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[Der Zeuge verläßt den Zeugenstand.]

[Pause von 10 Minuten.]

MAJOR F. ELWYN JONES, HILFSANKLÄGER FÜR DAS VEREINIGTE KÖNIGREICH: Gestatten mir Euer Lordschaft, kurz etwas vorzutragen?

Während des Verfahrens gegen die SS hatte ich das Dokument 4043-PS unterbreitet, eine Erklärung eines polnischen Priesters über die Tötung von 846 polnischen Priestern und Geistlichen in Dachau. Der Gerichtshof hat das Dokument damals nicht angenommen, weil es nicht in befriedigender Form vorzuliegen schien. Nun wünscht die Polnische Delegation noch eine weitere Beglaubigung von einem Dr. Pietrowski vorzulegen, der erklärte, daß die Aussage dieses Priesters in seiner Anwesenheit und gemäß den Vorschriften des polnischen Gesetzes gemacht worden sei, und das entspricht im englischen Recht einer feierlichen Erklärung.

Ich habe diese Angelegenheit mit Dr. Pelckmann besprochen; er hat gegen die Vorlage des Dokuments in seiner jetzigen Form nichts einzuwenden.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof wird über die Sache beraten. Sie können das Dokument vorlegen.

MAJOR ELWYN JONES: Danke schön. Es liegen Kopien in russischer, französischer und deutscher Sprache vor.

VORSITZENDER: Dr. Böhm! Haben Sie noch einen Zeugen?

RA. BÖHM: Herr Präsident! Ich würde bitten, dann den Zeugen Jüttner rufen zu dürfen.

[Der Zeuge betritt den Zeugenstand.]

VORSITZENDER: Geben Sie bitte Ihren vollen Namen an!

ZEUGE MAX JÜTTNER: Max Jüttner.

VORSITZENDER: Wollen Sie den folgenden Eid nachsprechen: »Ich schwöre bei Gott, dem Allmächtigen und Allwissenden, daß ich die reine Wahrheit sagen, nichts verschweigen und nichts hinzusetzen werde.«

[Der Zeuge spricht die Eidesformel nach.]

VORSITZENDER: Sie können sich setzen.

RA. BÖHM: Herr Jüttner! Sie waren von 1934 bis 1945 Chef des Hauptamts »Führung der SA« und ab 1939 zugleich ständiger Stellvertreter des Stabschefs der SA. Sind Sie über alle Fragen, die SA betreffend, auch vor 1933, unterrichtet?

JÜTTNER: Ich habe erst ab 1. November 1933 in der Obersten SA-Führung verantwortlich mitgearbeitet. Aus den Akten, aus Gesprächen mit dem Stabschef Röhm und mit meinen Kameraden bin ich aber über alle wesentlichen Angelegenheiten der SA auch vor dieser Zeit unterrichtet.

Die gestellte Frage kann ich daher bejahen.

RA. BÖHM: Was waren Sie bis zu Ihrer Berufung in die SA-Führung beruflich und politisch?

JÜTTNER: Ursprünglich war ich Berufsoffizier, von 1906 bis 1920. Nach ehrenvollem Ausscheiden aus dem Heer trat ich in den mitteldeutschen Braunkohlenbergbau ein. Dort fing ich als einfacher Arbeiter unter Tage an und habe mich im Laufe der Jahre bis zum Prokuristen eines großen Unternehmens emporgearbeitet.

Politisch gehörte ich nach 1920 einige Jahre der Deutschnationalen Volkspartei an. Dann war ich parteilos. Ich habe aber seit 1920 neben meinem Beruf führend im mitteldeutschen Stahlhelm mitgewirkt.

RA. BÖHM: Welche Gründe waren für Ihre Berufung in die SA-Führung maßgebend?

JÜTTNER: Meine Berufung in die SA-Führung hing zusammen mit der Überführung des Stahlhelms in die SA.

Der mitteldeutsche Stahlhelm genoß einen guten Ruf auch bei politischen Gegnern. Mein besonderes Vertrauensverhältnis zur Bergarbeiterschaft und auch zu den Gewerkschaften war Röhm bekannt. Besondere Erfolge hatte der mitteldeutsche Stahlhelm auf sozialem Gebiete. Das mag alles zu meiner Berufung beigetragen haben.

Ich schied freiwillig aus dem Bergbau aus und wurde hauptamtlicher SA-Führer.

In die Partei wurde ich im Sommer 1934 aufgenommen.

RA. BÖHM: Sie sind also aus dem Stahlhelm in die SA gekommen?

JÜTTNER: Jawohl.

RA. BÖHM: Sind neben Ihnen noch andere Stahlhelm-Führer in maßgebende Stellungen der SA gekommen?

JÜTTNER: Erschöpfende Zahlen hierüber kann ich ohne statistische Unterlagen nicht geben. Ich habe aber aus dem Gedächtnis mir vor einiger Zeit allein 60 höhere und mittlere SA-Führer namentlich zusammengestellt, die früher dem Stahlhelm angehört haben.

Es sind also viele ehemalige Stahlhelmer in die SA in führende Stellen eingebaut worden. Im Laufe der Zeit waren alle Schlüsselstellungen im Stahlhelm, das Führungsamt, Chef der Adjutantur des Stabschefs...

RA. BÖHM: Im Stahlhelm oder in der SA?

JÜTTNER: In der SA. Alle Schlüsselstellungen in der SA waren im Laufe der Zeit jeweils mit Stahlhelmern besetzt, Führungsamt, maßgebende Mitarbeiter im Personalamt, Chef der Adjutantur des Stabschefs, Leiter der Ausbildungsabteilung, auch in den Gruppenstäben und als Führer von Einheiten waren zahlreiche Stahlhelmer zu finden.

RA. BÖHM: Kann man sagen, daß die Positionen, die hier von Stahlhelmern in der SA eingenommen worden sind, so waren, daß sie von unbedeutendem Einfluß für die große Masse der SA waren?

JÜTTNER: Das kann man nicht sagen. Diese SA- Führer, die aus dem Stahlhelm in diesen Stellungen waren, hatten erheblichen Einfluß auf die Erziehung, Ausbildung und den Einsatz der SA.

RA. BÖHM: Vor ungefähr einer halben Stunde ist hier ein Zeuge Gruß vernommen worden, der zwar nie in der SA war, der die SA-Verhältnisse persönlich nie kennengelernt hat, der sich aber zu einer Reihe von Fragen geäußert hat, zu denen nach meiner Auffassung überhaupt nur ein SA-Angehöriger Stellung nehmen kann. Haben Sie während Ihrer Zugehörigkeit zur SA vom Jahre 1934 bis zur Auflösung dieser Organisation jemals die Wahrnehmung gemacht, daß von Seiten derjenigen SA-Angehörigen, die aus dem Stahlhelm gekommen sind, in der SA eine Opposition getrieben worden ist?

JÜTTNER: Diese Frage kann ich ganz klar und eindeutig mit einem Nein beantworten. Es sind zahlreiche SA-Männer in der ersten Zeit zu mir gekommen, die früher dem Stahlhelm angehört haben. Die haben wie ich auch ein Bedauern in sich getragen, daß ihre alte schöne Organisation nicht mehr bestehe, sie haben aber mit mir freudig zum Ausdruck gebracht, in dieser großen Gemeinschaft der SA nunmehr mitwirken zu können.

RA. BÖHM: Ist Ihnen jemals von irgendeiner Seite eine Opposition von diesen Leuten, die aus dem Stahlhelm gekommen sind, zu Ohren gekommen? Sind darüber von anderen SA-Leuten Klagen eingelaufen?

JÜTTNER: Wenn ich recht verstanden habe, soll es sich dabei handeln um Männer, die in der SA schon waren?

RA. BÖHM: Gewiß, um Leute, die aus dem Stahlhelm im Jahre 1033 und 1934 in die SA überführt worden sind oder übergetreten sind.

JÜTTNER: Diese Männer haben, soweit ich unterrichtet bin, gegen die SA keine Opposition getrieben. Mir ist eine solche Opposition nicht bekanntgeworden.

RA. BÖHM: Wie stark war die SA im Jahre 1933?

JÜTTNER: Die SA zählte 1933 300000 Mann.

RA. BÖHM: Und wie viele SA-Angehörige sind in die SA im Jahre 1933 und 1934 übergetreten?

JÜTTNER: Stahlhelm-Angehörige?

RA. BÖHM: Ja, Stahlhelm-Angehörige.

JÜTTNER: Bei der Überführung des Stahlhelms in die SA zählte der Stahlhelm rund eine Million, vielleicht auch etwas mehr Mitglieder. Von diesen wurde die größere Hälfte in die SA überführt, rund 550000 Männer. Diese Zahl deckt sich auch mit der, die der ehemalige Bundesführer Seldte im Gedächtnis hat.

RA. BÖHM: Unterscheiden Sie da zwischen dem Kern-Stahlhelm und einer weiteren Gliederung des Stahlhelms? Können Sie sagen, daß die Gesamtheit der aus dem Stahlhelm kommenden Leute, die in die SA übergetreten sind, rund eine Million war?

JÜTTNER: Nachdem der Stahlhelm aufgelöst war – das ist, glaube ich, 1935 geschehen – ist es durchaus möglich, daß insgesamt eine Million Männer, aus dem Stahlhelm gekommen, in der SA waren.

RA. BÖHM: Es war also das Verhältnis in den Jahren 1933 und 1934 so, daß die SA bestand aus zwei Dritteln Stahlhelmern und einem Drittel SA-Leuten?

JÜTTNER: Es kam im Jahre 1933/1934 außerdem noch hinzu die SA-Reserve II; das war der Kyffhäuserbund. Infolgedessen kann man diese eben dargelegte Drittelung nicht ganz anwenden. Aber wenn man die ursprüngliche Zahl, die ursprüngliche Stärke der SA vom Januar 1933 zugrunde legt, dann trifft das zu, was Sie eben, Herr Doktor, gesagt haben.

RA. BÖHM: Die SA hat dann kurz nach 1933 einen ungeheuren Aufstieg mitgemacht, und zwar von der ursprünglichen Zahl von 300000 auf rund viereinhalb Millionen Menschen bis 1935; ist das richtig?

JÜTTNER: Bis 1934; das stimmt.

RA. BÖHM: Man hat dann von der Seite der Obersten SA-Führung aus danach getrachtet, die SA, in die eine Reihe von Menschen hineingekommen waren, die an sich dort nichts zu suchen hatten, zu reduzieren, und es wurden aus der SA bis zum Jahre 1939 rund wieder drei Millionen Menschen ausgeschieden, so daß die SA im Jahre 1939 rund eineinhalb Millionen Menschen betrug; ist das richtig?

JÜTTNER: Jawohl, das ist richtig. Die Zahl eineinhalb Millionen wurde allerdings schon einige Jahre früher erreicht. Diese Reduzierung der SA wurde dadurch bewerkstelligt, daß ausgeschieden wurden:

1. die SA-Reserve II – Kyffhäuserbund – mit etwa eineinhalb Millionen,

2. nach dem Tode Röhms das NSKK,

3. sehr viele SA-Männer, die in der Politischen Leitung sich betätigten als Blockleiter, Zellenleiter und dergleichen,

4. schied der Stabschef Lutze alle die SA-Männer aus, die aus beruflichen oder sonstigen Gründen sich am Dienst nicht beteiligen konnten oder auch nicht wollten.

RA. BÖHM: Ist nun bei der Verminderung der Zahl von viereinhalb Millionen auf eineinhalb Millionen Ihnen aufgefallen, daß besonders viele Stahlhelm-Angehörige oder einstige Stahlhelm-Angehörige aus der SA ausgeschieden sind?

JÜTTNER: Vielleicht darf ich hierzu auf den mitteldeutschen Stahlhelm, den ich selbst geführt habe, eingehen. Dort war – das war das große Industriegebiet um Halle – eigentlich nach 1935 der Kern der SA mein alter Stahlhelm, es waren also sehr viele Stahlhelmer in der SA verblieben.

RA. BÖHM: Und das waren diejenigen Stahlhelmer, die zum Schluß noch bis zur Auflösung der Organisation SA in der SA geblieben sind?

JÜTTNER: Jawohl, und zwar nicht die schlechtesten.

RA. BÖHM: Wenn nun in den Jahren 1935 und später der einzelne SA-Mann, der aus dem Stahlhelm gekommen ist, das Bedürfnis in sich gefühlt hätte, aus der SA auszutreten, hätte er das gekonnt?

JÜTTNER: Das hätte er ohne weiteres gekonnt.

RA. BÖHM: Wären ihm dadurch besondere Schwierigkeiten entstanden?

JÜTTNER: Von SA-Seite unter gar keinen Umständen.

RA. BÖHM: Der Zeuge Gruß hat vorhin unter anderem behauptet, in diesem Falle wäre es ihm unmöglich gewesen, zum Beispiel als Offizier zum Heer zu kommen, weil in diesem Fall in seinen Papieren der Vermerk gestanden hätte »Aus der SA ausgeschieden«; ist das richtig?

JÜTTNER: Da scheint der Herr Zeuge Gruß etwas verwechselt zu haben. Wer strafweise aus der SA entlassen wurde, der wurde allerdings, weil er sich irgendwie vergangen hatte, in seinen Papieren mit einem Vermerk versehen, und das wirkte sich aus genau wie eine Vorstrafe im gewöhnlichen Leben.

RA. BÖHM: Sie können also sagen – um das kurz zusammenzufassen –, daß der weitaus größte Teil der Stahlhelmer, die im Jahre 1933 und spätestens 1934 in die SA gekommen sind, Ihnen gegenüber treue SA- Kameraden waren und auch geblieben sind; stimmt das?

JÜTTNER: Das waren meine besten Kameraden und sind es auch geblieben.

RA. BÖHM: Wie war die Stellung des Stabschefs zu der Parteiführung und zur Staatsführung?

JÜTTNER: Stabschef Röhm war eine starke Persönlichkeit, sein Wort galt in der Parteiführung viel. Als Reichsminister...

VORSITZENDER: Dr. Böhm! Der Gerichtshof möchte gern wissen, ob Sie damit sagen wollen, daß die SA nach der Einverleibung des Stahlhelms eine freiwillige Organisation war oder, soweit es den Stahlhelm betrifft, eine unfreiwillige.

RA. BÖHM: Wenn ich die Frage recht verstanden habe, kann ich antworten, daß der Stahlhelm eine freiwillige Organisation war und daß er auf Grund Befehls in die SA gekommen ist.

VORSITZENDER: Es scheint zwischen Ihren beiden Zeugen eine gewisse Meinungsverschiedenheit zu bestehen. Der Gerichtshof möchte wissen, was Sie beweisen wollen. Wollen Sie beweisen, daß die SA nach Eingliederung des Stahlhelms eine freiwillige Organisation war?

RA. BÖHM: Nachdem der Stahlhelm in die SA übernommen war, war er seiner Freiwilligkeit als Stahlhelm selbstverständlich enthoben, und zwar wurde dann die Organisation sowohl wie jedes Einzelmitglied Mitglied der SA.

VORSITZENDER: Sie meinen freiwillig oder unfreiwillig?

RA. BÖHM: Der Stahlhelm ist auf Grund Befehls in die SA übernommen worden; nach der Übernahme hat seine Eigenschaft als selbständige Organisation aufgehört, er ist dann SA geworden, und jedes einzelne frühere Mitglied des Stahlhelms ist Mitglied der SA geworden.

VORSITZENDER: Was ich wissen möchte ist, ob Sie behaupten, daß die Stahlhelmer, nachdem sie SA- Mitglieder geworden waren, freiwillig oder unfreiwillig der SA angehörten?

RA. BÖHM: Das ist nach meinem Dafürhalten im Zusammenhang mit dem Paragraphen 6 des Beschlusses vom 13. März 1946 eine Rechtsfrage. Ich behaupte, daß er auf Grund Befehls in die SA gekommen ist, in der letzten Auswirkung nicht freiwillig, sondern auf Grund Befehls.

VORSITZENDER: Sie erklären also, sie seien unfreiwillig in die SA aufgenommen worden?

RA. BÖHM: So ist es nicht ganz, Herr Präsident! Ich sage, sie sind auf Grund Befehls, sicher zum größten Teil unfreiwillig, zunächst in die SA gegangen.

VORSITZENDER: Dr. Böhm! Ich bezweifle nicht, was der Zeuge sagte. Das habe ich gehört, und ich hörte auch, was der letzte Zeuge gesagt hat. Herr Biddle möchte wissen, ob Sie behaupten wollen, daß die Mitglieder des Stahlhelms, nachdem er in die SA eingegliedert worden war, freiwillige oder unfreiwillige Mitglieder waren? Sie müssen sich schon entschließen, was Sie beweisen wollen. Vielleicht wird Ihnen klarer, was ich meine, wenn ich sage: Konnten sie aus der SA austreten, oder konnten sie nicht austreten?

RA. BÖHM: Das soll nicht das Thema meiner Beweisführung sein, Herr Präsident! Das Thema meiner Beweisführung sollte sein, zuerst zu zeigen, daß der Stahlhelm auf Grund Befehls, also unfreiwillig, in die SA überführt worden ist. Das wird wohl die weitaus größere Meinung der Stahlhelm-Angehörigen gewesen sein. Ob und inwieweit sie dann austreten konnten oder nicht, das wollte ich jetzt durch diesen Zeugen aufklären.

VORSITZENDER: Gut, fahren Sie fort, Dr. Böhm! Sie werden uns später sicher sagen können, auf welchen Zeugen Sie sich stützen wollen.

RA. BÖHM: Herr Zeuge! Ich möchte Sie bitten, dann mit Ihren Ausführungen weiterzufahren zu der Frage, wie war die Stellung des Stabschefs zur Staatsführung und zur Parteiführung. Sie haben erzählt, daß der Stabschef Röhm eine starke Persönlichkeit gewesen ist und daß demzufolge sein Wort in der Parteiführung sehr viel gegolten hat. Und nun bitte ich Sie, doch weiterzufahren.

JÜTTNER: Röhm war Reichsminister; als solcher suchte er auch auf die Staatsführung Einfluß zu nehmen, um seine Ziele zu verfolgen. Stabschef Lutze war nur noch Reichsleiter in der Partei. Trotzdem hatte er auf die Parteiführung keinen Einfluß. In den letzten Jahren, auch vor dem Kriege schon, mied er Gau- und Reichsleitertagungen. Reichsminister ist Lutze nicht mehr gewesen. Er hatte daher auf die Staatsführung keinerlei Einfluß. Stabschef Schepmann war weder Reichsleiter noch Reichsminister. Als nach dem 30. Juni 1934 die SA zur Bedeutungslosigkeit herabsank, war auch die Einflußnahme des Stabschefs auf Partei- und Staatsführung verschwunden.

RA. BÖHM: Und wie standen die Stabschefs zum Führerkorps der SA? Wurden die letzteren dauernd von allem, was beabsichtigt worden war und erreicht werden sollte, unterrichtet?

JÜTTNER: Auf Führertagungen und bei Lehrgängen in den SA-Schulen haben die Stabschefs ihr Führerkorps laufend unterrichtet über ihre Ziele, über die Aufgaben, besonders die Erziehungsaufgaben der SA. Bei den Führertagungen fand jeweils freie Aussprache statt.

RA. BÖHM: Wie beurteilen Sie das Führerkorps vor und nach dem Tode Röhms?

JÜTTNER: Ich kenne die Führung der SA, ihre Ziele und die SA-Führer, besonders die höheren SA-Führer, ganz genau. Es liegt mir fern, irgend etwas zu beschönigen. Ein geringer Bruchteil der SA-Führer, die sich als Landsknechte erwiesen hatten, wurde ausgeschaltet. Auch diese SA-Führer haben sich früher, im vorigen Weltkrieg, als tapfere Soldaten oder später als Freikorps-Männer unter der Regierung Ebert-Noske Verdienste erworben. Ihre Haltung und ihre Lebensführung widersprach aber den Grundsätzen der SA. Deshalb mußten sie ausscheiden. Im übrigen aber, also die Masse des SA-Führerkorps, war anständig und sauber und in seiner Rechts- und Pflichtauffassung untadelig.

RA. BÖHM: Äußern Sie sich auch zu dem hauptamtlichen Führerkorps.

JÜTTNER: Von den hauptamtlichen Führern, Obergruppen- und Gruppenführern, da kenne ich Werdegang, Lebensführung und politische und sittliche Haltung. Abgesehen von den verschwindend wenigen Ausgeschiedenen waren diese SA-Führer unbescholten. Kein einziger war vorbestraft, keiner war eine sogenannte gescheiterte Existenz, alle hatten sie einen Zivilberuf bevor sie in das hauptamtliche SA-Führerkorps eintraten. Ihre Lebensführung war schlicht und bescheiden. Sie wurden jedoch im Verhältnis zu vergleichbaren Beamten oder Vertretern der Wirtschaft äußerst gering bezahlt. Alle Nebenbezüge wurden ihnen angerechnet, Doppelverdiener gab es in der SA nicht. Nicht einer konnte sich auf Grund seiner Dienststellung persönlich bereichern, gesellschaftlichen Aufwand konnte sich nur der leisten, der Privatvermögen besaß, und von den Gruppen- und Obergruppenführern, welche 1939 in der SA-Führung oder bei den Gruppen tätig waren, sind die Hälfte gefallen. Sie gaben ihr Leben im Glauben, für eine gerechte Sache zu kämpfen. Sie waren Patrioten und haben kein Unrecht und keine Gottlosigkeit begangen. Und ich bekenne heute noch mit Stolz, einem solch lauteren Führerkorps angehört zu haben.

RA. BÖHM: Wurden die SA-Führer besoldet?

JÜTTNER: Bis 1933 gab es keine besoldeten SA- Führer. Lediglich die Führer der sogenannten Untergruppe – bei jedem Gau eine – erhielten eine Aufwandsentschädigung von 300 Reichsmark monatlich etwa. Nach 1933 wurde eine Besoldungsordnung eingeführt. Sie erfuhr 1940 eine geringe Aufbesserung. Das Höchstgrundgehalt für einen Obergruppenführer war 1200 Reichsmark monatlich. Vom Scharführer bis zum Obersturmbannführer einschließlich waren alle SA-Führer – mit Ausnahme von Hilfskräften – ehrenamtlich tätig. Von der Gesamtheit des Führerkorps wurden rund zwei Prozent besoldet, einschließlich der nebenamtlichen Führer.

RA. BÖHM: Wie war das SA-Führerkorps eingeteilt?

JÜTTNER: Wir haben in der SA unterschieden:

SA-Führer,

SA-Verwaltungsführer,

SA-Sanitätsführer.

Die SA-Führer bildeten die Führungsstäbe und führten die Einheiten. Die SA-Verwaltungsführer bearbeiteten den Etat, die Geldverwaltung und Revision. Sie bildeten zusammen mit den Verwaltungsführern der anderen Gliederungen und der Partei einen besonderen Körper, Führungskörper, und hatten den Weisungen des Reichsschatzmeisters zu folgen. Die Sanitätsführer waren Ärzte und Apotheker. Ihnen oblag die gesundheitliche Betreuung der SA. Sowohl Verwaltungs- wie Sanitätsführer hatten auf die Führung der SA nicht den geringsten Einfluß. Sie besaßen auch kein Recht dazu.

Außerdem hatte die SA noch Führer zur besonderen Verwendung, sogenannte z.V.-Führer und Ehrenführer, von denen einige den Hauptangeklagten angehören.

RA. BÖHM: Ist einer von den Hauptangeklagten nicht Ehrenführer gewesen?

JÜTTNER: Ja, ich glaube verschiedene. Ehrenführer waren die Herren Göring, Frank, Sauckel, von Schirach, Streicher und meines Wissens vielleicht auch Heß und Bormann.

Ich darf dazu sagen, daß die Ehrenführer über den Dienstbetrieb in der SA überhaupt nicht unterrichtet worden sind. Sie hatten weder die Möglichkeit noch die Befugnis, auf Ausbildung, Führung und Einsatz der SA irgendwelchen Einfluß auszuüben. Sie hatten lediglich das Recht, den SA-Dienstanzug zu tragen und bei Veranstaltungen in den Reihen des SA-Führerkorps Aufstellung zu nehmen. Auch Hermann Göring, der im Jahre 1923 die SA vorübergehend geführt hat, als sie nur wenige tausend Mann zählte, nahm nach dieser Zeit keinerlei Einfluß mehr auf die SA. Dazu hatte er auch gar keine Zeit. Seine Ernennung zum Chef der »Standarte Feldherrnhalle« War eine äußere Ehrung, ähnlich wie sie in der kaiserlichen Zeit verdienten Heerführern oder Angehörigen, selbst weiblichen Angehörigen von Fürstenhäusern zuteil wurde.

Herr Frank wurde vom Stabschef Lutze zum Führer der SA des ehemaligen Generalgouvernements ernannt. Auch das war und blieb nur eine äußere Ehrung, denn die Führung selbst hat ein besonderer Führungsstab ausgeübt unter dem Brigadeführer Peltz und später Kühnemund. Irgendwelche Befehle über die Führung der SA in dem dortigen Gebiet hat er vom Stabschef nicht erhalten. Solche Befehle gingen an den genannten Führungsstab, und dieser war der Obersten SA-Führung verantwortlich.

Die von mir erwähnten z.V.-Führer konnten zur Dienstleistung vorübergehend herangezogen werden, wenn sie dazu bereit waren. Das waren beratende Dienstleistungen, zum Beispiel in Rechts- und Sozialfragen.

RA. BÖHM: Aus welchem Menschenmaterial setzte sich im allgemeinen die SA zusammen?

JÜTTNER: Die SA war von Anbeginn an zusammengesetzt aus ehemaligen Soldaten des vorigen Krieges und aus jungen Idealisten, die ihr Vaterland über alles geliebt haben. Die SA war nicht, wie der Herr Zeuge Gisevius behauptet hat, eine Verbrecher- oder Gangsterbande, sie war vielmehr das, was Sinclair Lewis einmal geschrieben haben soll, reine Idealisten. Zahlreiche amtierende Geistliche, viele Theologiestudenten gehörten der SA an als aktive Mitglieder, zum Teil bis zuletzt. Jeder einzelne SA-Mann wird bestätigen können, daß von ihm niemals verbrecherische Handlungen gefordert wurden, daß die SA-Führung niemals verbrecherische Ziele verfolgt hat.

RA. BÖHM: Sind Sie in der Lage, Zahlenangaben zu machen über diejenigen SA-Angehörigen, die mit den bestehenden Gesetzen in Konflikt gekommen sind?

JÜTTNER: In den Internierungslagern, wo Tausende ehemalige SA-Angehörige aus allen Teilen des Reiches interniert sind, wurden teilweise Erhebungen angestellt, und das dort gewonnene Ergebnis darf wohl ohne weiteres auf die Gesamt-SA übertragen werden. Dabei hat sich herausgestellt, daß von den internierten SA-Männern noch nicht 1 Prozent, nämlich 0,65 Prozent, kriminell vorbestraft waren. Demgegenüber steht der vom Statistischen Reichsamt ermittelte Stand von 1,67 Prozent der gesamten Bevölkerung des ehemaligen Reiches an kriminell Vorbestraften.

RA. BÖHM: Ja! Wie aber erklären Sie sich dann, daß zum Beispiel in den Jahren 1933/1934 Übergriffe und Ausschreitungen von SA-Angehörigen begangen wurden, wie sie in der Anklageschrift behauptet sind?

JÜTTNER: Diese Übergriffe kann und darf man nicht entschuldigen. Es sind Übergriffe, wie sie bei jedem revolutionären Umbruch vorkommen, zum Beispiel bei der Revolution in Deutschland im Jahre 1918 oder bei gleichgearteten Geschehnissen der Vergangenheit in anderen Ländern. Diese Übergriffe sind revolutionäre Handlungen unbefriedigt gewesener politischer Kämpfer.

RA. BÖHM: Gibt es vielleicht nicht noch andere Erklärungen über diese Ausschreitungen?

JÜTTNER: Da kann man noch eine ganze Reihe von Umständen anführen, die solche Ausschreitungen nicht entschuldigen, sie aber etwa erklären:

1. Vor 1933, besonders unter der Regierung Schleichers, ging erwiesenermaßen die Polizei besonders scharf und einseitig gegen die SA vor. Die Folge war ein Mißtrauen gegen die Polizei. Es kam dazu, daß im Jahre 1933 im Innern des Landes Bürgerkrieg und Aufruhr drohte. Da ist es verständlich, wenn auch nicht entschuldbar, daß mancher sich an Stelle der für unzuverlässig gehaltenen Polizei zum Schutze seines neuen Staates berufen fühlte und sich dadurch zu Übergriffen hinreißen ließ.

2. Vor 1933 fand eine wüste Hetze gegen die SA statt. An dieser Hetze beteiligten sich nahezu alle anders gearteten Parteirichtungen. Aufforderungen zu Tätlichkeiten, Transparente mit der Aufschrift »Schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft«, Sprechchöre mit dem Ruf »Nieder mit der SA«, Schikanen an SA-Männern bei der Arbeitsstätte, Drangsalierungen der Kinder von SA-Männern in der Schule, Boykotte von Geschäften, deren Inhaber SA-Männer waren, Überfälle auf einzelne SA-Männer und auch auf Stahlhelmleute. Ich zum Beispiel in meiner Hallischen Gegend, wo ich damals noch war, habe in meinem Bezirk allein 43 Tote zu beklagen, Stahlhelmer und SA-Männer.

Alle diese Umstände hatten einen verständlichen Ingrimm zur Folge, und mancher glaubte nun nach 1933, alte Rechnungen politischen Gegnern gegenüber begleichen zu können.

Als dritten Grund oder Umstand, der zu diesen Übergriffen geführt hat, muß ich angeben, daß nach 1933 ein Massenzulauf zur SA stattfand. Die Prüfung der Anständigkeit des einzelnen litt zwangsläufig darunter, und erwiesenermaßen haben sich hierbei auch dunkle Elemente und Provokateure eingeschlichen mit der Absicht, den Ruf der SA zu schädigen.

Die Übergriffe waren also nicht nur ein Nachklingen der politischen Auseinandersetzungen vor 1933, sondern sie waren erwiesenermaßen sehr oft auch begangen von solchen Provokateuren. Die Organisation als solche hat sich hierbei nicht schuldig gemacht, sondern ist von den Übeltätern abgerückt, und die Führung hat solche Kräfte, wenn sie ihr gemeldet wurden, schärfstens verurteilt.

RA. BÖHM: Und nun sagen Sie, was hat die SA- Führung unternommen, um solche Ausschreitungen, wie sie nun einmal im Laufe des Jahres 1933 vorgekommen sind, zu unterbinden?

JÜTTNER: Die SA-Führung hat zunächst in Preußen mit dem preußischen Innenminister und seinen Beauftragten ständig aufs engste zusammengearbeitet, um solche Übergriffe zu unterbinden. Der Stabschef Röhm hat Leute abgestellt für die Hilfspolizei und ausgesuchte Männer aus der SA für das in Preußen zuerst geschaffene Feldjägerkorps, das sich ganz besonders bewährt hat.

Zweitens hat die SA-Führung, um Vertrauen zu gewinnen und zu rechtfertigen, laufend an der Säuberung ihrer eigenen Reihen von Provokateuren gearbeitet. Bei der Polizei, Hilfspolizei abqualifizierte Kräfte wurden gleichzeitig auch aus der SA entfernt. Bei Übergriffen als schuldig erwiesene Kräfte wurden bestraft. Die SA-Führung hat von sich aus weiter einen SA-Streifendienst eingerichtet, um die Haltung ihrer Männer auf der Straße und im öffentlichen Leben zu überwachen, und schließlich war es immer Hauptsorge der SA-Führung, die vielen Arbeitslosen von der Straße weg in angemessene Berufe in Arbeit zu bringen. Dem dienten auch die zahlreichen sozialen Maßnahmen der SA-Führung, wie zum Beispiel die vielen Hilfswerklager für berufliche Umschulung, Siedlungen, die Moorkulturarbeiten und anderes mehr.

RA. BÖHM: War die Zahl der festgestellten Vorkommnisse oder Untaten, insoweit sie von SA-Angehörigen zu verantworten waren, groß?

JÜTTNER: Im Vergleich zur Stärke der SA waren die festgestellten Untaten zahlenmäßig verschwindend gering. Dazu darf ein Weiteres nicht außer acht gelassen werden. Bei all diesen Übergriffen wurde immer die SA beschuldigt, weil damals jeder Mann im Braunhemd als SA-Mann bezeichnet wurde, ganz gleich ob er SA-Angehöriger war oder nicht. Hierdurch mußte zwangsläufig in der Weltmeinung von der SA ein verzerrtes Bild entstehen. Es mußte zu Vorurteilen führen zum Schaden der SA, weil man der SA vieles in die Schuhe schob, obwohl SA-Angehörige bei Übergriffen überhaupt nicht beteiligt waren.

RA. BÖHM: Ist Ihnen bekannt, daß Schritte unternommen wurden, um Verfahren vor den staatlichen Gerichten gegen SA-Angehörige wegen solcher Ausschreitungen niederzuschlagen?

JÜTTNER: Meines Wissens sind solche Schritte, um Verfahren vor staatlichen Gerichten niederzuschlagen, seitens der SA-Führung nicht unternommen worden. Bei allgemeinen Amnestien hat die SA-Führung die Begnadigung ihrer Angehörigen selbstverständlich auch verlangt.

RA. BÖHM: Nach der Aktion gegen die Juden im November 1938 hat sich aber das Oberste Parteigericht gegen die Aburteilung von SA-Angehörigen eingesetzt, die an der Erschießung von Juden beteiligt waren. Kennen Sie diese Eingabe?

JÜTTNER: Ich kenne diese Eingabe nicht, habe hier in der Gefangenschaft aber davon gehört.

RA. BÖHM: Und wie nehmen Sie zu dieser Eingabe Stellung?

JÜTTNER: Wenn ich ihren Inhalt recht in Erinnerung habe, hat das Oberste Parteigericht verlangt, daß in erster Linie der für diese Aktion verantwortliche Mann zur Rechenschaft gezogen wird.

RA. BÖHM: Halten Sie diese Stellungnahme des Obersten Parteigerichts für richtig?

JÜTTNER: Diese Forderung, die ist mir aus dem Herzen gesprochen.

Man kann nur bedauern, daß das Oberste Parteigericht sich nicht durchgesetzt hat. Das Weitere aber, daß Männer, die andere erschossen haben, frei ausgehen sollen, also nicht gerichtlich abgeurteilt werden sollen, eine solche Forderung ist unter gar keinen Umständen zu rechtfertigen.

RA. BÖHM: Ja, ist eine solche Forderung jemals von der SA-Führung oder von SA-Angehörigen gestellt worden?

JÜTTNER: Die Grundlinie der SA-Führung war gerade bei diesen Aktionen im November 1938, daß die festgestellten Schuldigen bestraft werden, und zwar nicht nur seitens der SA, sondern auch durch die ordentlichen Gerichte. Und soweit dem Stabschef Lutze Fälle bekanntgeworden sind, hat er sich meines Wissens immer in diesem Sinne eingesetzt und das Nötige veranlaßt. Wir hatten in der SA sogar Festlegungen mit den Justizbehörden, daß, wenn ein SA-Mann sich etwas hatte zuschulden kommen lassen und vor Gericht kommen sollte, die SA-Führung benachrichtigt wird, damit sie diesen Mann sofort vom Dienst suspendieren kann, ihm gegebenenfalls das Tragen des SA-Dienstanzuges verbieten kann und letzten Endes von sich aus auch Strafe einleiten kann. Dieser Grundsatz wurde bei der Aktion vom November 1938 von Stabschef Lutze in gleicher Weise beherzigt.

RA. BÖHM: Welche Auffassung vertrat die SA in der Judenfrage?

JÜTTNER: Die SA vertrat die Forderung, daß der Einfluß der Juden im Staatsleben, in der Wirtschaft, im Kulturleben – ihrer Minderheit in Deutschland entsprechend – eingedämmt wurde. Sie stand auf dem Boden des Numerus Clausus.

RA. BÖHM: Mit welcher Begründung hat man dieses Verlangen oder diese Einstellung gefordert?

JÜTTNER: Dieses Verlangen, das ja nicht nur der SA eigen war, ist in Deutschland eigentlich erst dadurch entstanden, daß nach dem Kriege 1918/1919 eine Masse von jüdischen Kräften aus dem polnischen Raum nach Deutschland zuwanderten und sich dort in lästiger Weise in Wirtschaft und verschiedenen anderen Lebenszweigen breit machte. Die Schiebergeschäfte, bekannt durch große Prozesse, und die zersetzenden Einflüsse hatten einen ausgesprochenen Unwillen und eine Gegenströmung zur Folge. Auch die alteingesessenen Juden in Deutschland und der »Verein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens« nahmen teilweise in scharfer Form gegen diese zugewanderten Kräfte Stellung. Aus diesen Tatsachen heraus ist die Forderung der SA zu verstehen.

RA. BÖHM: Hat die SA zu Gewalttaten gegen Juden jemals aufgefordert?

JÜTTNER: Nein, in keiner Weise. Die Stabschefs Röhm, Lutze, Scheppmann haben die Judenfrage zu keiner Zeit zum Inhalt ihrer Reden oder ihrer Anordnungen gemacht, geschweige denn zu einer Hetze. Der Begriff »Herrenrasse« wurde in der SA niemals gepflegt. Das wäre auch widersinnig gewesen, denn rassenmäßig stellte die SA niemals eine Auslese dar, sie ergänzte sich aus allen Schichten. Der Ausrottung eines Volkes seiner Art wegen hat die SA zu keiner Zeit das Wort geredet. Die gewaltsamen Aktionen gegen die Juden hat die SA nicht propagiert, im Gegenteil, die Führung hat stets gegen solche Aktionen schärfstens Stellung genommen.

VORSITZENDER: Vielleicht wäre jetzt ein passender Zeitpunkt, abzubrechen?

Wie lange, glauben Sie, werden Sie sich noch mit diesem Zeugen zu beschäftigen haben?

RA. BÖHM: Ich glaube, daß ich sicher noch eine Stunde brauche, um den Zeugen zu vernehmen, vielleicht auch eineinhalb Stunden, Herr Präsident.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof wird sich nunmehr vertagen.