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[Der Zeuge betritt den Zeugenstand.]

VORSITZENDER: Geben Sie Ihren vollen Namen an.

ZEUGE DR. WERNER BEST: Dr. Karl Rudolf Werner Best.

VORSITZENDER: Wollen Sie diesen Eid wiederholen: »Ich schwöre bei Gott, dem Allmächtigen und Allwissenden, daß ich die reine Wahrheit sagen, nichts verschweigen und nichts hinzusetzen werde.«

[Der Zeuge spricht die Eidesformel nach.]

VORSITZENDER: Sie können sich setzen, Zeuge.

DR. MERKEL: Herr Zeuge! Schildern Sie Ihren beruflichen Werdegang.

BEST: Ich bin Jurist und Berufsbeamter. Von 1929 an war ich Richter, seit 1933 war ich Verwaltungsbeamter, und seit 1942 war ich Diplomat.

DR. MERKEL: Wann und wie kamen Sie zur Gestapo?

BEST: Vom 1. Januar 1935 an bin ich als Oberregierungsrat und als Abteilungsleiter für Verwaltung und Recht im Geheimen Staatspolizeiamt in Berlin tätig gewesen, seit 1936 im Reichsministerium des Innern, Geschäftsbereich Sicherheitspolizei bis 1940. Von 1940 bis 1942 Militärverwaltungsbeamter und seit 1942 Reichsbevollmächtigter in Dänemark.

DR. MERKEL: War die Gestapo ein Zusammenschluß von Personen?

BEST: Nein.

DR. MERKEL: Was war die Gestapo?

BEST: Sie war eine Vielzahl staatlicher Behörden.

DR. MERKEL: Wenn aber die Anklage die Gestapo als eine Organisation im Sinne eines freiwilligen Zusammenschlusses von Personen zur Verwirklichung bestimmter Ziele bezeichnet, was haben Sie dazu zu sagen?

Herr Zeuge! Sie müssen immer etwas pausen zwischen meiner Frage und Ihrer Antwort.

BEST: Eine Organisation hat Mitglieder. Die Beamten der Gestapo sind vom Staat angestellte Beamte und in einem öffentlich-rechtlichen Beamtenverhältnis gewesen. Eine Organisation setzt sich selbst Ziele. Die Behörden der Geheimen Staatspolizei erhielten ihre Aufgaben vom Staat, von der Staatsführung gestellt.

DR. MERKEL: Gehörte die Gestapo irgendwie in den Aufbau der NSDAP oder der nationalsozialistischen Organisation?

BEST: Nein, die Behörden der Gestapo waren reine Staatsbehörden.

DR. MERKEL: Herr Zeuge! Sprechen Sie bitte etwas langsamer, es kann sonst nicht übersetzt werden.

BEST: Jawohl.

DR. MERKEL: Entstand im Jahre 1933 einheitlich eine allgemeine Geheime Staatspolizei im ganzen deutschen Reichsgebiet?

BEST: Nein, in den einzelnen deutschen Ländern entstanden Politische Polizeien, die von den jeweiligen Landesregierungen geschaffen wurden.

DR. MERKEL: Wurden diese Behörden vollkommen neu geschaffen?

BEST: Nein, sie wurden durch Umbau und Umorganisation der schon vorhandenen politischen polizeilichen Einrichtungen geschaffen.

DR. MERKEL: Auf welche Weise geschah dies?

BEST: Durch Verordnungen oder Erlasse der jeweiligen Landesregierungen.

DR. MERKEL: Aus welchen Gründen wurden diese neuen Behörden von den Landesregierungen geschaffen?

BEST: Ich kann aus meiner eigenen Erfahrung sagen, daß in Hessen ein Staatspolizeiamt geschaffen wurde, weil die Autorität der Polizei durch die Ereignisse vor dem Jahre 1933 erschüttert war und durch eine neue Form der Politischen Polizei die Autorität dieser Behörden wieder gestärkt werden sollte, insbesondere auch gegenüber den Angehörigen der nationalsozialistischen Bewegung. Ich nehme an, daß dieses Motiv auch in den anderen deutschen Ländern eine Rolle gespielt hat.

DR. MERKEL: Wurden diesen neuen Behörden neue Aufgaben gestellt?

BEST: Nein, es wurden ihnen die gleichen Aufgaben gestellt, die der Politischen Polizei auch in der Vergangenheit gestellt waren.

DR. MERKEL: Welche Aufgaben waren das?

BEST: Einerseits die Verfolgung politischer Straftaten, das heißt vom Strafgesetz bedrohte Handlungen mit politischem Tatbestand oder politischem Motiv und andererseits die präventive polizeiliche Verhütung solcher Straftaten.

DR. MERKEL: Was verstehen Sie unter präventiven polizeilichen Vorbeugungsmaßnahmen?

BEST: Präventive polizeiliche Vorbeugungsmaßnahmen sind solche, die auf Täterkreise oder auf einzelne Täter dahin einwirken, daß sie befürchtete strafbare Handlungen nicht unternehmen.

DR. MERKEL: Wann und wie wurde Himmler politischer Polizeikommandeur der deutschen Länder?

BEST: Himmler hat in dem Jahr zwischen März 1933 und März 1934 nach und nach mit den Regierungen der einzelnen deutschen Länder seine Einsetzung als politischer Polizeikommandeur jedes einzelnen Landes vereinbart.

DR. MERKEL: Ist Himmler aus der Polizei oder überhaupt aus der politischen Arbeit herausgewachsen?

BEST: Nein, er hatte mit Polizei nie etwas zu tun gehabt und hat sich auch in polizeiliche Denkweise und Praxis nie eingearbeitet.

DR. MERKEL: Waren die Behörden und die Beamten der einzelnen Politischen Polizeien an der Einsetzung Himmlers beteiligt?

BEST: Nein, diese Einsetzung wurde ihnen als vollendete Tatsache mitgeteilt.

DR. MERKEL: Wann und wie wurden die Politischen Polizeien der deutschen Länder zu einer einheitlichen Geheimen Staatspolizei des Reiches zusammengefaßt?

BEST: Nach der Einsetzung Himmlers als Chef der Deutschen Polizei im Reichsministerium des Innern im Jahre 1936 wurden durch mehrere Verordnungen beziehungsweise Erlasse des Reichsinnenministeriums die Politischen Polizeien der deutschen Länder zu einer einheitlichen Geheimen Staatspolizei zusammengefaßt.

DR. MERKEL: Ist irgendwo im Deutschen Reich eine Politische Polizei von der NSDAP eingerichtet worden?

BEST: Nein, nirgends.

DR. MERKEL: Ist irgendwo eine Einrichtung oder Organisation der Partei vom Staat als Politische Polizei übernommen worden?

BEST: Nein, nirgends.

DR. MERKEL: Sind die Politischen Polizeien der deutschen Länder 1933 mit Parteileuten besetzt worden?

BEST: Nein, sie wurden mit den Beamten der bisherigen Polizeibehörden besetzt. Nur wenige Angestellte sind in jener Zeit neu eingestellt worden.

DR. MERKEL: Waren die leitenden Beamten Parteileute?

BEST: Das war in den einzelnen Ländern verschieden. Zum Teil waren es sogar Beamte, die in der Vergangenheit ganz anderen Richtungen und Parteien angehört hatten.

DR. MERKEL: Können Sie dafür ein Beispiel nennen?

BEST: Es gibt mehrere bekannte Beispiele. Es ist bekannt, daß Herr Diels, der Leiter des Preußischen Geheimen Staatspolizeiamtes früher einer anderen politischen Richtung angehört hat. Die engsten Mitarbeiter Himmlers und Heydrichs aus München, die dann mit in das Geheime Staatspolizeiamt nach Berlin mitgenommen wurden, wie Müller, der spätere Leiter des Amtes IV, Huber, Fresch, Beck, sie waren früher Anhänger der Bayerischen Volkspartei gewesen, und selbst der Leiter meines kleinen hessischen Staatspolizeiamtes war ein ehemaliger Demokrat und Freimaurer, den ich eben für diesen Posten für geeignet hielt.

DR. MERKEL: Warum haben dann diese Beamten unter der nationalsozialistischen Regierung weiter Polizeidienst versehen?

BEST: Weil es für einen deutschen Beamten eine Selbstverständlichkeit war, dem Staat weiter zu dienen auch bei Wechsel der Regierung, solange er dazu überhaupt in der Lage ist.

DR. MERKEL: Sind diese Beamten später ausgeschaltet und durch Nationalsozialisten ersetzt worden?

BEST: Nein, diese Herren haben sogar meistens eine sehr gute Karriere gemacht und hohe Posten erhalten.

DR. MERKEL: Wie erfolgte der weitere Personalausbau der Politischen Polizei in der Folgezeit?

BEST: Es wurden Beamte aus den deutschen Polizeibehörden zu den Dienststellen der Politischen Polizei versetzt. Im Laufe der Zeit wurden dann auch neue Beamtenanwärter eingestellt und nach den allgemein geltenden Einstellungs- und Ausbildungsrichtlinien zu Beamten ausgebildet.

DR. MERKEL: Wurden Leute aus der Partei, der SS und der SA übernommen?

BEST: Nur in verhältnismäßig geringem Umfange, da der Dienst in diesen Polizeibehörden wenig Lohn einbrachte und infolgedessen nicht so sehr gesucht war.

DR. MERKEL: Haben sich die Beamten freiwillig zur Politischen Polizei gemeldet?

BEST: Die Beamten wurden von Behörde zu Behörde versetzt.

DR. MERKEL: Mußten die Beamten dieser Versetzung Folge leisten?

BEST: Ja, sie waren nach dem Beamtenrecht dazu verpflichtet.

DR. MERKEL: Was wäre die Folge einer Weigerung gewesen?

BEST: Disziplinarverfahren mit dem Ergebnis der Dienstentlassung und des Verlustes der erworbenen Rechte, zum Beispiel auf Ruhegehalt,

DR. MERKEL: Sind Ihnen solche Weigerungen bekannt?

BEST: Nein, ich habe keine solchen erfahren.

DR. MERKEL: War die Politische Polizei aus dem allgemeinen staatlichen Verwaltungsaufbau völlig herausgelöst?

BEST: Nein, es gab auf allen Ebenen Verzahnung mit der allgemeinen inneren Verwaltung. Es sind die Leiter der Staatspolizeistellen zugleich die politischen Referenten der Regierungspräsidenten gewesen. Die Inspekteure der Sicherheitspolizei waren den Regierungspräsidenten beziehungsweise den Innenministern der Länder persönlich unterstellt und hatten ihren Weisungen Folge zu leisten.

DR. MERKEL: Haben außer den Behörden der Gestapo auch noch andere Behörden politisch-polizeiliche Tätigkeit ausgeübt?

BEST: Ja, die Kreis- und Ortspolizeibehörden haben ebenfalls politisch-polizeiliche Tätigkeiten ausgeübt.

DR. MERKEL: In welcher Art?

BEST: Die Kreis- und Ortspolizeibehörden, das heißt die Landräte, die Gendarmerie, die kommunalen Polizeiverwaltungen sind entweder auf Grund von Anzeigen, die bei ihnen eingingen, tätig geworden, oder aber sie haben Aufträge der zuständigen Politischen Polizei, das heißt der Staatspolizeistelle erhalten und ausgeführt.

DR. MERKEL: Welchen Anteil an der gesamten politisch-polizeilichen Arbeit erledigten die Kreis- und Ortspolizeibehörden?

BEST: Quantitativ haben die Kreis- und Ortspolizeibehörden den größeren Teil der staatspolizeilichen Einzelfälle bearbeitet, da die Staatspolizeistellen ihre Beamten nur in wesentlichen Angelegenheiten, vor allen Dingen bei Fällen des Hochverrats oder des Landesverrats zu eigenen Ermittlungen ins Land hinausgeschickt haben.

DR. MERKEL: Erhielten die Kreis- und Ortspolizeibehörden auch die allgemeinen Erlasse des Geheimen Staatspolizeiamtes?

BEST: Ja, sie erhielten diese Erlasse, wenn das nicht im Einzelfall durch ausdrücklichen Vermerk ausgeschlossen war.

DR. MERKEL: Nach welchen Gesichtspunkten griffen die Behörden der Politischen Polizei irgendwelche Tatbestände auf?

BEST: Fast ausschließlich auf Grund von Anzeigen, die entweder von Privatpersonen oder von irgendwelchen Stellen außerhalb der Polizei an sie gerichtet wurden.

DR. MERKEL: Auf welchen Sachgebieten war das der Fall?

BEST: Diese Anzeigen sind auf allen Gebieten, die überhaupt die Politische Polizei interessierten, erstattet worden. Die Polizei war deshalb gar nicht in der Lage, selbst auf die Suche zu gehen, ob solche Fälle irgendwo vorlagen. Ein eigener Nachrichtendienst ist überhaupt nur da entwickelt worden, wo man organisierte Gruppen vermutete, zum Beispiel bei der illegalen Kommunistischen Partei oder bei gegnerischen Nachrichtendiensten zu Spionagezwecken. In diesen Fällen hat man versucht, durch Agenten oder mit ähnlichen Mitteln diese Gruppen aufzudecken und aufzuklären.

DR. MERKEL: Wenn kein eigener Nachrichtendienst der Gestapo bestand, wie kamen dann Festnahmen und andere Maßnahmen gegen Personen wegen politischer Äußerungen und dergleichen zustande?

BEST: Es ist nicht so, wie häufig dargestellt wurde und wird, als ob die Gestapo ein Netz von Nachrichtenagenten und Spitzeln unterhalten habe, um das ganze Volk zu beobachten. Das hätte mit dem kleinen Beamtenbestand, der voll mit den laufenden Dingen beschäftigt war, gar nicht geleistet werden können. Solche Einzelanzeigen wegen ungeschickter politischer Äußerungen und dergleichen sind immer von außen an die Politische Polizei herangetragen worden, die wurden nicht gesucht, weil man mit 90 Prozent dieser Fälle ja gar nichts anfangen konnte.

DR. MERKEL: Bitte sprechen Sie etwas langsamer, Herr Zeuge!

Gab es eine besondere Klasse von Gestapo-Beamten, die sich von anderen Beamtenklassen völlig unterschied?

BEST: Nein, die Beamten der Gestapo gehörten den gleichen Kategorien an wie die entsprechenden Beamten anderer Polizeibehörden.

DR. MERKEL: Welche Kategorien von Beamten gab es in der Gestapo?

BEST: Zunächst ist die große Unterscheidung zu machen zwischen Verwaltungsbeamten und Exekutivbeamten.

DR. MERKEL: Wodurch unterschieden sich diese beiden Kategorien?

BEST: Sie unterschieden sich durch ihre Aufgaben, durch ihren Rechtsstatus und durch ihre Ausbildung.

DR. MERKEL: Inwieferne war ihr Rechtsstatus verschieden?

BEST: Die Verwaltungsbeamten unterstanden dem Reichsbeamtengesetz und dem weiteren allgemeinen Beamtenrecht, während für die Exekutivbeamten ein besonderes Recht in dem Polizeibeamtengesetz geschaffen war.

DR. MERKEL: Inwieferne war ihre Ausbildung verschieden?

BEST: Die Verwaltungsbeamten sind entsprechend ihrer Laufbahn als höhere oder mittlere oder untere Verwaltungsbeamte nach den für diese bestehenden Richtlinien in den Behörden der allgemeinen und inneren Verwaltung und in den allgemeinen Polizeiverwaltungsbehörden, also Polizeipräsidien, Direktorien und dergleichen ausgebildet worden. Die Exekutivbeamten hingegen sind nur in den sogenannten Führerschulen der Sicherheitspolizei und in den Behörden der Gestapo und der Kriminalpolizei ausgebildet worden.

DR. MERKEL: Welche Aufgaben hatten die Verwaltungsbeamten in der Gestapo zu erfüllen?

BEST: Die gleichen Aufgaben, wie sie in allen anderen Verwaltungsbehörden, insbesondere Polizeiverwaltungsbehörden, zu erfüllen waren; sie bearbeiteten Personalien, innere wirtschaftliche Aufgaben des Haushalts, der Beschaffungen und dergleichen sowie andererseits die Bearbeitung materiell-rechtlicher Gegenstände, wie zum Beispiel in meinem Geschäftsbereich das deutsche Paßrecht bearbeitet wurde oder das Ausländerpolizeirecht.

DR. MERKEL: Haben die Verwaltungsbeamten die Tätigkeit der Exekutive beobachten und kontrollieren können?

BEST: Nein, soweit nicht etwa ein Verwaltungsbeamter zur Führung einer Registratur oder einer Kartei zu einer Exekutivabteilung kommandiert war. Im übrigen hatten sie weder mit der Aktenbearbeitung noch mit Vollzugshandlungen irgend etwas zu tun.

DR. MERKEL: Konnten sie auf anderen Wegen Kenntnis von der Exekutivtätigkeit erhalten?

BEST: Nein, das war so gut wie ausgeschlossen, da jeder Beamte verpflichtet war, die von ihm bearbeiteten Angelegenheiten geheimzuhalten, was übrigens schon einer alten Praxis der Polizei entsprach, daß man über die bearbeiteten Einzelfälle nicht redete.

DR. MERKEL: Kamen die Verwaltungsbeamten freiwillig zur Geheimen Staatspolizei?

BEST: Nein, die Verwaltungsbeamten wurden von anderen Behörden, den Polizeiverwaltungsbehörden und Behörden der allgemeinen inneren Verwaltung zu den Behörden der Geheimen Staatspolizei versetzt.

DR. MERKEL: Haben alle Exekutivbeamten der Geheimen Staatspolizei die gleiche Tätigkeit ausgeübt?

BEST: Nein, jeder hat die Tätigkeit ausgeübt, die von der Fachsparte, der er zugeteilt war, geleistet wurde.

DR. MERKEL: Welche Fachsparten gab es?

BEST: Es gab außer der Politischen Polizei im engeren Sinne die Abwehrpolizei, die Grenzpolizei, und später wurde der defensive Teil der militärischen Abwehr und auch der Zollgrenzschutz noch der Gestapo angeschlossen, so daß auch diese Fachsparten der Gestapo wurden.

DR. MERKEL: Sind die besonderen Aufgaben dieser Fachsparten erst nach 1933 im Rahmen der Gestapo gestellt worden?

BEST: Nein, sie sind schon vor 1933 wahrgenommen worden, und zwar im allgemeinen von den gleichen Beamten, die dann später in die Gestapo übernommen wurden und die vorher in den sogenannten Zentralpolizeistellen und in den Dienststellen der Grenzpolizei tätig waren.

DR. MERKEL: Sie erwähnten vorhin die Abwehrpolizei als einen Teil der Gestapo. Welche Aufgaben hatte die Abwehrpolizei?

BEST: Die kriminalistische Aufklärung der Landesverratsfälle, die nach erfolgter Aufklärung alle miteinander ohne Ausnahme den Gerichten zur Aburteilung übergeben worden sind.

DR. MERKEL: Ein weiterer Teil der Gestapo war die Grenzpolizei. Welche Aufgaben hatte sie?

BEST: Die Grenzpolizei hat an der Grenze die Paßnachschau ausgeübt, hat den sogenannten kleinen Grenzverkehr überwacht, hat Rechtshilfe gegenüber ausländischen Polizeien geleistet durch Annahme von abgeschobenen Personen und dergleichen, hat an der Bekämpfung des internationalen Rauschgifthandels mitgearbeitet und hat allgemeine kriminalistische Personen- und Sachfahndungen an der Grenze ausgeübt.

DR. MERKEL: Welche Aufgaben hatte die sogenannte militärische Abwehr, ebenfalls ein Teil der Gestapo?

BEST: Der, wie ich sagte, defensive Teil der militärischen Abwehr, der während des Krieges zur Gestapo kam, hatte die Aufgabe, gegnerische Nachrichtendienste, die gegen die deutsche Wehrmacht angesetzt waren, zu erkunden und durch Aufklärung unschädlich zu machen.

DR. MERKEL: Ein weiterer Teil der Gestapo war der sogenannte Zollgrenzschutz. Was waren dessen Aufgaben?

BEST: Die Aufgaben des Zollgrenzschutzes sind vor und nach der Angliederung an die Gestapo die gewesen, die sogenannte »grüne Grenze« zu überwachen, also die Grenzen außerhalb der Grenzübergänge und andererseits an den Grenzübergängen, an denen keine Grenzpolizei stationiert war, die grenzpolizeilichen Aufgaben wahrzunehmen.

DR. MERKEL: Gab es außer den Verwaltungsbeamten und den Exekutivbeamten noch andere Kategorien von Gestapo-Angehörigen?

BEST: Ja, es gab technische Beamte, und es gab außerdem eine große Zahl von Angestellten und Lohnempfängern für technische und büromäßige Dienste.

DR. MERKEL: Welchen Prozentsatz des Gesamtpersonals machten die Angestellten und Lohnempfänger aus?

BEST: Je nach den einzelnen Jahren schwankte dieser Prozentsatz zwischen etwa 35 und etwa 45 Prozent.

DR. MERKEL: Wußten die Angestellten und Lohnempfänger, welche Vollzugsaufgaben die Exekutive erfüllte?

BEST: Soweit diese Angestellten und Lohnempfänger als Kraftfahrer oder als Stenotypistinnen und dergleichen zu Vollzugshandlungen herangezogen wurden, haben sie nur diesen einzelnen Vorgang kennengelernt, ohne daß sie über die Zusammenhänge aufgeklärt wurden.

DR. MERKEL: Hat die Gestapo ihren Angehörigen besonders hohe Gehälter bezahlt?

BEST: Nein, die Bezüge richteten sich nach den allgemeinen Besoldungsgesetzen und Tarifordnungen und waren so gering, daß sogar Schwierigkeiten für den Ersatz des Beamten- und Angestelltenkörpers bestanden.

DR. MERKEL: Woher kam der Beamtennachwuchs der Gestapo?

BEST: Nach dem Reichspolizeibeamtengesetz mußten 90 Prozent der Beamtenanwärter der Exekutive und der Verwaltung des mittleren und einfachen Dienstes übernommen werden aus Anwärtern der Schutzpolizei, die den Polizeiberuf als Lebensberuf behalten wollten. Nur etwa zehn Prozent der Neueinstellungen durften, wie das Gesetz sich ausdrückte, aus freien Berufen erfolgen.

DR. MERKEL: Wählten sich die Anwärter aus der Schutzpolizei den Dienst in der Gestapo frei oder nicht?

BEST: Die Schutzpolizeibeamten ließen sich bei der Vormerkungsstelle der Polizei in Potsdam vormerken und wurden dann, ohne daß man sie fragte, entweder einer Behörde der Gestapo oder einer Behörde der Kriminalpolizei zugewiesen.

DR. MERKEL: Wie wurden die Beamtenanwärter für den Exekutivedienst ausgebildet?

BEST: Diese Anwärter wurden in der sogenannten Führerschule beziehungsweise Fachschule der Sicherheitspolizei in Kursen, die weitgehend für Geheime Staatspolizei und Kriminalpolizei gleich waren, sowie durch praktische Arbeit in den Behörden ausgebildet.

DR. MERKEL: Wurden die im Dienst befindlichen Beamten politisch belehrt und beeinflußt?

BEST: Nein. Es war wohl ein Plan von Himmler gewesen, so um 1939 herum, daß das Rasse- und Siedlungshauptamt der SS eine einheitliche politische Belehrung und Bildung aller Sparten, die Himmler unterstanden, vornehmen sollte. Solange ich im dortigen Dienst war, also bis 1940, ist das aber nicht verwirklicht worden.

DR. MERKEL: Sollten dann nicht die Beamten der Geheimen Staatspolizei ihre Vollzugsmaßnahmen nach politischen Gesichtspunkten ausführen?

BEST: Nein, es wäre sehr unerwünscht gewesen, wenn der kleine Vollzugsbeamte, etwa ein Kriminalassistent, für seine Amtshandlungen selbst politische Erwägungen angestellt und politische Entschlüsse gefaßt hätte. Der Vollzugsbeamte sollte ausschließlich nach den ihm erteilten allgemeinen Dienstanweisungen beziehungsweise den Aufträgen seiner Vorgesetzten arbeiten, ohne sich selbst in Politik einzumischen.

DR. MERKEL: Was bedeutet die Angleichung der Gestapo-Beamten an die SS?

BEST: Es bedeutete, daß...

VORSITZENDER: Dr. Merkel, fassen Sie die Aussagen, die vor der Kommission gegeben wurden, zusammen? Ich frage Sie das, denn, wie Sie wissen, wollen wir nicht alles noch einmal hören. Wir haben hier eine schriftliche Zusammenfassung. Wir haben die Zeugenaussagen, die vor der Kommission abgegeben wurden, und wir wollen nur, daß Sie die wirklich wesentlichen Punkte vorbringen und die Zeugen vor den Gerichtshof rufen, damit wir sie sehen und uns eine Meinung über ihre Glaubwürdigkeit bilden und sie im Kreuzverhör vernehmen können, soweit es nötig ist. Wir wollen jedoch nicht wieder die gesamten Beweise durchgehen, die schon vor der Kommission vorgebracht wurden.

DR. MERKEL: Gewiß, Herr Präsident. Ich habe ja auch aus diesem Grunde von vornherein nur zwei Zeugen beantragt, und ich habe die Vernehmung dieses Zeugen so gestaltet, daß sie, insbesondere bei den kommenden Fragen, jetzt eine wesentliche Zusammenfassung dessen gibt, was er bereits gesagt hat.

MR. THOMAS J. DODD, ANKLÄGER FÜR DIE VEREINIGTEN STAATEN: Herr Präsident! Ich glaube, daß wir hier viel mehr auf Einzelheiten eingegangen sind, als wir dies vor der Kommission getan haben, und dabei sind es Angelegenheiten, die bereits hier vor dem Gerichtshof untersucht worden sind. Ich glaube, daß der Verteidiger vielleicht in einem Mißverständnis befangen ist, denn ich habe ihn, ehe er das Verhör begann, gefragt, wie lange er brauchen werde. Ich dachte, er mache Spaß, als er mir sagte, daß er vier bis fünf Stunden brauchen würde, nachdem er vor der Kommission nur zwei Stunden gebraucht hat. Ich fürchte also, daß, wenn er wirklich vorhat, viereinhalb bis fünf Stunden zu brauchen, nachdem er nur zweieinhalb Stunden vor der Kommission brauchte, er hinsichtlich der Absichten des Gerichtshofs in einem Mißverständnis befangen sein muß.

VORSITZENDER: Ich hoffe, Dr. Merkel, daß ich ganz klargemacht habe, was wir wollen. Sie haben nur zwei Zeugen. Wir werden ohne Zweifel die Aussagen dieser zwei Zeugen vor der Kommission lesen. Wir wollen die Zeugen nur sehen, um uns ein Bild von ihrer Glaubwürdigkeit machen zu können, und wir wollen Ihnen Gelegenheit geben, besonders wichtige Punkte hervorzuheben. Aber wir wollen nicht die ganze Sache nochmals durchgehen.

DR. MERKEL: Ja, sicher, Herr Präsident.