[Pause von 10 Minuten.]
RA. BÖHM: Herr Zeuge! Es ist Ihnen bekannt, daß SA-Angehörige im Staats- und Polizeidienst tätig waren und in diesen Fällen bewaffnet waren. Von wem wurden sie in diesen Fällen bewaffnet?
BOCK: Soweit mir bekannt ist, wurden die SA-Einheiten, soweit sie für Staatsnotdienst, Polizeihilfsdienst oder als Hilfspolizei eingesetzt wurden, von der jeweils zuständigen Stelle bewaffnet und im wesentlichen auch von den entsprechenden militärischen oder polizeilichen Stellen geführt.
RA. BÖHM: Sie wissen, daß diese SA-Sondereinheiten eingerichtet waren. Sagen Sie mir bitte, welche Aufgaben hatten diese Sondereinheiten?
BOCK: Diese Sondereinheiten wurden in der SA geschaffen, um einmal den landsmannschaftlichen Eigenarten, zum Beispiel der Bevölkerung an der See und andererseits den Männern, die im Gebirge wohnten, und zweitens den technischen Fähigkeiten der SA-Männer entsprechend Raum für ihre Betätigung zu geben. Die Ausbildung in diesen Stürmen war dieselbe im allgemeinen wie in den übrigen SA-Stürmen. Nur insoweit, als diese Stürme entsprechendes Material – nehmen wir an Nachrichtenmaterial – zur Verfügung hatten oder sich das besorgen konnten, wurde der Dienst in diesen Spezialgebieten betrieben. Außerdem brauchten wir ja gerade in der früheren Zeit diese Sondereinheiten, auch technische Einheiten genannt, für unsere großen Aufmärsche, für die Kundgebungen und dergleichen, weil wir hier uns vollkommen selbständig machen konnten. Zum Beispiel bei der Durchführung eines großen Parteitages in Nürnberg war es unbedingt notwendig, um 100000 Mann entsprechend führen, leiten und im Lager halten zu können, daß wir Nachrichtenmittel und Pioniermittel haben, um diese Einrichtungen für den Parteitag entsprechend selbst herrichten zu können, und genau so war es draußen in den einzelnen Gaugebieten. Auch dort wurden die Nachrichteneinheiten insonderheit für derartige Zwecke eingesetzt. Ferner haben wir dann später diese Nachrichten- oder diese ganzen Sondereinheiten noch sehr notwendig gebraucht für den Katastropheneinsatzdienst und Katastrophenschutzdienst, für den sich die SA in besonderer Weise eingesetzt und angenommen hat.
RA. BÖHM: Zu welchem Zweck unterhielt die SA ihre Musik- und Spielmannszüge?
BOCK: Die Musik- und Spielmannszüge gehören eben zu den marschierenden Einheiten, wenn sie entsprechend propagandistisch und werbend auftreten wollen, und außerdem brauchten wir diese Musik- und Spielmannszüge insonderheit für die großen Veranstaltungen der Partei.
RA. BÖHM: Nach welchen Gesichtspunkten erfolgte die Diensteinteilung in der SA?
BOCK: Die Diensteinteilung in der SA, möchte ich sagen, war immer und eigentlich überall sehr unterschiedlich. Sie erfolgte einmal nach den rein parteilichen Gesichtspunkten, nämlich, wie ich vorhin schon bei den Sondereinheiten erwähnte, für die Parteitage, Aufmärsche und so weiter, für die Versammlungen, sie zu propagieren, Verteilung von Handzetteln und sonstiges. Weiterhin war der SA-Dienst dazu da, um die für die Aufmärsche neu zu schaffenden Kolonnen so auszurichten, daß sie tatsächlich als gutes Werbemittel bei den Kundgebungen in Erscheinung treten konnten. Es war also die innere und äußere Ausrichtung unserer Formationen, die im Rahmen eines Ausbildungsprogramms der Obersten SA-Führung durchgeführt wurde, und schließlich sei als letztes noch genannt der Einsatzdienst im Rahmen des Katastrophenschutzes, der ja auch entsprechend vorgeübt und eingeübt werden mußte, um gut und wirksam in Erscheinung treten zu können.
RA. BÖHM: Sind diese SA-Angehörigen ihren dienstlichen Verpflichtungen nachgekommen?
BOCK: Die SA-Männer sind, soweit ich das in meinen Einheiten übersehen konnte, gerne ihren dienstlichen Verpflichtungen nachgekommen. Nur hatten wir überall mit den großen örtlichen Schwierigkeiten und den zeitlichen Schwierigkeiten zu kämpfen, die dem Mann gesetzt waren durch seine berufliche Tätigkeit. Ich greife zum Beispiel hier heraus den Schichtarbeiter des Ruhrgebietes, der natürlich nicht immer so in dem vollen Umfang für seine dienstliche Tätigkeit zur Verfügung stand. So war eben, wie ich eingangs betonte, der Dienst immer und überall sehr unterschiedlich und manchmal, vor allem in den Sommermonaten, in den ländlichen Gebieten sehr, sehr gering. Im wesentlichen beschränkte er sich auf die wenigen Herbst- oder Wintermonate, wo die interne Ausbildung betrieben werden konnte.
RA. BÖHM: Wurde dieser Dienst von den SA-Männern nach dem von ihnen geleisteten Eid verrichtet oder in blindem Gehorsam?
BOCK: Der SA-Mann machte seinen Dienst freiwillig. Er folgte nach einem Eid den Befehlen, die gegeben wurden. Der Eid lautet, daß der SA-Mann seinen Vorgesetzten zu unbedingtem Gehorsam verpflichtet sei, sofern diese nichts Ungesetzliches von ihm verlangten; so ungefähr habe ich ihn noch im Kopf.
RA. BÖHM: Sie haben erklärt, daß der Dienst in der SA freiwillig gewesen sei. Sind Ihnen keine Fälle bekannt, in denen der Grundsatz der Freiwilligkeit unterbrochen war?
BOCK: Ja, es mag sein insoweit, als wir auch Einheiten hatten oder Einheiten im Rahmen der SA in Erscheinung traten, die nicht direkt auf der Basis der Freiwilligkeit aufgebaut waren. Ich denke zum Beispiel an die Reichsfinanzschulen oder an die Stürme, die sich im wesentlichen rekrutierten aus den Studenten in der späteren Zeit oder vielleicht auch an solche Verbände – soweit man sie hier hereinbeziehen will –, die seinerzeit aus irgendwelchen nationalen Verbänden in die SA überführt wurden.
RA. BÖHM: Hat es in der SA Strafen gegeben? Gab es eine Dienststrafordnung, und warum ist eine solche notwendig gewesen?
BOCK: Es gab in der SA eine Dienststrafordnung und Arreststrafen. Diese Strafordnung und die Strafen mußte die SA haben, um die Zucht und Ordnung in ihren Reihen aufrechterhalten zu können. Man muß immer dabei berücksichtigen, daß wir ja in der SA Menschen hatten aus allen Schichten der Bevölkerung; und daß wir gerade nach der Machtübernahme eine enorme Zahl von Menschen in unsere Reihen bekamen, die wir ja alle nicht ohne weiteres durchschauen konnten, und deswegen mußte gerade eine Disziplinar- und Strafordnung geschaffen werden, um die Ordnung und die Disziplin eben zu garantieren. Gefängnisstrafen gab es in der SA nicht. Es waren wohl vorgesehen sogenannte Arreststrafen, im wesentlichen aber für die Schulen; jedoch ich selbst habe sie in meiner ganzen Zeit niemals angewendet und niemals anwenden brauchen unmittelbar.
RA. BÖHM: Kann man aus der Tatsache des Vorhandenseins einer Dienststrafordnung nicht auf einen militärischen Charakter der SA schließen?
BOCK: Meiner Auffassung nach nein; denn Strafen und Strafbestimmungen muß man in jeder Organisation haben.
RA. BÖHM: Was hat es sonst noch für Dienstvorschriften in der SA gegeben?
BOCK: Es gab in der SA eine allgemeine Dienstvorschrift; im besonderen dann die Grußvorschrift, die Bekleidungsvorschrift, die Sanitätsvorschrift und die Exerziervorschrift für Ordnungsübungen.
RA. BÖHM: Warum war diese Exerziervorschrift notwendig? Kann man oder muß man aus ihr nicht auf einen militärischen Charakter der SA schließen?
BOCK: Die Exerziervorschrift war – oder wie sie auch sonst noch hieß – Vorschrift für Ordnungsübungen – in der SA eben nur geschaffen, um den Einheiten, die marschieren sollten, das entsprechende äußere Bild zu geben. Diese Ordnungsübungen umfaßten im wesentlichen die äußere Haltung des Mannes und sollten sich auswirken in erster Linie auf die Marschdisziplin. Ein Vergleich mit der Dienstvorschrift des Heeres als solcher ist nicht möglich; denn wie ich die Dienstvorschrift des Heeres kenne, umfaßt sie doch im wesentlichen eine Vorschrift, eine Exerziervorschrift mit Waffen und in den Kampfformen, während wir nur eine Vorschrift im Sinne für Ordnungsübungen und deren Erreichung hatten.
RA. BÖHM: Gab es nicht auch ein SA-Sport- und Wehrabzeichen mit besonderer Ausbildung?
BOCK: Es gab ein SA-Sportabzeichen, nach 1939, nach dem Erlaß vom 19. Januar, SA-Wehrabzeichen genannt. Dieses SA-Sport- oder Wehrabzeichen war ein reines Leistungsabzeichen, ähnlich wie auch das Deutsche Sport- und Turnabzeichen ein Leistungsabzeichen darstellt. Es umfaßte die Gruppe I, sogenannte Leibesübungen, also für Leistungen physischer Art; die Gruppe II, wehrsportliche Übungen und Aufgaben, die willensmäßigen Leistungsübungen, und die Gruppe III, Berufs-, Wasser- und Einsatzdienst, die geistigen Übungen. Als solche wurden sie gelehrt und auch geübt. Dieses Wehrabzeichen hatte den Zweck, die sittliche Wehrhaftigkeit bei den SA-Männern zu erreichen.
RA. BÖHM: Was verstehen Sie unter sittlicher Wehrhaftigkeit?
BOCK: Unter sittlicher Wehrhaftigkeit verstehe ich – so wurde es auch auf unseren Schulen gelehrt – erstens eine wehrgeistige Ausrichtung im Sinne einer überzeugten Vaterlandsliebe, die Erziehung des Mannes zum Wehrwillen und zum Selbstbewußtsein, dann schließlich die Erhaltung der Wehrkraft, der physischen Kraft durch entsprechend sportlich trainierte Körper.
RA. BÖHM: War die Durchführung dieser Aufgabe des SA-Sportabzeichens sofort in großem Ausmaß möglich, oder bedurfte es hierzu einer besonderen Vorbereitung?
BOCK: Die Durchführung dieser Leistungsübungen zum SA-Sport- oder Wehrabzeichen bedurfte erst einer langen Anlaufzeit. Es ist ja klar, daß die Übungen zu diesem Abzeichen erst durch entsprechende Leute und Führer gelehrt werden und erst die entsprechenden Prüfer herangebildet werden mußten, um überhaupt die Übungen zu diesem Leistungsabzeichen auf einer breiten Basis entsprechend durchführen zu können. Dazu kam noch, daß uns gerade bei der Durchführung der Übungen zu diesem Leistungsabzeichen im wesentlichen – und gerade auf dem flachen Lande – die entsprechenden Mittel fehlten. So ist es gekommen, daß nach der Wiederstiftung dieses Sportabzeichens 1935 das Sportabzeichen nur langsam und Zug um Zug und Jahr für Jahr eben erst in die Masse der SA-Männer hereingetragen werden konnte. Außerdem war ja die Arbeit für dieses SA-Sport- oder Wehrabzeichen nicht allein die Hauptaufgabe, die wir in der SA hatten, sondern die Ablegung dieser Leistungsübungen war mehr oder minder freiwillig und zusätzlich gedacht und auch durchgeführt worden.
RA. BÖHM: Ist die wehrsportliche Erziehung und die Disziplin nach militärischen Gesichtspunkten zu werten?
BOCK: Dieses SA-Sport- oder Wehrabzeichen ist meines Erachtens nicht nach militärischen Gesichtspunkten zu werten, sondern ist genau so, wie ich sagte, wie das Reichssportabzeichen als ein Leistungsabzeichen zu werten; denn es zieht ja im wesentlichen in seinen ganzen Disziplinen auch die Disziplinen mit herein, die in dem deutschen Sportabzeichen oder in irgendwelchen anderen Sportdisziplinen des olympischen Kampfes zugrundegelegt sind, moderner Fünfkampf, Hindernislauf, Hammerwerfen, Speerwerfen, Reiten, Schwimmen und so weiter.
RA. BÖHM: Die Anklage behauptet nun, daß derartige Tätigkeiten und Spiele bei der Landesverteidigung eine große Rolle spielen. Was haben Sie dazu zu sagen?
BOCK: Mag sein; aber nur eben in demselben Maße, wie auch schließlich alle Funktionen des bürgerlichen Lebens im Rahmen der Landesverteidigung eine gewisse Rolle spielen.
RA. BÖHM: Brachte der Besuch der SA-Schulen eine militärische Qualifikation mit sich, und welche Schulen hat es überhaupt in der SA gegeben?
BOCK: Es gab in der SA vier Schulungsmöglichkeiten: Erstens die sogenannte Wochenendschulung, die sich auf freie Samstage und Sonntage erstreckte. Auf diesen Wochenendlehrgängen wurden im wesentlichen die unteren Dienstgrade, Schar- und Truppführer geschult. Es handelt sich hier um eine sogenannte elementare Schulung und Unterweisung für die Einheiten, für die unteren Einheiten. Zeitmäßig war das nur eine kurzfristige Ausbildung, die auch zeitweilig abgehalten werden konnte, wie es eben notwendig war. Die nächste Schulung ist die sogenannte SA-Gruppenschule, territorial also in einem Gruppenbereich. Sie umfaßte die Sturmführer und hatte eine Zeitdauer von ungefähr 14 Tagen auf den sogenannten SA- Gruppenschulen. Der Zweck dieser Schulung war, die kameradschaftliche Bindung innerhalb der Sturmführer zu erreichen, sie einzuführen in den allgemeinen SA-Dienst in ihren Stürmen, sie kurz zu unterweisen in der sportlichen Tätigkeit und gleichzeitig, sie im großen einzuführen in die Disziplinen des Sportabzeichens oder Wehrabzeichens; weiterhin Besprechung von Tagesfragen, weiterhin eine kurze allgemein bildende, geistige Ausrichtung und schließlich auch eine Überprüfung auf ihr Leisten und Können und ihre Charakterwerte. Die nächste Schulung waren die Reichsschulen. Diese Reichsschulen waren im wesentlichen da für die mittleren Führer, Sturmbannführer und Standartenführer. Der Dienst bewegte sich ungefähr in der gleichen Weise wie an den Gruppenschulen mit einer Stufe höher gesehen; allgemein auch eine Überprüfung auf das Können, die Leistung des einzelnen und auf seine Charakterhaltung, Einführung in den SA-Dienst jeweils in der Stufe, die er vertrat. Im übrigen aber waren diese Schulen dazu da, die sogenannten Lehrscheininhaber...
VORSITZENDER: Dr. Böhm! Können Sie das nicht etwas zusammenfassen? Wir kennen das alles. Soweit ich es beurteilen kann, gehen Sie einfach die ganzen Aussagen durch, obwohl Sie wissen, daß wir das nicht wünschen.
RA. BÖHM: Ja, Herr Präsident! Ich will versuchen, es etwas abzukürzen.