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[Zum Zeugen gewandt:]

Wann sind Sie in die Leibstandarte wieder eingetreten, Zeuge? Im Jahre 1941?

BRILL: Ich bin in die Leibstandarte 1933 eingetreten.

MAJOR ELWYN JONES: Sind Sie im Jahre 1941 nicht wieder eingetreten?

BRILL: Da habe ich, 1941, vom Juli bis August Fronteinsatz an der russischen Front in der Leibstandarte mitgemacht.

MAJOR ELWYN JONES: So sind Sie also ein paar Wochen nach Himmlers Rede an seine Offiziere in dieses Regiment eingetreten?

BRILL: Ich weiß nicht genau, wann die Rede Himmlers in Metz war.

MAJOR ELWYN JONES: Wenn nicht gewünscht wird, daß ich dem Zeugen das Dokument vorlege, will ich gewiß nicht gegen den Wunsch des Gerichtshofs verstoßen.

VORSITZENDER: Es wäre dem Gerichtshof lieber, wenn Sie es nicht verlesen würden.

MAJOR ELWYN JONES: [zum Zeugen gewandt] Können Sie dem Gerichtshof erklären, warum die Waffen-SS, das Personal der Waffen-SS, zu Einsätzen gegen die Partisanen verwendet worden ist?

BRILL: Nein. Ich weiß nicht, daß die Waffen-SS besonders gegen die Partisanen eingesetzt worden wäre, aber mir ist auf Grund meiner Dienststellung bekannt, daß die Waffen-SS in rückwärtigen Gebieten manchmal Einheiten des Heeres unterstellt war und hier vielleicht in Ausnahmefällen zur Partisanenbekämpfung eingesetzt worden ist; im großen und ganzen stand aber die Waffen-SS mit ihren Divisionen an der Front. Ich weiß nichts von besonderen Partisaneneinheiten der Waffen-SS.

MAJOR ELWYN JONES: Stimmt es, wenn ich behaupte, daß für alle militärischen und anderen Einsätze, die Rücksichtslosigkeit oder politischen Fanatismus erforderten, die Waffen-SS verwendet wurde?

BRILL: Das kann ich nicht wissen. Ich weiß darüber nichts. Ich bitte, mir ein Beispiel zu nennen, damit ich mich dazu äußern kann.

MAJOR ELWYN JONES: Ich werde Ihnen vorlesen, was Feldmarschall Göring darüber am 23. Oktober 1942 dem Duce im Palazzo Venezia gesagt hat. Ich beziehe mich auf Dokument D-729, GB-281. Der Reichsmarschall schildert darin, wie Deutschland bei den Partisanenkämpfen vorging. Er beschreibt die Entfernung des lebenden Inventars und andere Einzelheiten der angewandten Methoden. Göring sagt dann:

»Deutschland habe die Erfahrung gemacht, daß Soldaten im allgemeinen schwer zur Ergreifung derartiger Maßnahmen zu bringen seien. Angehörige der Partei verrichteten diese Aufgabe viel härter und besser.«

Wenn Sie mir nun freundlicherweise zuhören wollen, Zeuge, es wird durch die Kopfhörer übertragen:

»Angehörige der Partei verrichteten diese Aufgabe viel härter und besser. Daher kämpften auch Armeen, die weltanschaulich gefestigt seien, wie die deutschen (oder auch die russischen) viel härter als andere. Auch die SS, die Garde der alten Parteikämpfer, die zum Führer persönliche Bindungen haben und eine Auslese darstellen, bestätigen diesen Grundsatz.«

Das stimmt doch, Zeuge, nicht wahr?

BRILL: Ich weiß nicht, ob der Reichsmarschall der Waffen-SS irgendeinen Befehl zur Partisanenbekämpfung gegeben hat. Was mir der Herr Ankläger hier vorgelesen hat, ist eine Meinungsäußerung gegenüber einem anderen Staatsmann. Ich sehe darin keinen Befehl für die Waffen-SS und halte deshalb meine Aussage aufrecht, daß die Waffen-SS als Einheit nicht zur Partisanenbekämpfung eingesetzt war.

MAJOR ELWYN JONES: Euer Lordschaft! Ich möchte angesichts des Beweismaterials, das dem Gerichtshof über die Verwendung und Bezahlung der Waffen-SS vorgelegt worden ist, nicht mit dem Kreuzverhör über allgemeine Fragen, mit denen sich der Zeuge beschäftigt hat, fortfahren. Der Gerichtshof hat angedeutet, daß er nicht wünscht, daß ich Fragen, die ins Kreuzverhör der Kommission gehören, vorlege, und unter diesen Umständen habe ich keine weiteren Fragen zu stellen. Aber ich werde vor der Kommission mein Kreuzverhör für den Gerichtshof vornehmen.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Euer Lordschaft! Ich möchte einige kurze Fragen an den Zeugen richten.

Wenn ich Sie recht verstanden habe, Zeuge, waren Sie außerordentlich erstaunt, als Sie von den in den KZ-Lagern vorgenommenen Tötungen erfuhren?

BRILL: Jawohl.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Und Sie behaupten, daß die Waffen-SS keine Tötungen in den Konzentrationslagern durchführte?

BRILL: Ich habe behauptet, daß mir und vielen, vielen Kameraden der Waffen-SS davon nichts bekannt ist. Daß Tötungen durchgeführt worden sind, hat mir ja der Verteidiger vorgehalten. Ich habe das ja nicht abgestritten.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Vielleicht werden Sie so gut sein und uns sagen, wer die Lagerkommandanturen stellte. Bestanden denn diese Kommandanturen nicht aus Einheiten der Waffen-SS?

BRILL: Nein, nein, das waren keine Kommandanturen der Waffen-SS. Es waren wohl Angehörige der nominellen Waffen-SS in den Kommandanturen, aber es gibt eine klare Verfügung des Oberkommandos der Wehrmacht, die ich bereits erwähnt habe, die in der Heeresdienstvorschrift vom Dezember 1940 enthalten ist, daß die Angehörigen der Totenkopfverbände keinen Wehrdienst im Sinne der Waffen-SS leisten. Die Angehörigen der Totenkopfverbände...

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Fassen Sie sich bitte kürzer! Sie behaupten also, daß die KZ-Lagerkommandanturen keine Waffen-SS-Kommandanturen waren?

BRILL: Die Kommandanturen unterstanden nicht dem Oberkommando der Waffen-SS. Ich betone aber, daß Angehörige der Waffen-SS in den Kommandanturen waren. Das ist ein Unterschied.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Aber waren denn diese Kommandanturen keine Kommandanturen der Waffen-SS?

BRILL: Nein, es waren nicht Kommandanturen der Waffen-SS.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Noch eine Frage, bevor ich soweit bin, Ihre Erinnerung hieran aufzufrischen. Ist nicht das Oberkommando der Waffen-SS für die schwersten Verbrechen, die in den KZ-Lagern durchgeführt wurden, verantwortlich?

BRILL: Die Inspektion der KZ-Lager war die oberste Behörde der Bewachungsmannschaften und der Kommandanturen der KZ-Lager, und diese Inspektion war verantwortlich, soviel ich weiß, für die gesamten KZ.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Welchen militärischen Rang bekleidete Glücks? Kennen Sie diesen Namen?

BRILL: Glücks war der Kommandeur, der Kommandant der Inspektion der KZ-Lager.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich frage, was für einen militärischen Rang er hatte. War er nicht General der Waffen-SS?

BRILL: Ich glaube, er war Generalleutnant der Waffen-SS.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Herr Vorsitzender! Ich bitte um Erlaubnis, dem Gerichtshof ein Dokument vorzulegen, um die Worte des Zeugen zu widerlegen. Es ist zwar ein Privatdokument, das Privatangelegenheiten betrifft, aber meines Erachtens hat es einen sehr wichtigen Beweiswert, ohne den die Prozeßunterlagen unvollständig wären. Ich spreche von einem Rundschreiben des Generalleutnants der Waffen-SS Glücks, das sich mit der Verwertung von Menschenhaar in den Konzentrationslagern befaßt. Der Gerichtshof wird sich daran erinnern, daß wir bei dem Beweisvortrag über das Lager Auschwitz davon gesprochen haben, daß dort sieben Tonnen Frauenhaar, das von 140000 Frauenköpfen stammte, aufgefunden worden sind. Bis jetzt haben wir noch nicht gewußt, wofür diese Haare verwendet wurden. Nun haben wir ein Originaldokument, welches ich dem Gerichtshof vorlege. Diese Urkunde stammt aus dem Archiv. Wenn Sie gestatten, werde ich den vollen Text zitieren:

»Geheim. SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt, Amtsgruppe D, Konzentrationslager Oranienburg, 6. August 1942. 13. Ausführung.

Betrifft: Verwertung der abgeschnittenen Haare.

An die Kommandanten der KL...« – nun werden 16 Stammlager aufgezählt –

»Der Chef des SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamtes, SS-Obergruppenführer Pohl, hat auf Vortrag angeordnet, daß das in allen KL anfallende Menschenschnitthaar der Verwertung zugeführt wird. Menschenhaare werden zu Industriefilzen verarbeitet und zu Garn versponnen. Aus ausgekämmten und abgeschnittenen Frauenhaaren werden Haargarnfüßlinge für U-Bootsbesatzungen und Haarfilzstrümpfe für die Reichsbahn angefertigt.

Es wird daher angeordnet, daß das anfallende Haar weiblicher Häftlinge nach Desinfektion aufzubewahren ist. Schnitthaar von männlichen Häftlingen kann nur von einer Länge von 20 mm an Verwertung finden.

SS-Obergruppenführer Pohl ist deshalb einverstan den, daß zunächst versuchsweise das Haar der männlichen Häftlinge erst dann abgeschnitten wird, wenn dieses nach dem Schnitt eine Länge von 20 mm besitzt. Um durch das Längerwachsen der Haare die Fluchterleichterung zu verhindern, muß dort, wo der Kommandant es für erforderlich hält, eine Kennzeichnung der Häftlinge in der Weise erfolgen, daß mit einer schmalen Haarschneidemaschine mitten über den Kopf eine Haarbahn herausgeschnitten wird.

Es wird angestrebt, die Verwertung der in allen Lagern anfallenden Haare durch Errichtung eines Verwertungsbetriebes in einem KL durchzuführen. Nähere Anweisung über die Ablieferung der gesammelten Haare folgt noch.

Die Mengen der monatlich gesammelten Haare, getrennt nach Frauen- und Männerhaaren, sind jeweils zum 5. eines jeden Monats, erstmalig zum 5. September 1942, nach hier zu melden.

gez. Glücks, SS-Brigadeführer und Generalmajor der Waffen-SS.« (Dokument USSR-511.)