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[Zum Zeugen gewandt:]

Können Sie sich erinnern, daß im Gewerkschaftshaus in München 1933 Waffen gefunden wurden?

JÜTTNER: Jawohl.

RA. BÖHM: Und dann eine letzte Frage: Wie war das Verhältnis der SA zu Himmler?

JÜTTNER: Das Verhältnis des Stabschefs Lutze zu Himmler war denkbar schlecht. Das Verhältnis der SA zur Person des ehemaligen Reichsführer-SS war ausgesprochen schlecht.

Darf ich jetzt zu den gestellten Fragen abschließend noch eine ganz knappe Erklärung abgeben, Euer Lordschaft?

RA. BÖHM: Zu welchen Fragen möchten Sie sich noch äußern?

VORSITZENDER: Herr Dr. Böhm! In Ihrem Plädoyer können Sie natürlich alle von Ihnen gewünschten Argumente vorbringen. Ich glaube nicht, daß dieser Zeuge etwas von sich aus erklären sollte, wenn es keine Antwort auf eine Ihrer Fragen ist, außer er wünscht etwas in seiner Aussage aufzuklären.

RA. BÖHM: Der Zeuge wollte eine Erklärung abgeben zu einigen Fragen, die ich gestellt habe, wenn ich ihn richtig verstanden habe.

VORSITZENDER: Zu welcher Frage wollen Sie sich äußern?

JÜTTNER: Zu der Frage, ob die SA Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit schlechthin begangen hat.

RA. BÖHM: Ich würde bitten, Herr Vorsitzender, diese Erklärung zuzulassen.

VORSITZENDER: Sehr wohl, wenn er sich kurz faßt.

JÜTTNER: Ich werde mich ganz kurz fassen, Euer Lordschaft. Ich möchte zum Abschluß der Fragen, die an mich gestellt wurden, unter meinem Eid versichern, daß wir von der SA nichts Böses getan haben. Wir haben keinen Krieg gewollt und keinen Krieg vorbereitet. Wir von der SA, von der Führung und Organisation, haben nur das getan, was in anderen Ländern von den Männern der anderen Nationen als sittliche Pflicht erwartet wird und das, was Präsident Truman oder Marschall Stalin oder die Staatsmänner von England und Frankreich von ihren Mannschaften erwarten, nämlich alles zu tun zum Schutze der Heimat und zur Erhaltung des Friedens. Wir von der SA haben auch keine Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen. Weder hat die Führung solche angeordnet, noch geduldet, noch die Organisation sich welche zuschulden kommen lassen. Wo einzelne Missetaten begangen haben, sollen sie bestraft werden und – das ist auch unser Wille – der gerechten Strafe zugeführt werden.

Wir bitten daher nicht um Gnade oder gar um Mitleid unter Schilderung unserer häuslichen Not. Wir bitten nur um Gerechtigkeit, um weiter nichts, weil unser Gewissen rein ist.

Wir haben gehandelt als Patrioten. Wenn man allerdings Patrioten als Verbrecher stempeln sollte, dann sind wir Verbrecher gewesen.

RA. BÖHM: Danke, ich habe keine weiteren Fragen.

VORSITZENDER: Der Zeuge kann sich zurückziehen.

[Der Zeuge verläßt den Zeugenstand.]

DR. OTTO PANNENBECKER, VERTEIDIGER DES ANGEKLAGTEN FRICK: Herr Vorsitzender! Es steht noch ein Dokument für Frick aus, das mir vor dem Ende der Beweisaufnahme bewilligt war, das aber noch nicht eingegangen ist. Ich bitte, das jetzt vorlegen zu dürfen. Es ist die Beantwortung eines Fragebogens von Dr. Konrad in Berlin, der die Einstellung des Innenministeriums zur Kirchenpolitik enthält. Es ist Exhibit Frick-15. Ich glaube, ich darf wohl darauf Bezug nehmen, ohne es im einzelnen zu verlesen.

VORSITZENDER: Jawohl! Der Anwalt für den Angeklagten Funk wollte den Angeklagten noch einmal in den Zeugenstand zurückrufen. Wollen Sie das jetzt tun? Ja, Dr. Stahmer?

DR. OTTO STAHMER, VERTEIDIGER DES ANGEKLAGTEN GÖRING: Herr Vorsitzender! Ich habe am 34. August einen schriftlichen Beweisantrag eingereicht, über den noch nicht entschieden ist und wohl auch noch nicht entschieden sein kann. Ich vermag nicht zu übersehen, ob dieser Beweisantrag noch Berücksichtigung finden wird, wenn ich auf ihn nicht in dem gegenwärtigen Stadium des Verfahrens zurückgreife. Er befaßt sich mit Vorgängen, die in der Sitzung vom 9. August in dem Kreuzverhör des Zeugen Sievers durch die englische Anklagebehörde erörtert wurden. Bei dieser Gelegenheit wurde der Angeklagte Göring in Verbindung gebracht mit medizinischen Versuchen, die an Konzentrationslagerhäftlingen durchgeführt wurden. Und zwar handelt es sich um Versuche, Meerwasser trinkbar zu machen, um ein Mittel zur Bekämpfung von Fleckfieber zu erproben und schließlich um Versuche mit Unterkühlung. Diese Versuche sollen an Konzentrationslagerhäftlingen vorgenommen worden sein, und es wurde behauptet, daß das alles auf Anweisung beziehungsweise mit Genehmigung von Göring erfolgt sei. Ich will nun den Beweis erbringen dafür, daß Göring diese Versuche nicht angeordnet hat, sie demnach in seinem Auftrag nicht vorgenommen worden sind und daß er nicht einmal Kenntnis von solchen Vorgängen gehabt hat.

Dafür habe ich als Zeugen benannt einmal den Generaloberstabsarzt der Luftwaffe Dr. Schröder, der sich in englischer oder amerikanischer Gefangenschaft befinden soll; und ich habe dafür ferner benannt den Angeklagten Göring selbst als Zeugen, weil es ja ungewiß ist, ob es gelingen wird, den Zeugen Schröder rechtzeitig zu beschaffen. Ich bitte daher um die Erlaubnis, Göring nochmals auf den Zeugenstand rufen zu dürfen, damit ich ihn zu diesen eben angeregten und umrissenen Fragen noch als Zeugen vernehmen kann.

VORSITZENDER: Möchten Sie bitte dem Gerichtshof die Stelle des Protokolls angeben, wo der Angeklagte Göring über diese Experimente aussagt.

DR. STAHMER: Herr Vorsitzender! Ich habe das versucht, ich will das noch nachweisen. Ich hatte bisher das Protokoll noch nicht bekommen; es sind diese Urkunden vorgelegt worden in der Nachmittagssitzung am 9. August. Die einzelnen Nummern habe ich noch nicht bekommen können, ich werde sie aber heute noch nachreichen.

VORSITZENDER: Sie haben mich mißverstanden. Ich bat Sie um einen Hinweis auf das Protokoll, wo Göring selbst über diese Experimente, wie ich vermute, ganz allgemein befragt wurde.

DR. STAHMER: Jawohl, er ist schon im allgemeinen dazu gehört worden, und dazu hat sich auch der Zeuge Milch im allgemeinen ausgelassen. General Milch ist dazu am 8. März 1946 gehört worden...

VORSITZENDER: Jawohl, Dr. Stahmer.

DR. STAHMER: Generalfeldmarschall Milch ist dazu gehört worden am 8. März 1946 (Band IX, Seite 61/62 des Sitzungsprotokolls). Ich mache aber darauf aufmerksam, daß Feldmarschall Milch nur zu einem Teil dieser Fragen sich ganz allgemein geäußert hat. Es sind jetzt aber ganz spezielle Vorwürfe erhoben worden, die mir damals nicht bekannt waren und zu denen ich weder den Angeklagten Göring noch den Zeugen Milch habe vernehmen können.

VORSITZENDER: Ich wollte, abgesehen von General Milch, wissen, auf welcher Seite im Protokoll sich Göring mit dieser Angelegenheit befaßt hat, sei es in direktem Verhör, im Kreuzverhör oder im Wiederverhör.

DR. STAHMER: Das kann ich noch nicht sagen, ich werde es aber sofort nachreichen.

VORSITZENDER: Dann wollen wir darüber beraten.

Hat die Anklage irgendwelche Bemerkungen zu dem Antrag zu machen, der für den Angeklagten Göring soeben gestellt worden ist?

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Herr Vorsitzender! Es ist das erstemal, daß ich etwas über diesen Antrag höre, daher spreche ich aus dem Gedächtnis.

Wenn ich mich recht erinnere, hat die Anklagevertretung in Bezug auf diese Experimente einen Briefwechsel vorgelegt, das war beim Kreuzverhör des Feldmarschalls Milch durch Justice Jackson, so daß, als der Angeklagte Göring als Zeuge auftrat, ihm die Frage seiner Verbindung mit den Experimenten bekannt war; er hätte sie also damals erörtern können. Herr Vorsitzender! Ich möchte dasselbe tun, was, wie ich glaube, der Gerichtshof wünscht, nämlich zu prüfen, wie weit er sich damit beschäftigt hat; sollte sich irgendein weiterer Punkt hierbei ergeben, so könnte ich dies dem Gerichtshof vielleicht später mitteilen.

VORSITZENDER: Könnten Sie das gegen Schluß der Sitzung tun?

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Gewiß, Herr Vorsitzender! Ich werde es gleich nachsehen lassen.

VORSITZENDER: Vielleicht könnte uns auch Dr. Stahmer sagen, um welche Seiten im Protokoll es sich handelt. Vielleicht um 1.00 Uhr oder 2.00 Uhr, lieber wäre uns um 1.00 Uhr.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Das würde uns eine große Hilfe bedeuten.

DR. SAUTER: Mit Genehmigung des Gerichts rufe ich den Angeklagten Funk auf den Zeugenstand.