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[Zum Zeugen gewandt:]

Es wird in dieser Urkunde L-180, die Ihnen soeben von dem russischen Ankläger vorgehalten worden ist, der Generaloberst Höppner erwähnt. Kannten Sie Generaloberst Höppner gut?

VON BRAUCHITSCH: Ich kannte ihn seit dem Jahre 1914. Er war der Chef bei mir in Ostpreußen, ich kannte ihn also sehr genau.

DR. LATERNSER: Sie kennen dann sicher auch seine Einstellung zu solchen Gewaltmethoden, wie sie sich jetzt nachträglich bei den Einsatzgruppen herausgestellt haben.

VON BRAUCHITSCH: Höppner war eine gerade, ehrliche Soldatennatur, die alles ablehnte, was in dieser Hinsicht nicht in dem Gedankengang lag, in dem er aufgewachsen und erzogen war.

DR. LATERNSER: Lebt Generaloberst Höppner noch?

VON BRAUCHITSCH: Er ist ein Opfer des 20. Juli geworden.

DR. LATERNSER: Er ist also wegen seiner Stellungnahme gegen diese Methode zum Tode verurteilt worden?

VON BRAUCHITSCH: Jawohl.

DR. LATERNSER: Können Sie irgendeine Erklärung dafür geben, daß nach dem Bericht eine, wie der Berichterstatter sagt, fast herzliche Zusammenarbeit zwischen Einsatzgruppe einerseits und Generaloberst Höppner andererseits geherrscht haben soll?

VON BRAUCHITSCH: Ich kann mir das nur so denken, wie ich vorhin bei meinen Aussagen über die Verhandlungen mit dem General Wagner und dem Führer des SS-Hauptamtes, Heydrich, schon gesagt habe, daß es sich dort vielleicht um eine Zusammenarbeit handelte im Kampfgebiet selbst, das heißt da, wo es zum Kampf kam. Im übrigen waren die Verhältnisse eben im Norden außerordentlich schwierig. Die Panzerwagen vorne, dazwischen Teile der russischen Armee, dahinter die deutschen Divisionen. Es herrschten dort Schwierigkeiten im Nachschub, und ich könnte mir denken, daß diese Gruppen mit zum Schutz der Sicherung der Nachschubstraßen mit eingesetzt worden sind. Weiter weiß ich nichts. Ich habe, wie gesagt, keinerlei Meldung jemals darüber bekommen.

DR. LATERNSER: Sie kannten General Wagner gut?

VON BRAUCHITSCH: Jawohl.

DR. LATERNSER: Wie war dessen Einstellung zu solchen Gewaltmethoden?

VON BRAUCHITSCH: In dem Verlauf des 20. Juli 1944 hat er sich selbst das Leben genommen. Er war unter allen Umständen gegen jede Maßnahme, die gegen Recht und Billigkeit, Humanität oder gegen die bestehenden Bestimmungen der Haager und Genfer Konvention war.

DR. LATERNSER: Dann wäre aber doch anzunehmen, daß, wenn ihm in der Besprechung mit Heydrich bekanntgegeben worden wäre, daß durch diese Einsatzgruppen Massenvernichtungen vorgenommen werden sollen, daß er dann bei seiner Einstellung Ihnen darüber Meldung erstattet hätte?

VON BRAUCHITSCH: Unter allen Umständen.

DR. LATERNSER: Danke sehr, ich habe keine weiteren Fragen.

VORSITZENDER: Zeuge! Haben Sie die Aussagen des Zeugen Gisevius gelesen?

VON BRAUCHITSCH: Jawohl.

VORSITZENDER: Und Sie sagen dem Gerichtshof, daß sie, soweit Sie darin erwähnt sind, vollständig unrichtig seien?

VON BRAUCHITSCH: Jawohl.

VORSITZENDER: Ich möchte Ihnen nun eine andere Frage stellen: Als Ihnen der Kommissarbefehl gegeben wurde, noch bevor der Krieg gegen die Sowjetunion begann, welche Befehle haben Sie da gegeben?

VON BRAUCHITSCH: Ich habe den Befehl gegeben, den ich vorhin erwähnt habe, über die Aufrechterhaltung der Disziplin und über die Behandlung, die korrekte Behandlung der Bevölkerung durch den deutschen Soldaten und daß alle Übergriffe zu bestrafen seien.

VORSITZENDER: Das heißt, daß Sie keinen Befehl, der sich direkt auf den Kommissarbefehl bezog, gegeben haben?

VON BRAUCHITSCH: Nein, ich konnte ja den Befehl nicht direkt aufheben, aber ich gab einen Befehl, der unmißverständlich war und meine Auffassung festlegte.

VORSITZENDER: Sie haben diesen Befehl schriftlich gegeben, nicht wahr?

VON BRAUCHITSCH: Jawohl.

VORSITZENDER: Wollen Sie dem Gerichtshof weismachen, Sie hätten während des Restes des Jahres 1941 niemals erfahren, daß der Kommissarbefehl wirklich ausgeführt wurde?

VON BRAUCHITSCH: Herr Präsident! Ich will nichts weismachen; ich will nur die Wahrheit sagen, daß ich keinerlei Meldung darüber bekommen habe und infolgedessen auch nichts darüber aussagen kann. Da, wo ich mich erkundigt habe, habe ich nur die Mitteilung bekommen, daß der Befehl nicht durchgeführt würde.

VORSITZENDER: Dann behaupten Sie also, daß, soweit Sie wissen, dieser Befehl nicht ausgeführt wurde bis zu der Zeit, als Sie Ihren Abschied nahmen?

VON BRAUCHITSCH: Ja. Mehr kann ich nicht sagen, Herr Präsident.

VORSITZENDER: Ich versuche nur herauszufinden, was Sie eigentlich sagen.

Der Zeuge kann sich jetzt zurückziehen.

VON BRAUCHITSCH: Herr Präsident...

VORSITZENDER: Zeuge! Wollten Sie noch etwas sagen?

VON BRAUCHITSCH: Nein.