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Die Militärgruppe.

Mehrere Angeklagte in diesem Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher bilden eine Gruppe eigentlicher Militärs. Wenn man von Göring als einer Figur ganz eigener Art – Politiker, Wirtschaftler und Soldat in einer Person – absieht, so muß ich Keitel, Jodl, Dönitz und Raeder zusammen nennen. Im Laufe des Gerichtsverfahrens sind gegen diese Männer nicht nur alle Punkte der Anklageschrift völlig bewiesen worden, sondern die Grundlage der Anklage hat sich sogar noch verbreitert.

Die Beweisdokumente, die Aussagen von Zeugen, darunter teilweise auch solcher, die auf Antrag der Verteidigung geladen wurden, mußten notwendigerweise die Waagschale zugunsten der Anklage senken.

Die Verteidiger dieser Angeklagten bemühten sich, den Gerichtshof zu überzeugen, daß ihre Mandanten schicksalhaft und gegen ihren eigenen Willen in diese grauenhafte Tragödie verwickelt wurden.

Die Angeklagten selbst – Keitel, Jodl, Dönitz und Raeder – versuchten hier vor dem Gerichtshof die Rolle der reinen Toren zu spielen.

Man muß anerkennen, daß die Verteidigung ihnen dabei half, soviel sie konnte. Wir haben viel von Soldatenehre, militärischer Disziplin, Pflicht- und Eidestreue zu hören bekommen sowie von der Verpflichtung zur Ausführung der Befehle Hitlers, sogar jener, die in ihrer Seele Zweifel, ja Widerspruch hervorriefen. Eine solche Beleuchtung ihrer Stellung verdreht gänzlich die tatsächliche Sachlage.

Ich halte es für nützlich, ehe ich von der Schuld Keitels, Jodls, Dönitz' und Raeders spreche, vier Fragen zu stellen und zu beantworten.

Erste Frage: Wußten die Angeklagten, daß Hitler- Deutschland unter Verletzung internationaler Verpflichtungen eine ganze Reihe von Angriffs-, Eroberungs- und Raubkriegen vorbereitete?

Zweite Frage: Haben sie selbst an der Planung, Vorbereitung, Einleitung und Führung dieser Kriege aktiv teilgenommen?

Dritte Frage: Sind sie einer zynischen Verletzung der Kriegsgesetze und -gebräuche schuldig?

Vierte Frage: Sind sie für die bestialische Quälerei und Ermordung friedlicher Bürger, für die Versenkung von Passagier- und Lazarettschiffen, für die von der Militärmaschine des Hitler-Reiches zerstörten Städte und Dörfer verantwortlich?

Ich bin der Meinung, daß nach einer so gründlichen gerichtlichen Untersuchung jeder, der sich nicht bewußt belügt, alle vier Fragen bejahend beantworten muß.

Die dem Gerichtshof unterbreiteten Beweisurkunden haben ganz klar die Schuld der zur Militärgruppe gehörenden Verbrecher an den schwersten Verbrechen und ihre aktive Mitarbeit an der Planung und Durchführung der gemeinsamen verbrecherischen Verschwörung erwiesen.

Der Umstand, daß diese Verbrechen von Personen in Militäruniform begangen wurden, mildert ihre Verantwortlichkeit nicht, sondern, wie mir scheint, erhöht sie wesentlich.

Wie können sie sich zu ihrer Reinwaschung auf die »Soldatenpflicht«, die »Offiziersehre«, die »Verpflichtung, Befehle auszuführen«, berufen? Kann man denn mit »Soldatenpflicht« und »Offiziersehre« Erschießungen ohne vorheriges Gerichtsverfahren und die Brandmarkung von Kriegsgefangenen, die Massenhinrichtungen von Frauen, Greisen und Kindern vereinbaren?

Die einzig richtige, realistische Erklärung für die erstaunliche Tatsache, daß diese Generale und Admirale sich mit schmutzigen Verbrechen befaßten, besteht darin, daß sie Generale und Admirale von Hitlers Gnaden waren. Sie sind Menschen einer besonderen Art, sie sind Faschisten in Militäruniform, mit Leib und Seele dem nazistischen Regime ergeben.

Dadurch erklärt sich auch, daß Hitler sie in seine nähere Umgebung berief und so lange Zeit mit ihnen zusammengearbeitet hat. Nur so kann man erklären, daß sie mit Hitler bei der Durchführung der in der Geschichte allein dastehenden, scheußlichen Verbrechen zusammenarbeiteten. Sie paßten gut zueinander und verstanden einander voll und ganz.