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[Zum Zeugen gewandt:]

Ich glaube, diese beiden Absätze sind in Ihrer Kopie angezeichnet. Sie sind auf Seite 17 oder 18. Sie sehen dort, daß es sich um einen Originalbericht über die Tätigkeiten der Einsatzgruppen in der USSR im Monat Oktober handelt. Es wird über die Tätigkeit aller vier Einsatzgruppen berichtet, einschließlich Gruppe B, die Ihrer Armee zugeteilt war. Der auf Seite 16 beginnende Abschnitt bezieht sich auf die Tätigkeit der Einsatzgruppen C und D in der Ukraine. Darunter finden Sie Abschnitt b), der die Überschrift trägt: »Festnahmen und Erschießungen von Kommunisten... Funktionären,« Haben Sie das?

VON MANSTEIN: Ja.

OBERST TAYLOR: Ich zitiere:

»Die Fahndung nach führenden Kommunisten hatte die Festnahme des ehemaligen GPU-Chefs von Cherson, Kaminski, zur Folge. Er hatte in den Jahren 1919/1921 die Liquidierung der zaristischen Offiziere durchgeführt. Gleichfalls wurde der Leiter der Gefängniswerkstätten des NKWD gefaßt.

In Kiew konnte eine Reihe von NKWD-Beamten und politischen Kommissaren unschädlich gemacht wer den.«

Der nächste Unterabschnitt: »Juden«. Die ersten beiden Absätze beziehen sich auf Städte außerhalb Ihres Gebietes, soviel ich weiß. Dann kommt ein auf Cherson bezüglicher Abschnitt. Cherson ist ungefähr 40 Meilen von Nikolajew entfernt. Würden Sie sagen, daß 60 Kilometer dem entsprechen?

VON MANSTEIN: Ja, das muß stimmen.

OBERST TAYLOR: Ich zitiere:

»Als Sühnemaßnahme für Sabotageakte wurden in Cherson 410 Juden exekutiert.

Die Lösung der Judenfrage wurde insbesondere im Raum ostwärts des Dnjepr seitens der Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD energisch in Angriff genommen. Die von den Kommandos neubesetzten Räume wurden judenfrei gemacht. Dabei wurden 4891 Juden liquidiert. An anderen Orten wurden die Juden gekennzeichnet und registriert. Dadurch war es möglich, den Wehrmachtsdienststellen jüdische Arbeitergruppen in Stärke bis zu 1000 Personen für dringende Arbeiten zur Verfügung zu stellen.«

Behaupten Sie immer noch vor dem Gerichtshof, daß Sie nichts von den Operationen dieser Einsatzgruppen unter Ihrer Armee gewußt hätten?

VON MANSTEIN: Wenn Sie hier zum Beispiel den Fall Cherson meinen, so muß ich sagen, daß ich nie eine Meldung über solche Handlungen bekommen habe, ebensowenig über die Festnahme von diesem GPU-Mann Kaminski. Ich bin ja auch in Nikolajew nur etwa bis zum 24. September gewesen und habe dann meinen Gefechtsstand in der Gegend von Melitopol gehabt, also weit ostwärts. Was die Liquidierung von Juden im Gebiet ostwärts des Dnjepr angeht, so weise ich darauf hin, daß meine Armee damals als Operationsgebiet die Nogaische Steppe hatte, eine Steppe mit ganz wenig Ansiedlungen, und ein Teil dieser Ansiedlungen, ehemals deutsche Dörfer, waren völlig evakuiert und weggeschafft von der Roten Armee. Da konnten also überhaupt nennenswerte Judenliquidierungen gar nicht stattgefunden haben in der Nogaischen Steppe, weil es da kaum Juden gegeben hat. Diese 4000 Juden – um die kann es sich höchstens handeln – um das Gebiet ostwärts des Dnjepr, also da, wo die großen Operationen des Donez-Gebietes anfingen zum Beispiel, das war schon das Operationsgebiet der 1. Panzerarmee, aber nicht mehr mein Gebiet.

OBERST TAYLOR: Hat der Oberbefehlshaber der Ostfront den Truppen besondere Instruktionen gegeben, das Ausrottungsprogramm von Juden und Kommissaren zu unterstützen?

VON MANSTEIN: Nein, das ist ganz ausgeschlossen.

OBERST TAYLOR: Hat General von Reichenau solch einen Befehl herausgegeben?

VON MANSTEIN: Nein, ich kenne von General Reichenau überhaupt nur einen Befehl, der hier vorgebracht worden ist, wo er sich also über den Kampf im Osten ausspricht. Dieser Befehl ist uns auf Weisung von Hitler sozusagen als Beispiel zugeschickt worden. Ich habe persönlich ihn abgelehnt und habe ihn in keiner Weise für meine Befehlsgebung verwertet, und ich weiß auch nicht von einem anderen Befehlshaber, der ihn verwertet hätte.

OBERST TAYLOR: Dieser Befehl von General Reichenau forderte die Truppen auf, die strengsten Maßnahmen gegen die untermenschlichen Juden und alle bolschewistischen Elemente zu treffen, nicht wahr? Haben Sie den Befehl gesehen?

VON MANSTEIN: Nein, also da entsinne ich mich, daß ich einen Befehl von General von Reichenau bekommen habe, aber daß da Judenliquidierungen gefordert worden wären, das entsinne ich mich nicht, und ich halte es für vollkommen ausgeschlossen, daß er das befohlen hat.

OBERST TAYLOR: Was haben Sie selber getan, als Ihnen vorgeschlagen wurde, einen dem Befehl General von Reichenaus ähnlichen Befehl herauszugeben?

VON MANSTEIN: Vorgeschlagen ist mir das nicht worden, sondern wir bekamen ihn zugeschickt als Befehl von Hitler, als Muster. Ich habe da gar nichts getan und hielt derartige Befehle für völlig abwegig, weil ich den Kampf soldatisch führen wollte und nicht anders.

OBERST TAYLOR: Sie haben also gar nichts unternommen?

VON MANSTEIN: Nein, was sollte ich da auch unternehmen?

OBERST TAYLOR: Ich möchte darum bitten, dem Zeugen das Dokument des Generals von Reichenau, das ist US-556, vorlegen zu lassen.

Ich möchte nun bitten, daß dem Zeugen ein neues Dokument – 4064-PS, US-927 – gezeigt wird.

Zeuge! Wollen Sie sich diesen Befehl ansehen und uns sagen, ob dieses Dokument nicht aus Ihrem Hauptquartier stammt und mit Ihrem Faksimile unterzeichnet ist. Es ist vom 20. November 1941 datiert. Es ist bereits im Protokoll.

VON MANSTEIN: Ich muß es erst mal genau lesen. Ich entsinne mich dieses Befehls nicht.

OBERST TAYLOR: Ist das Ihre Unterschrift?

VON MANSTEIN: Es sieht so aus, ich muß den Befehl aber erst lesen, um mich zu erinnern, ob ich den Befehl gegeben habe oder ob ich ihn nicht gegeben habe.

OBERST TAYLOR: Das Dokument trägt oben auf der Seite die Zeichen: »XXX A.K. Ic«. Das ist doch die Nachrichtenabteilung, nicht wahr?

VON MANSTEIN: Ja, das war unser Feindbearbeiter, der die feindlichen Nachrichten behandelte und die Abwehr der feindlichen Spionage hatte. Hat mit Geheimdienst an sich nichts zu tun.

OBERST TAYLOR: Unten ist ein Stempel der 72. Division. »27. November 1941. Tagebuch Nr.: 1 c«; und nach den Angaben links scheint es vom Armeeoberkommando 11 im Hauptquartier ausgegeben zu sein, 20. November 1941. Geheim. Ich zitiere:

»Seit dem 22. 6. steht das deutsche Volk in einem Kampf auf Leben und Tod gegen das bolschewistische System.

Dieser Kampf wird nicht in hergebrachter Form gegen die sowjetische Wehrmacht allein nach europäischen Kriegsregeln geführt.

Auch hinter der Front wird weitergekämpft, Partisanen, in Zivil gekleidete Heckenschützen, überfallen einzelne Soldaten und kleinere Trupps und suchen durch Sabotage mit Minen und Höllenmaschinen unseren Nachschub zu stören. Zurückgebliebene Bolschewisten halten durch Terror die vom Bolschewismus befreite Bevölkerung in Unruhe und suchen dadurch die politische und wirtschaftliche Befriedung des Landes zu sabotieren. Ernte und Fabriken werden zerstört und damit besonders die Stadtbevölkerung rücksichtslos dem Hunger ausgeliefert.

Das Judentum bildet den Mittelsmann zwischen dem Feind im Rücken und den noch kämpfenden Resten der Roten Wehrmacht und der Roten Führung. Es hält stärker als in Europa alle Schlüsselpunkte der politischen Führung und Verwaltung, des Handels und des Handwerks besetzt und bildet weiter die Zelle für alle Unruhen und möglichen Erhebungen.

Das jüdisch-bolschewistische System muß ein für allemal ausgerottet werden. Nie wieder darf es in unseren europäischen Lebensraum eingreifen.

Der deutsche Soldat hat daher nicht allein die Aufgabe, die militärischen Machtmittel dieses Systems zu zerschlagen, er tritt auch als Träger einer völkischen Idee und Rächer für alle Grausamkeiten, die ihm und dem deutschen Volk zugefügt wurden, auf.

Der Kampf hinter der Front wird noch nicht ernst genug genommen. Aktive Mitarbeit aller Soldaten muß bei der Entwaffnung der Bevölkerung, der Kontrolle und Festnahme aller sich herumtreibenden Soldaten und Zivilisten und der Entfernung der bolschewistischen Symbole gefordert werden. Jede Sabotage muß sofort und mit schärfsten Maßnahmen gesühnt, alle Anzeichen hierfür gemeldet werden.

Die Ernährungslage der Heimat macht es erforderlich, daß sich die Truppe weitgehendst aus dem Lande ernährt und daß darüber hinaus möglichst große Bestände der Heimat zur Verfügung gestellt werden. Besonders in den feindlichen Städten wird ein großer Teil der Bevölkerung hungern müssen. Trotzdem darf aus mißverstandener Menschlichkeit nichts von dem, was die Heimat unter Entbehrungen abgibt, an Gefangene und Bevölkerung – soweit sie nicht im Dienst der deutschen Wehrmacht stehen – verteilt werden.

Für die Notwendigkeit der harten Sühne am Judentum, dem geistigen Träger des bolschewistischen Terrors, muß der Soldat Verständnis aufbringen. Sie ist auch notwendig, um alle Erhebungen, die meist von Juden angezettelt werden, im Keime zu ersticken.

Aufgabe der Führer aller Grade ist es, den Sinn für den gegenwärtigen Kampf dauernd wach zu halten. Es muß verhindert werden, daß durch Gedankenlosigkeit der bolschewistische Kampf hinter der Front unterstützt wird.

Von den nichtbolschewistischen Ukrainern, Russen und Tataren muß erwartet werden, daß sie sich zu der neuen Ordnung bekennen. Die Teilnahmslosigkeit zahlreicher angeblich sowjetfeindlicher Elemente muß einer klaren Entscheidung zur aktiven Mitarbeit gegen den Bolschewismus weichen. Wo sie nicht besteht, muß sie durch entsprechende Maßnahmen erzwungen werden.

Die freiwillige Mitarbeit am Aufbau des besetzten Landes bedeutet für die Erreichung unserer wirtschaftlichen und politischen Ziele eine absolute Notwendigkeit.

Sie hat eine gerechte Behandlung aller nichtbolschewistischen Teile der Bevölkerung, die zum Teil jahre lang gegen den Bolschewismus heldenhaft gekämpft haben, zur Voraussetzung.

Die Herrschaft in diesem Lande verpflichtet uns zur Leistung, zur Härte gegen sich selbst und zur Zurückstellung der Person. Die Haltung jedes Soldaten wird dauernd beobachtet. Sie macht eine feindliche Propaganda zur Unmöglichkeit oder gibt Ansatzpunkte für sie. Nimmt der Soldat auf dem Lande dem Bauern die letzte Kuh, die Zuchtsau, das letzte Huhn oder das Saatgut, so kann eine Belebung der Wirtschaft nicht erreicht werden.

Bei allen Maßnahmen ist nicht der augenblickliche Erfolg entscheidend. Alle Maßnahmen müssen deshalb auf ihre Dauerwirkung geprüft werden.

Achtung vor den religiösen Gebräuchen, besonders der der mohammedanischen Tataren, muß verlangt werden.

Im Verfolg dieser Gedanken kommt neben anderen durch die spätere Verwaltung durchzuführenden Maßnahmen der propagandistischen Aufklärung der Bevölkerung, der Förderung der persönlichen Initiative, zum Beispiel durch Prämien, der weitgehenden Heranziehung der Bevölkerung zur Partisanenbekämpfung und dem Ausbau der einheimischen Hilfspolizei erhöhte Bedeutung zu.

Zur Erreichung dieses Zieles muß gefordert werden: Aktive Mitarbeit der Soldaten beim Kampf gegen den Feind im Rücken, bei Nacht keine einzelnen Soldaten, alle Fahrzeuge mit ausreichender Bewaffnung, selbstbewußte nicht überhebliche Haltung aller Soldaten, Zu rückhaltung gegenüber Gefangenen und dem anderen Geschlecht, kein Verschwenden von Lebensmitteln.

Mit aller Schärfe ist einzuschreiten: gegen Willkür und Eigennutz, gegen Verwilderung und Undisziplin, gegen jede Verletzung der soldatischen Ehre.«

Es geht daraus hervor, daß er bis zu den Regimentern und selbständigen Bataillonen zu verteilen war.

Haben Sie diesen Befehl nicht herausgegeben als Ergebnis des Vorschlags, der Ihnen zusammen mit dem Reichenau-Befehl gemacht wurde? Die Ähnlichkeit zwischen diesen beiden Befehlen ist mindestens auffallend, und das Datum ist ungefähr das gleiche.

VON MANSTEIN: Ich muß sagen, daß dieser Befehl hier meiner Erinnerung völlig entfallen war. Nach der Unterschrift und insbesondere nach dem, was in seinem letzten Teil steht, muß ich annehmen, daß der Befehl echt und daß er von mir gegeben ist. Ob er auf Grund des Reichenau-Befehls gegeben ist oder nicht, das kann ich beim besten Willen nicht mehr sagen. Ich möchte aber darauf hinweisen, daß, wenn hier steht: »... das System muß ausgerottet werden...«, dann ist das eben die Ausrottung des bolschewistischen Systems, aber nicht die Ausrottung der Menschen. Ich muß weiter darauf hinweisen, daß an keiner Stelle eine Zusammenarbeit mit dem Sicherheitsdienst steht, eine Zusammenarbeit, die ja auch auf Grund unseres mangelnden Wissens, auf Grund dessen, was der SD machte, gar nicht in Frage kam auf diesem Gebiet, und ich muß darauf hinweisen auf die Forderungen, die ich an meine Soldaten stellte, nämlich, daß sie nicht dem Bauern die letzte Kuh wegnehmen, daß sie die religiösen Gebräuche achten, daß sie das andere Geschlecht achten und daß sie andererseits selbstverständlich gegenüber der Partisanengefahr nicht so sorglos sein sollen, wie das der deutsche Soldat leider immer war. Ich weise darauf hin, daß ausdrücklich jede Willkür und jeder Eigennutz verboten ist, jede Verwilderung und Undisziplin und vor allen Dingen jede Verletzung der soldatischen Ehre.

OBERST TAYLOR: Sie wurden bereits vor der Kommission über General Reichenaus Befehl befragt, nicht wahr? Sie wurden gefragt, ich verlese eine Seite...

Ich suche gerade die Seite, Herr Vorsitzender. Ich habe eine Schreibmaschinenkopie hier ohne Seitenzahl.