[Zum Zeugen gewandt:]
Wollen Sie bitte, Dr. Best, Ihre Unterschrift auf diesem Dokument identifizieren?
BEST: Ja.
KORVETTENKAPITÄN HARRIS: Das wird US- 916.
Das nächste Dokument ist F-972. Auch ein Dokument, das sich auf den Kampf gegen die Kommunisten in Frankreich bezieht, und ich bitte, daß der Zeuge es ebenfalls von ihm stammend und in seinem Namen unterzeichnet, identifiziert.
BEST: Ja.
KORVETTENKAPITÄN HARRIS: Das wird Dokument US-917.
Hoher Gerichtshof! Man teilt mir mit, wir hätten soeben ein neues Dokument entdeckt, das besonders wichtig ist, das aber noch in keiner Weise bearbeitet worden ist, und wir möchten den Gerichtshof bitten, dieses Dokument im späteren Verlaufe der Verhandlung vorlegen zu dürfen, sobald es zur Vorlage fertig ist.
VORSITZENDER: Kann das heute noch gemacht werden?
MR. DODD: Ich glaube schon, Herr Vorsitzender. Man hat es mir eben in handschriftlicher Übersetzung überreicht. Es wurde gerade in der Berliner Dokumentenzentrale entdeckt, und ich glaube, es ist seiner Natur nach so wichtig, daß der Gerichtshof davon wissen sollte. Ich versuche, es noch vor Ende der heutigen Sitzung übersetzen zu lassen. Ich denke, es gehört zu den Dingen, die der Aufmerksamkeit des Gerichtshofs nicht entgehen sollten.
VORSITZENDER: Gut, vielleicht stellen Sie einen weiteren Antrag, sobald Sie das Dokument bereit haben.
KORVETTENKAPITÄN HARRIS: Ja, Herr Vorsitzender.
VORSITZENDER: Wünschen Sie ein Rückverhör?
DR. MERKEL: Zunächst zwei kurze Fragen in Bezug auf die Fragestellung des Verteidigers des SD.
[Zum Zeugen gewandt:]
Wer hatte den Nachrichtendienst in Händen nach Abberufung von Canaris?
BEST: Ich habe als Außenstehender erfahren, daß in jener Zeit der Nachrichtendienst der Wehrmacht, der vorher als Ganzes von Canaris geleitet war, an verschiedene Ämter des Chefs der Sicherheitspolizei übergegangen ist, und zwar der defensive Teil an das Amt IV, also das sogenannte Gestapo-Amt, ein weiterer Teil an das Amt VI, Auslandsnachrichtendienst, und schließlich wurde ein Amt Mil. neu gegründet.
DR. MERKEL: Hatte Himmler die gesamte Exekutive, insbesondere nach Heydrichs Tod?
BEST: Auch hier kann ich nur als Außenstehender sagen, daß ich erfahren habe, daß Himmler nach Heydrichs Tod die Leitung der Sicherheitspolizei selbst in die Hand genommen hat.
DR. MERKEL: Eine Frage bezüglich Dänemarks. Worin bestand allgemein der organisatorische Unterschied zwischen der Gestapo im Reich und den außerhalb der Reichsgrenzen eingesetzten sicherheitspolizeilichen Einheiten?
BEST: Im Reich bestanden feste staatliche Behörden der Geheimen Staatspolizei mit einem durch Gesetze, Verordnungen, Erlasse und Dienstanweisungen geregelten Aufgabenkreis. In den besetzten Gebieten waren Einsatzkommandos eingesetzt, die gemischt waren aus Angehörigen der Geheimen Staatspolizei, der Kriminalpolizei, des SD und zahlreichen weiteren Hilfskräften und deren Aufgabenkreis nicht ständig gleich und fest umrissen war, sondern sich teils nach Instruktionen der zentralen Berliner Stellen und teils nach den Weisungen von Höheren SS- und Polizeiführern, Reichskommissaren und dergleichen richtete.
DR. MERKEL: Seit wann kennen Sie den Zeugen Naujocks?
BEST: Ich glaube, daß ich ihn irgendwann schon vor meinem Ausscheiden aus dem Geschäftsbereich der Sicherheitspolizei kennengelernt habe. Ich habe ihn aber sehr selten gesehen und keinerlei persönliche Beziehungen zu ihm gehabt.
DR. MERKEL: Wissen Sie, daß Naujocks sechs Monate vor Kriegsende zu den Amerikanern desertierte?
BEST: Das ist mir jetzt hier erzählt worden.
DR. MERKEL: Waren die von Naujocks geschilderten Morde Morde der Gestapo?
BEST: Nein, die eigentliche Gestapo, das heißt die Vollzugsabteilung des Befehlshabers der Sicherheitspolizei, hat diese Taten nicht ausgeführt, sondern es waren besondere Kräfte, die dem Befehlshaber der Sicherheitspolizei und dem Höheren SS- und Polizeiführer unmittelbar unterstanden.
DR. MERKEL: Waren die Exekutionen von russischen Kriegsgefangenen in deutschen Konzentrationslagern in der Öffentlichkeit allgemein bekannt?
BEST: Nein, ich kann jedenfalls sagen, daß ich trotz meiner hervorgehobenen Stellung erst jetzt hier im Zuge des Prozesses von diesen Dingen erfahren habe.
DR. MERKEL: Bedeutet die Empfehlung Ihres Buches durch den Reichsminister des Innern, daß nach dieser Empfehlung das Buch einen amtlichen Charakter bekam?
BEST: Ich glaube das nicht; denn es sind zweifellos an der gleichen Stelle und in der gleichen Weise zahlreiche Bücher empfohlen worden, die keineswegs von einer Behörde oder im Auftrag einer Behörde herausgegeben worden sind.
DR. MERKEL: Ich habe keine weiteren Fragen.
DR. HANS LATERNSER, VERTEIDIGER FÜR GENERALSTAB UND OBERKOMMANDO: Herr Präsident! Ich möchte nur eine während des Kreuzverhörs aufgetauchte Frage klären.
VORSITZENDER: Ja, Dr. Laternser.
DR. LATERNSER: Herr Zeuge! Es wurde Ihnen das Dokument R-178 vorgelegt. Auf 27, nein, auf Seite 26 dieses Dokuments finden Sie in der Mitte, daß der Reichskommissar für die Verteidigung in den Wehrkreisen mit der Auswahl der russischen Kriegsgefangenen und deren Ermordung einverstanden gewesen sei. Ich möchte... – Sie wurden dann von dem Herrn Ankläger gefragt, wer dieser Kommissar für die Reichsverteidigung gewesen sei, und Sie sagten, daß Sie das nicht wüßten. Ich möchte Sie nun fragen: Wer war denn gewöhnlich Kommissar für die Reichsverteidigung? Waren das nicht die Gauleiter?
BEST: Es waren zum Teil Gauleiter, zum Teil, wenn ich mich richtig erinnere, höhere Beamte, Oberpräsidenten und dergleichen, die Minister der einzelnen Länder.
DR. LATERNSER: Diese Kommissare für die Reichsverteidigung waren also keine militärische Dienststelle oder rein militärische Dienststelle, die dem OKH unterstanden hat?
BEST: Nein, soweit ich die Konstruktion jener Zeit in Erinnerung habe, nicht.
DR. LATERNSER: Danke schön, ich habe keine weiteren Fragen.
VORSITZENDER: Der Zeuge kann sich zurückziehen.
DR. MERKEL: Ich habe noch einen weiteren Zeugen. Um die Einheitlichkeit der Einvernahme zu gewährleisten, würde es vielleicht besser sein, jetzt eine Pause einzulegen.
VORSITZENDER: Gut.