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Seyß-Inquart.

Der Angeklagte Arthur Seyß-Inquart ist von Hitler Anfang September 1939 zum Chef der Zivilverwaltung in Südpolen und am 12. Oktober desselben Jahres zum Stellvertreter des Generalgouverneurs in Polen ernannt worden. Auf diesem Posten ist er bis Mai 1940 verblieben.

Sieben Monate lang hat Seyß-Inquart persönlich unter der Leitung von Frank und mit ihm zusammen die Errichtung des Terror-Regimes in Polen betrieben. Er hat an der Vorbereitung und Durchführung der Pläne zur Vernichtung vieler Tausender von Menschen, zur wirtschaftlichen Ausplünderung und zur Versklavung der Völker des Polnischen Staates aktiv teilgenommen.

Am 17. November 1939 hat Seyß-Inquart eine Ansprache an die Abteilungs- und Verwaltungschefs des Gouvernements Warschau gehalten, in der er unter anderem ausführte, daß

»... oberste Richtschnur bei der Durchführung der deutschen Verwaltung im General-Gouvernement lediglich das Interesse des Deutschen Reiches sein müsse. Es müsse eine harte und einwandfreie Verwaltung das Gebiet der deutschen Wirtschaft nutzbar machen; um sich vor übergroßer Milde zu bewahren, müsse man sich die Folgen des Hereinbruches des Polentums in den deutschen Raum vergegenwärtigen.«

Zwei Tage später hat Seyß-Inquart dem Gouverneur von Lublin, SS-Brigadeführer Schmidt, folgende Weisung erteilt:

»Die Schätze und die Bewohner dieses Landes müßten für das Reich nutzbar gemacht werden und könnten nur in diesem Rahmen ihr Fortkommen finden. Ein eigener politischer Gedanke dürfe sich nicht mehr entwickeln. Der Weichselraum sei vielleicht für das Deutschtum noch schicksalhafter wie der Rhein.« (Beweisstück US- 706.)

Aus dem Bericht über eine Dienstreise Seyß-Inquarts geht hervor, daß der Gouverneur von Warschau, Fischer, den Angeklagten darüber unterrichtet hat, daß alle Bestände an Gold und Edelmetallen sowie alle Wechsel der Warschauer Banken der Reichsbank überwiesen worden seien, während die polnische Bevölkerung ihre Depositen in den Banken zu lassen hätte. Außerdem stellt dieser Bericht fest, daß die deutsche Verwaltung Zwangsarbeiter beschäftige und daß der Lubliner Gouverneur Schmidt in Gegenwart Seyß-Inquarts folgendes erklärte:

»Dieses Gebiet mit seinem stark sumpfigen Charakter könnte als Judenreservat dienen, welche Maßnahme womöglich eine starke Dezimierung der Juden herbeiführen könnte.«

Ich lenke die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs auf die Tatsache, daß gerade in Maidanek bei Lublin die Hitler-Henker die riesige Todesfabrik errichteten, in der sie zirka anderthalb Millionen Menschen umgebracht haben.

Es ist ebenfalls bekannt, daß Seyß-Inquart in seiner Eigenschaft als Stellvertreter Franks in dessen Namen »Sonderaufträge« ausgeführt hat.

Am 8. Dezember 1939 hat Seyß-Inquart an einer Konferenz teilgenommen, auf der folgende Fragen behandelt wurden:

Die Ernennung Franks zum stellvertretenden Beauftragten für den Vierjahresplan; der Auftrag an den Generalgouverneur, »für das Reich aus der Wirtschaft des Generalgouvernements das Beste und Wertvollste herauszuholen«; die Tatsache, daß aus den neu angegliederten Gebieten viele Züge mit Polen und Juden angekommen waren und daß nach Mitteilung des SS-Obergruppenführers Krüger diese Transporte bis Mitte Dezember fortdauern würden: der Erlaß einer Ergänzungsverordnung, durch die die Arbeitspflicht auf die Altersstufen von 14 bis 18 Jahren ausgedehnt wurde.

Am 21. April 1940 hat der Angeklagte an einer Besprechung teilgenommen, auf der Maßnahmen zur Zwangsverschleppung polnischer Arbeiter nach Deutschland ausgearbeitet wurden.

Am 16. Mai 1940 hat der Angeklagte an der Ausarbeitung der »AB-Aktion« teilgenommen, die nichts anderes war als ein vorbedachter Plan für die Massenvernichtung der polnischen Intelligenz.

Bei der Ernennung Seyß-Inquarts zum Reichskommissar für die Niederlande haben Frank und sein würdiger Stellvertreter Abschiedsansprachen gewechselt:

»Ich freue mich sehr« – sagte Frank –, »Ihnen versichern zu können, daß das Andenken an Ihre Tätigkeit im Generalgouvernement für immer bei der Bildung des neuen Deutschen Friedensreiches bewahrt bleibt.«

»Ich habe hier« – erwiderte Seyß-Inquart – »viel gelernt... und zwar auf Grund der initiativen entschlossenen Führung, wie ich sie von meinem Freund Dr. Frank gesehen habe.... Ich bin meiner ganzen Einstellung nach auf den Osten eingerichtet. Im Osten haben wir eine nationalsozialistische Mission, drüben im Westen haben wir eine Funktion.«

Welcher Art die Funktion Seyß-Inquarts im Westen sowie aller übrigen Reichsminister und Kommissare in allen von den Deutschen besetzten Gebieten war, ist bekannt. Es ist die Funktion des Henkers und des Plünderers.

Meine Kollegen haben ausführlich über die verbrecherische Rolle Seyß-Inquarts bei der Inbesitznahme Österreichs und bei der Durchführung anderer Angriffspläne der Hitler-Verschwörer berichtet. Sie haben anschaulich gezeigt, wie Seyß-Inquart die blutigen Erfahrungen, die er während seiner Zusammenarbeit mit Frank in Polen gesammelt hatte, in den Niederlanden verwandt hat. Diese Tatsachen veranlassen mich, die Anklage gegen Seyß-Inquart, wie sie in der Anklageschrift formuliert ist, in vollem Umfange zu unterstützen.