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[Das Gericht vertagt sich bis 14.00 Uhr.]

Nachmittagssitzung.

[Der Zeuge Hoffmann im Zeugenstand.]

VORSITZENDER: Es dürfte den Verteidigern der Organisationen nützlich sein zu erfahren, daß der Gerichtshof die gesamte mündliche Beweisaufnahme durch die Zeugen für die Organisationen zuerst hören will; die Erläuterungen zu ihren Dokumenten sollten die Verteidiger nachher geben, weil einige Dokumente, nämlich Affidavits, noch nicht fertig sind. Ich glaube, daß dies wahrscheinlich für die Organisationen nützlich sein wird.

Der Gerichtshof wird Samstag vormittag bis 1.00 Uhr in öffentlicher Sitzung tagen.

M. MONNERAY: Zeuge! Sie sagten uns vorhin, daß Sie, abgesehen von dem Schutz gewisser französischer Politiker, mit der Kontrolle der Konzentrationslager nichts zu tun hatten.

HOFFMANN: Nein.

M. MONNERAY: Haben Sie Vorschriften für die Konzentrationslager herausgegeben?

HOFFMANN: Nein.

M. MONNERAY: Haben Sie Vorschriften an Konzentrationslager weitergegeben?

HOFFMANN: Ich kann mich nicht entsinnen.

M. MONNERAY: Ich möchte mit Erlaubnis des Gerichtshofs dem Zeugen das Dokument 2521-PS vorlegen, das Beweisstück RF-1538 wird. Das Dokument ist nicht im Dokumentenbuch enthalten, es ist ein neues Beweisstück.

[Dem Zeugen wird das Dokument überreicht.]

Auf Seite 2 des Dokuments finden wir einen »Auszug aus dem ›Nacht-und-Nebel‹-Erlaß zum Dienstgebrauch bei den Konzentrationslagern«. Dieses Dokument ist vom 4. August 1942 datiert und kommt vom Amt IV D 4.

HOFFMANN: Ja, das ist eine inhaltliche Weitergabe des »Nacht-und-Nebel«-Erlasses an den Inspekteur der KL. Ich kann mich nicht mehr entsinnen, seit wann auch der Vollzug des »Nacht -und -Nebel«-Erlasses in KLs durchgeführt wurde. Ich nehme an, daß die Ursache die schwierige Durchführung der Verfahren an den einzelnen Stellen war.

M. MONNERAY: Dieses Dokument ist doch von Ihnen gezeichnet, nicht wahr?

HOFFMANN: Es heißt: gezeichnet Dr. Hoffmann, und es ist auch ein Stempel da. Ich muß das irgendwann mal unterschrieben haben.

M. MONNERAY: Ist das ein Dokument, das in Ihrer Dienststelle verfaßt worden ist?

HOFFMANN: Der Aufmachung nach muß ich es annehmen.

M. MONNERAY: Also war es doch Ihre Dienststelle, die Vorschriften und Erklärungen über diesen Erlaß herausgegeben hat?

HOFFMANN: Ja, das ist klar, das ist ja auch nie bestritten worden.

M. MONNERAY: Sie sagten uns heute morgen, daß der Staat und die Staatsführung nicht in Übereinstimmung mit den Ansichten der Polizei gehandelt hat?

HOFFMANN: In vielen Fällen nicht nach unseren Erkenntnissen, das ist richtig.

M. MONNERAY: Glauben Sie, daß der Inhalt des »Nacht-und-Nebel«-Erlasses mit den Auffassungen der Polizei übereinstimmt?

HOFFMANN: Nein.

M. MONNERAY: Das heißt also, Sie finden, daß er den Auffassungen der Polizei widerspricht?

HOFFMANN: Ja, ich habe dargelegt, daß dieser Erlaß ohne Anregung der Polizei herausgegeben wurde und habe in meinen Ausführungen über unsere Auffassung, über die Entstehung und Bekämpfung der Militärorganisationen erklärt, daß dieser Erlaß ihr nicht entspricht. Wenn jedoch dieser Erlaß von der obersten Staatsführung herausgegeben worden ist, dann mußte die Polizei auch nach diesen Richtlinien handeln, und sie konnte nur versuchen, im Rahmen des Erlasses ihre Anschauungen durchzusetzen.

M. MONNERAY: Das heißt, daß die Gestapo, ob sie mit den ergriffenen Maßnahmen einverstanden war oder nicht, bei der Durchführung mitwirkte.

HOFFMANN: Jawohl.

M. MONNERAY: Hatte die Gestapo das Recht, Exekutionen durchzuführen?

HOFFMANN: Nein. Ich habe allerdings gehört, daß auf einem Sektor, der nicht zu meiner Zuständigkeit gehörte, derartige Regelungen bestanden.

M. MONNERAY: Welche Abteilung war das?

HOFFMANN: Soviel ich weiß, die Abteilung, die mit polnischen Fragen zu tun hatte.

M. MONNERAY: Hat Ihre Dienststelle IV D hinsichtlich des Rechtes der Gestapo, Exekutionen durchzuführen, Anweisungen erhalten?

HOFFMANN: Ich kann mich hier nicht erinnern, ob wir Erlasse dieser Art zugeleitet bekommen haben.

M. MONNERAY: Ich möchte Ihnen das Dokument 1715-PS zeigen, das RF-1539 wird.