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[Der Zeuge verläßt den Zeugenstand.]

DR. SERVATIUS: Ich rufe mit Erlaubnis des Gerichts den letzten Zeugen, Hupfauer, für die Fachämter, insbesondere für die Deutsche Arbeitsfront.

[Der Zeuge betritt den Zeugenstand.]

VORSITZENDER: Geben Sie Ihren vollen Namen an, bitte.

ZEUGE DR. THEO HUPFAUER: Dr. Theo Hupfauer.

VORSITZENDER: Sprechen Sie mir diesen Eid nach: »Ich schwöre bei Gott, dem Allmächtigen und Allwissenden, daß ich die reine Wahrheit sagen, nichts verschweigen und nichts hinzufügen werde.«

[Der Zeuge spricht die Eidesformel nach.]

VORSITZENDER: Sie können sich setzen.

DR. SERVATIUS: Herr Zeuge! Wann sind Sie geboren?

HUPFAUER: Am 17. Juli 1906.

DR. SERVATIUS: Sie waren acht Jahre, von 1936 bis 1944. Politischer Leiter in der obersten Stelle der DAF, der Deutschen Arbeitsfront, nämlich im Zentralbüro bei Dr. Ley und anschließend bis 1945 Verbindungsmann der DAF zum Rüstungsministerium Speer. Ist das richtig?

HUPFAUER: Ich war...

DR. SERVATIUS: Herr Zeuge! Sie müssen mit der Antwort warten, bis die Dolmetscher übersetzt haben.

HUPFAUER: Ich war bis 1944 Amtsleiter im Zentralbüro der Deutschen Arbeitsfront.

DR. SERVATIUS: Und als solcher Politischer Leiter?

HUPFAUER: Und als solcher Politischer Leiter. Nach meiner Ernennung war ich seit 1942 Verbindungsmann der Deutschen Arbeitsfront zum Rüstungsministerium und war ab Ende 1944 Chef des Zentralamtes im Rüstungsministerium.

DR. SERVATIUS: War die Deutsche Arbeitsfront ein an die Partei angeschlossener Verband, während die politische Führung durch die Partei selbst erfolgte?

HUPFAUER: Die Deutsche Arbeitsfront war eine Organisation mit organisatorischer, finanzieller und personeller Selbständigkeit. Sie war der Partei angeschlossen. Die politischen Führungsaufgaben waren aber Sache der Partei selbst.

DR. SERVATIUS: Hatten die Führer der DAF, die Politische Leiter waren, politische Aufgaben, und waren sie darum Politische Leiter?

HUPFAUER: Die Führer der DAF hatten rein sozialpolitische Aufgaben, und es waren die Führer der DAF Politische Leiter, die dazu ernannt waren.

DR. SERVATIUS: Die Deutsche Arbeitsfront war in den Gauen, Kreisen und Ortsgruppen vertreten durch sogenannte Obmänner. Waren diese Obmänner bei den Parteistäben Politische Leiter?

HUPFAUER: Auch diese gebietlichen Obmänner waren nur dann Politische Leiter, wenn sie dazu ernannt waren.

DR. SERVATIUS: Gab es in der DAF auch Politische Leiter, die nicht in den Parteistäben tätig waren?

HUPFAUER: In den Parteistäben waren an sich nur die gebietlichen Obmänner tätig, alle anderen Funktionäre der Deutschen Arbeitsfront, die Politische Leiter waren, hatten kein Amt in der Partei.

DR. SERVATIUS: War die Zahl derjenigen, die kein Amt hatten und doch Politische Leiter waren, in der Arbeitsfront sehr groß?

HUPFAUER: Der größere Teil der Funktionäre, die Politische Leiter waren, hatten kein Amt in der Partei.

DR. SERVATIUS: Können Sie etwa schätzen, wie viele Menschen es waren?

HUPFAUER: Ich kann eine Zahl dafür nicht angeben, auch keinen Prozentsatz, aber in den von mir betreuten Dienststellen war es der überwiegend größere Teil.

DR. SERVATIUS: Was war die Tätigkeit und Aufgabe der Politischen Leiter, die also nicht in den Stäben saßen?

HUPFAUER: Die Politischen Leiter, die nicht in den Parteistäben waren, hatten die gleichen Aufgaben wie die, die in den Parteistäben waren, also sozialpolitische und fachliche Aufgaben.

DR. SERVATIUS: Alle Personen, die ein Amt in der DAF hatten, die Funktionäre, hießen Amtswalter. Ist das richtig?

HUPFAUER: Jawohl.

DR. SERVATIUS: Waren alle diese Amtswalter gleichzeitig zu Politischen Leitern ernannt?

HUPFAUER: Nein, es war nur ein Teil der Amtswalter ernannt. So kann es zum Beispiel vorkommen und war auch vorgekommen, daß von zwei Funktionären der an sich gleich wichtigen Dienststelle der eine Politischer Leiter war und der andere nicht Politischer Leiter war. Es ist auch vorgekommen, daß der Vorgesetzte keinen Politischen-Leiter-Rang hatte, der Untergebene, der Mitarbeiter, aber Politischer Leiter war.

DR. SERVATIUS: Was war der Zweck der Ernennung zum Politischen Leiter? Solche Amtswalter bekamen spezielle politische Aufgaben und Rechte?

HUPFAUER: Mit der Ernennung zum Politischen Leiter waren besondere Aufgaben und besondere Rechte nicht verbunden.

DR. SERVATIUS: Was hatte es dann für einen Sinn, sie dazu zu ernennen?

HUPFAUER: Das diente im wesentlichen repräsentativen Zwecken, mag praktisch mit der Autorität der Partei, im Ausland, in der Wirtschaft und im Staat aufzutreten, zusammenhängen, hing aber nicht zusammen mit der Dienststellung als solcher.

DR. SERVATIUS: Was war die Tätigkeit der Politischen Leiter als Obmänner bei den Parteistäben?

HUPFAUER: Die Obmänner, die Politische Leiter bei den Parteistäben waren, hatten bezüglich ihres Fachgebietes den Hoheitsträger zu beraten.

DR. SERVATIUS: In welchem zahlenmäßigen Verhältnis standen die Politischen Leiter der DAF zu der Gesamtzahl aller Politischen Leiter? Machten sie einen erheblichen Teil aus?

HUPFAUER: Die DAF war eine Mitgliederorganisation, welche rund 20 Millionen Menschen umfaßte. Ihre Organisationen reichten daher bis in die Ortsgruppen und bis in den Betrieb. Sie hatten daher auch eine Großzahl von Funktionären, und daher war auch ein großer Teil dieser Funktionäre Politische Leiter. Daraus ergibt sich die Tatsache, daß sicherlich der größere Teil der Politischen Leiter insgesamt den Fachgebieten der DAF angehörte.

DR. SERVATIUS: Die DAF war ein sogenannter angeschlossener Verband. Sind Sie in der Lage, über die Stellung der Politischen Leiter in sonstigen Berufs- und Fachverbänden auszusagen?

HUPFAUER: Als Amtsleiter der DAF stand ich selbstverständlich in Verbindung mit den Funktionären anderer Verbände. Ich kann daher nicht im einzelnen, aber im grundsätzlichen Auskunft geben über diese Verbände.

DR. SERVATIUS: War die Stellung der Politischen Leiter in diesen Berufs- und Fachverbänden und in den betreuenden Verbänden in gleicher Weise geregelt wie bei der DAF?

HUPFAUER: Sie war im wesentlichen in gleicher Weise geregelt, das heißt die gebietlichen Leiter dieser Verbände waren ebenfalls verankert in der Partei. Sie hatten auch keinerlei politische Führungsaufgaben, sondern hatten als Leiter von Organisationen die Interessen ihrer Mitglieder wahrzunehmen.

DR. SERVATIUS: Gab es innerhalb dieses Fachverbandes auch wieder Politische Leiter, die nicht in den Parteistäben tätig waren, zum Beispiel bei der NSV?

HUPFAUER: Es gab auch dort Politische Leiter, die nicht im Parteistab tätig waren.

DR. SERVATIUS: Können Sie die wichtigsten dieser Fachverbände, Berufsverbände angeben und die entsprechenden Ämter in den Gau-, Kreis- und Ortsgruppenleitungen?

HUPFAUER: Mir sind folgende Verbände und ihre korrespondierenden Ämter erinnerlich:

Die NSV mit dem Amt für Volkswohlfahrt, der Lehrerbund mit dem Amt für Erziehung, der Beamtenbund mit dem Amt für Beamte, der Bund Deutscher Techniker mit dem Amt für Technik, der Rechtswahrerbund mit dem Rechtsamt.

DR. SERVATIUS: Diese Ämter, die Sie jedesmal hinzugefügt haben, sind in den Parteistellen eingerichtet, in den Parteistäben?

HUPFAUER: Diese Ämter waren in den Parteistäben eingerichtet und wurden in der Regel geleitet von dem gebietlichen Führer der Organisation des angeschlossenen Verbandes.

DR. SERVATIUS: Welches waren die Aufgaben dieser Politischen Leiter?

HUPFAUER: Die Aufgaben dieser Politischen Leiter waren auch Fachaufgaben und keine politischen Führungsaufgaben. Sie hatten den Auftrag, die Interessen ihrer Mitglieder zu vertreten.

DR. SERVATIUS: Wie war das zahlenmäßige Verhältnis dieser Politischen Leiter der Fachgruppe, also derjenigen, die in den Parteistäben saßen als Leiter dieser Ämter, einschließlich derjenigen, die in den Verbänden waren? War das ebenfalls eine große Zahl?

HUPFAUER: Die Zahl richtete sich im wesentlichen nach der Größe der Organisation.

DR. SERVATIUS: Welches war wohl die größte von den genannten?

HUPFAUER: Von den meinerseits genannten Organisationen war außer der DAF die größte die NSV.

DR. SERVATIUS: Hat die DAF im Jahre 1933 die Gewerkschaften zerschlagen?

HUPFAUER: Am 2. Mai 1933 hat die DAF überhaupt nicht existiert. Es waren Funktionäre der Nationalsozialistischen Betriebszellen-Organisation, genannt NSBO, welche die Gewerkschaften damals nicht zerschlagen haben, sondern die Leitung der Gewerkschaften und die Fortführung ihrer Arbeit übernommen haben.

DR. SERVATIUS: Was war der Zweck dieser Maßnahme, möglicherweise den Widerstand der Arbeiter gegen die Partei zu brechen und damit innere Widerstände gegen die Politik eines Angriffskrieges zu beseitigen?

HUPFAUER: Im Mai 1933 waren für den deutschen Arbeiter bereits die ersten fühlbaren Erfolge in der Beseitigung der Millionenarbeitslosigkeit spürbar. Die Situation war die, daß die deutschen Arbeiter wieder sicher waren, wieder Arbeit und Brot zu bekommen. Es kann daher von einem Widerstand dieser Arbeiter gegen die Partei überhaupt nicht die Rede sein. Die Gründung der DAF diente folgenden Zwecken: Einmal war es notwendig, um den wirtschaftlichen Wiederaufbau störungslos vorantreiben zu können und den Arbeitsmarkt wieder zu ordnen, jede Störung durch die sozial-wirtschaftlich schädlichen Arbeitskämpfe, wie Streiks und Aussperrungen, zu vermeiden. Es war daher notwendig, den gerechten Ausgleich innerhalb der Interessen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu finden. Dies machte man am sichersten in einer Gemeinschaftsorganisation von Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

DR. SERVATIUS: Dann wurden also die Organisationen der Arbeitgeber damals ebenfalls aufgelöst?

HUPFAUER: Die Arbeitgeberorganisationen wurden ebenfalls aufgelöst, und zwar mit dem Zweck, durch die Bildung einer Gemeinschaftsorganisation den Klassenkampf zu beseitigen, um damit die unbedingte Voraussetzung zu schaffen für den Aufbau einer wirklich sozialistischen Ordnung.

DR. SERVATIUS: Ist die Übernahme der Gewerkschaften aber nicht mit Gewalt erfolgt unter Einsatz von SA, SS und Polizei, und wurden nicht die Gewerkschaftsführer verhaftet?

HUPFAUER: Am 2. Mai wurden im wesentlichen die Gewerkschaftshäuser durch die Polizei beziehungsweise mit Hilfspolizei, an der SA- und SS-Männer und auch Stahlhelmer beteiligt waren, besetzt. Es wurden auch kurzfristig die Gewerkschaftsführer in Haft genommen. Diese Maßnahme diente dem Zweck, In diesem Augenblick einen Mißbrauch des noch vorhandenen Gewerkschaftsvermögens zu verhindern, um die Arbeit in diesen Organisationen weiterführen zu können.

DR. SERVATIUS: Hat die Nationalsozialistische Betriebszellen-Organisation dann die übernommenen Vermögen für sich in Anspruch genommen, und was hat sie damit gemacht?

HUPFAUER: Dieses Gewerkschaftsvermögen wurde nicht für Zwecke der NSBO in Anspruch genommen, denn diese Organisation finanzierte sich aus den Beiträgen ihrer Mitglieder. Das Vermögen der Gewerkschaften wurde dazu benutzt, um die Betreuungsarbeit weiterzuführen, und es wurde weiterhin dazu benutzt, um die alterworbenen Rechtsansprüche der Gewerkschaftsmitglieder zu wahren, das heißt, die Invaliden-, Kranken- und Sterbeunterstützung und dergleichen an diese Gewerkschaftsmitglieder weiterzuzahlen.

DR. SERVATIUS: Waren damals größere Vermögen vorhanden bei den Gewerkschaften?

HUPFAUER: 1933 war das Ende der Wirtschaftskrise, die 1930 begonnen hatte. Diese Wirtschaftskrise hatte selbstverständlich ihren negativen Einfluß auch auf die Gewerkschaften. Es steht fest, daß auf Grund der Millionenarbeitslosigkeit der Gewerkschafts-Mitgliedernachwuchs ein immer geringerer wurde, daß alte Mitglieder dieser Gewerkschaften in stärkerer Zahl arbeitslos wurden, daß sie zu einem großen Prozentsatz ihre Beiträge nicht mehr bezahlen konnten und ebenfalls zu einem größeren Prozentsatz die Unterstützungskassen dieser Gewerkschaften in Anspruch nehmen mußten, was zu einer Leerung dieser Kassen führte.

DR. SERVATIUS: Hat nicht Dr. Ley selbst zugegeben, daß er das Geld der Gewerkschaften rechtswidrig verwandt habe und mit einem Bein im Gefängnis stehe, wenn der Führer die Fortnahme des Vermögens nicht gesetzlich sanktionierte?

HUPFAUER: Diese Erklärung hat Dr. Ley, wenn ich mich recht erinnere, anläßlich eines Parteitages in Nürnberg im Rahmen eines Leistungsberichtes über die Deutsche Arbeitsfront abgegeben. Er wollte damit zum Ausdruck bringen, daß es ihm daran gelegen war, diese Beschlagnahme des Vermögens, die im Zuge einer politischen Aktion erfolgte, nunmehr gesetzlich zu sanktionieren. In der gleichen Rede spricht er von den bereits gezeigten Leistungen der DAF und weist darin nach, daß dieses Vermögen im Interesse des deutschen Arbeiters verwandt wurde.

DR. SERVATIUS: War der Zweck der Schaffung der DAF nicht der, ein Instrument zu bekommen zum Kampf gegen den Friedenswillen der Arbeiter?

HUPFAUER: Die DAF...

VORSITZENDER: Dr. Servatius! Ist das nicht alles in der Zusammenfassung enthalten?

DR. SERVATIUS: Ich habe die Zusammenfassung nicht gesehen, ich kenne sie nicht.

VORSITZENDER: Nun, die Zusammenfassung ist sechs oder sieben Seiten lang.

DR. SERVATIUS: Ich habe sie nicht gesehen.

VORSITZENDER: Nein, aber war das nicht alles in der Aussage enthalten, die der Zeuge vor der Kommission abgegeben hat?

DR. SERVATIUS: Es läßt sich ja nicht vermeiden, daß bestimmte Dinge hier nochmals vorgebracht werden. Ich habe mich bemüht, sie zusammenzufassen, um einen Gesamteindruck zu bekommen. Ich bin mit der Frage der Gewerkschaften zu Ende. Ich komme dann zu dem Thema: Betreuung der Fremdarbeiter.

Herr Zeuge! Hatten die Arbeiter nicht gerade Nachteile durch die DAF, und protestierten sie gegen die Umwandlung?

HUPFAUER: Ich habe in einer der vorhergehenden Fragen bereits erklärt, daß die DAF im Interesse ihrer Mitglieder, der deutschen Arbeiterschaft insgesamt gearbeitet hat.

DR. SERVATIUS: Das genügt. Erhielt die DAF Anweisungen zur Vorbereitung eines Angriffskrieges?

HUPFAUER: Ich habe die Frage nicht gehört.

DR. SERVATIUS: Sind Ihnen Anweisungen an die DAF bekannt, die auf einen Angriffskrieg Bezug haben?

HUPFAUER: Ich kenne weder eine schriftliche noch eine mündliche Verlautbarung, die die DAF in irgendeiner Beziehung zu einem Angriffskrieg gebracht hätte.

DR. SERVATIUS: War die DAF im Kriege mit der Betreuung der ausländischen Arbeiter beauftragt?

HUPFAUER: Die DAF hat, soviel mir erinnerlich, bereits im Jahre 1938 freiwillig die Betreuung der ausländischen Arbeitskräfte übernommen.

DR. SERVATIUS: Herr Zeuge! Uns interessieren hier die ausländischen Arbeiter, die im Kriege nach Deutschland kamen, insbesondere die, die zwangsverpflichtet waren.

HUPFAUER: Die DAF hat im Kriege die Betreuung aller ausländischen Arbeitskräfte übernommen.

DR. SERVATIUS: Worin bestand die Aufgabe der DAF?

HUPFAUER: Die Aufgabe bestand einmal darin, daß die DAF den Betriebsführer, der laut Gesetz seinen Arbeitern gegenüber fürsorgepflichtig war, in dieser Arbeit unterstützte. Sie hat weiterhin durch eigene überbetriebliche Maßnahmen dem Betriebsführer seinen Betreuungsauftrag zu erleichtern versucht.

DR. SERVATIUS: Ist die Arbeitsfront dieser Betreuungspflicht auch nachgekommen?

HUPFAUER: Die Verhältnisse waren im Kriege besonders schwierig, insbesondere in den Gebieten, die Angriffsziele von feindlichen Bomberverbänden waren.

Ich kann aber erklären, daß die DAF das überhaupt Menschenmögliche in dieser Betreuung getan hat.

DR. SERVATIUS: Sie waren im Jahre 1943/1944 während der schweren Luftangriffe auf das Ruhrgebiet dort von der DAF besonders eingesetzt, um die schwierige Betreuung durchzuführen. Ist das richtig?

HUPFAUER: Ich habe etwa im Juli 1943 den Auftrag bekommen, im Ruhrgebiet selbst tätig zu werden, um trotz der Bombenangriffe die Leistungen der Industriearbeiterschaft zu erhalten und um zu diesem Zweck die örtlichen zuständigen Stellen zu unterstützen.

DR. SERVATIUS: Sind Ihnen aus dieser Zeit die Verhältnisse bei der Firma Krupp bekannt?

HUPFAUER: Ich kenne nicht die Einzelheiten der Betriebsverhältnisse bei der Firma Krupp, kann aber über wesentliche Dinge Auskunft geben, da ich selbst in dieser Zeit zwei- bis dreimal die Krupp-Betriebe, allerdings nicht in ihrer Gesamtheit, aber zum Teil, besucht habe.

DR. SERVATIUS: Was wurde dort unternommen auf dem Gebiet der Betreuung, im großen gesehen?

HUPFAUER: Im wesentlichen kam es immer darauf an, für zwei Dinge zu sorgen, nämlich für die Ernährung der Gefolgschaft und für die Wohnraumbeschaffung. Da die Firma Krupp selbst, genau so wie die Stadt Essen, wiederholt nachhaltig angegriffen wurde durch Bomberverbände, arbeitete gerade dieser Betrieb unter außerordentlich schwierigen Verhältnissen, und es ist oft nötig geworden durch überbetriebliche Institutionen, also durch die DAF, durch das Landeswirtschaftsamt und ähnliche, dem Betrieb zu helfen.

DR. SERVATIUS: Ihnen ist in der Kommission ein Bericht des Dr. Jäger vorgelegt worden, ein Dokument D-288. Dort sind Mißstände bezüglich der Behandlung der Arbeiter angegeben.

Entspricht dieser Bericht den Tatsachen, so wie Sie sie gefunden haben?

HUPFAUER: Ich kann persönlich natürlich nicht untersuchen, inwieweit dieser Bericht des Herrn Dr. Jäger den Tatsachen entspricht. Auf Grund eigener Erfahrungen habe ich jedoch den Eindruck, daß in manchen Punkten die Dinge etwas übertrieben dargestellt wurden von selten des Herrn Dr. Jäger, sicherlich in der guten Absicht, bei den Dienststellen zu wirken, die ihm helfen sollten. Ich erinnere mich, daß Herr Dr. Jäger auch dabei einmal davon spricht, daß die ausländischen Arbeiter nur einen Kaloriensatz von 1000 gehabt hätten. Dazu mochte ich eines sagen, daß es in Deutschland auch während des Krieges auch für Normalverbraucher einen Satz von nur 1000 Kalorien im Tag nicht gegeben hat.

DR. SERVATIUS: Kann man die Zustände, die Dr. Jäger von einigen Lagern schildert, auf die gesamten Lager der Firma Krupp übertragen?

HUPFAUER: Jäger schildert, soviel ich mich erinnere, von zwei Lagern die Verhältnisse und schildert dort auch nur Einzelvorkommnisse. Die Verhältnisse waren bei der Firma Krupp schwierig. Trotzdem kann man diese Fälle nicht auf alle Lager übertragen. Wenn Herr Dr. Jäger darauf hinweist, daß es insbesondere in eine Baracke wochenlang hineingeregnet hat, dann kann ich nur feststellen, daß es in der Stadt Essen in Tausende von Wohnungen wochenlang hineingeregnet hat, und es waren dort die Menschen glücklich, die überhaupt ein Obdach hatten, auch dann, wenn der Regen sie etwas belästigte.

DR. SERVATIUS: In der Kommission sind Ihnen auch andere Dokumente vorgehalten worden, die sich auf die Behandlung der Arbeiter bei Krupp beziehen. Geben diese ein annäherndes, Bild über die Verhältnisse im ganzen Reich?

HUPFAUER: Dazu ist folgendes zu sagen: Wir hatten im Reich Zehntausende von mittleren und großen Betrieben, und man darf die gerade in Essen vorgefundenen Verhältnisse unter keinen Umständen verallgemeinern und als Norm nehmen für die Behandlung der ausländischen Arbeitskräfte in Deutschland.

DR. SERVATIUS: Wurden Sicherungsmaßnahmen getroffen, daß keine ungeeigneten Elemente von der DAF betraut wurden mit diesen Betreuungsaufgaben?

HUPFAUER: Die DAF hatte in der Reichs-, Gau- und Kreisebene eine Dienststelle, das war das Amt Arbeitseinsatz, welches sich ausschließlich mit diesen Ausländerfragen befaßte. Alle Anordnungen, die an die Dienststellen und an die Betriebe von diesem Amt ergangen sind, behandelten immer wieder in irgendeiner Form die Notwendigkeit einer korrekten und gerechten Behandlung, und zwar aus Gründen der Humanität sowohl wie auch aus Gründen der Leistungen der ausländischen Arbeitskräfte. Um zu verhindern, daß Männer, die in irgendeiner Weise ihre Kompetenzen mißbraucht hatten, mit den ausländischen Arbeitskräften nochmal in Berührung kamen, hat dieses Amt Arbeitseinsatz eine sogenannte Lagerführerwarnkartei herausgegeben an die Kreise und Gaue. In dieser waren alle die Männer, die ihre Kompetenz mißbraucht hatten, namentlich aufgeführt mit Angabe der Strafe, die sie dafür bekommen hatten und mit dem Hinweis, daß sie im Lagerführerdienst nicht mehr Verwendung finden dürften. Es sind sogar Anordnungen ergangen, die eine korrekte Behandlung befehlen, wie zum Beispiel das Verbot der Prügelstrafe.

DR. SERVATIUS: Ergibt sich daraus nicht gerade, daß solche Anordnungen nötig waren, um diese Mißstände nicht zu verallgemeinern?

HUPFAUER: Es gibt in jeder Organisation auch asoziale Elemente, und ich bestreite nicht, daß da und dort auch ein Funktionär der Deutschen Arbeitsfront seine Zuständigkeit mißbraucht hat. Diese Tatsache war einmal Veranlassung für eine solche Anordnung. Zum anderen ist diese Anordnung anzusehen als eine Sammlung all der vielen Verlautbarungen, die bis dahin schon ergangen waren. Man kann dazu noch folgendes sagen. In jedem Kulturstaat gibt es Gesetze, die Mord und Diebstahl und dergleichen verbieten und mit Strafe bedrohen.

VORSITZENDER: Ist es notwendig, auf alle diese Einzelheiten einzugehen?

DR. SERVATIUS: Nur weil diese Frage dem Zeugen vor der Kommission immer wieder vorgelegt worden ist, wollte ich sie hier dem Gericht auch einmal vorführen. Ich sehe das große Interesse nicht, das die Anklagebehörde an dieser Frage hat; aber sie hat sich ständig wiederholt.

Ich gehe jetzt zu einer weiteren Frage über.

Was geschah zur Überwachung der Durchführung der Anordnungen der Betreuung und der sozialen Fürsorge?

HUPFAUER: Neben dem an sich zuständigen Amt Arbeitseinsatz, das ich schon genannt habe, hat Dr. Ley innerhalb der Deutschen Arbeitsfront noch eine sogenannte Lagerinspektion eingerichtet, welche unter der Leitung eines DAF-Funktionärs stand und den Auftrag hatte, außerhalb der Zuständigkeit des Amtes Arbeitseinsatz die Ausländerlager zu inspizieren und auch seinerseits für Ordnung zu sorgen, wenn irgendwo Unordnung war. An sich diente diese Einrichtung auch dem taktischen Zweck, zu verhindern, daß sich andere Organe außer der DAF noch mit dieser Frage im Betrieb befassen.

DR. SERVATIUS: Haben Sie selbst jemals Feststellungen treffen können über menschenunwürdige Behandlungen der Arbeiter, oder sind Ihnen solche gemeldet worden? Sie sind ja nun weit herumgekommen in den Betrieben, was war Ihr Gesamteindruck?

HUPFAUER: Direkt sind mir diese Dinge nicht gemeldet worden, da ich auch nicht der zuständige Amtsleiter für diese Dinge war. Ich bin aber als Beauftragter für den Leistungskampf der deutschen Betriebe in Hunderten von Betrieben und auch Lagern gewesen und muß feststellen, daß, von Einzelfällen abgesehen, die Dinge dort in Ordnung waren.

DR. SERVATIUS: Herr Präsident! Ich habe dann keine Fragen mehr an diesen Zeugen und habe damit meine sämtlichen Zeugen vernommen.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof wird jetzt eine Pause einschalten.