[Der Zeuge verläßt den Zeugenstand.]
[Pause von 10 Minuten.]
VORSITZENDER: Dr. Pelckmann! Es wird mir gesagt, daß ich vielleicht mißverstanden habe, was Sie mir vor der Vertagung gesagt haben. Sie baten, einen anderen Zeugen an Stelle des Zeugen rufen zu dürfen, den Sie schon beantragt hatten?
RA. PELCKMANN: Ja.
VORSITZENDER: Gut, wen wollen Sie rufen lassen?
RA. PELCKMANN: Jawohl, Euer Lordschaft, ich habe mich, da ich den Wunsch des Gerichts auf Abkürzung kenne, bemüht, die Fragen, die ich den fünften Zeugen fragen wollte, die anderen Zeugen schon zu fragen. Ich glaube, das ist mir gelungen, aber aus dem Interesse, das das Hohe Gericht an der Frage der Untersuchung der Konzentrationslager genommen hat, habe ich gesehen, daß es vielleicht sehr zweckmäßig wäre, und ich muß sagen, daß es im Interesse der Verteidigung liegen würde, wenn der von dem Zeugen Reinecke genannte Richter Dr. Morgen kurz über diese Dinge vernommen werden könnte. Ich wäre sofort in der Lage, diesen Zeugen zu vernehmen und würde den Zeugen Hinderfeld, der eigentlich gehört werden soll, nicht mehr brauchen. Ich hatte schon...
VORSITZENDER: Sie wollen Dr. Morgen vernehmen und auf einen anderen verzichten, ist das richtig?
RA. PELCKMANN: Jawohl.
VORSITZENDER: Jawohl, gut. Er war schon vor der Kommission, nehme ich an?
RA. PELCKMANN: Nein... Nein, Euer Lordschaft. Es liegen eidesstattliche Versicherungen von ihm vor. Darf ich ganz kurz erklären, warum ich ihn vor der Kommission nicht hören konnte? Der Zeuge ist am 1. Juli hier in Nürnberg angekommen, nachdem ich sehr lange nach ihm gesucht hatte. Der Zeuge saß bis dahin in Dachau, ohne daß ich es erfahren konnte. Am 1. Juli war ich mit den letzten Vernehmungen vor der Kommission so beschäftigt, ich habe zum Beispiel den Zeugen Eberstein und den Zeugen Reinecke erst am 5. und 6. Juli vor der Kommission hören können, so daß ich die Aussage dieses Zeugen nicht vorbereiten konnte. Infolgedessen habe ich erst nach Schluß der Kommissionsvernehmungen Affidavits mit ihm vorbereitet. Das sind diese Affidavits 65, glaube ich, und 67. Aber aus diesen Affidavits gehen die Dinge nicht so klar hervor, als wenn ich ihn jetzt vernehmen würde, Euer Lordschaft, und ich stelle auch ergebenst anheim, daß nicht ich den Zeugen vernehme, sondern vielleicht das Hohe Gericht, wenn das prozessual möglich ist.
VORSITZENDER: Auf welchen Zeugen wollen Sie verzichten?
RA. PELCKMANN: Hinderfeld.
VORSITZENDER: Herr Elwyn Jones! Welche Ansicht vertritt die Anklagebehörde gegenüber diesem Antrag?
MAJOR ELWYN JONES: Ich schlage vor, Herr Vorsitzender, daß wir uns, wenn möglich, eine ausführlichere eidesstattliche Erklärung von diesem Zeugen geben lassen, womit vielleicht der Fall erledigt wäre. Aber im Hinblick auf den Verzicht der Verteidigung auf einen Zeugen will ich nicht darauf bestehen; jedoch möchte ich mit Rücksicht auf die Zeit, die bereits für diese Organisation beansprucht wurde, den Vorschlag zur Vorlage eines Affidavits nahelegen, zumal Dr. Pelckmann sich mit dem Teil des Falles beschäftigt, an dem der Gerichtshof besonders interessiert ist.
VORSITZENDER: Was haben Sie dazu zu sagen, Dr. Pelckmann? Können Sie nicht dieselben Fragen an den Zeugen stellen und den gewünschten Punkt in seine eidesstattliche Versicherung mit einschließen? Er hat ja schon drei Affidavits abgegeben.
RA. PELCKMANN: Gewiß, Euer Lordschaft. Ich denke folgendes: Die Anklagebehörde hat einen Zeugen Sievers hierher gerufen, um ihre Stellung noch zu unterstützen, und ich denke mir, wenn ich die Aussagen des Zeugen Reinecke auch durch einen Zeugen hier unterstützen würde, dann würde das prozessual etwa auf derselben Linie liegen und durch eine Zeugenaussage, glaube ich, die Dinge über das KZ- Wesen, die Geheimsphäre des KZ-Wesens und das Eindringen der Gerichtsbarkeit darein viel tiefer und viel klarer für das Gericht aufklären zu können als mit einem Affidavit.
VORSITZENDER: Ist Ihr Zeuge hier?
RA. PELCKMANN: Er befindet sich im Zeugenbau.
VORSITZENDER: Wollten Sie ihn als nächsten Zeugen rufen?
RA. PELCKMANN: Ich würde es tun. Wenn allerdings die Anklagebehörde vorher die beiden anderen Zeugen wünscht, kann ich auch unterbrechen, Euer Lordschaft.
VORSITZENDER: Dr. Pelckmann! Haben Sie eine Vorstellung, wie lange Sie für diesen Zeugen brauchen werden, wenn Sie ihn rufen?
RA. PELCKMANN: 45 Minuten bis zu einer Stunde.
VORSITZENDER: Gut, wenn Sie es wünschen und Sie auf den anderen Zeugen, Dr. Hindenberg oder wie er heißt, verzichten, können Sie Dr. Morgen rufen.
RA. PELCKMANN: Ich danke sehr, Euer Lordschaft. Ich rufe den Zeugen Dr. Morgen.
MAJOR ELWYN JONES: Euer Lordschaft! Der Zeuge ist im Augenblick im Gefängnisgebäude, und deshalb wäre es vielleicht angebracht, den Zeugen zu rufen, den Dr. Pelckmann für ein Kreuzverhör beantragt hat und der sofort verfügbar ist. Der Gerichtsmarschall kann ohne Zweifel die notwendigen Vorbereitungen für den anderen Zeugen treffen.
VORSITZENDER: Das ist doch Dr. Sievers?
MAJOR ELWYN JONES: Nein, Euer Lordschaft, erst kommt kurz der Zeuge Israel Eisenberg, dessen Affidavit Dokument Nummer D-939, GB-563 ist.
VORSITZENDER: Eisenberg?
MAJOR ELWYN JONES: Ja, Euer Lordschaft, Eisenberg.
VORSITZENDER: Ja. Gerichtsmarschall! Wollen Sie den Zeugen Eisenberg hereinführen und Dr. Morgen rufen lassen?