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[Zum Zeugen gewandt:]

Sie haben vorhin von Schulen gesprochen, Gruppenschulen und so weiter. Wurden diese Schulen während des Krieges fortgeführt?

BOCK: Schon kurz nach Kriegsbeginn kam, möchte ich sagen, gleich unmittelbar bei Kriegsbeginn kam der größte Teil unserer SA-Schulen zum Erliegen. Nur einige wenige wurden noch aufrechterhalten. Das kam daher, daß eben im Laufe der Zeit nämlich immer mehr SA-Männer und -Führer zur Wehrmacht einberufen wurden und andererseits die Zurückgebliebenen oder die in der Heimat Verbliebenen durch ihre berufliche Tätigkeit so in Anspruch genommen waren, daß sie eben nicht mehr ihrem Dienst im vollen Umfange, vor allem dem in den Schulen, nachkommen konnten.

RA. BÖHM: Ich möchte nun zu einem anderen Gebiet, und zwar zum letzten kommen, das ich mit Ihnen besprechen wollte, und das ist die Zeitschrift »Der SA- Mann«. Kann man den »SA-Mann« als ein amtliches Organ der Obersten SA-Führung ansehen oder bezeichnen?

BOCK: Nein, ich habe ihn nicht als amtliches Organ angesehen, weil ich ja wußte, daß dieser, »Der SA- Mann«, nicht von der Obersten SA-Führung verantwortlich herausgegeben wurde. Es war eine Zeitung wie jede andere auch.

RA. BÖHM: Ja, und wie war die Oberste SA-Führung zu dieser Zeitung eingestellt?

BOCK: Die Oberste SA-Führung hat dieser Zeitung eben amtliche Verlautbarungen, zum Beispiel die Beförderungen oder irgendwelche anderen Nachrichten zukommen lassen; im übrigen bewegte sich der Inhalt im gleichen Sinne wie der der übrigen Zeitungen.

RA. BÖHM: Haben Sie als Amtschef in der Obersten SA-Führung Einfluß auf die Gestaltung der Zeitung gehabt?

BOCK: Nein, ich habe keinen Einfluß auf diese Zeitung gehabt; ich weiß nur, daß mein Vorgesetzter, der Hauptamtschef, verschiedentlich versucht hatte, in dieser Zeitung einen eigenen Platz für die Ausbildung zu bekommen, was ihm aber nicht möglich war. Aus welchen Gründen weiß ich nicht genau; ich habe aber immer vermutet, daß es eben rein geschäftliche Angelegenheiten waren, die eben diesen Versuch nicht zuließen.

RA. BÖHM: Wurde die Zeitung »Der SA-Mann« zur Schulung innerhalb der SA verwendet?

BOCK: Ich habe es nicht erlebt und auch nicht gesehen. Diese Zeitung lag wohl in den Schulen, und zwar in den Unterhaltungsräumen auf und wurde dort gelesen wie die übrigen Zeitungen; aber für besondere Schulung wurde »Der SA-Mann« meines Wissens nicht verwendet.

RA. BÖHM: Die Zeitung brachte Aufsätze über die Rüstung anderer Staaten unter anderem in einer Artikelserie. Konnte man nicht annehmen, daß diese Aufsätze nicht nur gebracht wurden, um die eigene Rüstung zu begründen?

BOCK: Meines Erachtens war gerade diese Wochenzeitung nicht so aktuell und auch nicht so weit verbreitet, daß sie irgendwie auf maßgebliche Leute oder auf einen großen Teil von Menschen hätte besonderen Einfluß nehmen können.

RA. BÖHM: Ist Ihnen eine Zeitschrift bekannt innerhalb der SA, die amtlich war?

BOCK: Das Verordnungsblatt zum Beispiel, das amtliche Verordnungsblatt der Obersten SA-Führung, oder zum Beispiel »Der SA-Führer«, der ja von einer bestimmten Abteilung in der Obersten SA-Führung geleitet und gelenkt wurde.

RA. BÖHM: Eine Frage, die mit diesem Fragenkomplex nichts zu tun hat. Können Sie mir sagen, wer das Konzentrationslager Dachau bewacht hat, und zwar von Anbeginn an?

BOCK: Soweit ich das noch weiß, ist es von der SS bewacht worden. Ich selbst war nie in diesem Lager. Ich habe erst später vom Bestehen dieses Lagers erfahren.

RA. BÖHM: Welche Wirkung hatte die Machtübernahme am 30. Januar 1933 auf den alten SA-Mann aus der Kampfzeit nach den vorhergegangenen schweren politischen Auseinandersetzungen?

BOCK: Ich war zum Zeitpunkt der Machtübernahme als Adjutant in einem Gruppenstab und habe damals, wenn ich heute nochmals an diese Zeit zurückdenke, erst geglaubt, daß auf Grund der ungeheuren politischen Spannungen und Auseinandersetzungen der vorangegangenen zwölf Jahre, daß es da gerade zu diesem Zeitpunkt zu einem ungeheueren Ausbruch aufgespeicherter Wut und Vergeltung hätte kommen müssen. Ich möchte aber sagen, da ich diesen Zeitpunkt unmittelbar erlebte, daß ich eigentlich sehen mußte und sehen konnte, daß dieser Zeitpunkt der Machtübernahme im wesentlichen besonnen und ruhig ablief und auch der alte Mann, der aus der Kampfzeit her noch die Verhältnisse kannte, im wesentlichen sehr ruhig und besonnen geblieben war.

RA. BÖHM: In welchem Lichte sahen Sie aber dann die verschiedenen in der späteren Zeit vorgekommenen Ausschreitungen von 1933 auf 1934 nach Ihrer soeben gegebenen Erklärung?

BOCK: Die später vorgekommenen Fälle sehe ich so und werte sie auch persönlich so, daß sie eben trotz der immer wieder befohlenen Disziplin und Ordnung nur begangen sein können von einzelnen wenigen oder kleinen Gruppen, die einmal den Sinn unserer sozialistischen Revolution, das heißt die Begrenzung und den Umfang nicht begriffen hatten oder andererseits als eben aus dem Gleis Geworfene nicht mehr den Weg zum eigenen Staat, zur eigenen Ordnung zurückfanden.

RA. BÖHM: Herr Präsident! Ich habe weiter keine Fragen mehr an diesen Zeugen.

VORSITZENDER: Wünscht die Anklagevertretung ein Kreuzverhör durchzuführen?

MAJOR J. HARCOURT BARRINGTON, HILFSANKLÄGER FÜR DAS VEREINIGTE KÖNIGREICH: Herr Zeuge! Sie haben dem Gerichtshof gesagt, daß die SA nur im politischen Soldatentum erzogen worden sei. Bedeutet politisches Soldatentum nicht, daß der SA-Mann besondere Privilegien im Staate hatte, die der gewöhnliche deutsche Bürger nicht hatte?

BOCK: Ich weiß nicht, welche Privilegien der SA- Mann gehabt haben soll.

MAJOR BARRINGTON: Gehörte der SA-Mann nicht zur nationalsozialistischen Elite?

BOCK: Der SA-Mann war der politische Soldat in der Bewegung und sonst nichts.

RA. BÖHM: Verzeihen Sie, Herr Präsident, unsere Übertragungsapparatur funktioniert nicht. Wir verstehen keine Frage. Auch der Zeuge versteht keine Frage, er versteht sie nur zum Teil, weil er zum Teil der englischen Sprache mächtig ist.

MAJOR BARRINGTON: Kann Dr. Böhm nicht herüberkommen und hier Platz nehmen? Die deutsche Leitung scheint hier in Ordnung zu sein.

VORSITZENDER: Ja natürlich, falls seine Kopfhörer nicht in Ordnung sind, kann er andere haben.

MAJOR BARRINGTON: Herr Zeuge! Unterlag der SA-Mann hinsichtlich seines äußeren Auftretens den gleichen Beschränkungen wie jeder andere deutsche Bürger auch?

BOCK: In weit höherem Maße. Der SA-Mann machte seinen Dienst freiwillig. Er unterstand in besonderem Maße den Gesetzen bei irgendwelchen Übertretungen; außerdem habe ich persönlich als Chef des Amtes Soziale Fürsorge jahrelang erlebt und die Arbeit damit gehabt, Tausende von SA-Männern erst Zug um Zug in Arbeit zu bringen, dann sie da und dort irgendwie zu fördern, und ich habe in einem großen Fürsorgeapparat lange Jahre und selbst bis in die letzte Zeit hinein viele arme und bedürftige SA-Männer betreuen müssen.

MAJOR BARRINGTON: Ich frage Sie – vielleicht ist die Übersetzung nicht richtig durchgekommen – galten die gleichen Beschränkungen für das Verhalten der SA-Männer wie für gewöhnliche deutsche Bürger?

BOCK: Herr Anklagevertreter! Ich bitte, nur zu sagen, welche Beschränkungen Sie meinen. Ich kenne keine wesentlichen Beschränkungen, wie Sie sie anführten.

MAJOR BARRINGTON: Ist Ihre Antwort: Nein? Gab es keine Beschränkungen? Oder ist Ihre Antwort: Ja?

BOCK: Ich habe jetzt eine Frage gestellt, Herr Anklagevertreter. Welche Beschränkungen der SA-Mann nicht gehabt haben soll gegenüber anderen? So habe ich die Frage verstanden.

MAJOR BARRINGTON: War der SA-Mann ebenso frei in seinem Verhalten oder war er freier in seinem Verhalten als der gewöhnliche deutsche Bürger?

BOCK:...

MAJOR BARRINGTON: Wenn Sie dies nicht beantworten können, sehen Sie sich für einen Augenblick die Allgemeine Dienstordnung an, von der Sie soeben gesprochen haben.

Hoher Gerichtshof! Sie ist auf Seite 30 a des Dokumentenbuches B. Es ist Dokument 2820-PS, US-427.