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MAJOR ELWYN JONES: Dann heißt es auf Seite 2 des deutschen Textes dieses Berichts:

»Bei der gesamten Abrechnung Reinhardt kommt noch das eine dazu, daß deren Belege baldigst vernichtet werden müssen.«

Das nächste Dokument ist Seite 3 des deutschen Textes und auf Seite 2 des englischen...

VORSITZENDER: Wo steht, daß diese Belege vernichtet werden sollen?

MAJOR ELWYN JONES: Absatz 3, Euer Lordschaft. Globocznik hat es mit 2.) bezeichnet – »die Siedlerwirtschaftsgemeinschaft«; in dem darauffolgenden Satz.

[Zum Zeugen gewandt:]

Auf Seite 2 des englischen Textes folgt dann ein Bericht über den wirtschaftlichen Teil der Aktion Reinhardt. Dieser Bericht existiert nur in vier Exemplaren. Er war »zusammengefaßt in SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt-Sonderaufgaben«.

Er lautet:

»Die gesamte Aktion Reinhardt zerfällt in 4 Gebiete:

A) Die Aussiedlung selbst,

B) die Verwertung der Arbeitskraft,

C) die Sachverwertung,

D) die Einbringung verborgener Werte und Immobilien.

A. Die Aussiedlung.

Sie ist erledigt und abgeschlossen.

Die Voraussetzung hierbei war, durch eine methodisch richtige Behandlung mit den schwachen zur Verfügung stehenden Kräften die Menschen zu erfassen und möglichst wenig wirtschaftlichen Schaden an der Kriegsproduktion anzurichten.

Im großen und ganzen ist dies gelungen. Ein größerer Schaden ist nur in Warschau entstanden, wo aus Verkennung der Sachlage der Abschluß methodisch falsch durchgeführt wurde.«

Dann gehe ich auf Abschnitt B über:

»Verwertung der Arbeitskraft.

Die gesamten Arbeitskräfte wurden in geschlossenen Lagern erfaßt, in die kriegswichtige Fertigungen verlegt wurden.

Hierzu mußten nun folgende Voraussetzungen geschaffen werden:

1.) Erstellung aller Wohnlager.

2.) Erstellung von Fertigungsräumen mit allen betrieblichen Voraussetzungen, wie Maschinenbeschaffung, Energieversorgung usw.

3.) Versorgungsgrundlagen...

4.)... Sanitäre und hygienische Voraussetzungen.

5.) Sicherheitsmaßnahmen« – auf die ich Ihre besondere Aufmerksamkeit lenken möchte –

»a) durch entsprechende Sicherungsgrundlagen,

b) durch eine sichernde Organisation innerhalb des Lagers.

c) durch entsprechende Bewachung.

Hierzu wurden die SS-Wachmannschaften aufgebaut, die, von Deutschen geführt, zum überwiegenden Teil ihren Dienst einwandfrei versehen haben.

Durch Vermischung dieser Wachmannschaften mit reichsdeutschen Bewachungsmannschaften aus den KZ's sollte die Verläßlichkeit erhöht werden.

d) Durch die Übernahme der Lager in die KZ-Führung des SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamtes wurde die Voraussetzung zu einer einwandfreien Sicherheitslage geschaffen.

6.) Die richtige Führung und methodische Behandlung wurde durch ausgiebige Schulung des deutschen Führungspersonals ermöglicht. Es zeigte sich, daß die Leistungsfähigkeit der Juden in den Lagern im steten Steigen begriffen war.«

Und dann wird die Errichtung einer Betriebsführung, die den Namen »Osti« hatte, beschrieben, sowie die Gründung der Deutschen Ausrüstungswerke:

»Im ganzen waren 18 Betriebe aufgebaut; weitere hätten noch hinzukommen sollen. Ungefähr 52000 Arbeitskräfte standen zur Verfügung.

Diese Arbeitsbasis ermöglichte, sowohl von der Rüstungsinspektion als auch vom Reichsministerium Speer rascheste Fertigungen zu übernehmen, um so Ersatz für ausgebombte Betriebe zu stellen. Die Nachfrage von diesen Stellen war sehr groß.

Osti‹ und Deutsche Ausrüstungswerke waren von mir selbst geführte Betriebe, während andere Betriebe, wie Flugzeugwerk Heinkel, nur von mir betreut wurden.«

Und nun Abschnitt C, Seite 5 des deutschen Textes:

»Sachverwertung.

Die Sachverwertung, die durch Reinhardt I durchgeführt wurde, ist in Beilage 2 ersichtlich und abgeschlossen.

D. Einbringung verborgener Werte.

Die Einbringung verborgener Werte und Verwertung fester Werte zerfällt in:

1.) In arischen Besitz übergegangene Einrichtungen, wie Maschinen, Rohstoffe usw. durch die ›Osti‹.

6,3 Millionen Reichsmark ist das bisherige Ergebnis, 7 bis 8 Millionen sind noch einzubringen.«

In Punkt 2 heißt es:

»Erfassung jüdischer Forderungen im In- und Ausland, indem den Lagerinsassen auferlegt wurde, diese Forderungen an die ›Osti‹ abzutreten, die dann die Eintreibung vornahm.

Der erste Versuch brachte einen Betrag von 11000000 Zloty zur Abtretung, der mindestens zur Hälfte einbringbar erschien. Da aber auch ins Ausland verschobene Gelder festgestellt werden konnten, so hätte diese Aktion dem Reiche wertvolle Devisen einbringen können.

3.) Immobilien wurden der Liegenschaftsverwaltung des Generalgouvernements zur Auswertung übertragen...

Die getroffenen Maßnahmen waren folgende:

1.) Am 13. 8. 1943 wurde von SS-Obergruppenführer Pohl das SS-Ausbildungslager Trawniki übergeben.

2.) Am 7. 9.1943 wurde in einer Besprechung bei SS-Obergruppenführer Pohl die Übernahme von 10 SS-Arbeitslagern im Distrikt Lublin als Außenstellen des KZ Lublin festgelegt und außerdem die weitere Übergabe weiterer Arbeitslager im Generalgouvernement. Der Führer des KZ Lublin wurde mit entsprechenden Aufträgen versehen. Diese Besprechung ist durch einen Besuch von SS-Obergruppenführer Krüger und SS-Standartenführer Schellin veranlaßt worden.«

Dann Punkt 3:

»3.) Im Anschluß daran wurde mit Schreiben vom 14. 9. 1943 vom Kommandanten des KL Lublin den SS-Arbeitslagern mitgeteilt, daß sie Außenstellen des KZ Lublin geworden seien.«

Dann kommt der Satz:

»Die Vermischung der fremdvölkischen Schutzmannschaften mit reichsdeutschen KZ-Bewachungsmannschaften wurde ebenfalls in die Wege geleitet.«

Ich brauche Sie mit dem übrigen Text dieses Dokuments nicht zu belästigen.

Auf Seite 8 des deutschen Textes werden Sie den »Bericht über die verwaltungsmäßige Abwicklung der Aktion Reinhardt« finden. Im englischen Text genau zwei Seiten weiter als die Stelle, die ich gerade verlesen habe. Der erste Abschnitt handelt von den Guthaben dieser Aktion Reinhardt.

Im dritten Absatz heißt es:

»Die von mir gesammelten Werte wurden laufend gegen Bestätigung dem SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt übergeben, und dieses leitete die Werte an die Reichsbank, Reichsfinanzministerium, Textilbetriebe usw. weiter.«

Im übernächsten Absatz – aber vielleicht sollte ich doch auch den nächsten verlesen:

»Für Volksdeutsche durfte auf Befehl des Reichsführer- SS zu deren Versorgung Notwendiges entnommen werden, für SS-eigene Zwecke hat der Reichsführer-SS jede Verwendung verboten.«

Sie werden gleich sehen, in welcher Form das stattfand.

»Das Besondere der Abrechnung ist, daß eine gebundene Einnahmevoraussetzung nicht gegeben war, da die Sammlung der Werte auf Befehl erfolgte und nur die Anständigkeit und Sauberkeit, sowie die Überwachung der hier eingesetzten SS-Männer eine restlose Ablieferung gewährleisten konnte.«

Ich hoffe, daß Sie mitlesen, Zeuge, denn es ist nicht uninteressant.

Seite 9 des deutschen Textes zeigt die Werte; zuerst die Reichsmark- und Zloty-Beträge:

»Der weitaus größte Teil wurde dem SS-Wirtschafter im Generalgouvernement zur Verfügung gestellt und die Beträge im Buchausgleich vom SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt der Aktion Reinhardt in Reichsmark gutgeschrieben und der Reichsbank übergeben.«

In Punkt 2 heißt es:

»Devisen in Noten oder gemünztem Gold wurden gesammelt, sortiert und ebenfalls über das SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt der Reichsbank übergeben.«

Auf Seite 10 Ihres deutschen Textes heißt es:

»Juwelen, Schmuckgegenstände, Uhren und dergleichen wurden nach ihrem Wert sortiert und dem SS- Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt abgeliefert. Auf dessen Anweisung wurden Uhren aus Nichtedelmetall an die Truppe abgeliefert, Brillen nach Herrichtung Versehrten zur Verfügung gestellt, sowie wertlose Gebrauchsgegenstände hauptsächlich an Wehrmachtsdienststellen zur Deckung von dringendem Bedarf abgegeben.«

In Punkt 4 heißt es:

»Spinnstoffe, Bekleidungsstücke, Wäsche, Bettfedern und Lumpen wurden gesammelt und nach ihrer Qualität sortiert. Die sortierten Gegenstände mußten nach verborgenen Werten durchsucht und schließlich desinfiziert werden. Über 1900 Waggons sind dann auf Weisung des SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamtes den vom Reichswirtschaftsministerium angegebenen Stellen zur Verfügung gestellt worden. Aus diesen Beständen wurden nicht nur fremdvölkische Arbeiter bekleidet, sondern ein großer Teil zur Wiederverspinnung verwendet... Die besten Bekleidungsstücke wurden ab gesondert und zur Versorgung der Volksdeutschen auf Befehl des Reichsführer-SS verwendet. Schuhe wurden ebenfalls nach Brauchbarkeit sortiert und dann entweder an Volksdeutsche abgegeben, in die KZ zur Häftlingsversorgung oder aber zertrennt und auf Holzschuhe für die Häftlingsbekleidung neu verarbeitet.«

Punkt 5:

»Einzelwerte besonderer Art, wie Briefmarken, Münzen und dergleichen wurden sortiert und dem SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt abgeliefert.«

Punkt 8, auf Seite 11 Ihres deutschen Textes:

»Wertvolle Einrichtungsgegenstände und Hausrat wurden instandgesetzt und hauptsächlich den Volksdeutschen Siedlern zur Verwendung übergeben. Aber auch deutschen Dienststellen und Wehrmachtsstellen wurden Einrichtungsgegenstände gegen Scheinwechsel leihweise überlassen.

Minderwertige Ware wurde entweder vernichtet oder an die Bevölkerung zur Prämierung bei guten Ernteleistungen usw. verwendet.«

Der letzte Absatz:

»Der Gesamtwert der angefallenen Gegenstände ist laut beiliegender Aufstellung ungefähr 180000000 Reichsmark. Hierbei sind jedoch Mindestwerte angenommen, so daß der Gesamtwert wahrscheinlich das Doppelte beträgt, abgesehen des Wertes der vereinnahmten Gegenstände, in denen Mangellage herrscht, wie Textilien, wovon allein über 1900 Waggons der deutschen Industrie zugeführt wurden.«

Dann werden auf Seite 12 die Werte in ihren Einzelheiten besprochen:

»Abgelieferte Werte aus der Aktion Reinhardt.

Werte aus der Aktion ›Reinhardt‹ wurden zwecks Weiterleitung an die Reichsbank beziehungsweise an das Reichswirtschaftsministerium, beim SS-Wirtschafts- Verwaltungshauptamt, Berlin, abgeliefert, und zwar

a) Reichsmark-Beträge im Gesamtwerte von

RM 53.013.133.51

b) Devisen in Banknoten aus allen Hauptländern der Erde (wobei besonders eine halbe Million Dollar bemerkenswert ist) im Gesamtwerte von

RM 1.452.904.65

c) Devisen in gemünztem Gold im Gesamtwerte von

RM 843.802.75

d) Edelmetalle... im Gesamtwerte von

RM 5.353.943.–

e) Sonstige Werte wie Schmuckgegenstände, Uhren, Brillen usw. (wobei besonders die Zahl der Uhren mit cca. 16000 gebrauchsfähigen und etwa 51000 reparaturbedürftigen bemerkenswert ist, die der Truppe zur Verfügung gestellt wurden)

RM 26.089.800-

f) Rund 1000 Waggons Spinnstoffe im Gesamtwerte von

RM 13.294.400.–

Zusammen RM 100.047.983.91

An Spinnstoffen lagern noch rund 1000 Waggons, an anderen Werten cca. 50 % der obenangeführten Werte – die noch der Zählung und Bewertung unterliegen – hier. Hervorzuheben ist hierbei, daß die eingesetzten Werte auf Grund der amtlich festgesetzten Kurse bezw. Preise ermittelt wurden, die jedoch als Verkehrswerte bedeutend höher liegen, beispielsweise bei Verkauf von Edelsteinen oder Edelmetallen ins Ausland, da die Flucht in feste Werte dort größer ist als bei uns. Außerdem bringen uns die Auslandsverkäufe Devisen. Wenn hier diese Preise als Wertunterlage genommen wurden, so geschah dies aus dem Grunde, um ein Bild über die abgelieferten Werts geben zu können; im allgemeinen ist diese Berechnung nicht so maßgebend. Der Wert der Vereinnahmung liegt hauptsächlich darin, daß dadurch so große Mengen an dringend notwendigen Rohstoffen gewonnen werden konnten und daß auf Grund der erfaßten Werte eine Deviseneinnahme herbeigeführt werden kann, wodurch abermals Rohstoffe durch Reichsstellen eingekauft werden können.«

Dann kommt eine »Wertmäßige Aufstellung der bis zum 3. Februar 1943 zur Ablieferung gelangten Judensachen«. Das ist eine Art Zwischenbericht. Kassenbestände: 53 Millionen. Devisen in Noten etwa 14 Millionen Reichsmark.

Dann auf Seite 15 des Berichts: Devisen in gemünztem Gold verschiedener Länder der Welt ungefähr 843.000 Reichsmark, Edelmetalle etwa 5 Millionen.

Dann möchte ich, daß Sie sich Seite 16 dieses Berichts ansehen, Zeuge:

»Sonstige Werte: 5 Drehbleistifte, gold; 578 Herrenarmbanduhren, 13455 Herrentaschenuhren« – und ver schiedene Damenschmucksachen, dann der Posten – »22324 Brillen« – und dann das übernächste – »11675 Ringe.«

Dann all die kleinen Wertsachen von diesen Leuten, wie Halsketten, Perlmutterbroschen, Goldbroschen, ein Perlmutteropernglas; jedes einzelne bis zur letzten Reichsmark protokolliert.

Und dann auf der nächsten Seite, 17, sind noch kleine private Besitztümer aufgezählt im Gesamtwert von 26 Millionen Reichsmark.

RA. PELCKMANN: Herr Präsident! Ich bitte um die Erlaubnis, diese Verlesung einen Augenblick unterbrechen zu dürfen. Ich widerspreche der Verwertung dieser Dokumente bei der Vernehmung dieses Zeugen. Der Zeuge soll auf seine Glaubwürdigkeit geprüft werden durch die Anklagebehörde. Die Vorlage dieses Dokuments dient diesem Zwecke nicht. Der Zeuge hat schon in seiner Aussage erklärt, er wäre nicht zuständig gewesen für die Konzentrationslagerverwaltung. Es ist ihm trotzdem ein Dokument vorgelegt worden, das die Strafordnung in Konzentrationslagern betrifft. Er hat auch hier erklärt, er kenne es nicht. In demselben System weiter fortfahrend, versucht die Anklagebehörde, ein Dokument vorzulegen,...

VORSITZENDER: Der Gerichtshof ist sich voll bewußt, daß dies ein neues Dokument ist, und er wird alles, was der Zeuge sagt, berücksichtigen.

RA. PELCKMANN: Entschuldigen Sie, Herr Präsident.

VORSITZENDER: Ich sagte, der Gerichtshof ist sich voll bewußt, daß dies ein neues Dokument ist, und bei Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Zeugen wird der Gerichtshof alles in Betracht ziehen, was der Zeuge sagt, und auch berücksichtigen, wieweit ein möglicher Zusammenhang mit dem Dokument offenkundig wird. Ihr Einwand wird deshalb abgewiesen. Wir vertagen uns jetzt.