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[Der Zeuge verläßt den Zeugenstand.]

VORSITZENDER: Wollen Sie Ihren nächsten Zeugen rufen, Dr. Servatius?

DR. SERVATIUS: Mit Erlaubnis des Hohen Gerichts rufe ich dann den Kreisleiter Willi Meyer-Wendeborn.

[Der Zeuge betritt den Zeugenstand.]

VORSITZENDER: Geben Sie Ihren vollen Namen an.

ZEUGE WILLI MEYER-WENDEBORN: Willi Meyer-Wendeborn.

VORSITZENDER: Sprechen Sie mir den folgenden Eid nach: »Ich schwöre bei Gott, dem Allmächtigen und Allwissenden, die reine Wahrheit zu sagen, nichts zu verschweigen und nichts hinzuzufügen.«

[Der Zeuge spricht die Eidesformel nach.]

VORSITZENDER: Setzen Sie sich.

DR. SERVATIUS: Herr Zeuge! Wann sind Sie geboren?

MEYER-WENDEBORN: Am 24. Juni 1891.

DR. SERVATIUS: Sie waren zwölf Jahre Kreisleiter in Cloppenburg (Oldenburg) im Gau Weser-Ems, von 1934 bis 1945, und haben daneben wiederholt den benachbarten Kreis Vechta vertretungsweise geführt. Vorher waren Sie etwa einundeinhalb Jahre Ortsgruppenleiter. Ist dies richtig?

MEYER-WENDEBORN: Elf Jahre im Kreis Cloppenburg.

DR. SERVATIUS: Das war von 1934 bis?

MEYER-WENDEBORN: Von 1934 bis 1945.

DR. SERVATIUS: Haben Sie über diesen Kreis hinaus einen Überblick über die Verhältnisse in anderen Kreisleitungen gehabt?

MEYER-WENDEBORN: Das konnte ich einmal schon als Ortsgruppenleiter und später auch als Kreisleiter, weil ich mit den Politischen Leitern, auch mit den Kreisleitern, wiederholt zusammenkam.

DR. SERVATIUS: Waren Sie als Kreisleiter hauptamtlich gegen Gehalt angestellt oder ehrenamtlich?

MEYER-WENDEBORN: Die erste Hälfte ehrenamtlich, zuletzt hauptamtlich gegen Gehalt.

DR. SERVATIUS: Welche Politischen Leiter waren in der Kreisleitung sonst gegen Gehalt angestellt?

MEYER-WENDEBORN: Der Kreisgeschäftsführer, der Propagandaleiter, der Schulungsleiter, der Kassenleiter.

DR. SERVATIUS: Erhielten die hauptamtlichen Politischen Leiter im Kreis besondere geheime Instruktionen?

MEYER-WENDEBORN: Nein, niemals.

DR. SERVATIUS: Hatten sie einen besseren Einblick in die Verhältnisse?

MEYER-WENDEBORN: Sie kamen mehr herum als die anderen und horten mehr.

DR. SERVATIUS: Aus welchen Personen setzte sich die Kreisleitung zusammen?

MEYER-WENDEBORN: Einmal die Haupt- oder Führungsämter, das waren: Organisation, Propaganda, Schulung und Personal, und nachher die betreuenden und Fachämter, wie Kreisbauernführer, der Obmann der Deutschen Arbeitsfront, der Leiter der NSV, der Leiter des Amtes für Erzieher und der Leiter des Amtes für Beamte.

DR. SERVATIUS: Wurden die Mitglieder der Kreisleitung mit ihrer Ernennung Mitglieder eines Korps der Politischen Leiter?

MEYER-WENDEBORN: Eine Ernennung zum Mitglied des Korps der Politischen Leiter hat es nicht gegeben. Wenn der betreffende Parteigenosse ernannt war, wurde er Politischer Leiter.

DR. SERVATIUS: Ist Ihnen eine Anordnung von Heß bekannt, wonach die Bezeichnung »Politische Organisation« oder »Korps der Politischen Leiter« verboten wurde?

MEYER-WENDEBORN: Die Bezeichnung »Politische Organisation« ist durch den damaligen Stellvertreter des Führers verboten worden.

DR. SERVATIUS: Sie hielten als Kreisleiter Besprechungen der Kreisleitung ab. Wer nahm an diesen Besprechungen teil?

MEYER-WENDEBORN: Es gab zwei Arten von Besprechungen: Eine im engeren Kreis, das war der Kreisstab. Und eine im weiteren Rahmen, daran nahmen auch Vertreter der Behörden und solche Männer teil, die ein Interesse hatten, besondere Sachen vorzubringen.

DR. SERVATIUS: War der Inhalt der Besprechungen rein wirtschaftlicher Art, oder wurden auch politische Fragen besprochen?

MEYER-WENDEBORN: In der Hauptsache handelte es sich um Fragen der Fürsorge und Betreuung für die Kreisbewohner. Am Schluß habe ich dann meistens einen kurzen Überblick über die letzten Wochen gegeben.

DR. SERVATIUS: Wurden nicht auch politisch-kritische Fragen behandelt und hierzu Anweisungen gegeben, die sich etwa auf die Beseitigung der Widerstände gegen die Führung eines Angriffskrieges bezogen, zum Beispiel Anweisungen in der Judenfrage, der Kirchenfrage, in der Gewerkschaftsfrage und der Verhaftung politischer Gegner?

MEYER-WENDEBORN: Besondere Anweisungen hatte ich nicht zu geben. Es war strikte verboten, eigene Politik zu machen. Wir haben niemals etwas von Kriegsvorbereitungen gehört. Wenn irgendwelche Maßnahmen gegen politische Gegner zu ergreifen waren, so war das Sache des Staates.

DR. SERVATIUS: Welche Anweisungen wurden bezüglich der Judenfrage gegeben, und was war ihr Ziel?

MEYER-WENDEBORN: In der Judenfrage, die bei uns in einem ländlichen Kreis keine so große Bedeutung hatte, behandelten wir hauptsächlich das grundsätzliche Thema, also Zurückführung des jüdischen Einflusses auf eine Zahl von Juden, die ihrer Gesamtstärke in Deutschland entsprach.

DR. SERVATIUS: Welche Anweisungen wurden von Ihnen als Kreisleiter in der Kirchenfrage gegeben, und was war deren Ziel?

MEYER-WENDEBORN: Der Kampf gegen die Kirchen war grundsätzlich verboten. Ich brauchte dazu auch keine Anweisungen zu geben, denn meine Männer waren durchweg katholisch und in der Kirche verblieben.

DR. SERVATIUS: Wie war es mit den antijüdischen Aktionen am 9. und 10. November 1938? Was wurden da für Anweisungen gegeben?

MEYER-WENDEBORN: Ich habe keinerlei Anweisungen erhalten und wurde vor die vollendete Tatsache gestellt. Ich habe dann festgesetzte Juden im Einvernehmen mit dem Landrat sofort in Freiheit gesetzt und anschließend von meiner Gauleitung striktes Verbot erhalten, Politische Leiter oder Parteigenossen irgendwie einzusetzen. Mehr ist dann bei uns auch nicht geschehen.

DR. SERVATIUS: Welche Anweisungen wurden in der Frage der Gewerkschaften gegeben, und was war ihr Ziel?

MEYER-WENDEBORN: Wir wurden durch die Maßnahmen des damaligen Reichsleiters Dr. Robert Ley am 1. oder 2. Mai vollkommen überrascht und hatten selbst als Politische Leiter damit nichts zu tun. Irgendwelche Anweisungen sind daher nicht ergangen.

DR. SERVATIUS: Welche Anweisungen gaben Sie als Kreisleiter bezüglich der politischen Gegner?

MEYER-WENDEBORN: Die Behandlung der politischen Gegner war in erster Linie eine Aufgabe der staatlichen Organe. Wenn ich irgend jemand als Gegner vermutete, so habe ich regelmäßig mit ihm eine Aussprache herbeigeführt. Ich habe daher auch wenig Anweisungen oder Maßnahmen treffen brauchen.

DR. SERVATIUS: Bestand nicht tatsächlich eine so enge Verbindung zwischen Staatspolizei und Kreisleitung, daß diese praktisch die Verhaftung der politischen Gegner jederzeit nach Willkür durchsetzen konnte?

MEYER-WENDEBORN: Das wäre gut gewesen. Und als ich das beim Gauleiter wiederholt anregte, sagte der damalige Gauleiter Karl Röver, es handle sich hier um Maßnahmen des Staates, die uns als Politische Leiter nichts angingen.

DR. SERVATIUS: Herr Zeuge! Sie haben mich nicht verstanden. Ich wollte fragen, ob Sie die Möglichkeit hatten, Verhaftungen vornehmen zu lassen auf Grund Ihrer engen Beziehungen zur Staatspolizei?

MEYER-WENDEBORN: Nein, das konnte ich nicht. Ich hatte keine engen Beziehungen zur Staatspolizei und habe auch nie Gelegenheit gehabt, Leute verhaften zu lassen oder verhaften zu müssen.

DR. SERVATIUS: Wurde nicht auf Anordnungen der übergeordneten Parteistellen eine Gegnerkartei geführt?

MEYER-WENDEBORN: Wir haben nie eine Gegnerkartei geführt, weder im Kreis noch in der Ortsgruppe.

DR. SERVATIUS: Hat die Gestapo eine solche Kartei geführt, und haben Sie dabei geholfen?

MEYER-WENDEBORN: Das kann ich Ihnen nicht sagen. Gesagt haben sie es mir niemals, ich weiß es nicht. Geholfen habe ich dazu keinesfalls.

DR. SERVATIUS: Forderten Sie als Kreisleiter nicht »Stimmungsberichte« und politische Beurteilungen an, die auf Grund einer Haushaltkartei erstattet wurden, und waren diese nicht Spitzelberichte?

MEYER-WENDEBORN: Eine Haushaltskartei hat es in meinem Kreis nicht gegeben. Es war beabsichtigt, eine solche aufzustellen, es ist aber nicht dazu gekommen. Spitzelberichte habe ich nie angefordert, hätte ich auch nie bekommen, sondern ich habe mir Stimmungsberichte ausgebeten über die Auswirkung von Maßnahmen des Staates und der Partei.

DR. SERVATIUS: Und was war der Zweck der Stimmungsberichte?

MEYER-WENDEBORN: Wir wollten sehen, wie sich neue Gesetze, Anordnungen in der breiten Masse auswirken.

DR. SERVATIUS: Wie erhielten Sie Ihre Anweisungen durch den Gauleiter?

MEYER-WENDEBORN: Ich bekam meine Anweisungen schriftlich und auch mündlich.

DR. SERVATIUS: Nahmen die Kreisleiter an Besprechungen der Gauleiter teil, und wer war bei solchen Besprechungen zugegen?

MEYER-WENDEBORN: Wir haben nicht immer teilgenommen, nur dann, wenn etwas verhandelt wurde, was den eigenen Kreis besonders interessierte. An Besprechungen der Gauleitung nahmen die Gauamtsleiter und Referenten teil.

DR. SERVATIUS: Was war der Inhalt dieser Besprechungen? Entsprach das dem, was Sie vorhin von den Kreisleiterbesprechungen gesagt haben?

MEYER-WENDEBORN: Es war ungefähr dasselbe, nur vergrößert auf die ganze Ebene eines Gaues.

DR. SERVATIUS: Wie wurden die Ortsgruppenleiter von Ihnen unterrichtet? Geschah das im Sinne der Besprechungen in Gau- und Kreisleitung, oder wurden dort etwas geänderte Mitteilungen weitergegeben, also falsche Mitteilungen?

MEYER-WENDEBORN: Ich habe meine Männer nach Besprechungen beim Gauleiter regelmäßig über das informiert, was ich dort gehört habe, und das habe ich so weitergegeben, wie es mir mein Gauleiter erzählt hat.

DR. SERVATIUS: Wie erfolgte die Zusammenarbeit mit der SA? War diese in der Kreisleitung vertreten?

MEYER-WENDEBORN: Ich habe der SA freigestellt, an unseren Besprechungen teilzunehmen. Der Ortsführer kam hin und wieder und hörte das, was wir im allgemeinen besprachen.

DR. SERVATIUS: Konnten Sie der SA Befehle geben oder sie anfordern?

MEYER-WENDEBORN: Ich konnte der SA keine Befehle geben. Ich konnte lediglich über deren vorgesetzte Dienststelle ihre Hilfe für irgendwelche Propagandamaßnahmen, Sammlungen, Arbeitshilfe und so weiter anfordern.

DR. SERVATIUS: Welche Zusammenarbeit bestand mit der Allgemeinen SS? War sie in der Kreisleitung vertreten?

MEYER-WENDEBORN: Wir hatten am Ort keinen SS-Führer. Die SS hat von sich aus nichts unternommen, um irgendwie in der Kreisleitung vertreten zu sein.

DR. SERVATIUS: Hatten Sie einen Einblick in die Maßnahmen, die die SS bezüglich Schutzhaft und Konzentrationslagern traf?

MEYER-WENDEBORN: Nein, ich hatte keinen Einblick.

DR. SERVATIUS: Haben Sie einmal versucht, einen solchen Einblick zu bekommen?

MEYER-WENDEBORN: Jawohl, es war etwa 1935. Es ist mir aber nicht gelungen, einen Einblick zu bekommen. Der Besuch eines Konzentrationslagers, das ich nicht wegen irgendwelcher vermuteter Greuel besuchen wollte, sondern weil es mir neu war, wurde mir verweigert.

DR. SERVATIUS: Und was wurde als Grund angegeben?

MEYER-WENDEBORN: Ich möchte mir diese Erlaubnis über das Reichssicherheitshauptamt besorgen. Ich habe das der Gauleitung gesagt, weil ich persönlich mit dem Reichssicherheitshauptamt nicht in Verbindung treten durfte. Die Gauleitung hat dann abgeraten, weil das doch sehr umständlich wäre.

DR. SERVATIUS: Wissen Sie, ob das Reichssicherheitshauptamt zuständig war?

MEYER-WENDEBORN: Das kann ich nicht sagen.

DR. SERVATIUS: Haben Sie in Ihrem Kreis Anweisungen erhalten oder gegeben bezüglich des Lynchens von notgelandeten Fliegern?

MEYER-WENDEBORN: Wir hatten viele Notlandungen. Ich habe dazu niemals irgendwelche Anweisungen gegeben oder zu geben brauchen.

DR. SERVATIUS: Sie kennen aber sicher den Bormann-Brief und andere Dokumente, die sich mit dieser Frage befassen. Ist Ihnen nichts davon bekanntgeworden als Kreisleiter?

MEYER-WENDEBORN: Den Bormann-Brief habe ich nicht mehr erhalten, dagegen am Rundfunk den betreffenden Artikel des Reichspropagandaministers gehört.

DR. SERVATIUS: Und was ist darauf in Ihrem Kreis geschehen? Ist danach gehandelt worden, was Goebbels am Radio erklärte?

MEYER-WENDEBORN: Es wurde weiterhin nach dem allgemeinen Kriegsrecht gehandelt und die Männer, die dort niedergegangen sind, sind durchweg sehr gut behandelt worden. Das liegt im ganzen Charakter der Bevölkerung.

DR. SERVATIUS: Haben Sie Anweisungen erhalten oder gegeben, die eine schlechte Behandlung der Kriegsgefangenen oder der ausländischen Arbeiter bestimmten, oder haben Sie solche Mißhandlungen geduldet?

MEYER-WENDEBORN: Anweisung für Kriegsgefangene konnte ich nicht geben, das war Ressort der Wehrmacht. Ich habe aber dafür gesorgt und auch darauf gesehen, daß ausländische Arbeiter bei uns gut behandelt wurden, und wenn schon einmal Schlägereien oder ähnliche Zwischenfälle vorkamen, dann habe ich über das Arbeitsamt sofortigen Abzug veranlaßt und die Betreffenden zunächst einmal einige Wochen ohne Hilfe gelassen.

DR. SERVATIUS: Also Anweisungen über eine unrechte Behandlung dieser Fremdarbeiter sind Ihnen nicht zugegangen?

MEYER-WENDEBORN: Nein. Ich wurde im Gegenteil aufgefordert, auf eine gute Behandlung zu sehen.

DR. SERVATIUS: War die Einstellung der Politischen Leiter in Ihrem Kreise bezüglich der vorhin erörterten politischen kritischen Fragen eine Ausnahme, oder war das die Einstellung auch über Ihren Kreis hinaus, soweit Sie beurteilen konnten? War das allgemein so?

MEYER-WENDEBORN: Ich habe vor dem Krieg das Gefühl gehabt, daß die Einstellung allgemein gewesen ist. Auch im Krieg und während meiner Zeit im Lager Fallingbostel, als ich mithalf, eidesstattliche Erklärungen zu bekommen, habe ich mich endgültig überzeugen können, daß das, was ich Ihnen hier sage, für jene Tausende allgemein gewesen ist.

DR. SERVATIUS: Sie haben diese eidesstattlichen Versicherungen gesichtet und gesammelt?

MEYER-WENDEBORN: Jawohl.

DR. SERVATIUS: Haben Sie da nicht ungünstige zurückgewiesen?

MEYER-WENDEBORN: Nein, das habe ich niemals getan. Es waren auch keine ungünstigen dabei.

DR. SERVATIUS: Wie erklären Sie dann die tatsächlichen Vorfalle auf diesen Gebieten, zum Beispiel in Bezug auf die Kirchenfrage und Judenfrage?

MEYER-WENDEBORN: Von dem Umfang dieser ganzen Sachen haben wir niemals Kenntnis gehabt, und das, was ich erfuhr, das war nicht sehr groß. Es kam einmal vor, daß der eine oder andere Mann irgendein Erlebnis aus der Kampfzeit nicht vergessen hatte und daß er irgendwelche Anweisungen falsch verstand und dann Dummheiten machen wollte. Aber im allgemeinen haben wir diese Dinge bei uns nicht erlebt und nichts davon gewußt.

DR. SERVATIUS: Sind Ihnen auch keine zur Kenntnis gekommen?

MEYER-WENDEBORN: Nein.

DR. SERVATIUS: Mußte nicht das Verhalten der SS und insbesondere die Weigerung, einen Einblick ins Konzentrationslager zu geben, starke Bedenken hervorrufen? Es waren doch wohl Gerüchte über die Konzentrationslager im Umlauf?

MEYER-WENDEBORN: Ich habe diese Weigerung, mir Einblick zu geben, nicht so gesehen, als wenn man irgendwelche Verbrechen vertuschen wollte, sondern bei dem Charakter der SS habe ich angenommen, daß es mehr eine gewisse Selbstherrlichkeit war, und daß sie eben meinte: Das ist unser Aufgabengebiet, und das geht euch Politische Leiter nichts an.

DR. SERVATIUS: Haben Sie die tatsächliche Praxis der Partei, in allen Punkten gebilligt?

MEYER-WENDEBORN: Nein, das habe ich nicht immer getan und habe auch mit meinem alten Gauleiter darüber gesprochen.

DR. SERVATIUS: Waren das schwere Beanstandungen, die Sie hatten?

MEYER-WENDEBORN: Schwere Beanstandungen waren das nicht, aber nach dieser Judensache damals im November habe ich darauf aufmerksam machen müssen, wie sich das im Auslande auswirken wird. Ich hatte erfahren, daß Männer in hohen Stellungen damit nicht einverstanden gewesen sind, und das machte mir Mut, auch meinerseits etwas zu sagen.

DR. SERVATIUS: Haben Sie einmal überlegt, ob Sie Ihr Amt weiterführen oder ob Sie es niederlegen sollten?

MEYER-WENDEBORN: Wenn ich es niedergelegt hätte, hätte ich nichts gebessert, eher verschlechtert, denn nach 20 Jahren in dem Kreis hätte mein Nachfolger meine Leute nicht so gekannt, und so konnte ich die Fehler rechtzeitig erkennen und ausgleichen.

VORSITZENDER: Ist das alles, was Sie fragen wollen?

DR. SERVATIUS: Ich hätte noch eine oder zwei Fragen morgen zu stellen.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof vertagt sich nunmehr.