HOME

<< Zurück
|
Vorwärts >>

[Pause von 10 Minuten.]

M. MONNERAY: Eine letzte Frage, Zeuge, zu dem Dokument R-112. Wer war der Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums?

RÖSSNER: Das war eine oberste Dienststelle.

M. MONNERAY: Unterstand diese Dienststelle dem Chef der SS und Polizei? Ist das richtig?

RÖSSNER: Himmler.

M. MONNERAY: Halten Sie aufrecht, daß dieses aus der Dienststelle Himmlers stammende Schreiben vom 1. Juli, das gleichzeitig an die Gestapo-Dienststellen, den SD und die Kriminalpolizei gerichtet war, die wirkliche Sachlage nicht wiedergibt?

RÖSSNER: Ich kann aus meiner Kenntnis nur noch einmal darauf hinweisen, daß es sich um zwei völlig getrennte Dienststellen handelt. Inwieweit sich die Formulierung des Dokuments mit der tatsächlichen Arbeit des SD deckt, kann ich aus eigener Sachkenntnis, ich wiederhole, nicht beurteilen.

M. MONNERAY: Ich habe keine weiteren Fragen mehr.

VORSITZENDER: Dr. Gawlik, warten Sie einen Moment.

KORVETTENKAPITÄN HARRIS: Hoher Gerichtshof! Wir möchten lediglich zusätzlich zu unserem letzten Beweisstück ein neues, soeben eingetroffenes Dokument vorlegen. Es handelt sich um Dokument 4054-PS, US-921. Die einzige Bedeutung dieses Dokuments besteht darin, daß es zeigt, daß der SD kurz vor Ausbruch des Krieges zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland Agenten in Los Angeles, Kalifornien, unterhielt.

VORSITZENDER: Haben Sie davon eine Kopie erhalten, Dr. Gawlik? Besitzen Sie davon eine Abschrift?

DR. GAWLIK: Jawohl.

VORSITZENDER: Wollen Sie ein Wiederverhör anstellen?

DR. GAWLIK: Ich habe keine Fragen.

VORSITZENDER: Der Zeuge kann sich zurückziehen. Und ich glaube, damit ist Ihre Beweisführung zu Ende, Dr. Gawlik. Das ist Ihre ganze Beweisführung, nicht wahr? Einen Moment, Sie haben keine weiteren Zeugen, nicht wahr?

[Der Zeuge verläßt den Zeugenstand.]

DR. GAWLIK: Ich habe keine weiteren Zeugen, Herr Vorsitzender.

VORSITZENDER: In welcher Reihenfolge wollen die Verteidiger für die Organisationen nunmehr fortfahren?

DR. EGON KUBUSCHOK, VERTEIDIGER DES ANGEKLAGTEN VON PAPEN, VERTEIDIGER FÜR DIE REICHSREGIERUNG: Es ist vorgesehen, daß jetzt der Zeuge für die Reichsregierung vernommen wird.

Ich rufe den Zeugen Dr. Franz Schlegelberger in den Zeugenstand.

[Der Zeuge betritt den Zeugenstand.]

VORSITZENDER: Wollen Sie bitte Ihren vollen Namen angeben.

ZEUGE FRANZ SCHLEGELBERGER: Franz Schlegelberger.

VORSITZENDER: Wollen Sie den folgenden Eid mir nachsprechen: »Ich schwöre bei Gott, dem Allmächtigen und Allwissenden, daß ich die reine Wahrheit sagen, nichts verschweigen und nichts hinzusetzen werde.«

[Der Zeuge spricht die Eidesformel nach.]

VORSITZENDER: Setzen Sie sich bitte.

DR. KUBUSCHOK: Herr Zeuge! Seit welchem Jahr sind Sie im Justizministerium tätig gewesen?

SCHLEGELBERGER: Ich war zunächst Richter erster und zweiter Instanz und bin im Jahre 1918 zunächst als Hilfsarbeiter und dann als Geheimer Rat in das Ministerium einberufen worden.

DR. KUBUSCHOK: Wann sind Sie Staatssekretär geworden?

SCHLEGELBERGER: 1931.

DR. KUBUSCHOK: In welcher Zeit haben Sie nach dem Tode des Reichsjustizministers Gürtner die Geschäfte des Justizministers geführt?

SCHLEGELBERGER: Vom Januar 1941 bis August 1942.

DR. KUBUSCHOK: Waren Sie Mitglied der Partei?

SCHLEGELBERGER: Ich war ursprünglich nicht Mitglied der Partei, ich habe auch niemals einen Antrag auf Eintritt in die Partei gestellt. Zu meiner großen Überraschung erhielt ich am 30. Januar 1938 ein Schreiben des Chefs der Kanzlei des Führers, daß der Führer meine Aufnahme in die Partei verfügt habe. Ich konnte dieses Schreiben natürlich nicht zurückweisen und möchte mich als ein unfreiwilliges Mitglied der Partei bezeichnen.

DR. KUBUSCHOK: Haben Sie in einem sehr engen persönlichen Kontakt mit Minister Gürtner gestanden, so daß Sie fortlaufend von ihm über alle Fragen nicht nur des Justizministeriums, sondern auch über alle allgemeinen Regierungsfragen orientiert worden sind?

SCHLEGELBERGER: Ja.

DR. KUBUSCHOK: War Gürtner bereits im Kabinett Papen Justizminister?

SCHLEGELBERGER: Ja.

DR. KUBUSCHOK: War Gürtner vorher bereits im Lande Bayern Justizminister?

SCHLEGELBERGER: Ja.

DR. KUBUSCHOK: Unterschied sich die Tätigkeit der Gesamtregierung, die zur Kabinettssitzung zusammentrat, in der ersten Zeit des Kabinetts Hitler – ich meine die Zeit bis zum Erlaß des Ermächtigungsgesetzes – von der bisherigen Praxis?

SCHLEGELBERGER: Nein. Die Vorlagen wurden eingehend durchgesprochen und abweichende Meinungen erörtert.

DR. KUBUSCHOK: Änderte sich dies nach Erlaß des Ermächtigungsgesetzes?

SCHLEGELBERGER: Ja. Die Märzabstimmung und die Annahme des Ermächtigungsgesetzes durch den Reichstag hatten die Stellung Hitlers stark gefestigt. Zunächst war Hitler durchaus zurückhaltend, Hindenburg gegenüber bescheiden, vielleicht sogar verlegen. Nunmehr war er von dem Gedanken erfüllt, daß er der Vollstrecker des Volkswillens sei. Vielleicht kann man das damit erklären, daß Hitler seine ganze Tätigkeit auf Gewinnung der Massen erstreckt hatte, daß er nunmehr Erfolge sah, daß er glaubte, den Willen des Volkes richtig zu beurteilen, daß er sich für die Verkörperung des Volkswillens hielt und daß er dessen Autorität durchsetzen wollte.

DR. KUBUSCHOK: Hatte die Vereinigung der Stellung des Reichskanzlers mit der des Reichspräsidenten im August 1934 über die allgemeinen staatsrechtlichen Folgen hinaus noch einen Einfluß auf die Stellung und die Funktion des Kabinetts?

SCHLEGELBERGER: Ja. Ich sehe in diesem Gesetz die letzte Stufe zur Konzentrierung aller Macht in der Person Hitlers, und ich beurteile dieses Gesetz besonders deshalb als so wichtig, weil es durch Volksentscheid allgemein gebilligt wurde.

DR. KUBUSCHOK: Kam diese Entwicklung auch für das Gesetz über die Ministervereidigung vom 16. Oktober 1934 zum Ausdruck; war für die Minister nunmehr eine Gehorsamspflicht gegenüber dem Führer und Reichskanzler festgesetzt worden?

SCHLEGELBERGER: Ja. Und dieses Gesetz führte dahin, daß die Minister jetzt ebenso wie die anderen Beamten weisungsgebunden waren.

DR. KUBUSCHOK: Hatten die Minister nunmehr noch die Möglichkeit, auf eigenen Wunsch ihre Demission zu erlangen?

SCHLEGELBERGER: Nein.

DR. KUBUSCHOK: Wurde durch spätere Gesetze die Tätigkeit des Kabinetts noch weiterhin eingeschränkt?

SCHLEGELBERGER: Ja. Ich denke an das Gesetz für den Vierjahresplan und über den Ministerrat für die Reichsverteidigung.

DR. KUBUSCHOK: Wurden erhebliche Teile der Regierungstätigkeit auf Sonderstellen dezentralisiert? Ich denke hierbei an die Stellung der Gauleiter, Reichskommissare, Zivilverwaltungschefs.

SCHLEGELBERGER: Ja. Die Gauleiter wurden zu Reichsstatthaltern ernannt und zu Reichsverteidigungskommissaren. Es wurden geschaffen die Generalbevollmächtigten für die Verwaltung, für die Wirtschaft und für den Arbeitseinsatz.

DR. KUBUSCHOK: Trat durch das Gesetz über die Einheit von Partei und Staat vom 1. Dezember 1933 nunmehr eine Zusammenarbeit zwischen Partei- und Staatsstellen in der Praxis in Erscheinung, oder wie entwickelten sich tatsächlich die Verhältnisse?

SCHLEGELBERGER: Wer an diese Zusammenarbeit geglaubt hatte, wurde sehr bald schwer enttäuscht. Von vornherein zeigten sich schwere Gegensätze zwischen den staatlichen Stellen und den Parteistellen, und ich kann wohl aus meiner Erfahrung sagen, daß ein außerordentlich großer Teil der Arbeit dadurch notwendig wurde, daß die staatlichen Stellen die Einflußnahme der Parteistellen überwinden mußten.

DR. KUBUSCHOK: Zu welchem Zweck und unter welchen Voraussetzungen wurde das Ermächtigungsgesetz im März 1933 dem Reichstag vorgetragen?

SCHLEGELBERGER: Das Ermächtigungsgesetz, das sich da nennt »Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich«, wurde erlassen, weil der schwierige Apparat des Reichstags zu langsam arbeitete und man schleunig Gesetze schaffen mußte. Man hatte aber ins Auge gefaßt, mit dem Ermächtigungsgesetz nur eine vorübergehende Lösung zu finden und hat es deshalb auf vier Jahre befristet. Es ist dann später wiederholt verlängert worden.

DR. KUBUSCHOK: Aus welchen Gründen wurden Sondergerichte eingerichtet, und welche Besonderheiten bestanden für diese Verfahren?

SCHLEGELBERGER: Sondergerichte wurden schon in der Zeit des Kabinetts Brüning im Jahre 1931 vorübergehend eingerichtet, und sie wurden jetzt wieder geschaffen, weil man auf diese Weise Dinge, die besonderer Beschleunigung bedurften, schleunigst erledigen wollte. Diese Beschleunigung war aber nur zu erreichen, wenn man Rechtsmittel ausschloß. Um aber ungerechte Verfahren und ungerechte Urteile beseitigen zu können, hat man eine Reihe von Kautelen geschaffen, und zwar erstens wurde die Wiederaufnahme des rechtskräftig geschlossenen Verfahrens zugunsten des Angeklagten erleichtert, zweitens wurde die Nichtigkeitsklage an das Reichsgericht bewilligt, die dahin führte, daß das Reichsgericht das Urteil aufheben und durch ein anderes ersetzen konnte, und drittens schuf man den außerordentlichen Einspruch an das Reichsgericht, mit dessen Hilfe ein ganz neues Verfahren beginnen konnte. Schließlich hat man eine Verteidigung von Amts wegen eingeführt.

Ich darf betonen, daß die Sondergerichte und die Rechtsbehelfe, die ich erwähnte, durchaus ebenso zugunsten wie zuungunsten der Angeklagten in Tätigkeit getreten sind, daß es sich bei diesen Sondergerichten um ordentliche Justizgerichte, nicht um Ausnahmegerichte handelte und daß sie mit drei Berufsrichtern besetzt waren.

DR. KUBUSCHOK: Was haben Sie bezüglich des Gesetzes vom 3. Juli 1934 zu sagen, durch das die Maßnahmen Hitlers am 30. Juni 1934 gerechtfertigt worden sind?

SCHLEGELBERGER: Nach der Erklärung Hitlers und nach dem Wortlaut des Gesetzes betraf dieses ausschließlich die SA-Leute, die nach der damals glaubhaften Erklärung Hitlers eine Revolte beabsichtigten. In diesem Maße war das Gesetz durchaus zu rechtfertigen, denn die Revolte bedeutete einen Staatsnotstand im Sinne des allgemein in Deutschland anerkannten Begriffs. Anders lag es mit Opfern des Vorganges, die nicht zu diesen Mitgliedern der Revolte gehörten. Und Hitler hat erklärt, daß insoweit die Fälle gerichtlich verfolgt werden sollten. Es sind dann auch eine Reihe von Verfahren anhängig gemacht worden, die mit schweren Verurteilungen geendet haben. In einer Reihe von Fällen indessen hat Hitler von dem ihm gesetzlich zustehenden Niederschlagungsrecht Gebrauch gemacht, zum Beispiel im Fall Klaußner und Edgar Jung, und infolge dieser Niederschlagung war in diesen Fällen mit Hilfe der Justiz ein Verfahren nicht mehr möglich.

DR. KUBUSCHOK: Hatten Sie und der Reichsjustizminister Gürtner vor der Beschlußfassung über die »Nürnberger Gesetze« auf dem Reichsparteitag von diesen Kenntnis?

SCHLEGELBERGER: Nein. Ich selbst war bereits vom Reichsparteitag abgereist und erfuhr von diesen Gesetzen auf der Reise entweder durch Zeitungen oder durch Radio. Der Reichsjustizminister Dr. Gürtner ist, wie ich von ihm bestimmt weiß, von der Absicht der Einbringung dieser Gesetze vorher nicht unterrichtet worden.

DR. KUBUSCHOK: Was bezweckte die Übernahme der Justiz durch das Reich?

SCHLEGELBERGER: Die Übernahme der Justiz durch das Reich lag zunächst im allgemeinen Zug der Zentralisierung. Aber darüber hinaus hat das Reichsjustizministerium diese Übernahme mit größter Energie betrieben. Die Landesjustizministerien waren überall mit nationalsozialistischen Ministern und wohl auch mit Staatssekretären besetzt, und es hatte sich hierbei eine Reihe von Mißständen ergeben. Die Übernahme der Justiz auf das Reich hatte die Wirkung, daß nunmehr die Justiz in die Hände eines nicht-nationalsozialistischen Justizministers und seines Staatssekretärs gelangte.

DR. KUBUSCHOK: Wie war das Verhältnis zwischen den Parteidienststellen und dem Justizministerium?

SCHLEGELBERGER: Infolge der Übernahme der Justiz auf das Reich konzentrierten sich sehr bald starke Einflußbestrebungen der Partei gegen das Reichsjustizministerium, zunächst auf dem Weg der Personalpolitik. Die Rechtslage war so, daß nach einer Anordnung des Führers vor einer Ernennung eines Richters oder eines höheren Justizbeamten die Partei gehört werden mußte. Die Partei hat sich aber darauf nicht beschränkt, zu dem Kandidaten des Justizministeriums sich zu äußern, sondern sie hat selbst mit Nachdruck Kandidaten lanciert. Sobald der Minister – und später auch ich – die Überzeugung gewann, daß die Partei einen ungeeigneten Mann auf dem Platz haben wollte, haben wir dem widerstrebt und uns damit geholfen, daß die Stelle offen blieb. Sie ist dann später mit einem anderen und – jedenfalls nach unserer Auffassung – geeigneten Mann besetzt worden.

Wiederholt haben wir beobachtet, daß Parteistellen in Zivilprozessen sich an die Richter heranmachten und sie glauben machen wollten, daß im öffentlichen Interesse diese oder jene Entscheidung geboten sei. Um die Richter diesen peinlichen Erörterungen zu entziehen, ist auf Vorschlag des Reichsjustizministers das Gesetz über die Mitwirkung der Staatsanwaltschaft in Zivilsachen ergangen, wonach nunmehr der Richter, dem eine solche Mitteilung gemacht wurde, der Parteistelle sagen konnte: Wenden Sie sich an die Staatsanwaltschaft, sie ist dazu berufen, die öffentlichen Interessen geltend zu machen.

Ich erinnere mich weiter eines Falles, in dem der damalige Gauleiter Adolf Wagner in München erklärt hatte, er würde in einem Zivilprozeß ungeladen auftreten und eine Rede halten, um die Richter zu überzeugen, daß dieser Parteiangehörige im Zivilprozeß Parteirecht habe. Ich habe damals im Auftrage des Reichsjustizministers den Angeklagten Heß aufgesucht und ihn gebeten, das Auftreten des Gauleiters Wagner zu verhindern. Diesem Wunsch ist entsprochen worden. Ein weiteres Mittel, die Justiz zu beeinflussen, bestand in der Anprangerung von unbeliebten Urteilen oder unbeliebten Richtern. Dieser Anprangerung diente die SS-Zeitung »Das Schwarze Korps«.

VORSITZENDER: Einen Augenblick. Wie bezieht sich diese Aussage auf die Reichsregierung?

DR. KUBUSCHOK: Ja. Der Zeuge kennt die Verhältnisse im Justizministerium aus eigener Tätigkeit besonders gut. Ich beschränke mich auf einige ganz prägnante Fälle, in denen die Lage eines Ministeriums klargestellt wird. Ich habe zu diesem Punkt dann keine weiteren Fragen mehr. Ich glaube auch, daß der Zeuge ziemlich am Ende seiner Antwort ist.

VORSITZENDER: [zum Zeugen gewandt] Fahren Sie fort.

SCHLEGELBERGER: »Das Schwarze Korps« hat dann wiederholt versprochen, diese Anprangerung aufzugeben, hat aber das Versprechen nicht gehalten. Der Justizminister hat jede Gelegenheit einer Konferenz mit den Präsidenten der Oberlandesgerichte und den Generalstaatsanwälten benutzt, um ihnen zu sagen, sie sollten die Richter auf ihre Unabhängigkeit aufmerksam machen, jeden Einschüchterungsversuch zurückweisen und in schwierigen Fällen an den Minister berichten.

DR. KUBUSCHOK: Ist das Justizministerium bei Ihnen bekanntgewordenen Fällen von Mißhandlungen und Exzessen in Konzentrationslagern eingeschritten?

SCHLEGELBERGER: Nach meiner Information ist der Justizminister in allen ihm bekanntgewordenen Fällen eingeschritten. Er hat bereits im Jahre 1933 zwei im Justizministerium beschäftigte Staatsanwälte eigens mit der Aufgabe eingesetzt, allen diesen gemeldeten Fällen an Ort und Stelle nachzugehen und sie mit dem größten Nachdruck zu verfolgen. Die Verhandlungen haben dann auch stattgefunden und vielfach mit Verurteilungen geendet. Seit 1939, der Einführung der besonderen Gerichtsbarkeit für die SS, sind diese Dinge dann der Zuständigkeit des Justizministeriums entzogen worden.

DR. KUBUSCHOK: Wie waren die persönlichen Beziehungen der Minister zu Hitler?

SCHLEGELBERGER: Ich glaube, man muß unterscheiden, die Beziehungen Hitlers zu den Parteiministern und zu den Nicht-Parteiministern. Soweit Minister nicht der Partei angehörten, waren sie ihm fernstehend, er hat ihnen gleiches Mißtrauen entgegengebracht. Auch bezüglich der Parteiminister waren nach meinem Eindruck die Beziehungen sehr verschieden. Ich glaube, daß zum Beispiel die Minister Rust und Darré ihm sehr viel ferner standen als zum Beispiel Göring und Goebbels. Aber auch den Parteiministern hat Hitler sein Mißtrauen nicht vorenthalten. Es kommt ja allein schon dadurch zum Ausdruck, daß, soweit mir bekannt, selbst Parteiminister jahrelang nicht mehr zum Vortrag bei ihm zugelassen worden sind.

DR. KUBUSCHOK: War der Kreis der engeren Vertrauten um Hitler aus den Ministerkreisen verhältnismäßig klein?

SCHLEGELBERGER: Ja, der Kreis war sehr klein; er beschränkte sich nach meiner Kenntnis auf wenige Personen.

DR. KUBUSCHOK: Hat Hitler Maßnahmen ergriffen, um eine gemeinsame Arbeit der Kabinettsmitglieder oder überhaupt einen persönlichen Konnex der Minister unter sich zu verhindern?

SCHLEGELBERGER: Hitler stand auf dem Standpunkt, daß ein häufiges Zusammensein der Kabinettsmitglieder ihm unerwünscht ist. Er hat dann auch mit Nachdruck seit 1938 alle Versuche, wieder zu einer Kabinettssitzung zusammentreten zu können, unterbunden und sogar nichtamtliche Zusammenkünfte, etwa in Form eines Bierabends, ausdrücklich verboten.

DR. KUBUSCHOK: Ist Ihnen und dem Justizminister Gürtner vor Ausbruch des Krieges oder vor Beginn einer der späteren kriegerischen Aktionen etwas über die Pläne Hitlers bekanntgeworden?

SCHLEGELBERGER: Nein. Ich darf folgendes bemerken: Ich hatte die Absicht, im Spätsommer 1939 eine Kur in Marienbad zu absolvieren. Ich habe deshalb, da die Lage spannungsvoll war, den Justizminister befragt, wie er darüber dächte. Und er hat mir damals geantwortet, fahren Sie ruhig hin, ich halte es für völlig ausgeschlossen, daß es zu kriegerischen Ereignissen kommen wird. Ich bin dann auch nach Marienbad gefahren und erst anfangs September, als der Krieg ausbrach, zurückgekehrt.

DR. KUBUSCHOK: Ich habe das Verhör beendet.

DR. KEMPNER: Ist es wahr, Dr. Schlegelberger, daß die Reichsminister, das heißt die Mitglieder des Reichskabinetts, den höchsten Rang, die höchste Verantwortung und die höchsten Gehälter von allen deutschen Beamten hatten?

SCHLEGELBERGER: Ja.

DR. KEMPNER: Ist es richtig, wenn man sagt, daß die Ernennung zum Mitglied der Reichsregierung eine völlig freiwillige Handlung war?

SCHLEGELBERGER: Ja.

DR. KEMPNER: Ist es richtig, zu sagen, daß die Mitglieder von Hitlers Kabinett das Recht hatten zurückzutreten, wenn sie mit Hitlers Politik nicht einverstanden waren?

SCHLEGELBERGER: Ich glaube, nein.

DR. KEMPNER: Kennen Sie irgendein Mitglied des Kabinetts oder Staatssekretäre wie Sie selbst, die zurückgetreten sind?

SCHLEGELBERGER: Es ist ein Minister zurückgetreten.

DR. KEMPNER: Wie war sein Name?

SCHLEGELBERGER: Eltz von Rübenach.

DR. KEMPNER: Kennen Sie einen Staatssekretär, der zurückgetreten ist?

SCHLEGELBERGER: Ich erinnere mich nicht.

DR. KEMPNER: Wie ist es denn bei Ihnen selbst, Dr. Schlegelberger; sind Sie nicht zurückgetreten?

SCHLEGELBERGER: Diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten.

DR. KEMPNER: Wann haben Sie Ihr Amt verlassen?

SCHLEGELBERGER: Im August 1942 bin ich vom Führer entlassen worden.

DR. KEMPNER: Ist es richtig, wenn ich sage, daß Sie entlassen wurden, weil Sie die Politik des Führers bezüglich der Richter nicht billigten?

SCHLEGELBERGER: Ja, das ist richtig.

DR. KEMPNER: Erinnern Sie sich jetzt, daß der Wirtschaftsminister Dr. Kurt Schmitt zurückgetreten ist?

SCHLEGELBERGER: Ich weiß aus eigener Wissenschaft nicht, ob der Minister Schmitt zurückgetreten oder entlassen worden ist.

DR. KEMPNER: Dann möchte ich Ihnen gerne das Gedächtnis auffrischen und Ihnen ein Affidavit zeigen. Es ist ein neues, kurzes Dokument, das ich dem Gericht übergebe. Dieses Dokument wird Beweisstück 922.

DR. KUBUSCHOK: Ich möchte gegen die Vorlegung dieses Affidavits Einspruch erheben. Das Affidavit behandelt Fragen des Rücktritts des Zeugen, die ihn persönlich sehr angehen und an deren Beantwortung er persönlich sehr interessiert ist. Ich glaube, wir können es nicht vermeiden, daß, wenn diese Sache, die meines Erachtens für die Beweiserhebung gar nicht erheblich ist, überhaupt erörtert wird, der Zeuge selbst herkommt, der in der Nähe von München wohnt. Ich glaube auch, daß dieses Affidavit nicht geeignet ist, die Wahrheitsliebe des Zeugen Schlegelberger irgendwie nachprüfen zu lassen. Die einzelnen Vorgänge über einen Ministerrücktritt brauchen einem Staatssekretär aus einem anderen Ministerium nicht bekannt zu sein. Der Zeuge hat gesagt, er wüßte hierüber nichts Näheres. Ich glaube also, daß dieser Zweck des Kreuzverhörs, die Glaubwürdigkeit des Zeugen zu erforschen, mit diesem Dokument nicht erfüllt wird.

VORSITZENDER: Herr Dr. Kempner! Der Gerichtshof ist der Ansicht, Sie sollten dem Zeugen die Tatsachen der Amtsniederlegung vorlegen. Haben Sie gehört? Sie sollten dem Zeugen die Tatsachen dieses Rücktritts vorlegen.

DR. KEMPNER: Sie wissen, daß ein anderer Minister, der Wirtschaftsminister Kurt Schmitt, zurückgetreten ist; erinnern Sie sich jetzt daran?

SCHLEGELBERGER: Daran erinnere ich mich natürlich. Ich weiß nur nicht, ob er zurückgetreten oder ob er entlassen wurde. Das weiß ich nicht.

DR. KEMPNER: Wissen Sie, daß Minister Schmitt zurückgetreten ist, weil er wußte, daß Hitlers Politik zum Krieg führen würde?

SCHLEGELBERGER: Das ist mir unbekannt.

DR. KEMPNER: Gut. Nun ein anderes Kapitel. Stimmt es, daß das Reichskabinett durch das Ermächtigungsgesetz eine gesetzgebende Körperschaft Nazi- Deutschlands geworden ist?

SCHLEGELBERGER: Ja, durch das Ermächtigungsgesetz.

VORSITZENDER: Dr. Kempner! Der Gerichtshof meint, Sie könnten dem Zeugen den ersten Teil des Affidavits vorlegen.

DR. KEMPNER: Ich komme auf die Frage des Rücktritts des Reichsministers Schmitt zurück und frage Sie, ob das Folgende wahr ist oder nicht:

»Vom 30. Juni 1933 bis Anfang Januar 1935 war ich Mitglied der Reichsregierung als Reichswirtschaftsminister. Ich schied aus der Regierung formell wegen Krankheit am 28. Juni 1934, tatsächlich wegen tiefgehender Meinungsverschiedenheiten mit der Politik des Hitler-Kabinetts, aus.«

Wissen Sie darüber Bescheid, Dr. Schlegelberger?

SCHLEGELBERGER: Ich kann nur wiederholen: ich weiß nur, daß Herr Schmitt Reichswirtschaftsminister gewesen ist und daß er dann aus dem Kabinett ausgeschieden ist. Auf welche Weise er ausgeschieden ist, ob er entlassen worden ist, ob er den Wunsch gehabt hat, entlassen zu werden, ob die Entlassung auf Krankheit beruhte oder auf Meinungsverschiedenheiten, ist mir unbekannt.

DR. KEMPNER: Aber jetzt stimmen Sie doch mit mir überein, wenn ich sage, daß Sie zwei Minister kannten, die zurücktraten und die weder getötet noch in Konzentrationslager gebracht worden sind?

SCHLEGELBERGER: Das ist ganz sicher richtig...

DR. KEMPNER: Das genügt, das beantwortet meine Frage. Ist es richtig, daß das Reichskabinett seine gesetzgebende Macht fortlaufend ausübte?

SCHLEGELBERGER: Ja.

DR. KEMPNER: Stimmt es, daß die Reichsregierung mehr als 100 Zusammenkünfte abgehalten und viele Gesetze herausgegeben hat? Stimmt das?

SCHLEGELBERGER: Ja.

DR. KEMPNER: Stimmt es, daß die Regierung fortfuhr, Gesetze zu beschließen und zu veröffentlichen, auch ohne formelle Sitzung durch Umlauf der Gesetzentwürfe bei den Kabinettsmitgliedern? Ist das richtig?

SCHLEGELBERGER: Es ist richtig, daß, als die Kabinettssitzungen aufhörten, Gesetze und Verordnungen im Umlaufwege beschlossen wurden.

DR. KEMPNER: Wissen Sie, wie viele Gesetze durch die Reichsregierung durch dieses Umlaufverfahren zum Beispiel im Jahre 1939 herausgegeben wurden?

SCHLEGELBERGER: Nein, das kann ich nicht sagen.

DR. KEMPNER: Wenn ich Ihnen sage, daß die Reichsregierung im Jahre 1939 allein die folgenden Gesetze...

VORSITZENDER: Dr. Kempner! Sie können die Tatsachen selbst hier angeben.

DR. KEMPNER: Wenn ich Ihnen nun sage, daß allein im Jahre 1939 67 Gesetze beschlossen wurden, würden Sie diese Feststellung als richtig bezeichnen?

SCHLEGELBERGER: Das nehme ich ohne weiteres an, wenn Sie, Herr Kempner, das sagen, daß das richtig ist.

DR. KEMPNER: Wissen Sie, daß die Reichsregierung auch die Pflicht hatte, das Reichsbudget zu genehmigen?

SCHLEGELBERGER: Ja.

DR. KEMPNER: Würden Sie sagen, daß die Mitglieder der Reichsregierung über alles, was in Deutschland vorging, unterrichtet waren, weil sie die Haushaltspläne aller Ministerien zu genehmigen hatten?

SCHLEGELBERGER: Ich glaube, daß man aus dem Reichshaushaltsplan sehr viel entnehmen konnte, aber nicht unbedingt alles.

DR. KEMPNER: Wissen Sie,...

VORSITZENDER: Sie fragen etwas zu schnell, Dr. Kempner, wir haben die Antwort nicht gehört. Ich glaube, der Zeuge hat gesagt, daß wichtige Schlüsse aus dem Reichshaushaltsplan gezogen werden konnten oder etwas Ähnliches.

DR. KEMPNER: Wollen Sie bitte die Antwort wiederholen?

SCHLEGELBERGER: Ich glaube, daß man aus dem Reichshaushaltsplan sehr viel entnehmen kann, aber daß man aus ihm noch nicht alles entnehmen kann.

DR. KEMPNER: Wissen Sie, daß der Reichshaushaltsplan besondere Bestimmungen für die Konzentrationslager hatte?

SCHLEGELBERGER: Nein, das weiß ich nicht.

DR. KEMPNER: Als Sie mit der Führung der Geschäfte des Justizministers beauftragt waren, hatten Sie da irgend etwas mit der antijüdischen Gesetzgebung zu tun?

SCHLEGELBERGER: Ich glaube, daß während der Zeit, in der ich tätig war, ein Gesetz oder eine Verordnung ergangen ist im Jahre 1941. Diese Verordnung betraf meiner Erinnerung nach Mietverhältnisse von Juden.

DR. KEMPNER: Erinnern Sie sich daran, daß Sie selbst zusammen mit dem Angeklagten Dr. Frick einen gesetzgeberischen Vorschlag gemacht hatten, alle Halbjuden in Deutschland und in den besetzten Gebieten zu sterilisieren?

SCHLEGELBERGER: Daran erinnere ich mich nicht.

DR. KEMPNER: Nun, dann möchte ich Ihnen jetzt ein Schreiben aus den amtlichen Akten zeigen, das Ihre Unterschrift trägt. Wenn Sie dieses Schreiben lesen, können Sie vielleicht Ihr Gedächtnis auffrischen. Dies wird Beweisstück US-923.

Erinnern Sie sich jetzt, daß Sie dieses furchtbare Schriftstück unterzeichnet haben?

SCHLEGELBERGER: Ja, ich erinnere mich. Jawohl, ich erinnere mich daran.

DR. KEMPNER: Sie erinnern sich, daß die Partei und der Angeklagte Frick vorgeschlagen haben, alle Juden und alle Halbjuden zu sterilisieren?

SCHLEGELBERGER: Jawohl.

DR. KEMPNER: Und Sie erinnern sich, daß die verschiedenen Regierungsmitglieder, wie zum Beispiel der Angeklagte Göring, der Chef des Vierjahresplans, der Reichsinnenminister Dr. Frick zu Händen seines Staatssekretärs, und das Auswärtige Amt zu Händen von Unterstaatssekretär Luther, Abschriften dieses gesetzgeberischen Vorschlags erhalten haben?

SCHLEGELBERGER: Jawohl.

DR. KEMPNER: Und Sie erinnern sich auch – Seite 1 des Dokuments –, daß dieses Dokument mit dem gesetzgeberischen Vorschlag, alle Juden oder Halbjuden zu sterilisieren, Hitler vorgelegt werden sollte?

SCHLEGELBERGER: Ich habe die Frage nicht ganz verstanden.

DR. KEMPNER: Sie erinnern sich, daß Ihr und Minister Fricks Vorschlag Hitler vorgelegt werden sollte?

Ja oder nein?

SCHLEGELBERGER: Herr Dr. Kempner! Ich bitte um Entschuldigung; ich habe Ihre Frage noch immer nicht ganz verstanden. Woran ich mich erinnern soll, weiß ich nicht.

DR. KEMPNER: Ob Ihr Vorschlag Hitler vorgelegt werden sollte?

SCHLEGELBERGER: Ich glaube, ja.

DR. KEMPNER: Und Sie erinnern sich auch daran, was Hitler gesagt hat?

SCHLEGELBERGER: Nein, daran erinnere ich mich nicht.

DR. KEMPNER: Ist es die Wahrheit, daß Ihnen Ihr Staatssekretär Freisler gesagt hat, Hitler wünsche gegenwärtig diese scharfen Maßnahmen der Reichsregierung nicht, und er werde sie bis nach dem Kriege verschieben?

SCHLEGELBERGER: Das ist mir nicht in Erinnerung.

DR. KEMPNER: Sie bedauern Ihre Unterzeichnung dieses Dokuments sehr?

SCHLEGELBERGER: Das kann ich bejahen. Ich möchte nur eines hinzusetzen, daß damals schon ein schweres Ringen war, um diese Einschränkung zu erreichen...

DR. KEMPNER: Und Sie bedauern diese Verbrechen, ist das richtig?

SCHLEGELBERGER: Ich bedauere sehr, daß dies unterschrieben ist.

DR. KEMPNER: Ich danke, das ist alles.

DR. RUDOLF DIX, VERTEIDIGER DES ANGEKLAGTEN SCHACHT: Ich bitte das Tribunal, zu gestatten, daß ich drei Fragen an den Herrn Zeugen stelle, und zwar weil diese Fragen ausgelöst worden sind im Kreuzverhör des Herrn Dr. Kempner, weil die Beantwortung der Fragen und die Fragen selbst die Belange des Angeklagten Schacht, ja seine eigene Aussage unmittelbar berühren und weil ja jetzt verhandelt wird die Anklage gegen die Reichsregierung, Schacht aber in der dem Tribunal bekannten Zeit Mitglied der Reichsregierung war. Aus diesen Gründen bitte ich, ausnahmsweise zu gestatten, daß ich nach dem Kreuzverhör, obgleich nicht Organisationsverteidiger, diesen Zeugen befragen darf.

VORSITZENDER: Bitte sehr.

DR. DIX: Herr Dr. Schlegelberger! War für die Entlassung eines Ministers die Unterschrift Hitlers notwendig?

SCHLEGELBERGER: Ja.

DR. DIX: Ist Ihnen erinnerlich, daß, nicht sofort nach 1933 aber später, vielleicht sogar erst im Kriege, Hitler ausdrücklich verboten hat, daß Reichsminister Demissionsgesuche einreichen?

SCHLEGELBERGER: Dazu darf ich folgendes sagen: Es wurde eine Verordnung erlassen, die das deutsche Beamtengesetz änderte. Nach dem deutschen Beamtengesetz hat jeder Beamte das Recht auf Entlassung aus dem Amte. Dieses Recht auf Entlassung wurde während des Krieges abgeschafft. Es wurde verordnet, daß die Entlassung nicht gewährt zu werden brauchte, und meiner Erinnerung nach hat im Verfolg desselben Gedankens Hitler tatsächlich Demissionsgesuche der Minister nicht entgegengenommen.

DR. DIX: Nun eine dritte und letzte Frage: Sie haben, Herr Staatssekretär, auf die Frage von Herrn Dr. Kempner wegen des Ausscheidens des früheren Ministers Eltz von Rübenach gesagt, Eltz wäre zurückgetreten. Zur Kontrolle und Nachprüfung Ihres Gedächtnisses darf ich Sie darauf hinweisen, daß wir hier von Göring im Zeugenstand eine modifizierte Darstellung dieses Vorganges erhalten haben, die sich mit der Erinnerung des Angeklagten Schacht deckt. Ich habe heute natürlich das Protokoll Göring nicht vor mir und kann deshalb die Aussage Görings nur nach meinem Gedächtnis dem Zeugen vorhalten. Ich glaube aber, daß ich sie in der Essenz und im Ergebnis richtig vorhalte. Danach hat sich dieses Ausscheiden von Eltz entwickelt aus der Gelegenheit der Verleihung des goldenen Parteiabzeichens an verschiedene Minister, darunter auch Eltz. Als Hitler ihm, in dem Bewußtsein, den Ministern eine Freude zu machen, das goldene Parteiabzeichen überreicht hatte, habe Eltz gezuckt und irgendeine Bemerkung des Inhalts gemacht, ob er damit gegen seine konfessionellen Bindungen verstoße. Hierüber habe sich Hitler geärgert, und es sei dann zu einem Ausscheiden von Eltz gekommen, was man nicht als ein auf der reinen Initiative von Eltz beruhendes Rücktrittsgesuch bezeichnen könne.

Ich glaube, ich habe so zum mindesten dem Sinne nach die Bekundung Görings richtig wiedergegeben.

SCHLEGELBERGER: Ich kenne diese Vorgänge nur aus Berichten, die mir von anderer Seite gemacht worden sind; ich bin selbst bei dem Vorgang nicht zugegen gewesen. Ich habe keinen Grund anzunehmen, daß der Angeklagte Göring, der bei diesen Dingen zugegen gewesen ist, die Tatsachen nicht so geschildert hat, wie sie sich wirklich abgespielt haben.

DR. DIX: Herr Staatssekretär! Sie sagen, Sie kennen die Angelegenheit nur aus Berichten, also wirklichen Berichten, zum Beispiel von Herrn Gürtner.

SCHLEGELBERGER: Ja.

DR. DIX: Sind Ihnen diese Berichte noch einigermaßen in Erinnerung, oder ist das, was ich jetzt sage, die erste Auffrischung?

SCHLEGELBERGER: Nein, ich erinnere mich dunkel jetzt, daß, wie Herr Justizrat Dix eben ausführt, auch nach Mitteilung von Herrn Gürtner, Herr Eltz von Rübenach gewisse Wünsche für die katholische Kirche geltend gemacht hat, und daß aus diesem Wunsche heraus der Führer ungehalten gewesen ist und daraus sich alles Weitere ergeben hat. Also ich kann nur wiederholen: Wenn mir das jetzt vorgehalten wird, dann habe ich keinen Grund, die Richtigkeit der Angaben eines Augen- und Ohrenzeugen zu bestreiten.

DR. DIX: Ich danke sehr. Ich habe keine weiteren Fragen.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof vertagt sich jetzt.