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[Das Gericht vertagt sich bis

20. August 1946, 10.00 Uhr.]

Zweihundertsiebenter Tag.

Dienstag, 20. August 1946.

Vormittagssitzung.

GERICHTSMARSCHALL: Zur Kenntnisnahme des Gerichtshofs teile ich mit, daß der Angeklagte Heß abwesend ist.

DR. RUDOLF DIX, VERTEIDIGER DES ANGEKLAGTEN SCHACHT: Ich bitte das Tribunal um ganz kurzes Gehör für einen eventuellen vorsorglichen Beweisantrag. Ich wiederhole, eventuell und vorsorglich, nur unter einer bestimmten Voraussetzung, die ich sogleich beschreiben werde.

Ich bitte das Tribunal, sich zu erinnern, daß ich zu dem gleichen Beweisthema, zu welchem der Zeuge Gisevius als Entlastungszeuge für Dr. Schacht gehört worden ist, auch Frau Strünk und den Generaloberst Halder hören wollte. Den Antrag auf Vernehmung des Generaloberst Halder hatte ich schon frühzeitig zurückgezogen. Die Vernehmung der Frau Strünk als Zeugin war mir vom Tribunal bewilligt.

Ich habe mich jedoch nach der Vernehmung von Gisevius und Vocke entschlossen, der Zeitersparnis halber auf die Zeugen als kumulativ zu verzichten.

Nun sind diese beiden Zeugen, Frau Strünk und Generaloberst Halder, dann nicht mehr kumulativ, wenn, was nicht meine Ansicht ist, das Gericht der Ansicht sein sollte, daß die Aussagen des Zeugen Gisevius, soweit er Dr. Schacht entlastet hat, durch die Bekundungen des Zeugen von Brauchitsch irgendwie erschüttert sind. Ich habe nicht die Aufgabe, die ideellen oder materiellen Interessen des Zeugen Gisevius zu vertreten. Ich habe auch nicht die Glaubwürdigkeit des Zeugen Gisevius zu erhärten, soweit er andere Angeklagte oder andere Personen belastet hat. Mein Pflichtenkreis umfaßt nur das Beweisthema betreffend Entlastung von Dr. Schacht. Nun bin ich persönlich der Auffassung – und insoweit spreche ich gegen meinen eigenen Antrag –, daß die Aussage Gisevius' hinsichtlich Schacht – also seine Bekundungen über den von Schacht gewollten Zweck der Rüstung, seine Bekundungen über die innere Einstellung Schachts zum Regime und insbesondere seine Bekundungen über die aktive Teilnahme Schachts an der Widerstandsbewegung –, daß die in keiner Weise erschüttert sind durch die Bekundungen des Zeugen Brauchitsch, nach denen er den Zeugen Gisevius überhaupt nicht kenne. Denn dieses Beweisthema wird ja nicht nur durch Gisevius bewiesen, sondern, was den Rüstungszweck und die innere Einstellung zum Regime anlangt, durch sämtliche eingereichten Affidavits und den Zeugen Vocke, was erstens den Beginn der Widerstandsbewegung durch die Fühlung mit Kluge anlangt, durch das Affidavit Schmidts, was die Versuche anlangt, den Krieg noch in letzter...

VORSITZENDER: Dr. Dix! Ich glaube, Sie müssen sich jetzt entschließen, ob Sie einen Antrag stellen wollen oder nicht. Wenn Sie einen Antrag stellen, muß das schriftlich geschehen. Der Gerichtshof möchte nicht vorsorgliche Anträge in Betracht ziehen, die nicht schriftlich vorliegen.

DR. DIX: Ich habe die Absicht, es dem Gericht anheimzustellen und anzuregen, weil ich persönlich der Ansicht bin...

VORSITZENDER: Dr. Dix! Der Gerichtshof hat verfügt, daß alle Anträge schriftlich gestellt werden müssen. Dies betrifft jeden Verteidiger, und diese Regel müssen auch Sie befolgen. Deshalb, wenn Sie einen Antrag stellen wollen, muß das schriftlich geschehen.

DR. DIX: Gut. Ich werde gern den Antrag schriftlich nachreichen. Wünscht dann das Tribunal eine kurze Ankündigung, wohin er zielt, oder soll ich mich darauf beschränken, nur den schriftlichen Antrag in Aussicht zu stellen?

VORSITZENDER: Ich sehe keinen Grund, von der Regel abzuweichen.

DR. DIX: Dann werde ich den Antrag schriftlich stellen.

VORSITZENDER: Ich habe zwei Ankündigungen zu machen. Die erste betrifft den Antrag von Dr. Seidl, der nicht anwesend zu sein scheint. Dem Gerichtshof liegt ein Bericht des Gefängnispsychologen Hauptmann G. M. Gilbert vom 17. August 1946 vor über den Zustand des Angeklagten Heß. Dieser Bericht wird dem Verteidiger des Angeklagten Heß, der Anklagevertretung und der Presse zugestellt werden. Der Gerichtshof wird gegenwärtig keinen weiteren Bericht über den Angeklagten Heß anfordern. Die zweite Ankündigung betrifft den Antrag von Dr. Stahmer vom 14. August 1946. Der Gerichtshof wird diesen Antrag als einen Ausnahmefall behandeln und den Angeklagten Göring nochmals als Zeugen zulassen, damit er zu dem Beweisthema der Experimente Stellung nehmen kann, das zeitlich erst nach der Aussage Görings behandelt wurde; aber nur darüber. Der Gerichtshof lehnt den Antrag auf Vorladung eines weiteren Zeugen ab und wird jetzt den Angeklagten Göring als Zeugen hören.