebieten ernannte, in denen sie amtierten.

Der Parteiapparat der NSDAP sowie Bormann persönlich nahmen aktiv an den von den deutschen Militär- und Zivilbehörden ergriffenen Maßnahmen zur unmenschlichen Ausnutzung von Kriegsgefangenen teil.

Dies beweisen die unzähligen Richtlinien und Anweisungen, die von Bormann herausgegeben worden sind.

Durch das Beweismaterial der Anklage und im Gerichtsverfahren ist nun nachgewiesen worden, zu welcher Massenvernichtung die bestialische Behandlung der Kriegsgefangenen geführt hat.

Der Parteiapparat sowie Bormann persönlich nahmen unmittelbar an den Maßnahmen der Hitler-Regierung zur Deportierung der Bevölkerung der besetzten Gebiete in die Sklaverei teil.

Mit Bormanns Einverständnis wurden ukrainische Mädchen insgeheim nach Deutschland geschafft, um dort gegen ihren Willen germanisiert zu werden.

Laut Führerbefehl vom 18. Oktober 1944 wurden Bormann und Himmler mit der Führung des Volkssturmes betraut, der aus allen Männern von 16 bis 60 Jahren bestand, die ein Gewehr tragen konnten.

Am Vorabend des Zusammenbruchs Hitler- Deutschlands stand Bormann an der Spitze des »Werwolfes«, einer Untergrundorganisation, die im Rücken der alliierten Truppen für Ablenkungs- und Unterminierungsmanöver geschaffen wurde.

Bormann nahm unmittelbar an der Ausplünderung der Kulturschätze der historischen und anderer Werte in den besetzten Gebieten teil. 1943 machte er einen Vorschlag über die Notwendigkeit einer Steigerung der wirtschaftlichen Ausplünderung der besetzten Gebiete.

Das sind die Verbrechen des Angeklagten Bormann, von Hitlers engstem Mitarbeiter; er teilt die volle Verantwortung für die unzähligen Verbrechen der Hitler-Regierung und der Nazi-Partei.

Ribbentrop.

Einer der Haupturheber und Leiter der auswärtigen Politik Hitler-Deutschlands war Joachim von Ribbentrop; auch war er einer der aktivsten Teilnehmer an der verbrecherischen Verschwörung.

Der Partei erst 1932 offiziell beigetreten, hat der Angeklagte jedoch schon lange ehe die Nazis zur Macht kamen, aktiv an der Machtergreifung mitgearbeitet und wurde nach kurzer Zeit ein offizieller Berater der Partei in der Eigenschaft eines »Mitarbeiters des Führers in den Fragen der Außenpolitik«.

Ribbentrops dienstliche Beförderung ist mit der Entwicklung der gegen den Frieden gerichteten Tätigkeit der Nazi-Verschwörer unmittelbar verbunden.

In seinen Aussagen erklärte Ribbentrop: »Er – Hitler – wußte, daß ich sein treuer Mitarbeiter war.« Gerade aus diesem Grunde hat ihn Hitler am 4. Februar 1938 als einen überzeugten und treuen Nazi zum offiziellen Leiter der Außenpolitik ernannt, die einen der wichtigsten Hebel zur Verwirklichung der ganzen nazistischen Verschwörung darstellte.

Ribbentrop hat jedoch seine Tätigkeit nicht auf das Gebiet der Außenpolitik beschränkt. Als Mitglied der Hitler-Regierung, als Mitglied des Reichsverteidigungsrates und als Mitglied des Geheimen Rates nahm er an der Lösung des ganzen Fragenkomplexes teil, der mit der Vorbereitung von Angriffskriegen zusammenhing. Aus diesem Grunde hat Ribbentrop, obwohl er Außenminister war, an der Lösung und Durchführung vieler Fragen mitgearbeitet, die mit der Außenpolitik in keinem direkten Zusammenhang standen, wie zum Beispiel der Ausbeutung der Arbeitskräfte während des Krieges, der Organisierung von Konzentrationslagern und so weiter.

In diesem Zusammenhang sollte bemerkt werden, daß Ribbentrop eine besondere weitgehende Vereinbarung mit Himmler über die Einrichtung eines gemeinsamen Nachrichtendienstes traf.

Ribbentrop ist gerade damals Reichsaußenminister geworden, als die Angriffspläne, die auf die Eroberung Europas durch Deutschland hinzielten, sich zu verwirklichen begannen. Dieses Zusammentreffen ist kein Zufall. Nicht ohne Grund wurde Ribbentrop als der Geeignetste für die Verwirklichung dieser verbrecherischen Verschwörung gehalten. Er wurde sogar einem solchen Spezialisten in internationalen Provokationen wie Rosenberg vorgezogen, worauf dieser sich nicht ohne Berechtigung offiziell beschwerte. Hitler hat sich in Ribbentrop nicht getäuscht; er hat das in ihn gesetzte Vertrauen voll gerechtfertigt.

Schon am 12. Februar 1938, eine Woche nach seiner Ernennung, hat Ribbentrop zusammen mit Hitler und dem Angeklagten Papen, der seit geraumer Zeit die Zersetzungsarbeit der Nazi-Agenten in Österreich leitete, an einer Besprechung auf dem Obersalzberg teilgenommen, wo er vom österreichischen Bundeskanzler Schuschnigg und seinem Außenminister Schmidt unter Drohungen und als ein Ultimatum ihr Einverständnis zur Aufgabe der österreichischen Unabhängigkeit forderte und auch durchsetzte.

In seiner Eigenschaft als Minister war Ribbentrop bei der Beratung vom 28. Mai 1938 zugegen, auf der die Durchführung des Falles »Grün« – das heißt des Angriffsplanes gegen die Tschechoslowakei – beschlossen wurde.

Im Einklang mit der Nazi-Taktik, das künftige Opfer im Innern zu schwächen, hat Ribbentrop ständig enge Fühlung zuerst mit der Partei der Sudetendeutschen und dann auch mit den slowakischen Nationalsozialisten aufrechterhalten und ihnen materielle Hilfe gewährt, um in der Tschechoslowakei einen inneren Zerfall herbeizuführen und einen Bruderkrieg zu entfesseln.

Nachdem sie sich der Tschechoslowakei bemächtigt hatten, gingen die nazistischen Verschwörer, unter ihnen auch Ribbentrop, zu der Vorbereitung und Durchführung des nächsten Angriffes über, den sie im voraus in ihrem Plan der Verbrechen gegen den Frieden in Aussicht genommen hatten: zum Angriff auf Polen.

Durch die eben vollendete Annektierung Österreichs und der Tschechoslowakei dazu gezwungen, die weiteren Absichten Deutschlands zu diesem Zeitpunkt zu tarnen, versuchte Ribbentrop persönlich und mit Hilfe seiner Diplomaten und Agenten die Wachsamkeit der europäischen Staaten einzuschläfern, indem er heuchlerischerweise erklärte, Deutschland habe keine weiteren territorialen Ansprüche mehr.

Am 26. Januar 1939 – in Warschau – erklärte der Außenminister des faschistischen Deutschlands, Ribbentrop:

»... es ist ein Wesentliches der deutschen Außenpolitik, daß sich die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Polen auf der Grundlage unseres Abkommens fortschreitend festigen und vertiefen.«

Kurze Zeit verging, und Polen bekam den vollen Wert dieser Versicherungen Ribbentrops zu spüren. Ich möchte mich hier nicht bei der verräterischen Rolle aufhalten, die der Angeklagte Ribbentrop in dem deutschen Angriff auf Dänemark, Norwegen, Belgien, Holland und Luxemburg gespielt hat, da bereits meine Kollegen darüber überzeugend gesprochen haben...

Der Angeklagte Ribbentrop hat persönlich und aktiv an der Durchführung des Angriffs auf Jugoslawien und Griechenland teilgenommen.

Unter Anwendung seiner Lieblingsmethode betrügerischer Garantien zur Verheimlichung des in Vorbereitung befindlichen Angriffs versicherte der Angeklagte Ribbentrop am 20. April 1938 Jugoslawien, daß nach dem Anschluß die deutschen Grenzen gegen Jugoslawien als »endgültig und unveränderlich« anzusehen seien.

Zur gleichen Zeit wurde unter reger Anteilnahme des Angeklagten Ribbentrop eine allseitige Vorbereitung des Angriffs durchgeführt. In den Besprechungen vom 12. und 13. August 1939 zwischen Hitler, Ribbentrop und Ciano auf dem Obersalzberg wurde die Übereinkunft für die »Liquidierung der Neutralen, eines nach dem anderen«, erzielt.

Unter direkter und unmittelbarer Anteilnahme Ribbentrops haben die nazistischen Verschwörer auch den verräterischen Angriff auf die Union der Sozialistischen Sowjet-Republiken geplant, vorbereitet und am 22. Juni 1941 durchgeführt.

Der Angeklagte Ribbentrop hat hier vor dem Gerichtshof selbst zugegeben, daß Ende August – Anfang September 1940 – das heißt, als der Fall »Barbarossa« bereits ausgearbeitet wurde, wie sich aus den Aussagen General Warlimonts, General Müllers und Feldmarschall Paulus' ergibt – der Angeklagte Keitel mit ihm über die Frage des Angriffs auf die USSR gesprochen hat. Die Tätigkeit des Angeklagten selbst und des von ihm geleiteten Ministeriums war für die Vorbereitung des Krieges gegen die USSR unter Teilnahme Finnlands, Ungarns, Rumäniens und Bulgariens ausschlaggebend.

Nach Beginn des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion setzte der Angeklagte Ribbentrop seine Bemühungen fort, neue Bundesgenossen auf die Seite Deutschlands zu bringen. Er schrieb in einem Telegramm an den Deutschen Botschafter in Tokio am 10. Juni 1941:

»Ich bitte Sie im übrigen, mit allen Ihnen zu Gebote stehenden Mitteln... bei Matsuoka weiter auf den schnellstmöglichen Kriegseintritt Japans gegen Rußland einzuwirken, denn je früher dieser Eintritt erfolgt, desto besser ist es. Natürliches Ziel muß weiter bleiben, daß Japan und wir uns vor Einbruch des Winters auf der Transsibirischen Bahn die Hand reichen...«

Wie vor dem Gerichtshof festgestellt wurde, hat Ribbentrop gemeinsam mit den anderen Angeklagten die Politik der Vernichtung und des Raubes vorbereitet, welche von den Hitleristen vorgenommen und später in den zeitweilig besetzten Gebieten der Sowjetunion auch durchgeführt wurde. Der Angeklagte Rosenberg, der die Ausbeutungspläne für die besetzten Gebiete Osteuropas ausarbeitete, hat sich über dieses Problem mit dem OKW, dem Wirtschaftsministerium, dem Innenministerium und dem Auswärtigen Amt beraten. In seinem Bericht über die »vorbereitende Arbeit in Fragen des osteuropäischen Raumes« schrieb er:

»Als Ergebnis der Besprechung im Auswärtigen Amt hat dieses zu seinem Vertreter bei Rosenberg den Generalkonsul Bräutigam ernannt.«

Es unterliegt daher keinem Zweifel, daß Ribbentrop nicht nur von der Vorbereitung eines kriegerischen Überfalles auf die USSR wußte, sondern daß er zusammen mit den anderen Verschwörern im voraus Pläne für die Kolonisierung der Gebiete der Sowjetunion und für die Versklavung sowjetischer Bürger geschmiedet hat.

Der Angeklagte war gezwungen zuzugeben, daß ihm die Noten des Volkskommissars für Auswärtige Angelegenheiten V. M. Molotow über die Greueltaten der Hitleristen in den zeitweilig besetzten Gebieten der Sowjetunion bekannt waren. Ihm, wie auch den anderen Verschwörern, waren auch andere Erklärungen der alliierten Regierungschefs über die Verantwortung der nazistischen Regierung für die ungeheuerlichen Greueltaten der Hitleristen in den besetzten Ländern bekannt.

Ribbentrop war, wie sein Entlastungszeuge, der frühere Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Steengracht, bestätigte, einer der Urheber des Internationalen anti-jüdischen Kongresses, dessen Ehrenmitglied er werden sollte und dessen Einberufung nach Krakau von den Deutschen für Juni 1944 geplant war.

Ribbentrop hat vor dem Gerichtshof selbst zugegeben, daß er Verhandlungen mit Regierungen europäischer Staaten über eine Massenvertreibung der Juden geführt habe.

Laut Protokoll der Besprechung zwischen Ribbentrop und Horthy

»setzte der RAM Horthy auseinander, daß die Juden entweder vernichtet oder in Konzentrationslager zu schicken seien. Eine andere Lösung gäbe es nicht.«

Diese Tatsache bestätigt zur Genüge, daß Ribbentrop vom Bestehen der Konzentrationslager Kenntnis hatte, obwohl er sich hartnäckig bemühte, das Gegenteil zu beweisen.

Ribbentrop unterstützte die anderen nazistischen Führer und vor allem den Angeklagten Sauckel bei der Verschleppung der Bevölkerung der besetzten Gebiete in deutsche Zwangsarbeit.

Außerdem nahm der Angeklagte Ribbentrop in Durchführung des gemeinsamen Verschwörungsplanes zur Vernichtung der nationalen Kultur der Völker der besetzten Länder regen Anteil an dem Raub von Kulturschätzen, die allen Völkern gemeinsam gehören.

Zur Ausführung dieser Aufgabe wurde auf Befehl Ribbentrops ein »Bataillon zur besonderen Verwendung« im Auswärtigen Amt geschaffen, das im Laufe des ganzen Krieges den Kampftruppen auf der Ferse folgte und gemäß Ribbentrops Weisungen alle möglichen kulturellen Werte in den besetzten Ostgebieten beschlagnahmte und nach Deutschland verbrachte.

Der Angeklagte Ribbentrop hat also an der Machtergreifung der Faschisten teilgenommen; er hat eine führende Rolle in der Planung, Vorbereitung und Durchführung der räuberischen Angriffskriege gespielt; mit anderen Verschwörern und im Verfolg der faschistischen Pläne hat er leitend an der Begehung der schwersten Verbrechen gegen die Völker mitgewirkt, deren Land zeitweilig von den Hitler-Angreifern besetzt wurde.