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[Zum Zeugen gewandt:]

Was bedeutet die Angleichung der Gestapo-Beamten an die SS?

BEST: Dies bedeutete, daß der Beamte, weil er Beamter der Gestapo war, in die SS übernommen und mit einem SS-Dienstgrad, der seinem Beamtengrad entsprach, versehen werden sollte.

DR. MERKEL: Sollte nur die Gestapo angeglichen werden?

BEST: Nein; auch die Beamten der Kriminalpolizei sollten angeglichen werden.

DR. MERKEL: Wann und wie entstand das Reichssicherheitshauptamt?

BEST: Das Reichssicherheitshauptamt ist erst im September 1939 gebildet worden, indem der damalige Chef der Sicherheitspolizei, Heydrich, unter Ausnützung der Kriegslage seine verschiedenen Ämter in dieser Weise zusammenfaßte. Dem hatte vorher ein gewisser Widerstand des Reichsinnenministeriums einerseits und der SS-Hauptämter andererseits entgegengestanden.

DR. MERKEL: Unterstanden die Konzentrationslager der Gestapo?

BEST: Nein.

DR. MERKEL: Gab es nicht gesetzliche Bestimmungen darüber?

BEST: In einer preußischen Verordnung, und zwar in der Ausführungsverordnung zum Gesetz über die preußische Gestapo von 1936 war der Satz enthalten, daß das Geheime Staatspolizeiamt die Konzentrationslager verwalte. Dies war ein Ziel des damaligen Leiters des Geheimen Staatspolizeiamtes, Heydrich, gewesen. Himmler hat aber diese Bestimmung nie vollzogen, denn er wollte, daß der bisherige Zustand beibehalten bliebe, daß der Inspekteur der Konzentrationslager ihm unmittelbar unterstellt bliebe.

DR. MERKEL: Mußten die Beamten der Gestapo annehmen, daß in den Konzentrationslagern Leben oder Gesundheit der Häftlinge gefährdet sei?

BEST: Ich kann nur für die Zeit bis zum Kriege sprechen und erinnere mich, daß in jener Zeit die Auffassung der Beamten der Geheimen Staatspolizei nicht dahin ging, daß in den Konzentrationslagern Leib und Gesundheit der Häftlinge gefährdet sei. Die Beamten hatten sowohl mit den Familien der Häftlinge, die ja von der Geheimen Staatspolizei betreut wurden, wie auch mit entlassenen Häftlingen, für die Arbeit beschafft wurde, ständig zu tun, so daß sie sich hieraus wohl ein Bild über die Erlebnisse der Häftlinge in den Konzentrationslagern bilden konnten.

DR. MERKEL: Mußten die Beamten der Gestapo ein verbrecherisches Endziel der Gestapo-Arbeit vermuten?

BEST: Nein, denn die Arbeit der Gestapo hat überhaupt kein Endziel, das zu erreichen gewesen wäre, gehabt, sondern bestand in der laufenden Erfüllung der durch Gesetze, Verordnungen und Dienstanweisungen gestellten Aufgaben.

DR. MERKEL: Hat die Gestapo nun nicht auch Handlungen durchgeführt, die nicht durch ihre allgemeinen, polizeilichen Vorschriften gefordert waren?

BEST: Soweit die Gestapo Handlungen ausführen mußte, die nicht in ihren allgemeinen Vorschriften vorgesehen waren, ist sie als ein Vollzugsinstrument für polizeifremde Zwecke verwendet, man kann auch sagen mißbraucht worden. Ich erinnere mich als ersten Fall dieser Art an die Festnahme von etwa 20000 Juden im November 1938. Dies war eine Maßnahme, die zwar polizeilich nicht notwendig und von der Gestapo aus eigenem Antrieb niemals durchgeführt worden wäre, wenn nicht zu politischen Zwecken der Staatsführung ihr dieser Befehl erteilt worden wäre.

DR. MERKEL: War die Führung der Gestapo an dem Entschluß, 20000 Juden zu verhaften, beteiligt gewesen?

BEST: Nein. Ich weiß aus eigenem Erleben, daß Heydrich, der damalige Chef der Sicherheitspolizei, von den Ereignissen völlig überrascht wurde, denn ich war mit ihm zusammen, als wenige Meter von dem Hotel, in dem wir uns befanden, eine Synagoge in Brand hochging, und wir hatten nichts davon gewußt. Heydrich eilte daraufhin zu Himmler, wurde dort informiert und erhielt Befehle, die er dann an die Behörde der Staatspolizei weitergab.

DR. MERKEL: Wie kam es zu den sogenannten verschärften Vernehmungen?

BEST: Über die verschärften Vernehmungen hat Heydrich einen Erlaß im Jahre 1937 herausgegeben, den ich erst zu sehen bekam, als er schon herausgegangen war, da ich als Verwaltungsfachmann zu solchen Dingen nicht hinzugezogen wurde. Ich habe ihn daraufhin zur Rede gestellt.

DR. MERKEL: Welche Begründung gab Heydrich zu diesem Erlaß?

BEST: Heydrich gab mir die Begründung, er habe zu dieser Maßnahme eine höhere Genehmigung erhalten. Diese Maßnahme sei notwendig, um gewisse konspirative Tätigkeiten staatsfeindlicher Organisationen schnell aufzuklären und dadurch staatsgefährliche Anschläge zu verhüten, während andererseits keinesfalls Geständnisse erpreßt werden sollten. Er wies darauf hin, daß in ausländischen Polizeien solche Methoden allenthalben angewandt würden, und er hat schließlich betont, daß er sich ja selbst für jeden einzelnen Fall im Deutschen Reich die Genehmigung vorbehalten habe, so daß er einen Mißbrauch für ausgeschlossen hielt.

DR. MERKEL: War die Gestapo von 1933 bis 1939 an einer Verschwörung beteiligt, die die Planung, Vorbereitung und Auslösung eines Angriffskrieges zum Gegenstand hatte?

BEST: Nein. Ich glaube, das sagen zu können, denn, wenn ich als ein Amtschef in der Zentrale nichts davon gewußt habe, dann können es die kleineren Beamten erst recht nicht gewußt haben.

DR. MERKEL: War die Gestapo auf einen Kriegseinsatz vorbereitet?

BEST: Nein. Sie war einerseits materiell keineswegs gerüstet. Es fehlten insbesondere für ihren Einsatz im besetzten Gebiet die Waffen, Kraftwagen, Nachrichtengeräte und so weiter. Es fehlte andererseits personell die Möglichkeit, Polizeireservisten einzuziehen, wie sie zum Beispiel die Ordnungspolizei hatte, und die ganze Arbeit war noch derartig im Aufbau begriffen – Laufbahnrichtlinien wurden ausgearbeitet, Dienstgebäude wurden gebaut –, so daß man keineswegs sagen kann, daß die Geheime Staatspolizei oder die Sicherheitspolizei überhaupt für eine solche Belastungsprobe bereit war.

DR. MERKEL: Zu welchem Zweck wurden die »Einsatzkommandos« aufgestellt?

BEST: Die »Einsatzkommandos« wurden auf Grund einer Vereinbarung mit dem OKW aufgestellt, um in besetzten auswärtigen Gebieten der kämpfenden Truppe den Rücken zu decken und in dem besetzten Bereich die notwendigsten Sicherheitsmaßnahmen zu treffen.

DR. MERKEL: Wem unterstanden sie?

BEST: Während der militärischen Operationen unterstanden die »Einsatzkommandos« den militärischen Befehlshabern, mit deren Truppenteil sie marschierten. Nach Abschluß der Operationen richtete sich ihre Unterstellung nach der Verwaltungsform in den betreffenden Gebieten, das heißt, je nachdem, ob ein militärischer Befehlshaber oder ein Reichskommissar eingesetzt war, unterstand der Höhere SS- und Polizeiführer dieser Verwaltungsspitze, und die sicherheitspolizeilichen Einsatzkommandos unterstanden wieder dem Höheren SS- und Polizeiführer.

DR. MERKEL: Wie waren die »Einsatzkommandos« zusammengesetzt?

BEST: Die »Einsatzkommandos« waren beim Ausrücken zusammengesetzt aus Angehörigen der Gestapo, der Kriminalpolizei und des Sicherheitsdienstes. Im Laufe des Krieges mußte das Personal sehr stark ergänzt werden teils durch Angehörige der Ordnungspolizei, teils durch Notdienstverpflichtete, durch Angehörige der Waffen-SS, durch Angestellte aus den betreffenden Gebieten selbst, so daß schließlich die Beamten der Geheimen Staatspolizei höchstens zehn Prozent des Gesamtbestandes noch ausmachten.

DR. MERKEL: Waren die »Einsatzkommandos« Bestandteile der Gestapo?

BEST: Nein, sie gehörten weder zu der Zentrale noch zu den Gestapo-Polizeistellen, sondern sie waren sicherheitspolizeiliche Einheiten eigener Art.

DR. MERKEL: Kennen Sie aus eigener Erfahrung die Tätigkeit von »Einsatzkommandos«?

BEST: Ja, ich habe insbesondere in Dänemark die Tätigkeit eines solchen »Einsatzkommandos« beobachten können, und ich bin durch nachbarschaftliche Informationen auch über Norwegen gut informiert worden.

DR. MERKEL: Was wissen Sie über die Tätigkeit dieser »Einsatzkommandos« in Dänemark und Norwegen?

BEST: Ja, ich möchte besonders betonen, daß gerade die dort eingesetzten Kräfte sich sehr häufig gegen Weisungen von Zentralstellen gewendet haben, die zu einer harten Behandlung der dortigen Bevölkerung führen sollten. Zum Beispiel hat das »Einsatzkommando« in Dänemark die Anwendung des »Nacht- und-Nebel«-Erlasses, die Anwendung des sogenannten »Kugel«-Erlasses und des sogenannten »Kommando«-Erlasses abgelehnt und verhindert und hat auch andere Maßnahmen bekämpft, zum Beispiel hat die Sicherheitspolizei die Deportation der dänischen Juden mit mir zusammen bekämpft, und in Norwegen hat der Befehlshaber der Sipo, wie er und der Reichskommissar Terboven mir übereinstimmend jeweils berichtet haben, die scharfen Maßnahmen, die der Reichskommissar Terboven immer wieder befahl, bekämpft und ab und zu auch mit Hilfe der Zentrale in Berlin verhindert, was schließlich zu einem vollständigen Bruch zwischen Terboven und dem Befehlshaber der Sicherheitspolizei führte.

DR. MERKEL: Haben Sie selbst, wie hier gelegentlich behauptet wurde, die Deportation der Juden aus Dänemark vorgeschlagen?

BEST: Nein. Ich habe in zahlreichen Berichten im Laufe des Jahres 1943 diese Maßnahme scharf abgelehnt. Als dann gegen meinen Willen am 29. August 1943 der militärische Ausnahmezustand über Dänemark verhängt worden war, wurde offenbar von Hitler selbst die Deportation der Juden befohlen. Ich habe mich auch hier noch einmal dagegen gewandt, und als mir vom Auswärtigen Amt bestätigt wurde, daß der Befehl endgültig erteilt sei, da habe ich nur noch gefordert, daß der militärische Ausnahmezustand so lange aufrechterhalten werden müsse, bis die Aktion vorüber sei, weil ich nämlich Unruhen befürchtete, und diese Forderung, daß die Aktion noch während des Ausnahmezustandes durchgeführt werden müsse, die ist falsch dahin ausgelegt worden, daß ich die Aktion gewollt habe. Der beste Beweis, daß ich die Aktion selbst sabotiert habe, indem ich die Tatsache und den Termin bestimmten dänischen Politikern habe mitteilen lassen, damit die Juden fliehen konnten, und es ist erreicht worden, daß 6000 Juden fliehen konnten, daß nur 450 gefaßt wurden, und dabei hat die Sicherheitspolizei mir geholfen. Der Befehlshaber der Sicherheitspolizei wußte um mein Handeln, und er hätte mich anzeigen können. Das hätte mir den Kopf gekostet.

DR. MERKEL: Hat die Sicherheitspolizei in den besetzten Gebieten an der Deportation von Arbeitern in das Reichsgebiet mitgewirkt?

BEST: Aus Dänemark ist nicht ein einziger Arbeiter in das Reichsgebiet deportiert worden. Soviel ich weiß, hat die Sicherheitspolizei auch in anderen Gebieten nicht dazu beigetragen.

DR. MERKEL: Wer hat in Frankreich die Geiselerschießungen veranlaßt, die Polizei oder wer sonst?

BEST: Ich weiß aus eigener Erfahrung, daß die Befehle zu Geiselerschießungen in Frankreich regelmäßig vom Führerhauptquartier gekommen sind. Der Militärbefehlshaber, der bis 1942 diese Befehle auszuführen hatte, war selbst durchaus gegen diese Maßnahmen, und der General Otto von Stülpnagel ist ja auch infolge seiner Auseinandersetzungen mit dem Führerhauptquartier nervös zusammengebrochen und mußte aus dem Dienst ausscheiden. Auch der neue Höhere SS- und Polizeiführer Oberg hat mir bei seinem Dienstantritt versichert, daß er ebenfalls gegen diese Maßnahmen sei.

DR. MERKEL: Können Sie aus eigener Kenntnis sagen, von wem die harte Behandlung der besetzten Länder letzten Endes ausging?

BEST: Nach meinen Erfahrungen war es Hitler selbst, der jeweils solche Befehle gegeben hat.

DR. MERKEL: Was war das Charakteristische an Hitlers Befehlen?

BEST: Ich fand an Hitlers Befehlen besonders charakteristisch, daß sie sich in erstaunlicher Weise mit Einzelheiten befaßten, mit denen sich ein Staatsoberhaupt und oberster Befehlshaber einer Wehrmacht normalerweise nicht befaßt, und daß diese Befehle immer, soweit sie besetzte Gebiete zum Beispiel betrafen, von der Absicht geleitet waren, durch Einschüchterung und Abschreckung irgend etwas zu erreichen, ohne zu berücksichtigen, daß eben auf der anderen Seite auch eine kämpferische Dynamik am Werke war, die sich nicht so leicht abschrecken und einschüchtern ließ.

DR. MERKEL: Wie reagierte er auf Widersprüche seiner Untergebenen?

BEST: Meist mit Zornausbrüchen und mit einer Versteifung seiner Haltung. Dagegen hat er diejenigen, die etwa um Enthebung von ihren Ämtern gebeten haben, in ihren Ämtern festgehalten.

DR. MERKEL: Trägt Ihr Buch »Die deutsche Polizei« offiziellen Charakter?

BEST: Nein, es ist eine reine Privatarbeit.

DR. MERKEL: Gibt dieses Buch in allen Teilen endgültige Tatsachen wieder?

BEST: Nein. Es stellt zum Teil die Tendenzen, die zur Zeit der Abfassung des Buches in der deutschen Polizei wirksam waren, als schon vollendet dar.

DR. MERKEL: Warum taten Sie das?

BEST: Zum Teil, weil ich die Verwirklichung in kürzester Frist erwartete und zum Teil, weil sonst der Veröffentlichung des Buches Schwierigkeiten entgegengesetzt worden wären.

DR. MERKEL: Ist nicht durch folgende Tatsache eine gewisse polizeiliche Willkür statuiert, daß nämlich in bestimmten Verordnungen gesagt war, der Chef der Deutschen Polizei könne auch außerhalb der sonst hierfür geltenden Grenzen Maßnahmen treffen?

BEST: Wenn dies in zwei Verordnungen über die Angliederung Österreichs und des Sudetenlandes gesagt ist, dann war damit gemeint, daß dem Chef der Deutschen Polizei gesetzlich die Befugnis delegiert werden sollte, polizeiliche Anordnungen, das heißt polizeirechtliche Bestimmungen in diesen Gebieten zu treffen, die von den dort bisher geltenden Gesetzen abwichen. Es war also die Übertragung einer rechtlichen Befugnis, während keineswegs Einzelhandlungen willkürlich oder gesetzwidrig vorgenommen werden sollten.

DR. MERKEL: Was war nach Ihrer Theorie gültiges Polizeirecht?

BEST: Wenn ich in meinem Buche über Polizeirecht spreche, dann ging ich selbstverständlich aus von dem nationalsozialistischen Staatsbegriff und von der derzeitigen Entwicklung des Staatsrechts in Deutschland. Nachdem im Jahre 1933 die Gesetzgebungsbefugnis zunächst auf die Reichsregierung übertragen worden war, hat sich allmählich ein Staatsgewohnheitsrecht dahin gebildet, daß auch der mit Rechtssetzung amtlich geäußerte Wille des Staatsoberhauptes ohne weiteres Recht setze. Dies wurde von der Staatspraxis anerkannt. Denn man kann ja auch nicht die Regeln, nach denen ein Großstaat jahrelang lebt, anders denn als ein Gewohnheitsrecht bezeichnen. Auf dieser Grundlage entwickelte sich auch das Polizeirecht dieses Staates. Nachdem zunächst durch die Notverordnung des Reichspräsidenten vom 28. Februar 1933 die Schranken, die durch die Weimarer Verfassung gesetzt waren, beseitigt worden waren, war dem polizeilichen Ermessen ein weiter Spielraum gesetzt. Dieses polizeiliche Ermessen wurde in der Folgezeit geregelt durch zahlreiche Verordnungen, Erlasse, Führerbefehle, Dienstanweisungen und dergleichen, die, da sie alle von der letzten Rechtssetzungsquelle dieses Staates, nämlich von dem Staatsoberhaupt letzten Endes ausgingen, als geltendes Polizeirecht angesehen werden mußten.

DR. MERKEL: Wie war es zu beurteilen, wenn Teilen der Gestapo oder Angehörigen Handlungen wie Deportationen und Exekutionen befohlen wurden?

BEST: Ich habe bereits gesagt, daß dieses polizeifremde Handlungen waren, die nicht aus dem eigenen Wirken der Polizei erwuchsen und die unter polizeilichen Gesichtspunkten auch nicht notwendig waren. Wenn aber die Polizei solche Befehle von dem Staatsoberhaupt oder im Namen des Staatsoberhauptes erhielt, dann mußte zunächst einmal nach der herrschenden Auffassung der einzelne Beamte annehmen, daß er zu ihrer Durchführung verpflichtet sei.

DR. MERKEL: Wollten Sie diese Auffassung verteidigen, als Sie in Ihrem Buch schrieben...

VORSITZENDER: Es ist 5.00 Uhr. Können Sie dem Gerichtshof mitteilen, wie lange Sie noch für diesen Zeugen brauchen werden?

DR. MERKEL: Ich habe nur noch zwei Fragen. Vielleicht eine Minute, Herr Präsident.

VORSITZENDER: Gut.

DR. MERKEL: Wollten Sie diese Auffassung verteidigen, als Sie schrieben, es sei keine Rechtsfrage, sondern eine Schicksalsfrage, ob die Staatsführung das richtige Recht setze?

BEST: Nein. Mit dieser Stelle meines Buches habe ich eine politische Warnung an die Staatsführung ausgesprochen, die eben gerade dahin geht, daß diese ungeheure Macht, nach Belieben Recht zu setzen – man hat damals kein internationales Gericht voraussehen können –, jedenfalls der Jurisdiktion des Schicksals unterliege und daß ein Verstoß gegen die fundamentalen Lebensgesetze der Menschen und der Völker vom Schicksal bestraft werden würde. Leider habe ich ja mit dieser Warnung recht bekommen.

DR. MERKEL: Wenn aber die Angehörigen der Gestapo die ihnen erteilten Befehle als verbrecherisch anerkannt hätten, wie wäre dann ihr Handeln zu beurteilen?

BEST: In diesem Fall muß festgestellt werden, daß sie in einem ausgesprochenen Notstand gehandelt haben, denn während des Krieges unterstand die gesamte Polizei dem Militärstrafrecht, und jeder Beamte, der den Vollzug eines Befehls verweigert hätte, wäre wegen militärischen Ungehorsams kriegsgerichtlich zum Tode verurteilt worden.

DR. MERKEL: Ich habe keine weiteren Fragen.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof vertagt sich jetzt.