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[Zum Zeugen gewandt:]

Haben Sie nun Gelegenheit gehabt, die Anschläge anzusehen, Zeuge?

HAUSER: Ich habe gesehen, daß die Unterschriften nur von SS- und Polizeiführern sind, die mit der Waffen-SS, wie heute schon ausgeführt, nichts zu tun haben.

Dasselbe bezieht sich auf die Ereignisse im Warthegau, wo im November 1939 Einheiten der Waffen- SS nicht gewesen sind. Von den Dokumenten betrifft die Waffen-SS nur das Dokument 3 und 4, wo über die SS-Division »Prinz Eugen« gesprochen wird, deren Unterlagen kann ich nicht nachprüfen, ich bin auf dem Balkan nie gewesen.

VORSITZENDER: Gehörte die »Teufelsdivision« auch zur Waffen-SS? War es eine Division Keitels?

HAUSER: Nein, eine Division »Teufelsdivision« hat es nie gegeben.

VORSITZENDER: Sie sagen, es hätte niemals eine »Teufelsdivision« in Jugoslawien gegeben?

HAUSER: In der Waffen-SS nicht.

MAJOR ELWYN JONES: Euer Lordschaft! Ich werde darüber noch mehr Beweismaterial vorlegen, wenn der Gerichtshof mir später gestattet, ein Kreuzverhör über die ganze Frage der Einheit der SS anzustellen. Das würde das Vorlegen alter Dokumente nötig machen, und soviel ich verstehe, zeigte der Gerichtshof ein gewisses Zögern, mir diese Erlaubnis zu erteilen. Aber ich will ganz zufrieden sein, wenn ich die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs...

VORSITZENDER: Herr Elwyn Jones! Der Gerichtshof wünscht nicht, daß Sie kein Kreuzverhör anstellen, sondern nur, daß Sie dem Zeugen nicht Dokumente vorlesen und vorlegen, die bereits vorgelegt worden sind. Sie können die Tatsachen, die in dem Dokument enthalten sind, dem Zeugen im Kreuzverhör vorhalten.

MAJOR ELWYN JONES: Wie es Euer Lordschaft genehm ist. Ich werde dann später in meinem Kreuzverhör auf diesen Gegenstand zurückkommen, wenn mir der Gerichtshof das erlaubt. Ich möchte zuerst diese Dokumente vorlegen, wenn ich darf.

VORSITZENDER: Herr Elwyn Jones! Der Gerichtshof wollte nur der Meinung Ausdruck geben, daß er nicht möchte, daß Sie lange oder kurze Stellen aus Dokumenten vorlegen, die der Zeuge nie gesehen hat und die bereits als Beweismittel vorliegen; aber abgesehen davon können Sie den Zeugen über jedes Dokument ins Kreuzverhör nehmen.

MAJOR ELWYN JONES: Wenn Euer Lordschaft es wünschen, werde ich das Kreuzverhör über diese allgemeinen Fragen fortsetzen, nachdem ich diese Dokumente vorgelegt habe, Euer Lordschaft.

Nun lege ich die Dokumente 4038-PS und 4039-PS vor, die GB-557 und GB-558 werden. Diese zeigen, daß die SS-Erschießungen in Warschau eine Fortsetzung der Praxis der Zivilgewalt des Generalgouvernements aus der Zeit vom März 1941 waren. Ich brauche den Zeugen damit nicht zu belästigen.

Dann lege ich Dokument D-956 vor; das wird GB-559. Es ist ein offizieller polnischer Bericht über deutsche Verbrechen in Polen. Ich möchte die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs auf eine Eintragung auf Seite 184 dieses Berichts lenken, die sich auf die Erschießungen von Geiseln bezieht und die ungefähre Zahl von Polen angibt, die in Warschau vom Beginn der öffentlichen Hinrichtungen bis zum Aufstand getötet worden sind, also vom 5. Oktober 1943 bis 1. August 1944; sie betrug ungefähr 8000, von denen die meisten bei Menschenjagden in den Straßen von Warschau gefangen worden waren.

RA. PELCKMANN: Euer Lordschaft! Darf ich mir einen Hinweis zur Verfahrensordnung erlauben?

Mr. Jones sagte, daß er diese Urkunden, die er jetzt dem Hohen Gericht vorlegt, dem Zeugen nicht vorlegen will. Ich bin der Auffassung, daß eine Vorlage von Dokumenten in dem augenblicklichen Stadium des Verfahrens nur möglich ist in Verbindung mit dem Kreuzverhör, das heißt, zur Prüfung der Frage, ob der Zeuge glaubwürdig ist oder nicht, sonst könnte ja die Staatsanwaltschaft neues Belastungsmaterial einführen ohne jede Beschränkung. Ich würde sonst bitten, dem Zeugen Gelegenheit zu geben, dazu Stellung zu nehmen.

MAJOR ELWYN JONES: Ich habe natürlich nichts dagegen einzuwenden, daß der Zeuge alle Dokumente sieht. Ich habe nur, um Zeit zu sparen, auf einen Satz in diesem Dokument hingewiesen, den der Zeuge in der Übersetzung gehört hat, und ich hatte eigentlich gedacht, daß dies genügen würde. Aber ich werde den Zeugen auf alle Fälle gern alle Dokumente sehen lassen.

VORSITZENDER: Dr. Pelckmann! Der Gerichtshof hat bereits verfügt, daß die Dokumente in dieser Weise vorgelegt werden können, und Herr Elwyn Jones hat auf bestimmte Stellen in diesem Dokument Bezug genommen. Sie haben die Möglichkeit des Rückverhörs und Sie haben eine Abschrift des Dokuments. Sie können also jede Frage über das Dokument, die Sie wünschen, beim Rückverhör stellen.

MAJOR ELWYN JONES: Dann lege ich als nächstes einige Dokumente vor, die auf die durch die SS im Zusammenhang mit der Zerstörung von Warschau verübten Greueltaten Bezug nehmen.

Vor allem Dokument 4042-PS, das GB-560 wird. Es besteht aus drei eidesstattlichen Versicherungen aus einem anderen offiziellen polnischen Bericht mit der Überschrift: »Das deutsche Verbrechen in Warschau im Jahre 1944«.

Die erste eidesstattliche Versicherung ist von der Zeugin Alexandra Kreczkiewicz, die folgendes erklärt:

»Am 2. August 1944 wohnte ich im Wola-Stadtviertel in der Gorczewska-Straße Nummer 45. Mir hatte die SS befohlen, in ein gegenüberliegendes Haus umzuziehen. Unser Haus und die Nachbarhäuser wurden in Brand gesteckt. Am 3. August wurden wir benachrichtigt, daß es uns schlecht gehen wird und wir erschossen werden sollen. In unserem Haus waren einige hundert Personen versammelt. Am 4. August 11 Uhr wurde das Haus umstellt und es wurde uns befohlen, die Wohnung zu verlassen. Am Eingang fielen Schüsse und ein furchtbares Geschrei der Frauen und Kinder begann. Einige Personen wurden verwundet, andere getötet. Die Deutschen jagten uns dann in ein Kartoffelfeld und befahlen uns, uns hinzulegen, während wir ringsum bewacht wurden. An eine Flucht konnte nicht gedacht werden. Nach einigen Minuten befahl man uns aufzustehen, und wir wurden unter eine in der Nachbarschaft gelegene Brücke geführt. Auf die Frage einer Frau, wohin wir geführt werden, kam die Antwort: ›Durch eure Schuld sterben deutsche Frauen und Kinder, deshalb müßt ihr alle sterben‹. Wir werden in Reihen aufgestellt, eine Gruppe von 70 Leuten wird abgetrennt und hinter die Brücke auf einen Hügel geführt. Die anderen (unter welchen ich mich befand) werden nahe einer Mauer gesammelt, die mit Draht umzäunt war. Von verschiedenen Punkten in der Nähe hörten wir Serien von Schüssen. Die Opfer der deutschen Henker starben. Wir sind in einer kleinen Schar zusammengepfercht. Fünf Meter von uns entfernt macht einer der Henker in vollster Ruhe sein Maschinengewehr schußbereit; ein anderer macht einen photographischen Apparat fertig, um die Exekution zu photographieren. Einige Deutsche hatten Wache. Es fiel eine Serie von Schüssen und man konnte das Stöhnen und Geschrei hören. Ich werde verwundet und verliere das Bewußtsein. Nach einiger Zeit komme ich wieder zu mir. Ich höre wie Verwundete getötet werden. Daraufhin bewege ich mich nicht und simuliere eine Tote. Ein Deutscher blieb auf Wache, die anderen gehen weg. Die Henker stecken die nahe gelegenen Häuser in Brand. Die Feuerhitze brennt, mein Kleid glimmt und der Rauch ist erstickend. Die deutsche Wache ist noch immer da. Ich lösche an mir das Feuer.«

Dann beschreibt sie, wie sie in einen Keller lief, und sagt..

VORSITZENDER: Das ist doch eine Frau?

MAJOR ELWYN JONES: Ja, das ist eine Frau.

Am Ende heißt es:

»Die in meiner Anwesenheit Erschossenen zählten etwa 500 Personen. Drei oder vier Personen haben sich gerettet. Die Henker waren SS-Männer.«

Das nächste Protokoll ist eine eidesstattliche Erklärung des Zeugen Bronislaw Dylak, der die Greueltaten der SS in einem Lazarett in Warschau beschreibt:

»Ich lag in dem Feldhospital in der Dluga Straße Nummer 7 mit einer schweren Bauchverwundung. Am 7. 9. 1944 haben die Deutschen den Schwestern und Leichtkranken befohlen, das Hospital zu räumen, und nur die Schwerverwundeten sollten bleiben. Unter den letzten Zurückbleibenden befand ich mich im Saal, der im Keller war. Im ganzen Hospital hielten sich noch mehrere Hundert Schwerverwundete und Schwerkranke auf, die das Hospital nicht verlassen konnten. Kurz nachdem die Schwestern das Hospital verlassen hatten, es war gegen Abend, kam die SS. Eine Schießerei begann. Die Verwundeten und Kranken, die durch übermenschliche Anstrengungen versuchten, ihre Betten zu verlassen, um sich den Türen und damit den Treppen zu nähern, um ihr eigenes Leben zu retten, wurden sofort getötet. In unseren Saal brachen zwei der Mörder ein. Einer von ihnen machte mit einer Kerze Licht, der zweite mordete die in den Betten liegenden Kranken mit einem Revolver, wobei er immer laut schrie: ›Bandit, Bandit‹. Ich blieb mit einigen anderen in meinem Saal wie durch ein Wunder verschont, da der Zugang zu unseren Betten durch andere vorgeschobene Betten ziemlich schwierig war. Der Saal war in zwei kleinere Säle eingeteilt. Ich lag in dem zweiten und kleineren Saal, zu welchem der Eintritt unmöglich war. In dem anderen Saal wurden alle getötet. Der zweite Teil wurde wie durch ein Wunder gerettet. Vielleicht auch deshalb, weil man schon Rufe hörte, die die Mörder zum Rückzug aufforderten. In den anderen Sälen hörte man noch zahlreiche Schüsse. Die Exekution wurde im ganzen Hospital durchgeführt. Nachher kamen noch Kontrollen, die feststellen sollten, ob alle getötet wären. Mein neben mir liegender Freund machte auf seine Brust und an seine Stirn Blutflecke, um einen Toten zu simulieren. Ein ukrainisch sprechender Deutscher ging an den Getöteten vorbei und hat sie mit dem Gewehr ins Gesicht gestoßen. Es war eine furchtbare Nacht. Einmal hat man durch das Fenster eine Handgranate in unseren Saal geworfen, die meinem Freund den Bauch zerrissen hat. Schließlich wurde das Gebäude in Brand gesteckt. Das Feuer hat sich rasch verbreitet. Wer herauszukriechen versuchte, wurde getötet. In unserem Saal hat sich eine Frau gefunden, die leicht brennende Stoffe vom Eingang entfernte und den Saal so vor dem Feuer schützte. Andere Säle standen in Feuer, auch der Treppengang. Man riecht den Rauch der brennenden menschlichen Körper...«

Und der letzte Satz:

»So blieben weniger als 20 der Verwundeten am Leben von den einigen Hunderten, welche im Hospital Dluga Straße 7 ermordet worden waren.«

Und die dritte eidesstattliche Erklärung ist von Maria Bukowska, die feststellt:

»Am 7. August 1944 waren die Einwohner des ganzen Stadtviertels auf Befehl der SS gezwungen, ihre Häuser zu verlassen, die sofort in Brand gesteckt wurden. Wir waren einige Tausend, getrieben durch die SS; wer zurückblieb oder wer helfen wollte, wurde mit dem Gewehrkolben geschlagen.«

Es heißt in der Erklärung dann weiter:

»Wir marschieren weiter, man hört, wie ringsum geschossen wird; ein Auto der SS nähert sich uns und aus diesem steigen Offiziere. Sie beobachten unsere Marschkolonne und entführen aus derselben drei junge hübsche Mädchen: Die zwei Schwestern N. und eine mir Unbekannte. Das Auto fährt weg. Die Mädchen schreien und wehren sich gegen die Handgreiflichkeiten der SS-Offiziere. Eine Greisin ist umgefallen, sie kann nicht mehr weitergehen. Ein SS-Offizier schießt sie in den Hinterkopf.«

Zum Schluß heißt es:

»In der Kirche von Wola wird uns alles, was noch geblieben ist, geraubt. Alle jungen Mädchen, manche 12 bis 14 Jahre alt, bleiben zurück. Wir älteren mit den Kindern marschieren zum Westbahnhof und fahren dann mit dem Zug nach Pruszkow.«

Das waren Verbrechen, die durch die SS begangen worden sind; stimmt das nicht, Zeuge?

HAUSER: Das war nicht die Waffen-SS, sondern das ist immer nur ein Teil von Männern, die zu Himmler gehörten, die mit der kämpfenden Truppe nichts zu tun hatten. Wir haben in Warschau nie gefochten.

MAJOR ELWYN JONES: Streiten Sie ab, daß die Waffen-SS an der Zerstörung Warschaus teilgenommen hat?

HAUSER: Ich bin nicht da gewesen, ich kann dazu nicht Stellung nehmen. Gekämpft wurde aber meines Wissens dort nicht, denn dort ist ein Aufstand niedergeschlagen worden, was ja schon mehrere Zeugen hier ausgesagt haben.

MAJOR ELWYN JONES: Es war ein Aufstand, und dann eine Massenausrottung durch SS-Truppen, das hat sich doch in Warschau zugetragen, nicht wahr?

HAUSER: Die Waffen-SS hat daran nur mit einem ganz geringen Teil teilgenommen, denn die Waffen-SS stand am Feinde.

MAJOR ELWYN JONES: Nun lege ich vor das Dokument D-954, GB-561, eine Zeugenaussage des Professors Tomkiewics von der Universität Warschau, und Dr. Lorentz, Direktor des Warschauer Nationalmuseums, über die Plünderung und die überlegte Zerstörung Warschaus Stück für Stück durch deutsche Einheiten einschließlich SS-Truppen. Ich will versuchen, diese Dokumente zusammenzufassen.

Das nächste Dokument 2233-PS ist ein weiterer Auszug aus dem Tagebuch des Angeklagten Frank, das die Zusammenarbeit zwischen der SS und den zivilen Verwaltungsbehörden im Verlauf dieser mörderischen Ereignisse aufzeigt.

VORSITZENDER: Welche Nummer hat das?

MAJOR ELWYN JONES: 2233-PS, und es wird GB-562. Es ist ein Eintrag im Tagebuch des Angeklagten Frank vom 16. Oktober 1944 und besagt:

»Der Herr Generalgouverneur empfängt den SS-Oberführer Dierlewanger und SS-Untersturmführer Ammann in Gegenwart des SS-Sturmbannführers Pfaffenroth.

SS-Oberführer Dierlewanger berichtet dem Herrn Generalgouverneur von dem Einsatz seiner Kampfgruppe in Warschau.

Der Herr Generalgouverneur spricht SS-Oberführer Dierlewanger seinen Dank und seine Anerkennung für den vorbildlichen Einsatz seiner Kampfgruppe bei den Kämpfen in Warschau aus.

Mittagessen aus Anlaß der Anwesenheit des SS- Oberführers Dierlewanger.«

Nun, Dierlewanger war doch Kommandeur der Einheiten, die in Warschau operierten? Stimmt das?

VORSITZENDER: Können Sie beweisen, welche Einheiten diese Offiziere befehligt haben?

MAJOR ELWYN JONES: Das wollte ich gerade dem Zeugen vorlegen.