[Das Gericht vertagt sich bis
1. August 1946, 10.00 Uhr.]
Einhundertzweiundneunzigster Tag.
Donnerstag, 1. August 1946.
Vormittagssitzung.
[Der Zeuge Dr. Best im Zeugenstand.]
DR. HANS GAWLIK, VERTEIDIGER FÜR DEN SD: Herr Vorsitzender! Ich bitte, drei Fragen an den Zeugen Best stellen zu dürfen.
VORSITZENDER: Aus welchem besonderen Grunde wollen Sie Fragen an ihn stellen?
DR. GAWLIK: Ich wollte diese Fragen dem Zeugen Dr. Spengler stellen, den ich angefordert habe. Dieser Zeuge ist bisher nicht eingetroffen. Aus diesem Grunde bitte ich, diese drei Fragen dem Zeugen Dr. Best stellen zu dürfen.
VORSITZENDER: Nun, aus diesem besonderen Grunde erlauben wir Ihnen, die Fragen zu stellen, doch darf das nicht als allgemeine Regel angesehen werden.
DR. GAWLIK: Herr Zeuge! Ich lege Ihnen eine Abschrift des Erlasses vom 11. November 1938 vor.
Ich darf Bezug nehmen auf Seite 4 des deutschen Trial-Briefes gegen die Gestapo und den SD.
In diesem Erlaß heißt es:
»Der Sicherheitsdienst des RF SS (SD) hat als Nachrichtenorganisation für Partei und Staat, insbesondere zur Unterstützung der Sicherheitspolizei, wichtige Aufgaben zu erfüllen.«
Ich frage Sie, haben Sie an dem Zustandekommen dieses Erlasses mitgewirkt?
BEST: Ja.
DR. GAWLIK: Gibt dieser Erlaß das tatsächliche Verhältnis zwischen Sicherheitspolizei und SD richtig wieder?
BEST: Mit dem SD ist in jenen Jahren ständig experimentiert worden, so daß sich die Aufgabenstellung des SD öfter änderte. In jenem Zeitpunkt, als der erwähnte Erlaß herausgegeben wurde, hatte der gemeinsame Chef der Sicherheitspolizei und des SD, Heydrich, das Interesse, dem SD Einblick in die Tätigkeit der staatlichen Behörden zu verschaffen. Um diesen Zweck ausreichend zu begründen, wurde die Formulierung dieses Erlasses gewählt. In Wahrheit entwickelte sich die Aufgabenstellung des SD, dessen Vorbild die großen ausländischen Nachrichtendienste sein sollten, vor allem der englische Intelligence Service, weiter dahin, daß der SD nicht ein Hilfsorgan der Polizei, sondern ein reines politisches Nachrichtenorgan der Staatsführung zur Selbstkontrolle ihrer politischen Auswirkungen sein sollte.
DR. GAWLIK: Ich habe keine weiteren Fragen.
VORSITZENDER: Wünscht die Anklagebehörde ein Kreuzverhör?
KORVETTENKAPITÄN WHITNEY R. HARRIS, HILFSANKLÄGER FÜR DIE VEREINIGTEN STAATEN: Zeuge! Sie sind sich doch dessen bewußt, daß Sie einer der beiden Zeugen sind, die aus einer Zahl von möglicherweise vielen Hundert vorgeladen wurden, um die Gestapo vor diesem Gerichtshof zu vertreten?
BEST: Ja.
KORVETTENKAPITÄN HARRIS: Und Sie sind sich doch dessen bewußt, daß Ihre Glaubwürdigkeit höchst wichtig ist, nicht wahr?
BEST: Ja.
KORVETTENKAPITÄN HARRIS: Als erfahrener Jurist verstehen Sie doch die Bedeutung Ihres Eides?
BEST: Ja.
KORVETTENKAPITÄN HARRIS: Sie haben gestern, glaube ich, festgestellt, daß Ihre Veröffentlichung »Die deutsche Polizei« eine rein private Studie war und keinen offiziellen Charakter hatte. Stimmt das?
BEST: Ich habe gesagt, daß es sich um eine reine Privatarbeit handelt, die ohne jede Fühlungnahme mit meinen Vorgesetzten und ohne Kenntnis meiner Vorgesetzten entstanden ist. Meine Vorgesetzten, damals Heydrich und Himmler, haben von dieser Arbeit erst durch die Vorlage des fertigen Buches Kenntnis erhalten.
KORVETTENKAPITÄN HARRIS: Die Frage ist, ob dieses Buch von Ihnen in irgendeiner Hinsicht eine offizielle Veröffentlichung war oder nicht?
BEST: Nein, sie war keine offizielle Veröffentlichung.
KORVETTENKAPITÄN HARRIS: Bitte geben Sie dem Zeugen das Ministerialblatt von 1941, Seite 119.