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Die Allgemeine SS.

Ganz gleich, welcher Spezial-Abteilung der SS ein Mitglied der SS angehörte, vor allem war er Mitglied der Allgemeinen SS; und der Ausschluß aus dieser Organisation zog den Verlust der Stellung und der damit verbundenen Vergünstigungen nach sich.

Im Zusammenhang damit gehe ich kurz auf eines der Dokumente ein, das von der Anklagevertretung der Sowjetunion bei Vorlage des Beweismaterials über die Verbrechen der Hitler-Leute gegenüber den russischen Kriegsgefangenen unterbreitet wurde.

In diesem Falle handelt es sich um das Material einer von SS-Beamten geführten Untersuchung – wie es in dem Dokument heißt – zur Aufklärung eines »Zwischenfalls«, der sich bei der Durchführung einer »Sonderaktion« ereignete.

Was dieses letztere Wort bedeutet, ist dem Gerichtshof wohlbekannt. Im vorliegenden Falle ist die Rede von einem gewissen SS-Hauptsturmführer Kallbach, der ein sogenanntes Erziehungs- und Arbeitslager sowjetischer Kriegsgefangener in Berditschew besuchte und beschloß, 78 russische Kriegsgefangene zu töten, deren Zustand im Vernehmungsprotokoll des Lagerführers mit folgenden Worten beschrieben wird:

»Es handelte sich ausschließlich um Schwerkriegsbeschädigte. Einigen der Kriegsgefangenen fehlten beide Beine, einigen wiederum beide Arme, anderen wieder eins der Glieder. Nur wenige von ihnen hatten wohl noch ihre Glieder, waren aber durch andere Verwundungen so stark versehrt, daß sie irgendwelche Arbeiten nicht verrichten konnten.«

Der einzige Grund also, die russischen Kriegsgefangenen zu töten, war der, daß sie nicht zur Arbeit benutzt werden konnten.

Die Ausführung dieses Befehls wurde drei SS-Leuten übertragen, dem SS-Unterscharführer Paal, dem SS-Rottenführer Hesselbach und dem SS-Mann Vollprecht. Von diesen drei SS-Leuten wurde folgendes ausgesagt:

»... Über die drei mit der Erschießung der Kriegsgefan genen beauftragten Männer war mir bekannt, daß sie bereits in Kiew bei Großexekutionen von mehreren tausend Personen teilgenommen hatten. Auch an der hiesigen Dienststelle waren sie in früherer Zeit, d.h. auch zu meiner Zeit, mit Erschießungen von mehreren hundert Personen beauftragt.«

Jedoch geschah damals folgendes: Als die 78 verwundeten Sowjetkriegsgefangenen zur Hinrichtung geführt wurden, erhoben sie sich zu einem heldenhaften Widerstand gegen ihre Henker, töteten zwei von ihnen und entkamen.

In diesem Zusammenhang wurde ein Strafverfahren durchgeführt, wobei der Chef der SS-Gruppe in Berditschew selbstverständlich nicht deshalb angeklagt wurde; weil er beschlossen hatte, 78 unschuldige kranke Menschen zu töten, sondern weil er einige hatte entfliehen lassen.

Ich habe dieses Dokument nicht angeführt, um eine von den unzähligen Episoden der von den SS-Leuten verübten Unmenschlichkeiten in den zeitweilig besetzten Gebieten der Sowjetunion wieder ins Gedächtnis zu rufen, sondern um auf den sehr charakteristischen Text eines Hinweises auf die Verantwortung für falsche Aussagen aufmerksam zu machen, der vor dem Anfang des Verhörs von den SS-Leuten verwendet wurde. Dort wird gesagt:

»... Mit dem Gegenstand der Vernehmung bin ich bekannt gemacht. Ich wurde darauf hingewiesen, daß bei nicht wahrheitsgemäßen Angaben meine Bestrafung und Ausschließung aus der SS erfolgt.«

Bei seinem Eintritt in die Allgemeine SS mußte der Anwärter dieser verbrecherischen Organisation einen besonderen Eid leisten, dessen Text lautete:

»Ich schwöre Dir, Adolf Hitler, als Führer und Kanzler des Reiches, und den mir von Dir bestimmten Vorgesetzten Gehorsam bis in den Tod.«

Ganz gleich, wo der SS-Mann diente, ob er Menschen in Treblinka und Auschwitz tötete oder beim Verhör hinter den Mauern der Gestapo die Opfer quälte, blieb er immer er selbst, ein stumpfes und mitleidloses Mitglied der Allgemeinen SS, das nur zwei Pflichten kannte: Blinden Gehorsam gegenüber dem »Führer und Reichskanzler« und bedingungslose Ausführung jedweder verbrecherischen Befehle.