HOME

<< Zurück
|
Vorwärts >>

Frick.

Mit dem Namen des Angeklagten Wilhelm Frick ist die Geschichte der Entwicklung der Nazi-Bewegung in Deutschland und die vielfachen Verbrechen der Hitleristen untrennbar verbunden.

Als Innenminister der Hitler-Regierung nahm Frick an der Herausgabe vieler Gesetze, Anordnungen und anderer Akte teil, welche die Vernichtung der Demokratie in Deutschland, die Verfolgung der Kirche, die Diskriminierung der Juden und so weiter zum Ziele hatten.

In dieser Eigenschaft war der Angeklagte Frick an der Schaffung eines totalitären Hitler-Staates aktiv beteiligt.

Jahrelang war dem Angeklagten Frick die finstere und berüchtigte deutsche Geheime Staatspolizei – Gestapo – unterstellt.

Kein anderer als der Angeklagte Frick war es, der im Jahre 1940 den Befehl für die Vernichtung der Geisteskranken und der Greise erlassen hatte.

In seiner Eigenschaft als Innenminister Hitler- Deutschlands war Frick, wie auch aus der Aussage des Zeugen Gisevius zu ersehen ist, über das im Dritten Reich weitverbreitete System der Konzentrationslager und über die dort herrschenden grauenvollen Lebensbedingungen völlig unterrichtet.

Eine bedeutende Rolle spielte der Angeklagte Frick auch bei der Vorbereitung und Ausführung der Angriffspläne der Hitler-Regierung. Er war ein Mitglied des Reichsverteidigungsrates und Generalbevollmächtigter für die Verwaltung.

Alle Dokumente, mit welchen die Hitler-Verschwörer die Angliederung der eroberten Gebiete an Deutschland legalisierten, wurden außer von anderen hitlerischen Rädelsführern ebenfalls von Frick unterzeichnet.

Persönlich trägt der Angeklagte Frick in seiner Eigenschaft als Protektor von Böhmen und Mähren die Verantwortung für alle von den Hitleristen auf diesem Gebiet verübten Verbrechen.

Das vom Angeklagten Frick geleitete Innenministerium hat nach dem verräterischen Angriff Hitler- Deutschlands auf die Sowjetunion äußerst rege an dem Aufbau der Verwaltung in den besetzten Gebieten der USSR teilgenommen. Der Verwaltungsapparat der deutschen Besatzungsmacht im Osten bestand in der Hauptsache aus Beamten des Innenministeriums.

Es ist überflüssig zu wiederholen, welche Rolle dieser Verwaltungsapparat bei der Vernichtung, der Verschleppung in die Sklaverei und bei anderen unmenschlichen Vergehen gegen die friedliche Bevölkerung der besetzten Gebiete gespielt hat. Dieser Verwaltungsapparat war unter aktivster Anteilnahme des Angeklagten Frick geschaffen.

Für alle diese Verbrechen trägt Frick als aktiver Teilnehmer an der Nazi-Verschwörung die unmittelbare und volle Verantwortung.

Streicher.

Obwohl der Angeklagte Julius Streicher während der Kriegsjahre formell keine Posten innehatte, die unmittelbar mit der Ausführung von Morden und Massenhinrichtungen im Zusammenhang standen, ist es doch schwer, die Verbrechen dieses Menschen zu überschätzen.

Gemeinsam mit Himmler, Kaltenbrunner, Pohl, mit denen, die die Gaskammern und Gaswagen ersannen, erbauten und in Betrieb nahmen, gemeinsam mit denen, die unmittelbar Massenaktionen durchführten, muß Streicher die Verantwortung für die grausamsten Verbrechen des deutschen Faschismus tragen.

Das Entfachen von Zwistigkeiten über nationale und Rassenunterschiede, die Erziehung zu perversen Grausamkeiten und der Aufruf zum Mord waren nicht nur eine langjährige Parteipflicht, sondern auch eine gewinnbringende Spezialität dieses Mannes.

Es ist auch kein Zufall, daß Himmler die Dienste des »Stürmer« und seines Chefredakteurs in seiner dem Gerichtshof bereits bekannten Bewillkommnung vom April 1937 so hoch eingeschätzt hatte.

Man kann Streicher als den echten »geistigen Vater« derer ansehen, die in Treblinka Kinder entzweirissen. Ohne den »Stürmer« und seinen Redakteur hätte der deutsche Faschismus nicht so schnell und in solchen Ausmaßen Mörder erziehen können, welche die verbrecherischen Pläne Hitlers und seiner Clique direkt ausführten, indem sie mehr als sechs Millionen Juden Europas vernichteten.

Lange Jahre hindurch hat Streicher die Kinder und die Jugend Deutschlands seelisch vergiftet. Dem Gerichtshof sind abscheuerregende Jugendausgaben des »Stürmer« vorgelegt worden. Und deshalb muß Streicher gemeinsam mit Baldur von Schirach die Verantwortung dafür tragen, daß die moralisch zersetzte »Hitlerjugend« jüdische Kinder aus dem Lemberger Ghetto als Schießscheiben benutzte. Es ist kein Zufall, daß von Schirach Streichers »historische Verdienste« so hoch einschätzte.

Die fanatischen Nürnberger Gesetze waren für diesen »Judenfeind Nummer 1«, wie er sich selbst nannte, und für diesen Organisator der ersten Judenpogrome nur »der Anfang des Kampfes«. Wie der Gerichtshof sich erinnern wird, schrieb Streicher, indem er nach der Veröffentlichung dieser Gesetze zur physischen Vernichtung der Juden Europas aufrief:

»Erst, wenn das Weltjudentum vernichtet wird, wird dieses Problem gelöst sein.«

Ich will auch nicht auf die verlogenen und schändlichen Ritualmordnummern des »Stürmer« zurückkommen, die die SS-Männer zur Ermordung von Millionen wehrloser Menschen aufhetzen und jedwede Bestialität gegen Juden rechtfertigen sollten. Diese Beweise für Streichers Schuld, die dem Gerichtshof neben anderen vorgelegt wurden, sind allgemein bekannt und unbestreitbar.

Im Jahre 1939 schrieb er – und gab damit einen Vorgeschmack von Maidanek und Treblinka –, daß

»möglicherweise nur die Gräber der Juden bekunden werden, daß diese jemals in Europa existiert hätten«.

Im Jahre 1943, als die Gaskammern von Treblinka und Auschwitz schon Millionen von Opfern forderten, erschienen im »Stürmer« Artikel, die zur Liquidierung des Ghettos aufriefen, Artikel voller Lüge und Gemeinheit, und schließlich machte der »Stürmer« mit sadistischer Befriedigung folgende Feststellung:

»Die Juden in Europa sind verschwunden.«

Streicher hat sein ganzes Leben lang gelogen. Er versuchte auch hier vor dem Gerichtshof zu lügen. Ich weiß nicht, ob er mit seinen Lügen jemanden zu täuschen hoffte oder ob er nur aus Gewohnheit und Angst log.

Es scheint mir jedoch, daß es sogar selbst dem Angeklagten klar sein müßte, daß seine letzte Lüge niemanden mehr täuschen und ihm keine Rettung bringen wird.