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[Das Gericht vertagt sich bis 14.00 Uhr.]

Nachmittagssitzung.

[Der Zeuge Schäfer im Zeugenstand.]

VORSITZENDER: Der Zeuge kann sich zurückziehen.

[Der Zeuge verläßt den Zeugenstand.]

VORSITZENDER: Bitte, Dr. Böhm?

RA. BÖHM: Herr Präsident! Ich bitte Sie, als nächsten Zeugen den Zeugen Gruß vernehmen zu dürfen. Es ist der Zeuge, der über den Fragenkomplex derjenigen Leute vernommen werden soll, die aus dem Stahlhelm in die SA übergetreten sind.

[Der Zeuge betritt den Zeugenstand.]

VORSITZENDER: Geben Sie bitte Ihren vollen Namen an.

ZEUGE THEODOR GRUSS: Theodor Gruß.

VORSITZENDER: Wollen Sie mir diesen Eid nachsprechen: »Ich schwöre bei Gott, dem Allmächtigen und Allwissenden, daß ich die reine Wahrheit sagen, nichts verschweigen und nichts hinzusetzen werde.«

[Der Zeuge spricht die Eidesformel nach.]

VORSITZENDER: Sie können sich setzen.

RA. BÖHM: Herr Zeuge! Wie alt sind Sie?

GRUSS: 64 Jahre.

RA. BÖHM: Waren Sie Mitglied der Partei?

GRUSS: Nein.

RA. BÖHM: Oder einer ihrer Gliederungen?

GRUSS: Nein.

RA. BÖHM: Sind Sie Soldat gewesen?

GRUSS: Ja, im ersten Weltkriege.

RA. BÖHM: Welchen Rang hatten Sie?

GRUSS: Ich war Gefreiter.

RA. BÖHM: Und welchen Rang hatten Sie im Stahlhelm?

GRUSS: Ich war der Bundeskämmerer des Stahlhelms.

RA. BÖHM: Von wann und bis wann waren Sie im Stahlhelm?

GRUSS: Von 1919 bis zur Auflösung 1935.

RA. BÖHM: Was für eine Aufgabe hatten Sie nach der Auflösung des Stahlhelms im November 1935?

GRUSS: Ich hatte die Liquidation des Stahlhelms durchzuführen.

RA. BÖHM: Und wie lange sind Sie Liquidator gewesen?

GRUSS: Bis in das Jahr 1939.

RA. BÖHM: Wie vollzog sich die Überführung des Stahlhelms in die SA?

GRUSS: Ende April 1933 hat der erste Bundesführer, Reichsminister Franz Seldte, den zweiten Bundesführer, Düsterberg, unter Bruch des Bundesstatuts seines Postens enthoben und die diktatorische Befehlsführung über den Stahlhelm übernommen. Einen Tag später hat Seldte in einer Rundfunkansprache seinen Eintritt in die Partei erklärt und den Stahlhelm Hitler unterstellt. Im Juni 1933 hat Hitler im Einvernehmen mit Seldte eine Verordnung erlassen, wonach

1. die Stahlhelm-Jugend, der sogenannte Scharnhorst- Bund, in die Hitler-Jugend eingegliedert werden mußte;

2. der Jung-Stahlhelm und die Sporteinheiten wurden der Obersten SA-Führung unterstellt;

3. der übrige Stahlhelm verblieb unter Führung von Seldte.

Einige Wochen später, im Juli 1933, kam ein neuer Befehl Hitlers, der Befehl, daß nunmehr der gesamte Stahlhelm unter die Oberste SA-Führung gestellt wurde und ordnete an, daß der Jungstahlhelm und die Sporteinheiten neu aufgestellt werden sollten zwecks Eingliederung in die SA. Am 4. Juli 1933 nahm die Bundesführung des Stahlhelm eine Neueinteilung des Bundes vor, indem sie aufstellte:

1. den Wehr-Stahlhelm. Dieser bestand aus dem Jung-Stahlhelm, den Sporteinheiten und allen Stahlhelmern bis zum 35. Lebensjahre;

2. den Kern-Stahlhelm, der aus allen Mitgliedern bestand vom 36. Lebensjahre ab.

In der Folge wurde nun der Wehr-Stahlhelm in die SA eingegliedert, in eigenen Formationen, mit eigenen Führern in der feldgrauen Uniform und mit den Stahlhelmfahnen. Diese Eingliederung war ungefähr Ende Oktober 1933 beendet.

Anfang November kam ein weiterer Befehl Hitlers, demzufolge die SA-Reserve I und II aufzustellen waren. Die SA-Reserve I sollte von Einheiten des Stahlhelms formiert werden, und zwar von den Männern vom 36. bis 45. Lebensjahre. Die SA-Reserve II sollte die älteren Jahrgänge, also über 46 Jahre, umfassen. Sie ist aber nicht weiter in Erscheinung getreten und ist wohl nur listenmäßig erfaßt worden.

Dagegen erfolgte nunmehr die Aufstellung der Einheiten des Stahlhelms, aus denen die SA-Reserve I gebildet wurde, und ihre Überführung in die SA, wiederum mit eigenen Führern, in eigenen Einheiten und in der Stahlhelmuniform. Diese Operation war bis gegen Ende Januar 1934 vollzogen. Ich glaube, es war am 24. Januar, als der Stabschef Röhm Hitler meldete, daß der gesamte Stahlhelm in die SA eingegliedert worden ist. Ebenso wie schon früher der Wehr-Stahlhelm den SA-Gruppen unterstellt wurde, wurde nunmehr auch die SA-Reserve I unter den Befehl der SA-Gruppen gestellt; das bedeutete in beiden Fällen...

VORSITZENDER: Sind diese Einzelheiten nicht alle in der Beweisaufnahme vor der Kommission aufgezeigt worden?

RA. BÖHM: Nein, Herr Präsident! Die Einvernahme dieses Zeugen in der Kommissionssitzung war nicht so, wie die Einvernahme im allgemeinen durchgeführt worden ist. Dieser Zeuge ist in der Kommissionssitzung schon damals nur ganz kurz vernommen worden, unter anderem weil sein Gesundheitszustand sehr schlecht war; und es wird sich nicht umgehen lassen, daß dieser Zeuge nun vor dem Court umfangreicher gehört werden muß.

VORSITZENDER: Das einzige Thema, mit dem er sich befaßt, ist die Eingliederung des Stahlhelms in die SA im Jahre 1933. Das ist doch das einzige, worüber er aussagt, und diese Beweisaussage ist sicher schon angemessen in der Kommission behandelt worden.

RA. BÖHM: Ja, Herr Präsident!

VORSITZENDER: Wollen Sie noch etwas vom Zeugen hören?

RA. BÖHM: Ja.

VORSITZENDER: Was denn? Aber darüber spricht er jetzt nicht. Er befaßt sich gerade mit der Art der Eingliederung des Stahlhelms in die SA.

RA. BÖHM: Die Stahlhelmer legen sehr großen Wert darauf, daß dem Gericht vorgetragen wird, wie sie in die SA überführt worden sind, daß sie befehlsgemäß überführt worden sind und daß sie, wie sie behaupten, keineswegs freiwillig in die SA gegangen sind, und ich glaube, daß ich in diesem Zusammenhang...

VORSITZENDER: Das verstehe ich sehr wohl. Aber Sie wollen mir doch nicht sagen, daß dies nicht in der Beweisführung vor der Kommission dargelegt worden sei, daß sie zwangsweise in die SA überführt worden sind?

RA. BÖHM: Ja, ich wollte aber haben, daß die einzelnen Vorgänge, wie sie tatsächlich gewesen sind, dem Gericht hier vorgetragen werden.

VORSITZENDER: Wir haben eine Zusammenfassung der Aussage vor uns liegen, und es scheint uns, daß er die gleichen Ausführungen macht, die er damals gemacht hat.

RA. BÖHM: Gewiß sind es zum großen Teil dieselben gewesen, Herr Präsident! Aber er ist auch mit dem letzten Satz mit seinen Aussagen in diesem Zusammenhang fertig gewesen, und ich wäre sowieso zur nächsten Frage gekommen.