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[Das Gericht setzt die Verhandlung für 10 Minuten aus.]

DR. GAWLIK: Herr Zeuge! Sie haben wiederholt vom SD gesprochen. Was verstehen Sie unter SD?

VON MANSTEIN: Unter SD verstehe ich eine Einrichtung im Rahmen der SS, die unter Himmler stand mit speziellen polizeilichen Aufgaben.

DR. GAWLIK: Wenn ich Ihnen nun sage, daß hier unter SD die Ämter III und VI des Reichssicherheitshauptamtes angeklagt sind, frage ich Sie nun: Meinten Sie oder verstanden Sie unter dem SD diese Organisationen?

VON MANSTEIN: Mir ist der Begriff SD nur so bekannt, wie er wohl den meisten Deutschen bekannt war, eben als eine Art Sonderpolizei. Welche Ämter im Reichssicherheitshauptamt dazu gehörten, das weiß ich nicht. Denn die Organisation wie auch die Aufgaben des Reichssicherheitshauptamtes sind mir nicht bekannt.

DR. GAWLIK: Dann wissen Sie auch nicht als ehemaliger Oberbefehlshaber, welche Ämter des Reichssicherheitshauptamtes die polizeilichen Aufgaben erledigten?

VON MANSTEIN: Nein, ich habe keine Ahnung davon. Sie haben mich auch niemals interessiert.

DR. GAWLIK: Können Sie mir also die Frage beantworten mit Ja oder Nein, ob Sie mit dem SD die Ämter III und VI meinten?

VON MANSTEIN: Nein.

DR. GAWLIK: Sie haben dann weiter... Ihr Herr Verteidiger und auch Sie selbst haben dann weiter hier von Einsatzgruppen des SD gesprochen. War diese Bezeichnung richtig, oder wie hießen diese Einsatzgruppen?

VON MANSTEIN: Diese Bezeichnung »Einsatzgruppen« ist mir erst hier klargeworden. Ich wußte vorher, solange ich Oberbefehlshaber war, nur, daß Höhere SS- und Polizeiführer da waren und daß Teile des SD mit der Sonderaufgabe der Überprüfung der Bevölkerung da waren. Sagen wir mal, der Begriff »Einsatzgruppe«, so, wie er sich jetzt darstellt, ist mir erst hier völlig klargeworden.

DR. GAWLIK: Sie werden aber doch als ehemaliger Oberbefehlshaber gewußt haben, wie die richtige Bezeichnung dieser Einsatzgruppen lautete?

VON MANSTEIN: Es ist möglich, daß ich den Namen »Einsatzgruppe« schon gekannt habe, aber – sagen wir mal – ich habe mir nichts besonderes darunter vorgestellt, sondern eben nur einen Teil des SD, der unter Himmler stand und der mit besonderen Aufträgen beauftragt war.

DR. GAWLIK: Wußten Sie nicht, daß diese Einsatzgruppen die Bezeichnung Einsatzgruppe A, B, C und D hatten?

VON MANSTEIN: Nein, von einer Einsatzgruppe A, B oder C habe ich überhaupt nichts vorher gehört, und ob die Einsatzgruppe, die in meinem Bereich arbeitete, D hieß oder nicht, das kann ich heute nicht mehr sagen. Es kann sein, es kann aber auch nicht sein. Ich weiß es nicht mehr.

DR. GAWLIK: Wußten Sie auch nicht, welchen Titel Ohlendorf führte?

VON MANSTEIN: Ohlendorf, ja, ich kann heute nicht sagen, ob er SS-Gruppenführer war oder SS- Oberführer.

DR. GAWLIK: Nein, das meine ich nicht, sondern welchen Titel er als Führer der Einsatzgruppe D führte?

VON MANSTEIN: Nein, das weiß ich auch heute nicht.

DR. GAWLIK: Wußten Sie nicht, daß er den Titel Beauftragter des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD bei der Heeresgruppe D führte?

VON MANSTEIN: Nein, das habe ich nicht gewußt; denn eine Heeresgruppe D gab es ja damals gar nicht meines Erachtens.

DR. GAWLIK: Oder bei den Armeen, daß dies der Titel war?

VON MANSTEIN: Nein, das ist mir nicht bekannt.

DR. GAWLIK: Danke schön.

OBERST TAYLOR: Zeuge! Haben Sie den Stab des OKH im Februar 1938 verlassen?

VON MANSTEIN: Darf ich nochmals um Wiederholung bitten. Ich habe nicht verstanden.

OBERST TAYLOR: Haben Sie den Stab des OKH im Februar 1938 verlassen?

VON MANSTEIN: Ob ich Mitglied war? Ja.

OBERST TAYLOR: Mit welchem Rang haben Sie den Stab des OKH im Jahre 1938 verlassen?

VON MANSTEIN: Ich war Generalmajor.

OBERST TAYLOR: Das ist doch der niedrigste Generalsrang in der deutschen Armee, nicht wahr?

VON MANSTEIN: Jawohl.

OBERST TAYLOR: Und als Sie den Stab des OKH verließen, wurden Sie Divisionskommandeur, nicht wahr?

VON MANSTEIN: Jawohl, ja.

OBERST TAYLOR: Und Sie waren Divisionskommandeur zur Zeit der Besetzung des Sudetenlandes, nicht wahr?

VON MANSTEIN: Ja, meine Dienststellung damals war Divisionskommandeur, aber bei der Besetzung des Sudetenlandes war ich dann vorübergehend Chef des Generalstabs der einen Armee, die von Bayern aus einrückte.

OBERST TAYLOR: Und Sie waren immer noch Divisionskommandeur, als der Rest der Tschechoslowakei besetzt wurde, nicht wahr?

VON MANSTEIN: Jawohl, ja.

OBERST TAYLOR: Und Sie waren immer noch Divisionskommandeur, als der Angriff auf Polen geplant wurde?

VON MANSTEIN: Ja.

OBERST TAYLOR: Wo lag Ihre Division?

VON MANSTEIN: Meine Division lag in Niederschlesien. Das Divisionskommando lag in Liegnitz.

OBERST TAYLOR: Sie waren also vom Februar 1938 bis zum Ausbruch des Krieges persönlich nicht sehr nahe mit der Planung des OKH verbunden?

VON MANSTEIN: Nein, ich habe nur noch die Besetzung, die Angliederung von Österreich im OKH miterlebt, weil ich zur Übergabe der Geschäfte an meinen Nachfolger, den General Halder, noch einige Zeit im OKH bleiben mußte.

OBERST TAYLOR: Sie waren also am Kriege gegen die Sowjetunion ganz von Anfang an beteiligt, nicht wahr, vom Juni 1941 an?

VON MANSTEIN: Jawohl.

OBERST TAYLOR: Und Sie übernahmen das Kommando der deutschen 11. Armee nach dem Tode des Generals von Schobert?

VON MANSTEIN: Jawohl.

OBERST TAYLOR: Das war ungefähr Mitte September 1941, nicht wahr?

VON MANSTEIN: Ich glaube, ich habe den Befehl am 21. oder 22. September übernommen.

OBERST TAYLOR: Während des Jahres 1941 und Anfang 1942 kämpfte die 11. Armee, die Sie kommandierten, am äußersten Südzipfel der Front, nicht wahr?

VON MANSTEIN: Ja.

OBERST TAYLOR: Das ist das Gebiet nördlich des Schwarzen Meeres, nicht wahr?

VON MANSTEIN: Jawohl.

OBERST TAYLOR: Und die 11. Armee hatte Nikolajew eingenommen, einige Wochen bevor Sie den Oberbefehl übernahmen?

VON MANSTEIN: Ja.

OBERST TAYLOR: Und Ihr Hauptquartier, als Sie den Oberbefehl übernahmen, war Nikolajew?

VON MANSTEIN: Ja.

OBERST TAYLOR: Nun, stimmt es, daß Ihre soeben gemachte Aussage dahin geht, daß Hitler recht eigenartige Ansichten hatte über die Methoden, mit denen der Krieg an der Ostfront geführt werden sollte?

VON MANSTEIN: Ja.

OBERST TAYLOR: Hitler dachte, die besetzten russischen Gebiete könnten am besten durch ausgedehnte Terrormaßnahmen unterworfen und befriedet werden, nicht wahr?

VON MANSTEIN: Das ist mir damals keineswegs klargeworden, das ist mir erst jetzt durch den Prozeß klargeworden.

OBERST TAYLOR: Erhielten Sie keinen Befehl vom OKW, Terrormaßnahmen anzuwenden, um die Ordnung in den besetzten Gebieten aufrechtzuerhalten?

VON MANSTEIN: Einen Befehl vom OKW konnte ich für meine Armee meines Erachtens überhaupt nicht erhalten, und an einen Befehl zur Anwendung terroristischer Methoden kann ich mich auch nicht entsinnen.

OBERST TAYLOR: Ein Befehl des OKW konnte Sie aber im gewöhnlichen Dienstweg über das OKH erreichen, nicht wahr?

VON MANSTEIN: Ja.

OBERST TAYLOR: Wollen Sie sich nun bitte das Dokument anschauen...

Euer Lordschaft! Es ist Dokument 459-PS.